| Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] | 
| Fundstelle: | Band 253, Jahrgang 1884, Miszellen, S. 211 | 
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                        [Kleinere Mittheilungen.]
                        [Kleinere Mittheilungen.]
                        
                     
                        
                           Ueber die zweckmäſsige Länge der Eisenbahnschienen.
                           Durch das fortwährende Anwachsen des Verkehres auf den Eisenbahnen werden an die
                              									Betriebsmaterialien Ansprüche gestellt, welche zu einer stetigen Vervollkommnung
                              									derselben unabweislich drängen. Um so auffallender ist es, daſs in einzelnen sich
                              									überall gleich bleibenden wichtigen Angelegenheiten, z.B. für die Construction des
                              									Oberbaues, einheitliche Normen noch nicht aufgestellt sind und daſs selbst in der
                              									Länge der Schienen die gröſsten Verschiedenheiten vorkommen.
                           Im Allgemeinen sind freilich im Laufe der Jahre entsprechend der stetig
                              									fortschreitenden Vervollkommnung der Fabrikation die durchschnittlichen
                              									Schienenlängen immer gröſser geworden. Bei der ersten Verwendung gewalzter Schienen
                              									hatten dieselben eine Länge von 12 Fuſs engl. (gleich 3m,66) und war dies auch die Länge für die Schienen der ersten in
                              									Deutschland gebauten Eisenbahnen. Diese Länge wurde aber im Laufe der Jahre stetig
                              									erhöht, jedesmal um einen Schwellenabstand, auf 18,15 und 21 Fuſs engl. und ist
                              									letzteres Maſs bezieh. bei Einführung des Metermaſses auf 6m,6 abgerundet lange Zeit hindurch die Normallänge
                              									für die Schienen auf vielen deutschen Eisenbahnen gewesen.
                           Noch auf der im J. 1868 in München abgehaltenen Versammlung von Eisenbahntechnikern
                              									wurde eine Schienenlänge von 6,5 bis 7m zur
                              									Anwendung empfohlen. Dieser Beschluſs bezog sich auf Schienen aus Schweiſseisen, bei
                              									welchen allerdings eine gröſsere Länge, der Schwierigkeiten in der Packetirung
                              									groſser Blöcke wegen, meistens nur auf Kosten der Gleichförmigkeit des Materials zu
                              									erlangen war. Zudem wachs der Materialverlust beim Auftreten eines hieraus etwa
                              									entspringenden Fehlers an einer kleinen Stelle, während sonst die Schiene noch ganz
                              									brauchbar war, mit der Länge derselben.
                           Ganz anders gestaltete sich die Sache beim Auftreten der Stahlschienen, welche in
                              									weit gröſseren Längen von genügend gleichmäſsiger Beschaffenheit hergestellt werden
                              									können. Bei den Berathungen der technischen Commission des deutschen
                              									Eisenbahnvereins im J. 1876 standen schon mehrjährige Erfahrungen über Herstellung
                              									und Anwendung der Guſsstahlschienen zu Gebote und veranlaſsten, den Beschluſs über
                              									die Länge der Schienen folgendermaſsen zu fassen: Die Schienen sollen aus gewalztem
                              									Eisen oder Stahl bestehen und in der Regel in Längen von nicht weniger als 6m verwendet werden. Diese Fassung ist seither
                              									beibehalten worden und damit also eine Empfehlung gröſserer Schienenlängen
                              									ausgesprochen.
                           Die Vorzüge längerer Schienen bestehen aber im Wesentlichen in der Verminderung der
                              									Anzahl der Stoſsverbindungen, wodurch nicht nur die Anlagekosten des Oberbaues
                              									bedeutend herabgesetzt werden, sondern auch die beim Ueberschreiten der Räder über
                              									die nothwendige Unterbrechung an den Stöſsen auftretenden, für die Erhaltung des
                              									Oberbaues und des rollenden Materials so nachtheiligen Erschütterungen minder häufig
                              									sich wiederholen, so daſs eine längere Dauer des Geleises und der Fahrzeuge bei
                              									geringeren Unterhaltungskosten die Folge sein wird. Auſserdem aber wird durch
                              									längere und schwerere Schienen sowohl bei der Anlage eine gröſsere Genauigkeit des
                              									Geleises auf gerader Strecke, insbesondere aber in den Curven erreicht, als auch
                              									eine bessere Erhaltung der Lage des Geleises gewährleistet, schon deshalb, weil die
                              									stets den schwachen Punkt der Geleise bildenden Stoſsverbindungen in geringerer Zahl
                              									vorkommen.
