| Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] | 
| Fundstelle: | Band 255, Jahrgang 1885, Miszellen, S. 43 | 
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                        [Kleinere Mittheilungen.]
                        Kleinere Mittheilungen.
                        
                     
                        
                           Sturm als Ursache eines Eisenbahn-Unfalles.
                           Der am Morgen des 10. December in Wien und Umgebung tobende Orkan hatte auf der
                              									Wien-Aspang-Eisenbahn einen ernsten Unfall zur Folge. Der um ½7 Uhr früh von Wien
                              									abgegangene Personenzug, welcher aus 9 Wagen bestand, befand sich um 8 Uhr, also
                              									nachdem er in 1½ Stunden kaum mehr als 18km
                              									zurückgelegt hatte, nächst der Station Biedermannsdorf, als ein heftiger Windstoſs
                              									die 4 letzten Wagen, welche nur schwach oder gar nicht besetzt waren, aus dem
                              									Geleise hob und über den etwa 5m hohen Damm
                              									hinabwarf. Zum Glücke riſs dabei die Kuppelungskette und blieben die vorderen Wagen,
                              									welche stark besetzt waren, auf dem Geleise stehen. In den abgestürzten Wagen
                              									befanden sich 5 Fahrgäste, von welchen zwei schwer verletzt wurden; auſserdem erlitt
                              									auch der Zugschaffner eine lebensgefährliche Verletzung.
                           Man kann aus diesem Unfälle ungefähr auf die Stärke des Sturmes
                              										zurückschlieſsen.Vgl. Sturmgeschwindigkeit bezieh. Winddruck 1881 241 73. 242 227. Die
                              									abgestürzten Wagen, welche der Raab-Oedenburger-Bahn gehörten, waren 3 Personenwagen
                              									(Coupewagen) und ein leerer Lastwagen. Die nur mit höchstens 2 bis 3 Personen
                              									besetzten Personenwagen haben ein Gewicht von durchschnittlich je 8500k, der Lastwagen wiegt 6000k; die dem Winde dargebotene Fläche beträgt bei
                              									einem Personenwagen ungefähr 15qm, beim Lastwagen
                              									etwa 16qm,5. Der Hebelsarm des Winddruckes kann zu
                              										2m,0 angenommen werden. Hiernach ergibt sich
                              									aus dem Umwerfen eines Personenwagens ein Winddruck von (8500 × 0,75) : (2 × 15) =
                              										211k auf 1qm, während für das Umwerfen des Lastwagens, wenn auf die Kuppelung keine
                              									Rücksicht genommen wird, schon ein Druck von (6000 × 0,75) : (2 × 16,5) = 136 k/qm ausgereicht
                              									hat. Der Winddruck dürfte sonach thatsächlich eine zwischen den beiden Ziffern
                              									liegende Stärke gehabt haben. Die meteorologische Reichsanstalt gibt an, daſs der
                              									Sturm eine maximale Geschwindigkeit von 130km in
                              									der Stunde (36m secundlich) erreicht hat; dies
                              									würde nach der Formel w = 0,13v2 einem Drucke von etwa 168 k/qm entsprechen.
                              									Der Sturm gehörte zu den stärksten Orkanen, welche seit Jahren in der Wiener Gegend
                              									beobachtet wurden. (Nach dem Wochenblatt des
                                 										Oesterreichischen Ingenieur- und Architektenvereins, 1884 S. 336.)
                           
                        
                           Amerikanische Oelkanne mit Lampe.
                           Aehnlich wie Will. Roberts bezieh. E. Girouard (vgl. 1876 220 *
                              									127) Oelkannen mit Lämpchen verbunden haben, um das Schmieren schwierig zugänglich
                              									und ungünstig beleuchteter Zapfenlager zu erleichtern, so ist nachstehend veranschaulichte Einrichtung
                              									eigens für Locomotivführer bestimmt, welche beim
                              									Gebrauche dieser Oelkanne im Dunkeln eine Hand zum Oeffnen der Schmierdeckel u. dgl.
                              									frei behalten. Durch ein stark convexes Glas werden die Lichtstrahlen nach der
                              									Ausfluſsstelle des Oeles hin concentrirt. Im Uebrigen kann die Kanne selbst eine
                              									beliebige Einrichtung erhalten; hier ist z.B. die bekannte Ventilregelung für den
                              									Ausfluſs beim Oelen angebracht, um Oelverluste möglichst zu verhüten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 255, S. 44
                              
