| Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] | 
| Fundstelle: | Band 255, Jahrgang 1885, Miszellen, S. 351 | 
| Download: | XML | 
                     
                        [Kleinere Mittheilungen.]
                        Kleinere Mittheilungen.
                        
                     
                        
                           Die graphische Theorie der Turbinen und Kreiselpumpen.
                           Unter vorstehendem Titel hat Prof. Gustav Herrmann in
                              									Aachen in den Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des
                                 										Gewerbfleißes, 1884 * S. 307 bis 379 und 521 bis 580 eine ausführliche
                              									Abhandlung veröffentlicht, welche sich zum Zwecke setzt, die Beurtheilung
                              									ausgeführter und die Construction neuer Turbinen ohne den Gebrauch von analytischen
                              									Formeln, lediglich durch Zeichnung von Diagrammen zu ermöglichen. Dieses Ziel ist in
                              									der betreffenden Arbeit vollkommen und in auſserordentlich einfacher Weise
                              									erreicht.
                           Der Verfasser entwirft ein aus wenigen geraden Linien gebildetes Diagramm, welches
                              									für jede Turbine leicht zu zeichnen ist und in den einzelnen Strecken unmittelbar
                              									die absoluten sowohl, wie die relativen Geschwindigkeiten des Wassers an jeder
                              									beliebigen Stelle des Rades, sowie die Geschwindigkeit des letzteren liefert. Dieses
                              									Diagramm, welches auch in die Zeichnung irgend einer vorhandenen Turbine zu deren
                              									Untersuchung ohne weiteres eingetragen werden kann, gewährt eine ungemein klare
                              									Anschauung von den Vorgängen in den Turbinen, wie sie durch Formeln niemals erreicht
                              									werden kann. Insbesondere gilt dies in Bezug auf die relativen Geschwindigkeiten, deren Verständnis in der Regel bei der
                              									analytischen Behandlung so schwierig ist, und in Betreff der sogen. Reactionswirkung, von welcher, wie der Verfasser an
                              									Beispielen zeigt, noch ganz unrichtige Auffassungen unter Theoretikern wie
                              									Praktikern gefunden werden. Aus dem gezeichneten Diagramme läſst sich einfach durch
                              									Verzeichnung eines Kreises die Gröſse des Reactionsverhältnisses finden, d.h.
                              									angeben, wie viel Procent des zur Wirkung kommenden Gefälles durch Reaction und wie
                              									viel durch Action ausgenützt werden. Ebenso verschwinden bei Betrachtung des
                              									Diagrammes die Schwierigkeiten, welche bei den Radialturbinen die Berücksichtigung
                              									der Centrifugalkraft zu machen pflegt und über die ebenfalls irrthümliche Ansichten
                              									nur zu häufig noch angetroffen werden. Verfasser zeigt, daſs der Gewinn oder Verlust
                              									an lebendiger Kraft, welcher nach den Lehrbüchern der Mechanik mit einem radialen
                              									Durchgange des Wassers durch ein rotirendes Rad verbunden ist, sich nur auf die
                              									lebendige Kraft der relativen Bewegung bezieht und daſs
                              									die irrthümliche Auffassung, es werde durch die Centrifugalkraft das absolute Arbeitsvermögen des Wassers verändert, zu ganz
                              									verkehrten Schlüssen geführt habe. Von hohem Interesse ist die Uebertragung der
                              									Theorie der Radialturbinen auf diejenige der Kreiselpumpen, indem daraus ungesucht
                              									das überraschende Ergebniſs folgt, daſs die bisher fast ausnahmslos angewendete rückwärts gekrümmte Schaufelform der Centrifugalpumpen
                              									für eine bestimmte Förderhöhe eine viel gröſsere Radgeschwindigkeit erfordert als
                              									eine in geeigneter Art entgegengesetzt gerichtete Schaufel.
                           Auch der Einfluß der Schaufeldicken auf die
                              									Wassergeschwindigkeiten ist in dem Diagramme durch Verzeichnung einer Hyperbel zur
                              									Anschauung gebracht und daraus der bisher noch nicht beachtete wesentliche
                              									Unterschied erläutert, welcher hinsichtlich dieses Einflusses zwischen den
                              									Reaktionsturbinen und den reinen Actionsturbinen besteht. Beachtenswerth ist ferner,
                              									daſs aus dem Diagramme auch die analytischen Formeln entnommen und unmittelbar
                              									niedergeschrieben werden können, deren Entwicklung auf dem Wege der Rechnung oft so
                              									umständlich ist. Auf sieben der Abhandlung beigegebenen Tafeln sind 6 Turbinen und 3
                              									Kreiselpumpen durch ihre Diagramme graphisch berechnet.
                           Die Vortheile der hier angedeuteten neuen Methode erscheinen so groſs, daſs dem
                              									Verfasser wohl zugestimmt werden kann, wenn er für den graphischen Weg an
                              									technischen Lehranstalten eine allgemeinere Würdigung empfiehlt, damit derselbe dem
                              									praktischen Techniker alle diejenigen Dienste leiste, welche dieser Weg zu bieten
                              									vermag. Durch die angegebene Methode hat der Verfasser, welcher durch seine
                              									sonstigen Arbeiten auf dem Gebiete der graphischen
                                 										Maschinenlehre sowie durch seine Bearbeitung der Weisbach'schen Mechanik sich bekannt gemacht
                              									hat, einen wichtigen Theil der Maschinenlehre der graphischen Behandlung erschlossen
                              									und es wird deshalb die Veröffentlichung der graphischen Theorie der Turbinen und
                              									Kreiselpumpen gewiſs vielen Technikern willkommen sein.
                           