                           Andererseits setzen sich einer beliebigen Vergröſserung der Schienenlänge
                              									verschiedene Bedenken entgegen. Allerdings sind mit der Verwendung von Guſsstahl die
                              									Fabrikationsschwierigkeiten derart überwunden, daſs die meisten Werke Schienen von
                              										12m und noch mehr Länge ohne Anstand
                              									herstellen können, während für Schweiſseisenschienen 7m ziemlich die Grenze ist, über welche hinaus für eine genügende
                              									Gleichförmigkeit des Materials keine Bürgschaft übernommen werden kann; doch ist die
                              									Herstellung von 9 oder 10m
                              									langen Schienen, welche
                              									in doppelter Länge ausgewalzt werden können, für die Werke meist vortheilhafter,
                              									zumal die Einrichtungen für genaues Abmessen und Abschneiden der Schienen zur Zeit
                              									auf keinem Werke für 12m lange Schienen vorhanden
                              									sind. Wollte man diese Einrichtungen aber auch treffen, so würden dieselben für
                              									kürzere Schienen nicht mehr brauchbar sein. Ein zweiter Umstand der gegen Verwendung
                              									gar zu groſser Schienenlängen spricht, ist das Gewicht, welches bei 12m selbst bei dem neuen leichten Profile auf 400k steigt. Diese Last ist aber ohne maschinelle
                              									Vorkehrungen kaum zu bewegen und erschwert daher das Verlegen der Schienen ganz
                              									bedeutend, was erfahrungsmäſsig bis zu 300k nicht
                              									der Fall ist. Weniger fällt es ins Gewicht, daſs für die Beförderung so langer
                              									Schienen besondere gröſsere Eisenbahnfahrzeuge zu schaffen wären, da das Bedürfniſs
                              									nach denselben sich ohnehin geltend macht. Ebenso wenig ist der Umstand maſsgebend,
                              									daſs bei Schienen gröſserer Länge beim Auswechseln einer Schiene wegen zufälliger
                              									Fehler etwas mehr Material verloren geht, oder doch nur untergeordneten Zwecken
                              									zugeführt wird, da erfahrungsmäſsig die Abnutzung bei Stahlschienen sehr
                              									gleichmäſsig auftritt. Dagegen sind für die Wahl geeigneter Normallängen die
                              									Längenveränderungen der Schienen in Folge der Temperaturschwankungen von höchster
                              									Bedeutung. Da die Ausdehnung des Stahles bei Erwärmung von 0 bis 100° etwa 1/900 der ursprünglichen Länge beträgt, in
                              									Mitteleuropa aber auf eine Temperaturdifferenz von 80° Bedacht zu nehmen ist,
                              									nämlich von 30° unter Null bis zu 50° über Null, so ergibt sich als Längenänderung
                              									einer 10m langen Schiene 9mm. Wenn daher die Schienenköpfe bei + 50° sich
                              									ohne zu groſse Preſsung berühren sollen, so muſs bei – 30° der Zwischenraum 9mm betragen. Erwägt man nun, daſs in Folge von
                              									Fabrikationsfehlern und durch nie ganz zu vermeidende Verschiebungen im Geleise
                              									dieser Zwischenraum bis auf 12 bis 15mm steigen
                              									kann, so dürfte bei 10m die äuſserste Grenze
                              									erreicht sein, welche mit Rücksicht auf den für die Ausdehnung zu gebenden Spielraum
                              									in der Länge der Schiene gestattet werden kann; denn schon bei einem Zwischenräume
                              									von 10mm wirken die Stöſse der Fahrzeuge äuſserst
                              									schädlich.