                           
                        
                           Elektrischer Betrieb von Lüftungsapparaten.
                           Der Betrieb von Sauggebläsen, welche bei Lüftungsanlagen zum Zwecke der künstlichen
                              									Entfernung verbrauchter Luft angewendet werden, macht gewöhnlich gröſse
                              									Schwierigkeiten, wenn diese Sauger hoch gelegen, also z.B. im Dachraume aufgestellt
                              									sind und wenn diese Apparate in gröſserer Zahl im Gebäude an verschiedenen Stellen
                              									desselben sich befinden. Für diese Fälle gibt die Uebertragung von der
                              									Betriebsmaschine durch Treibseile, wie solches gebräuchlich ist, oft eine sehr
                              									umständliche Anlage, wogegen in der elektrischen Energieübertragung ein Mittel
                              									vorhanden ist, die Betriebseinrichtung in den genannten Fällen sehr einfach zu
                              									gestalten.
                           Wie nun in den Annales industrielles, 1884 Bd. 2 S. 514
                              									und 641 bezieh. der Revue industrielle, 1884 S. 435
                              									berichtet wird, ist eine solche Anlage von der Compagnie
                                 										électrique für das Pariser Stadthaus mit Erfolg ausgeführt worden. Hierbei
                              									wird der elektrische Strom durch zwei von zwei Dampfmaschinen getriebene Gramme'sche Dynamomaschinen erzeugt, von welchen jede
                              									zum Betriebe 4e braucht. Diese Dynamomaschinen
                              									laufen mit 1250 Umdrehungen in der Minute; ihre Stromstärke beträgt je 50 Ampere bei
                              									einer Potentialdifferenz an den Klemmen von 110 Volt. Es werden 35 in verschiedenen
                              									Sälen des Gebäudes angeordnete Sauger getrieben, indem jeder derselben mit einem
                              									Elektromotor nach Gramme'schem System versehen ist;
                              									diese Maschinen laufen mit 1450 bis 1750 Umdrehungen in der Minute und die
                              									Entfernung der Elektromotoren von den Dynamomaschinen beträgt 130 bis 155m. Eine ähnliche Anlage wird von der genannten
                              									Gesellschaft auch für die Lüftung der Säle der neuen Centralschule für Kunst und
                              									Gewerbe in Paris ausgeführt.
                           
                        
                           Ausbreitung der elektrischen Beleuchtungsanlagen.
                           Nach einer Veröffentlichung der Deutschen Edison-Gesellschaft
                                 										für angewandte Elektricität in Berlin sind bis zum 15. November 1884
                              									bereits 128 Anlagen mit Edison'scher
                              									Glühlichtbeleuchtung versehen worden, mit 169 Dynamomaschinen, welche beiläufig
                              									einen Aufwand von 2500e erfordern und nahezu 22000
                              									Glühlampen speisen. (Es sind in diesen Ziffern die von den Licenzträgern
                              									ausgeführten Anlagen nicht inbegriffen.) An der Spitze der Industrien, welche in der
                              									Einführung des elektrischen Lichtes einen groſsen Fortschritt erblicken, weil es die
                              									Fabrikation erleichtert, verbessert, gegen Feuersgefahr sicherstellt und die Kosten
                              									derselben ermäſsigt, steht die Textil-Industrie mit
                              									nicht weniger als 2837 Glühlampen, welche in 21 Fabriken vertheilt sind. An
                              									Lampenzahl der vorigen überlegen, erreicht die Ziffer der mit elektrischem Glühlicht
                              									beleuchteten Zuckerfabriken (17 Anlagen mit 3520
                              									Lampen) nicht ganz die gleiche Höhe, obgleich diesen Fabriken, welche den Abdampf
                              									der Maschinen vortheihaft verwerthen, ebenfalls billige motorische Kräfte zur
                              									Verfügung stehen. Aus noch einem anderen Grunde eignet sich das elektrische
                              									Glühlicht auch besonders für Mühlen, in denen die
                              									leichte Entzündlichkeit des Mehlstaubes zur Anwendung umfassender
                              									Vorsichtsmaſsregeln zwingt und für welche daher die
                              									Feuerversicherungs-Gesellschaften den Besitzern die Einführung des Glühlichtes
                              									empfehlen. Schnellen Eingang hat sich endlich das Glühlicht in Gastwirthschaften,
                              									Vereinshäusern, Theatern und in allen Räumen verschafft, in denen sich die bisherige
                              										Gasbeleuchtung wegen
                              									ihrer groſsen Wärmeentwickelung und Erzeugung gesundheitsschädlicher Gase als
                              									besonders unzuträglich erwiesen hatte.
                           Zur Beleuchtung von Straſsen und Plätzen, groſsen und hohen Fabrikräumen verwendet
                              									die genannte Gesellschaft ausschlieſslich die Bogenlichteinrichtungen von Siemens und Halske, von welchen bereits auch eine
                              									beträchtliche Anzahl ausgeführt worden ist. Die groſsen Berliner Centralstellen, von
                              									denen Jedermann elektrischen Strom – gerade wie das Gas – beziehen kann, werden ohne
                              									Zweifel die elektrische Beleuchtung noch populärer als die isolirten, den Blicken
                              									des Publikums meist entzogenen Anlagen machen und damit zu der allgemeineren
                              									Einführung wesentlich beitragen.
                           Nach anderen Mittheilungen sind in den letzten 6 Jahren in Deutschland 6000
                              									Dynamomaschinen im Werthe von etwa 14 Mill. Mark erzeugt worden. Zu denselben
                              									gehören etwa 20000 Bogenlichtlampen im Werthe von 5 Mill. Mark. Die Gesammterzeugung
                              									der elektro-technischen Industrie Deutschlands wird auf nahezu 24 Mill. Mark
                              									geschätzt. Hauptsitz derselben ist Berlin, wo etwa 1200 Arbeiter beschäftigt sind.
                              									Nächst Berlin kommen Nürnberg, dann Köln, Stuttgart, Magdeburg, München, Hamburg
                              									u.s.w.
                           