                        
                           Steighöhe springender Strahlen.
                           O. LuegerVgl. Lueger: Die Wasserversorgung der Stadt
                                       												Lahr, 1884 S. 38. (Verlag von Moritz
                                       												Schauenburg in Lahr.) hat Versuche anstellen lassen, um
                              									zu ermitteln, bei welcher Mundstückweite unter gegebenen Verhältnissen die gröſste
                              									Strahlhöhe erzielt wird. Es fand sich, daſs bei einer hydraulischen Ueberdruckhöhe
                              									(gemessen mittels Manometer, welches mit dem Aufsteigrohre des Wasserpfostens durch
                              									einen Gummischlauch in Verbindung stand) von 47m,7
                              									Wassersäule das Mundstück von 2cm Lichtweite die
                              									gröſste Steighöhe lieferte, nämlich 35m,2. Nach
                              									der von C. Bach (Construction
                                 										der Feuerspritzen, 1882 S. 28) hierfür aufgestellten Gleichung (5) wäre die
                              									Maximalwurfweite zu erwarten gewesen bei einer Wassergeschwindigkeit
                              										w=20\,\sqrt[3]{2^2\,\times\,0,97} (0,97
                              									Contractionscoefficient für das Mundstück) = 31m,4, entsprechend einer Wasserpressung von
                              										\overline{31,4^2}:19,62=50^m Wassersäule, was in guter
                              									Uebereinstimmung mit dem Lueger'schen Ergebnisse
                              									steht.
                           
                        
                           