                           Nach diesen Erwägungen ist zu schlieſsen, daſs Stahlschienen mit einem Gewichte von
                              									30 bis 35k auf Im eine Länge von 9 bis 10m zu geben wäre und daſs für die deutschen Bahnen
                              									Schienen von 9m Länge den Vorzug verdienen. Noch
                              									ist zu erwähnen, daſs Schienen von mehr als 9m
                              									Länge sich nur mit groſsen Schwierigkeiten in den Transportschiffen verstauen
                              									lassen, ein nicht unwichtiger Punkt mit Rücksicht darauf, daſs unsere Werke mit dem
                              									gröſsten Theile ihrer Erzeugung auf die Ausfuhr angewiesen sind. Auch ist bei einer
                              									groſsen Anzahl amerikanischer Werke eine Schienenlänge von 9m,14 (30 Fuſs engl.) eingeführt worden,
                              									wahrscheinlich aus den obigen Gründen.
                           Der Einwand, welcher wohl gegen eine einheitliche Annahme der 9m langen Schiene erhoben wird, daſs nämlich für
                              									die Unterhaltung der älteren Strecken immerhin kürzere Schienen beschafft werden
                              									müſsten, erscheint nicht begründet, da es technisch und wirthschaftlich gleich
                              									fehlerhaft wäre, ältere Bahngeleise durch einzelne neue Schienen erhalten zu wollen.
                              									Eine vortheilhafte Bahnunterhaltung ist nur zu erreichen, wenn die Geleise in
                              									groſsen Längen mit gleichwertigen Materialien versehen sind.
                           Es dürfte somit, wie Stahl und Eisen, 1884 S. 82 diese
                              									Betrachtung schlieſst, kein Grund vorliegen, weshalb nicht in jedem Bahnbezirke ohne
                              									Rücksicht auf die zur Zeit gebräuchlichen Schienenlängen die Vortheile der längeren
                              									Schienen nutzbar gemacht werden könnten.
                           
                        
                           Seilschifffahrt auf der Wolga.
                           Es dürfte im Allgemeinen wenig bekannt sein, daſs auf der Wolga schon seit mehr als
                              									40 Jahren eine Art Seilschifffahrt betrieben wird, während man sonst geneigt ist,
                              									die Tauerei für eine Errungenschaft der letzten 20 Jahre zu halten. Neuerdings wurde
                              									nun von Bachmann im Hannoverschen Bezirksvereine
                              									deutscher Ingenieure über diesen in mehr als einer Beziehung interessanten Betrieb
                              									ein Vortrag gehalten (vgl. Zeitschrift des Vereins deutscher
                                 										Ingenieure, 1884 S. 522), dessen Inhalt im Folgenden kurz wiedergegeben
                              									ist.
                           Die auf der Wolga benutzten Seilschiffe werden theils mit Pferden, theils durch Dampf betrieben. Die
                              									ersteren haben je nach ihrer Gröſse 150 bis 200 Pferde an Bord, welche in den
                              									unteren Schiffräumen untergebracht sind. Auf dem Verdecke befinden sich eine Anzahl
                              									Göpel, an deren jedem je 8 auch 10 Pferde arbeiten. Dieselben werden alle 3 Stunden
                              									ausgewechselt, was ohne Unterbrechung des Betriebes geschehen kann, indem jedesmal
                              									nur 1 Göpel ausgeschaltet wird. Alle Göpel übertragen ihre Arbeit durch eine
                              									geeignete Transmission auf eine Windetrommel, auf welcher sich das Betriebsseil
                              									aufwickelt; letzteres ist im Gegensatze zu dem bei uns üblichen Tauereibetriebe nur
                              									von beschränkter Länge (nach unserer Quelle ohne nähere Angabe 1 Meile) und etwa
                              										125mm dick. Jeder Schlepper führt zwei solcher
                              									Seile mit sich. Während er sich an einem derselben bergauf zieht, nimmt ein kleiner
                              									Hilfsdampfer das vorhin aufgewundene Seil an Bord, fährt mit demselben voraus und
                              									verankert es eine Meile oberhalb des augenblicklich benutzten, so daſs der Schlepper
                              									dasselbe nach Ablauf des ersten ohne Fahrtunterbrechung aufnehmen kann. Alsdann
                              									nimmt der Dampfer das erste Seil in Empfang und legt es wieder eine Meile oberhalb
                              									des zweiten aus u.s.f. Genau so erfolgt der Betrieb mit Dampfschleppern. Dieselben
                              									besitzen Condensationsmaschinen von etwa 100e,
                              									welche eine zu beiden Seiten über das Deck hinausreichende Achse betreiben; auf
                              									letzterer befinden sich die Windetrommeln. Bei der Thalfahrt dagegen werden auf die
                              									über Bord stehenden Enden der Achse Schaufelräder aufgesetzt, um die Fahrt zu
                              									beschleunigen.