                        
                           Roussy's Regulator für Glühlampen.
                           Zur Regulirung der Lichtstärke jedes unter einer gröſseren Anzahl (Edison'scher) Glühlichter verwendet E. L. Roussy in Vevey in seinen Mühlen nach L'Ingenieur Conseil, 1884 * S. 86 einfach stark
                              									zusammengedrücktes Kohlenpulver (nach anderen Mittheilungen eine Mischung von
                              									Kohlenpulver mit Quecksilber), welches in eine cylindrische Höhlung im Inneren des
                              									Lampenträgers eingestopft ist und mittels einer Preſsschraube mehr oder weniger
                              									kräftig zusammengepreſst werden kann, wodurch nach Ausweis sorgfältiger Versuche der
                              									Widerstand für den Strom in der Lampe und somit die Lichtstärke verändert werden
                              									kann, während durch die Erwärmung des Pulvers der Widerstand sich nicht ändert. – In
                              									ähnlicher Weise ist früher schon im Stanley'schen
                              									Regulator eine Anzahl über einander gelegter Kohlenplatten benutzt worden, welche
                              									mehr oder weniger stark zusammengepreſst wurden, wobei jedoch die zu Folge der
                              									Erwärmung eintretende Ausdehnung der Platten in der Achsenrichtung und die daraus
                              									entspringende Zusammendrückung derselben sich als störend erwies und den Regulator
                              									sehr unzuverlässig machte.
                           
                        
                           Hochhausen's Regulirung dynamo-elektrischer Maschinen.
                           Die je nach der Stromstärke der Maschine erforderlich werdende Aus- oder Einschaltung
                              									einzelner Windungen der erregenden Magnete, durch welche die Stärke des magnetischen
                              									Feldes verändert wird, bewirkt A. Hochhausen in
                              									New-York (* D. R. P. Kl. 21 Nr. 27673 vom 17. Juni 1883, abhängig von Maxim * D. R. P. Nr. 20465, vgl. 1884 253 * 491) durch einen mittels einer eigenen
                              									Schaltvorrichtung einzuschaltenden besonderen Elektromotor, dessen Ankerachse einen
                              									auf 2 Contactreihen schleifenden Contactarm trägt. Von den Contacten führen Drähte
                              									nach den einzelnen Spulen der erregenden Elektromagnete der Maschine.
                           