                           Trouvé's tragbare elektrische Lampe.
                           G. Trouvé hat nach den Comptes
                                 										rendus, 1884 Bd. 99 * S. 753 eine tragbare elektrische Lampe hergestellt,
                              									welche selbstthätig regulirbar und gefahrlos, zugleich aber auch im Gebrauche sehr
                              									vielseitig ist. In der einen Ausführungsform soll dieselbe für industrielle Zwecke
                              									dienen, wo die Sicherheit Hauptbedingung ist; in der anderen Form für den
                              									Hausgebrauch soll dieselbe die verschiedenen, wenig bequemen und sehr gefährlichen
                              									Handlampen ersetzen, welche nicht zu dauernder Beleuchtung von Wirthschafts- und
                              									Wohnräumen bestimmt sind. Die erstere entzündet sich, wenn der Arbeiter die Lampe an
                              									seinen Gürtel anhängt, um bei der Arbeit die Hände frei zu haben, und erlischt, wenn
                              									sie an ihrem Henkel aufgehängt wird*, die zweite leuchtet, wenn man die Lampe an
                              									ihrem Griffe erfaſst, und hört auf zu leuchten, wenn man sie auf einen Tisch o. dgl.
                              									stellt. Beide bestehen aus einem Behälter mit mehreren Abtheilungen, der zur
                              									Aufnahme einer Batterie von Trouvé'schen
                              									Bichromat-Elementen bestimmt ist. Der Deckel des Gefäſses trägt die in einer
                              									doppelten Krystallglasglocke untergebrachte und auſserdem durch ein Metallgitter
                              									geschützte Glühlampe, meist in winkelrechter Lage gegen den Behälter, und auſserdem
                              									die Elemente, welche erst in die Füllungsflüssigkeit eingetaucht werden, wenn das
                              									Licht leuchten soll; die Tiefe der Eintauchung regulirt die Lichtstärke. Bei der
                              									ersten Art werden die Elemente aus der Flüssigkeit ausgehoben, wenn man die Lampe an
                              									ihrem am Deckel angebrachten Henkel erfaſst. Bei der zweiten Art sitzt der Griff am
                              									Behälter selbst und der Deckel ist durch einen Stab mit einer unter dem Gefäſse
                              									angebrachten Scheibe verbunden- die Elemente sind daher aus der Flüssigkeit
                              									ausgehoben, sobald die Lampe auf dieser Scheibe steht, und tauchen in sie ein, wenn
                              									man die Lampe am Griffe erfaſst und emporhebt. Die Regelung wird dadurch bewirkt,
                              									daſs man den Deckel mittels Mutter und Schraube auf dem centralen Stabe höher oder
                              									tiefer stellt. Eine Art Fallschirm, bestehend aus Stäben, welche nach Art der Stäbe
                              									in einem Regenschirme an dem Behälter angebracht sind und sich ausspreizen, wenn
                              									etwa bei einem Stoſse sich die Lampe auf die Seite neigt, schützt die Lampen für den
                              									Hausgebrauch gegen das Umfallen und Ausschütten der Füllungsflüssigkeit.
                           
                        
                           Herstellung der japanischen magischen Spiegel.
                           Fängt man das von einem der unter dem Namen „magischer Spiegel“ bekannten
                              									japanischen bronzenen Spiegel zurückgeworfene Licht auf einer weiſsen Wand auf, so
                              									kommt das Bild der Figuren zum Vorscheine, welche hinter dem Spiegel eingeprägt,
                              									sonst aber an der Spiegeloberfläche unsichtbar sind, und zwar erscheinen bei
                              									Anwendung divergenten Lichtes die dickeren Stellen, also die, an welchen die
                              									hinteren Figuren erhaben sind, lichtstärker als die übrigen. Macht man ferner auf
                              									die hintere Fläche des Spiegels mit einer Messerspitze einen Riſs, so wird derselbe
                              									auch in der Projection sichtbar. Versuche von H.
                                 										Muraoka (Annalen der Physik, 1884 Bd. 22 S.
                              									246) zeigen nun, daſs der magische Spiegel bloſs durch Dünn
                                 										schleifen sich herstellen läſst und daſs die beiden genannten Erscheinungen
                              									gleiche Ursache haben. Messingplatten werden durch Schleifen nach der geschliffenen
                              									Seite zu convex und zwar um so mehr, je dünner die Platte ist. Wenn also eine
                              									Messingplatte an verschiedenen Stellen ungleiche Dicke hat wie der japanische
                              									Spiegel, so müssen nothwendig beim Schleifen die dünneren Stellen sich stärker
                              									krümmen als die dickeren, wodurch die Verschiedenheit der Convexität entsteht und
                              									die magische Erscheinung hervorgebracht wird. Daſs alle japanischen Spiegel immer
                              									mehr oder weniger convex sind, wenn sie nicht mit Absicht concav gemacht werden, ist
                              									auch eine nothwendige Folge des Schleifens und es war in der That unmöglich, bei
                              									Anwendung ebener Schleifsteine einen nicht erhabenen Messingspiegel herzustellen.
                              									Andere Metalle, selbst Glas, zeigen dieselben Erscheinungen.
                           