                           Die Schlepper ersterer Art befördern Schiffszüge von 12 und mehr Schiffen, welche zu
                              									je 2 und 3 dicht hinter einander gehängt werden und eine Ladung von 16380t führen. Dabei machen sie während der Monate Mai,
                              									Juni und Juli im günstigsten Falle zwei Reisen von Astrachan und der Kama-Mündung
                              									bis nach Nischny-Nowgorod zur Messe. Auſser dieser Zeit fehlt es an Fracht. Die für
                              									den Betrieb nöthigen Pferde werden am Abfahrtsorte angekauft und nach vollbrachter
                              									Bergfahrt verkauft, während der Schlepper durch den Ankerdampfer zu Thal geschleppt
                              									wird.
                           Die Dampfschleppschiffe befördern noch gröſsere Schiffszüge und fahren schneller, so
                              									daſs der Ankerdampfer kaum Zeit findet, die Seile auszulegen. Dennoch scheint sich
                              									auch der Betrieb mit Pferden unter den in jenen Gegenden obwaltenden Verhältnissen
                              									den Dampfern gegenüber immer noch zu halten.
                           
                        
                           Glühlampen für ein und dieselbe Spannung.
                           In der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure,
                              									1884 S. 318 wird von C. Fink hervorgehoben, daſs die
                              									vorjährige Wiener Ausstellung in so fern einen bedeutsamen Fortschritt in der
                              									Construction der Glühlampen aufgewiesen habe, als nach dem Vorgange von Siemens und Halske in Berlin (vgl. 1883 249 41) die Glühlampen von fast allen Fabrikanten auf die
                              									nämliche Spannung berechnet und für dieselbe hergestellt wurden. Bis dahin wählte
                              									jeder Fabrikant von Glühlichtern für seine Lampen die ihm gerade geeignet
                              									erscheinenden Abmessungen; daher gab es eben so viele „Systeme“. Wegen der
                              									von den verschiedenen Fabrikanten für ihre Lampen gewählten verschiedenen Spannungen
                              									konnte man daher z.B. mit Maschinen, welche für Edison'sche, Lampen gebaut waren, keines der
                              									übrigen Lampen-„Systeme“ betreiben, nicht einmal Lampen verschiedener
                              									Lichtstärken desselben Fabrikanten anwenden. Die Edison-A-Lampen waren z.B. für 104
                              									Volt und 0,74 Ampére, die B-Lampen (mit halb so langen Kohlenfasern) für 52 Volt und
                              									0,74 Ampére eingerichtet. Swan hatte seine Lampen für
                              									45 Volt und 1,4 Ampére bemessen, Lane Fox zu 42 Volt
                              									und 1,6 Ampére, Maxim zu 60 Volt und 1,4 Ampére u.s.w.
                              									Das Bestreben, die Accumulatoren möglichst in Aufnahme zu bringen, führte sogar
                              									schlieſslich dahin, Lampen für ganz geringe Spannungen anzufertigen. Alle von Siemens und Halske neuerdings hergestellten Glühlampen
                              									von der kleinsten bis zur gröſsten sind für 100 Volt Spannung bemessen; die
                              									Unterschiede in der Lichtstärke werden durch den geringeren oder gröſseren
                              									Querschnitt der Kohlenfaser erreicht. Lampen gröſserer Lichtstärken verbrauchen
                              									somit allerdings eine entsprechend gröſsere Strommenge als solche von geringerer
                              									Lichtstärke; aber alle brennen in ein und demselben Stromkreise, eine kann für die
                              									andere ohne weiteres eingesetzt werden. Die 50 Lampen, welche Siemens und Halske in dem Stromkreise einer Compoundmaschine eingeschaltet
                              									vorführten, waren z.B. von allen möglichen Lichtstärken von 10 bis zu 50
                              									Normalkerzen.