                        
                           Ueber die Aufbewahrung angefrorener Kartoffeln.
                           Angefrorene Kartoffeln, welche gedämpft und dann in Silos aufbewahrt wurden, verloren
                              									nach Fittbogen's Mittheilung in der Milchzeitung, 1884 S. 807 ganz erheblich an Nährwerth,
                              									da durch das Lagern von den vorhandenen Bestandtheilen der Kartoffeln zerfielen:
                           
                              
                                 
                                 In 50 Tagen
                                 76 Tagen
                                 140 Tagen
                                 
                              
                                 Eiweiſs
                                 22,2
                                 Proc.
                                 35,0
                                 Proc.
                                 34,6
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Nichteiweiſs
                                 –
                                 
                                 29,8
                                 
                                 94,3
                                 
                                 
                              
                                 Stickstoff haltige Substanz in Summe
                                 15,8
                                 
                                 34,7
                                 
                                 42,5
                                 
                                 
                              
                                 Kohlehydrate von der Formel des Stärke-    mehles
                                 17,4
                                 
                                 18,4
                                 
                                 25,0
                                 
                                 
                              
                                 Zellstoff
                                 –
                                 
                                 28,0
                                 
                                 26,9
                                 
                                 
                              
                                 Fett
                                 57,1
                                 
                                 59,1
                                 
                                 87,0
                                 
                                 
                              
                                 Nichtbest, Stickstoff freie Extractstoffe
                                 –
                                 
                                   3,5
                                 
                                   3,8
                                 
                                 
                              
                                 Organische Gesammttrockensubstanz
                                 13,4
                                 
                                 18,3
                                 
                                 22,4
                                 
                                 
                              
                           
                           Sonach verhütet das Einmachen in Silos zwar das gänzliche Verderben der gefrorenen
                              									Kartoffeln, ist aber von sehr empfindlichen Verlusten an Nährstoffen begleitet.
                           
                        
                           Verwerthung der Maikäfer zur Düngung.
                           Nach einem Vorschlage von F. A. Wolf in Heilbronn werden
                              									die trocken gesammelten Maikäfer in ein Faſs gefüllt, mit etwa 30g Schwefelkohlenstoff übergossen und dieses sofort
                              									mit einem Deckel möglichst luftdicht bedeckt. Nach 10 bis 20 Minuten sind die Thiere
                              									getödtet.
                           In der Fabrik werden die Maikäfer in möglichst frischem Zustande in die Darre
                              									gebracht und 5 Stunden lang einer Hitze von 60° ausgesetzt- dieselben haben in der
                              									Zeit etwa 65 Procent ihres Gewichtes durch das abgedampfte Wasser verloren und
                              									können in diesem Zustande jahrelang aufbewahrt werden, ohne daſs die organischen
                              									Substanzen sich zersetzen und ein Ammoniakverlust entsteht. Das Maikäfermehl als
                              									Düngmittel wird mit einem Gehalte von 11 bis 12 Proc. Stickstoff, 1 bis 2 Proc.
                              									Phosphorsäure und 1 bis 2 Proc. Kali, als Futtermittel mit etwa 38 Proc.
                              									verdaulichem Eiweiſs und 10 Proc. verdaulichem Fett in den Handel gebracht. Von der
                              									Gewinnung des Maikäferfettes muſste vorerst Abstand denommen werden, weil ein Nutzen
                              									nicht vorauszusehen war. (Vgl. 1868 188 343).
                           
                        
                           Ueber die Bildung des Zuckers in den Rüben.
                           Versuche von A. Girard (Comptes
                                 										rendus, 1884 Bd. 99 S. 808) bestätigen, daſs die Saccharose in den Blättern
                              									der Zuckerrüben unter der Einwirkung der Lichtstrahlen gebildet wird und dann erst
                              									nach der Wurzel wandert. Im September 1884 hatten z.B. Blätter von 4 benachbarten
                              									Rüben, halb am 24. um 4 Uhr Nachmittags, der Rest am 25. um 4 Uhr Morgens
                              									untersucht, folgende Zusammensetzung:
                           
                              
                                 
                                 Tag
                                 Nacht
                                 Tag
                                 Nacht
                                 Tag
                                 Nacht
                                 Tag
                                 Nacht
                                 
                              
                                 Saccharose
                                 1,42
                                 0,45
                                 2,10
                                 0,29
                                 0,45
                                 0,12
                                 1,13
                                 0,67
                                 
                              
                                 Reducirender Zucker
                                 2,91
                                 2,40
                                 2,33
                                 1,33
                                 1,68
                                 1,17
                                 2,73
                                 2,25
                                 
                              
                                 Saccharose auf 100 Glucose
                                 48
                                 18
                                 90
                                 21
                                 26
                                 10
                                 41
                                 30.
                                 