                        
                           Verfahren zur Herstellung von Malereien auf Glas.
                           Nach V. Blüthgen in Freienwalde a. d. O. (D. R. P. Kl.
                                 									32 Nr. 30075 vom 25. December 1883) wird das Glas zunächst mit Wasserglaslösung
                              									behandelt; dann werden
                              									mit Essigsäure, Zucker und Farben versetzte Gelatinelösungen durch Aufgieſsen oder
                              									mit dem Pinsel auf die betreifenden Felder gebracht. Durch den Zusatz von Essigsäure
                              									und Zucker verliert die Gelatine ihre Sprödigkeit. Nach dem Trocknen werden die
                              									Farbschichten mit Collodium überzogen, welchem durch Zusatz von Ricinusöl die
                              									Sprödigkeit genommen ist. Die Umrisse der einzelnen Felder und Strichschattirungen
                              									werden zweckmäſsig vor dem Auftragen der Farbschichten hergestellt.
                           
                        
                           Ueber die Zusammensetzung des Paprikas.
                           Paprika, spanischer oder Cayenne-Pfeffer bildet bekanntlich die vermahlene trockene
                              									Frucht von Capsicum annuum, welche Pflanze namentlich
                              									in Ungarn, Spanien und Griechenland angebaut wird, während man in England und
                              									Amerika meist Capsicum frutescens und baccatum verwendet. Nach F.
                                 										Strohmer (Chemisches Centralblatt, 1884 S.
                              									577) enthält Paprika ein fettes Oel ohne scharfen Geruch und Geschmack, welches fast
                              									ausschlieſslich in den Samen vorkommt. Der eigentlich würzende Bestandtheil des
                              									Paprikas wird von einer scharf schmeckenden und riechenden campherartigen
                              									Verbindung, dem Capsicin, gebildet, welches in Schalen und Kernen enthalten ist. Der
                              									harzartige Farbstoff, Capsicumroth, findet sich nur in den Schalen. Die Untersuchung
                              									aus Ungarn stammender Schoten ergab:
                           
                              
                                 
                                 Samen
                                 Schalen
                                 Ganze Frucht
                                 
                              
                                 Wasser (bei 100° flüchtiges)
                                     8,12
                                   14,75
                                   11,94
                                 
                              
                                 Stickstoffsubstanz, als Proteïn berechnet
                                   18,31
                                   10,69
                                   13,88
                                 
                              
                                 Fett (Aetherextract)
                                   28,54
                                     5,48
                                   15,26
                                 
                              
                                 Stickstofffreie Extractivstoffe (Differenz)
                                   24,33
                                   38,73
                                   32,63
                                 
                              
                                 Rohfaser
                                   17,50
                                   23,73
                                   21,09
                                 
                              
                                 Reinasche
                                     3,20
                                     6,62
                                     5,20
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 100,00
                                 100,00
                                 
                              
                                 Stickstoff
                                     2,93
                                     1,71
                                     2,22.
                                 
                              
                           Der Wassergehalt wird als zu hoch anzunehmen sein, da derselbe einen Theil des
                              									flüchtigen Capsicins einschlieſst. Der Aetherextract der Samen würde fast ganz als
                              									Fett, jener der Schalen als Capsicumroth anzusprechen sein, der Aetherextract der
                              									ganzen Frucht jedoch der Summe beider entsprechen. Wenn nun auch die Frage: ob eine
                              									vorliegende Paprikasorte gefälscht ist, am besten und einfachsten durch das
                              									Mikroskop beantwortet werden dürfte, so können doch auch die obigen Zahlen zur
                              									Lösung derselben gewiſs brauchbare Anhaltspunkte liefern. Strohmer fand z.B. in einigen Paprikasorten des Handels:
                           
                              
                                 
                                 Rosen-paprikaPrima
                                 Rosen-paprikaSecunda
                                 Königs-paprika
                                 
                              
                                 Bei 100° Flüchtiges
                                 17,35
                                 14,39
                                 12,69
                                 
                              
                                 Stickstoffsubstanz, als Proteïn berechnet
                                 14,56
                                 14,31
                                 13,19
                                 
                              
                                 Aetherextract
                                 14,43
                                 15,06
                                 13,35
                                 
                              
                                 Asche
                                   5,10
                                   5,66
                                   7,14.
                                 