                           Diesem Beispiele folgen jetzt fast ausnahmslos alle Glühlampenfabrikanten, namentlich
                              										Edison, Swan, Lane Fox;
                              									„100 Volt“ sind jetzt zur Normalspannung geworden.
                           
                        
                           Die elektrische Entladung in Gasen.
                           Umfassende Versuche von O. Lehmann (Annalen der Physik,
                              									1884 Bd. 22 S. 305) über elektrische Entladungen in Gasen ergaben u.a., daſs die
                              									zusammengesetzten Dämpfe durch die leuchtende Entladung auſserordentlich rasch
                              									zersetzt werden, daher dieser Umstand nicht als eine die Entladung begleitende
                              									Erscheinung anzusehen ist, sondern als das eigentliche Wesen derselben. Vielleicht
                              									beruht das Erforderniſs eines bestimmten Potentialgefälles zur Erzeugung leuchtender
                              									Entladung auf der Nothwendigkeit einer Zerreiſsung der Moleküle durch elektrische
                              									Kräfte, während das Leuchten selbst durch den chemischen Prozeſs der
                              									Wiedervereinigung erzeugt wird. Es würde dann Entladung und Leuchten überhaupt nicht
                              									gleichzeitig sein, sondern das Leuchten später erfolgen und die Entladung vielleicht
                              									verhältniſsmäſsig erheblich überdauern.
                           Da ferner bei Erhöhung der Temperatur das Leuchten bei ungeänderten Versuchsumstanden
                              									aufhört, so begünstigt Temperaturerhöhung die Zerstreuung oder Fortführung der
                              									Elektricität auf mechanischem Wege (Convection) ganz auſserordentlich, so daſs das
                              									zur leuchtenden Entladung nöthige Potentialgefälle im Allgemeinen nicht mehr
                              									erreicht wird.
                           Als Hauptresultat ergibt sich aus den Versuchen, daſs es zwei Arten von elektrischer
                              									Entladung in Gasen gibt, die convective und die leuchtende. Bei höherer Temperatur,
                              									z.B. beim elektrischen Bogenlichte, ist die erstere die vorherrschende.
                           Sämmtliche Erscheinungen der leuchtenden elektrischen Entladung in Gasen erklären
                              									sich nach Faraday's Theorie, wenn man jederzeit
                              									berücksichtigt, in welcher Weise sich der Verlauf der Kraftlinien und das Gefälle
                              									des Potentials ändern, theils durch das Fortschreiten der Entladung selbst, theils
                              									durch Elektrisirung einzelner Luftschichten und der Wände des Gefäſses. Der
                              									scheinbare qualitative Unterschied zwischen positiver und negativer Elektricität
                              									beruht lediglich auf der secundären Wirkung der an der Oberfläche der Elektroden
                              									auftretenden Reibungs- (Thermo-) Elektricität der Luft, was leichtere Entladung an
                              									der Kathode und damit alle die beobachteten Verschiedenheiten der positiven und
                              									negativen Seite verursacht, welche sich in verschiedener Färbung und Gestaltung der
                              									Lichterscheinung äuſsern, sowie auch durch Aenderung der Schlagweite mit der Form
                              									der Elektroden, durch verschiedenes Verhalten gegen magnetische Kräfte und die
                              									eigentümlichen Formen der Lichtenberg'schen Figuren.
                              									Die leuchtende Entladung ist in allen Fällen intermittirend.
                           
                        
                           Ueber das Zurückgehen des Superphosphates.