                              
                           Ein fernerer Versuch wurde in der Weise angestellt, daſs von 10 Rüben desselben
                              									Feldes je 3 kräftige Blätter Nachmittags um 4 Uhr und Morgens um 4 Uhr untersucht,
                              									auſserdem aber je 3 Blätter derselben Rüben einen Tag über in einem mit Wasser von
                              									geringem Salzgehalte gefüllten Gefäſse den Sonnenstrahlen ausgesetzt und dann
                              									ebenfalls Nachmittags um 4 Uhr analysirt wurden; auch im letzteren Falle hatte eine
                              									reichliche Zuckerbildung stattgefunden, obwohl die Blätter vom Stamme entfernt
                              									waren.
                           
                        
                           Zur Kenntniſs des Safrans.
                           Durch Destillation von mit Wasser übergossenem Safran im Kohlensäurestrome und
                              									Ausschütteln des Destillates mit Aether, welcher dann ebenfalls im Kohlensäurestrome
                              									verflüchtigt wurde, erhielt R. Kayser (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1884 S.
                              									2230) ein gelbliches ätherisches Safranöl, welches
                              									leicht Sauerstoff aus der Luft aufnimmt und dessen Zusammensetzung der Formel C10H16
                              									entspricht.
                           Zur Gewinnung des Safranfarbstoffes, Crocin, wurde der
                              									mit Aether erschöpfte Safran bei gewöhnlicher Temperatur mit Wasser ausgezogen,
                              									dieser Auszug dann mit Knochenkohle, welche mit Salzsäure und Weingeist gereinigt
                              									war, geschüttelt, wobei der Farbstoff fast vollständig von der Kohle aufgenommen
                              									wird. Hierauf wurde filtrirt und die Farbstoff haltige Kohle ausgewaschen, bei
                              									mäſsiger Wärme getrocknet, darauf mit 90 procentigem Weingeist ausgekocht und
                              									filtrirt. Nach Entfernung des Weingeistes hinterbleibt eine spröde gelblichbraune
                              									Masse, welche ein rein gelbes Pulver liefert. Das so erhaltene Crocin ist leicht
                              									löslich in Wasser und verdünntem Weingeist, wenig in absolutem Alkohol, nur
                              									spurweise in Aether. Concentrirte Schwefelsäure gibt eine tiefblaue Lösung, welche
                              									nach kurzer Zeit violett, hierauf kirschroth und schlieſslich braun wird.
                              									Salpetersäure (von 1,4 sp. G.) gibt gleichfalls zuerst eine tiefblaue Lösung, welche jedoch
                              									fast augenblicklich wieder verschwindet und in braun übergeht. Salzsäure (von 1,120
                              									sp. G.) gibt eine gelbe Lösung ohne Farbenveränderung. Bleiessig, Kalkwasser und
                              									Barytwasser geben bei gewöhnlicher Temperatur in einer wässerigen Crocinlösung keine
                              									Fällung, welche jedoch sofort beim Erwärmen eintritt, unter gleichzeitiger
                              									Zersetzung des Crocins in Crocetin und Zucker. Die Zusammensetzung des bei 100°
                              									getrockneten Crocins entspricht der Formel C44H70O28.
                           Behandelt man eine wässerige Crocinlösung mit Salzsäure im Kohlensäurestrome, so
                              									entfärbt sich die Lösung unter Ausscheidung orangefarbener Flocken von Crocetin, C34H46O9. Es bildet nach
                              									dem Trocknen ein hochrothes Pulver, welches in Wasser nur spurenweise, leicht in
                              									Alkohol und Aether löslich ist. Diese Spaltung des Crocins in Crocetin und Zucker,
                              										Crocose genannt, geschieht somit nach der
                              									Gleichung: 2C44H70O28 + 7H2O = C34H46O9 + 9C6H12O6.
                           Bei längere Zeit fortgesetzter Behandlung des getrockneten Safrans mit reinem Aether
                              									im Extractionsapparate treten allmählich in dem Aetherkölbchen reichliche
                              									krystallinische Ausscheidungen auf; dieselben werden durch Filtration von dem Fette
                              									und ätherisches Oel enthaltenden Aether befreit, dann nach dem Auswaschen mit reinem
                              									Aether mit dem Filter zerrieben, nochmals in den Aetherextractionsapparat gebracht
                              									und wieder längere Zeit mit demselben Aether behandelt. Es scheiden sich alsdann in
                              									dem Aetherkölbchen allmählich schöne farblose Krystalle aus, welche durch Abgieſsen
                              									von Aether befreit und über Schwefelsäure getrocknet werden. Die so erhaltenen
                              									prismatischen Krystalle besitzen einen bitteren, charakteristischen Geschmack,
                              									welcher lange auf der Zunge haften bleibt. Das Safranbitter löst sich sehr leicht in Wasser und Weingeist, weniger leicht
                              									in Chloroform, wenig in Aether. Die Krystalle schmelzen bei 75° linzersetzt zu einer
                              									wasserhellen Flüssigkeit. Die Zusammensetzung dieses Picrocrocins entspricht der Formel C38O66Ol7. Beim Erwärmen
                              									mit Bleiessig, Kalkwasser oder Säuren zerfällt es unter Bildung von Safranöl nach
                              									der Gleichung: C38H66O17 + H2O = 3C6H12O6 + 2C10H16.
                           