                              
                           Die Probe sogen. Königspaprikas, welche nach vorstehender Analyse im Vergleiche mit
                              									jener der reinen Paprikaschoten als geringe Sorte anzusehen war, enthielt, wie die
                              									mikroskopische Untersuchung zeigte, neben den Früchten auch einen Theil der
                              									Fruchtstengel und des Fruchtbodens mit vermählen.
                           
                        
                           Ueber Rübenbau.
                           Die Werthprüfung des Rübensamens hat nach A. Sempotowski (Deutsche
                                 										Zuckerindustrie, 1884 S. 272 und 1280) dadurch zu geschehen, daſs man 5g desselben in einem mit gesiebter Gartenerde
                              									gefüllten Holzkasten bei 20° keimen läſst. 1g sehr
                              										guter Rübensamen gibt 81 bis 112 Keime, guter 55 bis 80, während ein Same mit weniger als 40
                              									Keimen als schlecht zu bezeichnen ist.
                           Die in der Provinz Sachsen im J. 1883 ausgeführten Anbauversuche ergaben nach M. Maercker (Neue Zeitschrift für Rübenzucker, 1884 Bd. 12 S. 142
                              									und 257) die günstigsten Erfolge für Gebrüder Dippe's
                              									verbesserte „Kl. Wanzlebener Rüben“.
                           
                           Nach P. Wagner (Deutsche
                                 										landwirthschaftliche Presse, 1884 S. 133) soll man bei Kartoffel- und Zuckerrübendüngung vom schwefelsauren Ammoniak ganz und gar absehen und
                              									überall den Chilisalpeter an dessen Stelle setzen. Mag die Ammoniakdüngung häufig
                              									auch ebenso gut wirken als die Salpaterdüngung – und dies wird besonders bei an
                              									Humus und Kalk reichem Boden und unter feuchtwarmer Witterung, unter Verhältnissen
                              									also, welche die Salpetersäurebildung beschleunigen, der Fall sein –, so steht es
                              									doch fest, daſs in zahlreichen Fällen die Ammoniakdüngung unzweifelhaft weniger gut
                              									gewirkt hat als eine entsprechende Salpeterdüngung, während andererseits kein
                              									einziger Fall mit Sicherheit nachgewiesen worden ist, in welchem umgekehrt die
                              									Salpeterdüngung der Ammoniakdüngung hätte unterliegen müssen.
                           P. Dehérain (Comptes
                                 										rendus, 1884 Bd. 99 S. 920) fand, daſs Vilmorin-Rüben ungedüngt in 100 Th.
                              									Saft 19 Th. Zucker lieferten, daſs man bei günstigem Wetter aber auch von gedüngten
                              									Flächen ebenso zuckerreiche Rüben erzielen kann. Dagegen lieferte 1ha ungedüngt 29700k, mit Stalldünger 35000k, mit
                              									Stalldünger und Natronsalpeter 43000k Rüben.
                           Rübennematoden wurden in Frankreich von A. Girard (daselbst S. 922)
                              									Mitte September 1884 in den Bezirken Seine, Seine et Oise und im nördlichen
                              									Frankreich beobachtet. Bei Gonesse z.B. enthielten die gesunden Rüben 12 bis. 13
                              									Proc., die befallenen nur 3 bis 8 Proc. Zucker.
                           Versuche der landwirtschaftlichen Versuchsstation Gembloux (vgl. deren Bulletin, 1884 Nr. 29) über die Unterbringung von künstlichem Dünger für Zuckerrüben ergaben, daſs diese
                              									Düngemittel auf sandig-thonigem Boden im Frühjahre tief untergepflügt werden müssen.
                              									Eineggen und oberflächliches Unterbringen genügt nicht, da Thonboden ein so groſses
                              									Absorptionsvermögen besitzt, daſs selbst in feuchten Jahren die Stoffe nicht bis zur
                              									Pfahlwurzel gelangen. Auf die Zuckerbildung hat die Art des Unterbringens keinen
                              									Einfluſs.
                           B. Corenwinder prüfte die Angabe, ob die Zuckerrübe den
                              										Kohlenstoff ihres Zuckergehaltes wesentlich der Atmosphäre entnimmt, indem er Rübenpflanzen theils
                              									in reinem Sande, welcher die erforderlichen Nährsalze enthielt, theils in gedüngtem
                              									Boden zog. Das Endergebniſs war nach dem Bulletin de la
                                 										Société industrielle du Nord de la France, 1884 S. 75 folgendes:
                           