                           Nach W. Knop (Landwirthschaftliche Versuchsstationen,
                              									1884 Bd. 30 S. 287) ist das sog. Zurückgehen des Superphosphates nur in besonderen
                              									Fällen darauf zurückzuführen, daſs zum Aufschlieſsen Eisenoxyd und Thonerde haltiger
                              									Phosphate zu wenig Schwefelsäure angewendet ist. Die Beobachtung Märcker's (Jahresbericht der
                                 										chemischen Technologie, 1883 S. 386), daſs in Blechdosen aufbewahrte
                              									Superphosphatproben zurückgehen, ist wohl weniger durch Einwirkung der Säure auf das
                              									Blech als durch Verdunstung von Feuchtigkeit aus den undichten Dosen zu erklären.
                              										Knop hat nun beobachtet, daſs die Verbindung CaH4(PO4)2, das sog. Superphosphat, das Bestreben hat, in
                              									concentrirten Massen zweibasisches Salz Ca2H2(PO4)2H2O auszuscheiden.
                              									Bei 170° geht es in CaHPO4 und beim Glühen in Ca2P2O7 über. Die Wasser haltigen Niederschläge lösen sich
                              									nicht merklich beim Kochen mit Wasser, auch dann nicht, wenn man Essigsäure
                              									hinzufügt, ebenso wenig nach Zusatz von citronensaurem Ammoniak, aber vollständig
                              									auf Zusatz von Salzsaure. Das geglühte Salz löst sich auch hierin nur träge und
                              									häufig mit Hinterlassung eines fast unlöslichen geringen Rückstandes. Bei der
                              									Anwendung des geglühten Salzes zu den Kalkbestimmungen muſste dasselbe in
                              									concentrirter Salzsäure gelöst werden.
                           
                           Unter gewissen Umständen läſst sich also jedenfalls das Zurückgehen des
                              									Superphosphates aus dieser Eigenschaft erklären, denn wenn bei der Bildung des
                              									zweibasischen Salzes CaHPO4 auch das übrige
                              									Superphosphat verhältniſsmäſsig noch reicher an Phosphorsäure werden muſs, so wird
                              									der Gesammtgehalt an wasserlöslicher Säure doch in dem Maſse absolut geringer
                              									werden, als dieses zweibasische Salz sich bildet und den unlöslichen Rückstand von
                              									Gyps u. dgl. vermehrt.
                           Bekanntlich entstellt, wenn man den Kalk in Phosphaten auf die Weise bestimmt, daſs
                              									man dieselben zuerst in Salzsäure löst, dann mit Ammoniak fällt und nun wieder durch
                              									Zusatz von Essigsäure löst, um den Kalk aus solcher Lösung durch oxalsaures Ammoniak
                              									zu fällen, leicht ein unlösliches Phosphat, wenn man die essigsaure Lösung kocht.
                              									Man hat diese Erscheinung wohl meistens aus einem Krystallinischwerden des
                              									dreibasisch-phosphorsauren Kalkes abgeleitet. Es ist aber wohl unzweifelhaft, daſs
                              									auch diese Ausscheidung auf der Bildung dieses zweibasisch-phosphorsauren Kalkes
                              									beruht, indem die Essigsäure bei Siedehitze ein Drittel des Kalkes bindet.
                           
                        
                           Zur Darstellung von Bromwasserstoffsäure, insbes. aus
                              									Zinkbromid und Schwefelsäure.
                           Die Darstellungsmethoden der Bromwasserstoffsäure lassen sich nachte Ad. Sommer (Journal of the Society of Chemical
                                 										Industry, 1884 S. 20 und 23) in vier Klassen eintheilen: 1) Direkte
                              									Verbindung von Brom und Wasserstoff. 2) Zersetzung von Wasserstoffverbindungen – wie
                              										H2S, HJ, NH3 und
                              									Oele – durch Brom. 3) Zersetzung von Bromverbindungen mit festen Metalloiden,
                              									(besonders PBr5) mit H2O. 4) Zersetzung von Metallbromiden durch Säuren. Von den unter 1 bis 3
                              									aufgeführten Methoden liefert nur diejenige mit PBr5
                              									gute Resultate.