                        
                           Zur Untersuchung von Cacao.
                           Zur Nachweisung von Cacaoschalen in Chocoladen und Cacao ist die mikroskopische
                              									Auffindung von Spiralgefäſsen keineswegs ausreichend, da nach L. Legler (Repertorium für
                                 										analytische Chemie, 1884 S. 345) auch die Bohnen Spiralgefäſse enthalten.
                              									In ähnlicher Weise bietet auch die Holzfaserbestimmung Unsicherheiten, so lange es
                              									sich um Nachweis verhältniſsmäſsig geringer Mengen vom Schalenzusatz handelt, ein
                              									Umstand, der sowohl durch die nicht unbedeutenden Unterschiede im Cellulosegehalte
                              									der einzelnen Cacaosorten, als auch durch die verschiedenen angewendeten
                              									Holzfaser-Bestimmungsmethoden unter Benutzung bereits vorhandener Analysenwerthe
                              									bedingt wird. Holzfaserbestimmungen nach der von Henneberg und Stohmann angegebenen Methode,
                              									welche ein ½stündiges Kochen der entfetteten Masse mit 1,25 procentiger
                              									Schwefelsäure, hierauf ein solches mit 1,25 procentiger Kalilauge und Auswaschen mit
                              									Alkohol und Aether vorschreibt, ergaben für Schalen 10,23 bis 16,16 Proc.,
                              									ungeröstete Bohnen 2,14 bis 3,09 Proc. Zellstoff.
                           
                        
                           Neuerung im Färben von aus Baumwolle und Seide gemischten und
                              									anderen Fabrikaten.
                           Im Journal of the Society of Chemical Industry, 1884 S.
                              									568 ist ein Verfahren von W. Clarke und H. T. Tansley in Nottingham (Englisches Patent, 1884
                              									Nr. 7869) beschrieben, um Baumwolle und Seide mit einander gemischt ebenso
                              									gleichmäſsig zu färben wie jede der beiden Fasern im vereinzelten Zustande.
                           Die Waare wird in einer Seifenlösung gekocht, wie diese sonst beim Färben der Seide
                              									allein angewendet wird. Hierauf zieht man dieselbe heraus und neutralisirt das Bad
                              									derart mit einer Säure, daſs es noch schwach alkalisch bleibt. Würde die Flotte
                              									sauer gemacht, so würde die Baumwolle beim nachherigen Färben unverändert bleiben.
                              									Man fährt nun wiederum mit der Waare ins Bad bei Siedehitze und fügt den Farbstoff
                              									nach und nach zu, indem man vor jeder Zugabe die Gewebe zurückzieht. Die Seide nimmt
                              									eine dunklere Färbung an
                              									wie die Baumwolle, so daſs das Muster sich auf dunklem oder hellem Grunde abhebt; je
                              									nachdem die Seide oder die Baumwolle den Grund bildet. – Das Ganze kommt also auf
                              									eine „Animalisation“ der Baumwolle durch Fettsäure heraus; die Zahl der bloſs
                              									durch fette Säure in angegebener Weise, ohne Zuzug
                              									einer anderen Beize, fixirbaren Farbstoffe wird jedoch eine beschränkte sein und die
                              									Befestigung auſserdem auf groſse Beständigkeit nicht Anspruch machen können. Das von
                              										O. Breuer angegebene Verfahren (1884 251 560) zur Erreichung desselben Zweckes ist jedenfalls
                              									vorzuziehen.
                           