                              
                                 
                                 Gesammtgewicht
                                 Zusammensetzung der Wurzel
                                 
                              
                                 
                                 der Blätter
                                 der Wurzel
                                 Wasser
                                 Zucker
                                 Asche
                                 
                              
                                 In Sand
                                    270g
                                   490g
                                 80,8
                                 12,26
                                 0,98
                                 
                              
                                 Gedüngter Boden
                                 2560
                                 1145
                                 83,8
                                 10,60
                                 1,16
                                 
                              
                                 Freies Feld
                                 –
                                 –
                                 83,2
                                   9,00
                                 0,91
                                 
                              
                           Die in reinem Sande gezogene Rübe hatte somit 61g Zucker erzeugt, zu deren Aufbau sie täglich der
                              									Atmosphäre 31cc Kohlensäure entzog.
                           
                        
                           Verfahren zur Herstellung von Arsen freiem
                              									Schwefelwasserstoff.
                           Leitet man nach O. v. d. Pfordten (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1884 S.
                              									2897) unreines Schwefelwasserstoffgas über erhitztes Schwefelkalium, sogen.
                              									Schwefelleber, so wird der beigemengte Arsenwasserstoff völlig zurückgehalten. Man
                              									läſst zu diesem Zwecke den trockenen Schwefelwasserstoff durch ein auf 350°
                              									erwärmtes Rohr mit Schwefelleber, dann durch eine Flasche mit Sodalösung streichen.
                              									Die Zersetzung erfolgt nach der Formel: 2AsH3 +
                              										3K2S3 = 2AsS3K3 + 3H2S.
                           
                        
                           Ueber die in der atmosphärischen Luft enthaltenen brennbaren
                              									Kohlenstoffverbindungen.
                           A. Muntz und E. Aubin (Comptes rendus, 1884 Bd. 99 S. 871) haben den Gehalt
                              									der atmosphärischen Luft an verbrennbaren Kohlenstoffverbindungen dadurch bestimmt,
                              									daſs sie die zuvor von Kohlensäure und Staubtheilen befreite Luft über bis zur
                              									Rothglut erhitztes Kupferoxyd leiteten und dann die gebildete Kohlensäure
                              									bestimmten, oder, um dem Einwurfe zu entgehen, die Kohlenstoff haltigen Gase könnten
                              									durch das zur Entfernung der Kohlensäure dienende Kaliumhydrat theilweise
                              									zurückgehalten werden, bestimmten sie in zwei unter gleichen Umständen aufgefangenen
                              									gleichen Luftmengen in dem einen die Kohlensäure durch mit Kaliumhydrat getränkten
                              									Bimsstein, in dem anderen erst, nachdem sie es durch eine mit Kupferoxyd und Bimsstein gefüllte
                              									Glasröhre bei Rothglut geleitet hatten.
                           Die durch die Verbrennung der Kohlenstoff haltigen Verbindungen gefundene Menge
                              									Kohlensäure schwankte in Paris am Conservatoire des Arts et
                                 										Métier von 0,0003 bis 0,001 Vol.-Proc.; dagegen betrug dieselbe auf der
                              									Ebene von Vincennes, wo die Luft nicht wie dort durch Leuchtgas und Producte der
                              									unvollständigen Verbrennung verunreinigt ist, nur 0,0002 bis 0,0005, im Mittel
                              									0,00033 Vol.-Proc. Die verbrennbaren Kohlenstoffverbindungen der Luft entsprechen
                              									somit etwa 1 Procent der fertig gebildeten Kohlensäure der Luft.
                           Die Frage, ob die Kohlenwasserstoffe und andere Kohlenstoff haltige Verbindung, wie
                              									z.B. der Alkohol, welche in die Luft entweichen, in den Kreislauf des organischen
                              									Lebens zurückkehren, oder ob nicht schlieſslich alle Kohlensäure der Luft in diese
                              									dem Kreislaufe entzogenen Verbindungen umgewandelt würde, ist zu verneinen, da durch
                              									die elektrischen Entladungen der Atmosphäre die gedachten Verbindungen verbrannt
                              									werden.
                           