                           Verfasser beschreibt nun eine von ihm neu vorgeschlagene Methode durch Zersetzung von
                              										ZnBr2 mit H2SO4. Das Zinkbromid wird mit Leichtigkeit
                              									durch Einwirkung von Bromwasser, welches ungelöstes Brom enthält, auf Zink
                              									dargestellt. Die Lösung wird schnell eingedampft. Um gleich das beständige Hydrat
                              									von HBr, welches 5H2O : 1HBr enthält, zu erzielen,
                              									destillirt man 225 Th. ZnBr2, 180 Th. Wasser (das
                              									Wasser in der Schwefelsäure eingeschlossen) und 196 Th. Schwefelsäure (als
                              									Monohydrat berechnet) in einer Retorte: ZnBr2 +
                              										2H2SO4 + 10H2O = ZnSO4.H2SO4 + 2HBr.10H2O. Das Product wird zur Reinigung von H2SO4 mit BaCO3 versetzt und wieder destillirt (Siedepunkt
                              									123°).
                           Sulfide lassen sich leicht in Sulfate überführen, wenn man dieselben zuerst mit
                              									Salpetersäure erwärmt und dann langsam concentrirte Bromwasserstoffsäure
                              									zusetzt.
                           
                        
                           Valerolakton im Holzessig.
                           M. Grodzki (Berichte der deutschen chemischen
                                 										Gesellschaft, 1884 S. 1369) hat in den höher siedenden Antheilen des
                              									Holzessigs das Lakton der normalen Valeriansäure aufgefunden. Dasselbe bildet eine
                              									farblose, bei 18° nicht erstarrende Flüssigkeit, welche bei 206° siedete und sich in
                              									Wasser zu einer neutralen Flüssigkeit löste, aus welcher durch kohlensaures Kali das
                              									Lakton wieder unverändert abgeschieden werden konnte.
                           
                        
                           Zur Untersuchung organischer Schwefelverbindungen.
                           Entsprechende Versuche von V. Meyer (Berichte der deutschen
                                 										chemischen Gesellschaft, 1884 S. 1576) ergaben, daſs leicht flüchtige Oele,
                              									welche gleichzeitig Schwefel und Stickstoff enthalten, bei der Analyse nach dem Dumas'schen Verfahren sehr langsam und unter Vorlegung
                              									einer langen Schicht Bleichromat verbrannt werden müssen. Auch wird es sich
                              									empfehlen, bei solchen Körpern das erhaltene Stickgas auf einen etwaigen Gehalt an
                              									Kohlenoxyd zu prüfen.
                           
                        
                           Ueber Naphtalinverbindungen.
                           Nach K. E. Schulze (Berichte der deutschen chemischen
                                 										Gesellschaft, 1884 S. 1527) enthält das Kreosotöl des Handels etwa 6 Proc.
                              										Methylnaphtalin. Durch Extraction des Phenol es und
                              									Rectificiren des Oeles erhält man eine Fraction, welche bei 200 bis 300° siedet
                              									und etwa 4 Proc. α-nebst 6 Proc. β-Methylnaphtalin enthält.
                           R. Flessa (daselbst S. 1479) löste zur Gewinnung von Pentabromnaphtol, C10H2Br5.OH, in einem groſsen Ueberschusse von mit concentrirter Schwefelsäure
                              									getrocknetem Brom unter guter Kühlung 2 bis 3g
                              									Aluminium auf, welches in kleinen Stückchen eingetragen wurde, da Aluminium und Brom
                              									nach kurzer Berührung unter lebhafter Feuererscheinung und unter Funkensprühen auf
                              									einander wirken. In den auf 0° gekühlten Kolben brachte Verfasser nun nach und nach
                              									in kleinen Portionen 10g
                              									β-Naphtol. Die Reaction geht anfangs so heftig vor
                              									sich, daſs groſse Bromverluste nur bei sehr guter Kühlung vermieden werden können.