                        
                           Verfahren, um Gewebe wasserdicht zu machen.
                           F. Worth in London (Englisches Patent, 1883 Nr. 4921)
                              									will Gewebe, Leder u. dgl., um sie wasserdicht zu machen, mit einer Lösung von
                              									Aluminiumpalmitat oder -Oleat in Erdölbenzin tränken. (Vgl. Lieber 1882 246 155.)
                           
                        
                           Ueber die Herstellung der Brillantlacke.
                           Zur Herstellung der durchscheinenden farbigen, sogen. Brillantlacke, welche fast
                              									immer Theerfarbstoffe enthalten, muſs man nach R.
                                 										Kayser (Mittheilungen des Bayrischen
                                 										Gewerbemuseums, 1884 S. 161) möglichst hellen Schellack verwenden, bei
                              									blauen Lacken auch wohl gebleichten Schellack. Die zu benutzenden spritlöslichen
                              									Theerfarbstoffe dürfen nicht mit Dextrin, Zucker u. dgl. verfälscht sein, da diese
                              									Stoffe nicht in Spiritus löslich sind. Die concentrirte Farbstofflösung läſst man an
                              									einem dunkeln und kühlen Orte 1 bis 2 Wochen stehen und filtrirt dann nochmals, da
                              									sich während dieser Zeit stets noch Verunreinigungen abscheiden, welche den Glanz
                              									des Lackes beeinträchtigen würden. Von der concentrirten weingeistigen Farblösung
                              									setzt man nun zu der Schellacklösung so viel hinzu, bis ein Probeanstrich die
                              									gewünschte Farbstärke zeigt.
                           
                        
                           Ueber Eisenanstriche.
                           Die Verwaltung der Niederländischen Staatsbahnen hat nach dem Wochenblatt für Architekten und Ingenieure, 1884 S. 477 16 Stück
                              									Eisenbleche mit Salzsäure gebeizt, in warmem Wasser abgewaschen, getrocknet und,
                              									während sie noch warm waren, geölt. Ferner wurden 16 andere Eisenbleche durch
                              									Abkratzen und Bürsten so lange gereinigt, bis das oxydreine Metall freigelegt war.
                              									Von diesen so gereinigten Eisenblechplatten strich man 4 Platten von jeder Sorte mit
                              									Englischroth, 4 mit einem mit A bezeichneten Eisenoxyd, 4 mit einem mit B
                              									bezeichneten Oxyde und schlieſslich 4 mit Mennige an. 3 Jahre hindurch waren
                              									sämmtliche Eisenplatten dem Einflüsse der atmosphärischen Luft ausgesetzt. Auf den
                              									abgekratzten Flächen war dann der Anstrich mit Englischroth vollständig
                              									verschwunden, aber auch auf den gebeizten Blechen ergab der Englischrothanstrich
                              									ungünstigere Ergebnisse, wie alle anderen Anstriche. Das Eisenoxyd A lieferte
                              									ungünstigere Ergebnisse auf den abgebürsteten Blechen wie das Eisenoxyd B und der
                              									Mennigeanstrich. Besser erhalten hatte sich das Eisenoxyd A auf den gebeizten
                              									Blechen. Der Anstrich mit dem Oxyde B war besser als der mit dem Oxyde A, stand aber
                              									dem Mennigeanstrich nach. Der Mennigeanstrich ergab die günstigsten Ergebnisse auf
                              									beiden Blechsorten.
                           Aus diesen Versuchen darf man wohl den Schluſs ziehen, daſs das Reinigen der
                              									Metallbleche durch Beizen dem Reinigen derselben durch Abkratzen und Bürsten
                              									vorzuziehen ist. Die Mennige verbindet sich am innigsten mit dem Oele und bildet
                              									deshalb auch vor allen anderen Farbenzusammenstellungen die widerstandsfähigste
                              									Farbenmischung; in derselben vereinigt sich eine bedeutende Adhäsion mit Cohäsion
                              									und Elasticität.
                           Versuche auf der Cincinnati Southern Eisenbahn mit mehreren Kilometer eisernen
                              									Brücken ergaben ebenfalls die Vorzüge des Mennigeanstriches. Eisenoxydfarben
                              									schützen nur dann, wenn dieselben oft erneuert werden.