                        
                           Zur Kenntniſs des Natriumsulfates.
                           Nach Versuchen von S.U. Pickering (Journal of the Chemical Society, London 1884 S. 686)
                              									zeigt das bei 150° entwässerte oder das durch Kochen der gesättigten Lösung
                              									wasserfreie ausgeschiedene schwefelsaure Natrium eine Lösungswärme von 57c, das auf Rothglut gebrachte 760c und das geschmolzene sogar 857c. Nach 3 Monaten geht die Lösungswärme des
                              									letzteren auf 438c zurück.
                           
                        
                           Ueber das käufliche Picolin.
                           A. Ladenburg zeigt in den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft, 1885 S. 47, daſs das aus
                              									Thieröl gewonnene käufliche Picolin aus 3 Basen besteht: α-Methylpyridin, β-Methylpyridin und
                              									(wahrscheinlich αα'-) Dimethylpyridin. Die Menge des
                              										β-Methylpyridins tritt gegen die der beiden anderen
                              									wesentlich zurück. In einer Sendung Picolin waren sogar kaum nennenswerthe Spuren
                              									desselben zu finden.
                           
                        
                           Verfahren zur Herstellung von Indigo.
                           Chlorirt man nach H. Müller in Hersfeld (D. R. P. Kl. 22
                                 									Nr. 30329 vom 12. Juni 1883) Benzaldehyd in Gegenwart Wasser entziehender Mittel,
                              									z.B. Schwefelsäure, so erhält man Metachlorbenzaldehyd als farblose, bei 206°
                              									siedende Flüssigkeit von 1,246 sp. G. bei 15°. Beim Nitriren dieses
                              									Metachlorbenzaldehyds mit Salpetersäure, Salpeter und Schwefelsäure entsteht
                              									vorzugsweise Metachlororthonitrobenzaldehyd, welches aus der Nitrirmischung mit
                              									Eiswasser ausfällt und, wiederholt aus Alkohol krystallisirt, gelbliche, bei 60°
                              									schmelzende Nadeln bildet. Löst man dieses Methachlororthonitrobenzaldehyd in
                              									Aceton, versetzt diese Lösung mit etwas Wasser und dann mit verdünnter Natronlauge,
                              									so scheidet die Lösung nach kurzer Zeit Chlorindigo ab.
                           Der so erhaltene Chlorindigo ist dem reinen Indigo täuschend ähnlich; er ist ein
                              									tiefblaues, unter dem Mikroskope krystallinisches Pulver mit kupferrothem Strich,
                              									geschmack- und geruchlos, unlöslich in Wasser, Alkohol, Aether, verdünnten Säuren
                              									und Alkalien, etwas löslich in heiſsem Chloroform, Anilin und Benzalchlorid. Beim
                              									Erhitzen sublimirt der Chlorindigo unter theilweiser Zersetzung; beim Destilliren
                              									mit Natronhydrat zerfällt er in Kohlensäure und Chloranilin. Mit concentrirter
                              									Schwefelsäure bildet er eine in Wasser lösliche Sulfosäure, welche Wolle blau färbt. Durch
                              									reducirende Mittel, wie Eisenvitriol und Alkalien, entsteht aus dem Chlorindigo eine
                              									Küpe, welche wie die Küpe des gewöhnlichen Indigos verwendet werden kann. Entzieht
                              									man dem Chlorindigo das Chlor durch Wasserstoff im Entstehungszustande, so erhält
                              									man Indigo.
                           Wendet man anstatt des Chlores Brom an, so erhält man die entsprechenden
                              									Bromabkömmlinge.