                              									Bromwasserstoff entweicht in Strömen. Nach einiger Zeit findet beim Eintragen neuer
                              									Mengen Naphtol nur noch geringe Reaction statt, indem der Kolbeninhalt zusammenbackt
                              									und fest zu werden beginnt; durch starkes Schütteln und Zufügen von weiterem Brom
                              									bleibt jedoch das Reactionsproduct in einem breiigen Zustande und wird so die
                              									Einwirkung eine gleichmäſsige und vollständige. Als bei 0° keine weitere
                              									Entwickelung von Bromwasserstoff mehr zu bemerken war, erwärmte Verfasser auf dem
                              									Wasserbade bis zum Aufhören der von Neuem eingetretenen Bromwasserstoffentwickelung.
                              									Im Kolben blieb nach dem Verjagen des überschüssigen Bromes eine braun gefärbte,
                              									harte Masse zurück, welche nach mehrmaligem Ausziehen mit warmer, concentrirter
                              									Salzsäure, wodurch das vorhandene Aluminium entfernt wurde, eine hellgelbe Farbe
                              									annahm. Das Reactionsproduct wurde mit kaltem Benzol oder Toluol ausgezogen, wodurch
                              									der gröſste Theil der färbenden Bestandtheile entfernt wurde, alsdann der Rückstand
                              									in Phenol gelöst und mit überschüssigem Aether gefällt. Das so erhaltene
                              									Pentabromnaphtol schmilzt bei 237°.
                           Erhitzt man Pentabromnaphtol mit Salpetersäure von 1,15 sp. G. und löst nach dem
                              									Auswaschen in heiſsem Benzol, so fällt durch Zusatz von wenig Petroläther eine
                              									harzige Masse, dann aus dem Filtrate durch mehr Benzin reines zinnoberrothes
                              									Tetrabromnaphtochinon, C10H2Br4O2. Durch längeres Erhitzen mit Salpetersäure auf
                              									150° bildet sich Tribromphtalsäure, C6HBr3(COOH)2. Dasselbe schmilzt bei 190° und geht bei höherer
                              									Temperatur in Anhydrid, C6HBr(CO)2O, über, welches bei 157° schmilzt.
                           Durch Zusammenschmelzen von Tribromphtalsäureanhydrid mit Resorcin entsteht eine
                              									Verbindung, welche in den chemischen und physikalischen Eigenschaften groſse
                              									Aehnlichkeit mit dem Fluoresceïn zeigt, auch durch Brom in einen schönen Farbstoff, offenbar in ein höher gebromtes Eosin,
                              									übergeht.
                           Durch direkte Einwirkung von Brom bei Gegenwart von Aluminiumbromid auf Phtalsäureanhydrid entstehen nur geringe Mengen von
                              									gebromten Säuren.
                           
                        
                           Verfahren zum Bleichen und Entfetten von Faserstoffen.
                           H. Köchlin in Lorrach, Elsaſs (D. R. P. Kl. 8 Zusatz Nr.
                              									27 745 vom 1. December 1883, vgl. 1884 251 496)
                              									empfiehlt, Faserstoffe durch Tränken mit Alkalien oder kaustischen alkalischen Erden
                              									und nachfolgendes Erhitzen derselben mittels Dampfes oder heiſser Luft zu bleichen.
                              									Dadurch nun, daſs der zum Erhitzen dienende Dampf nie vollkommen luftfrei ist, kommt
                              									die mit Aetzalkali getränkte Baumwolle mit atmosphärischer Luft in Berührung,
                              									wodurch sie oxydirt wird. Um nun die Baumwolle vor einer solchen Oxydation zu
                              									bewahren und so die Festigkeit ihrer Fasern zu erhalten, ist es nothig, dem
                              									kaustischen Alkali einen reducirenden Stoff und zwar Natriumsulfit oder
                              									Natriumbisulfit beizufügen. Man taucht daher die Baumwolle u. dgl. in kochendes, mit
                              									Schwefelsäure gemischtes Wasser ein, um die Stärke haltigen Stoffe aus der Waare zu
                              									entfernen; hierauf wird dieselbe in ein Gemisch von Aetznatron und Natriumbisulfit
                              									gebracht, ausgepreſst und etwa 1 Stunde lang erhitzt. Die Menge des zuzusetzenden
                              									Natriumbisulfites richtet sich nach der Menge der Luft, welche der zu verwendende
                              									Dampf enthält.