| Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] | 
| Fundstelle: | Band 309, Jahrgang 1898, Miszellen, S. 238 | 
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                        [Kleinere Mittheilungen.]
                        Kleinere Mittheilungen.
                        
                     
                        
                           13. Hauptversammlung des Verbandes Deutscher Architekten- und
                              									Ingenieurvereine.
                           Am 5. und 6. d. M. wurde in Freiburg i. B. die 13. Wanderversammlung des Verbandes
                              									Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine unter dem Vorsitz des Geh. Oberbauraths
                              										Stübben-Cöln abgehalten. Es waren etwa 400
                              									Delegirte aus allen Theilen Deutschlands erschienen. Auch die nahegelegene Schweiz
                              									und Oesterreich-Ungarn waren zahlreich vertreten. Geh. Oberbaurath Stübben-Cöln eröffnete die Verhandlungen mit einer
                              									längeren Begrüssungsansprache; in deren Verlauf er der vielen und grossen Erfolge
                              									gedachte, die dem deutschen Ingenieurwesen und der Architektur in den letzten Jahren
                              									zu Theil geworden sind, und die auch durch eine leider neuerdings sehr bemerkbar
                              									gewordene Bauspeculation nicht beeinträchtigt werden konnten. Namentlich auf dem
                              									Gebiet der Brücken- und Bahnhofsbauten sei in letzter Zeit Vieles und Grossartiges
                              									geschaffen worden, nachdem mit der Fertigstellung des Nord-Ostseekanals anscheinend
                              									die Aera der grossen Bauten zunächst abgeschlossen erschien. Was technische und
                              									architektonische Ausgestaltung anbelange, ständen diese Bauwerke vielfach einzig da.
                              									Redner erinnert an die Kaiser-Wilhelmbrücke bei Remscheid, das Henrichenburger
                              									Schiffshebewerk, die Cölner und Dresdener Bahnhofsbauten und schliesslich an die
                              									neuerdings mehr in Aufnahme kommenden Thalsperren, die
                              									zugleich das Eingangsthor zu einem neuen Arbeitsfeld für die deutsche Technik
                              									bildeten und zwar insofern, als gegenwärtig die Wasserbaufrage im Vordergrunde des
                              									Interesses stehe. Namentlich in Sachen der Bekämpfung der Hochwassergefahren stehe die deutsche Technik vor grossen Aufgaben. Weiter
                              									sei aber auch auf dem Gebiet der Wasserstrassen und ihres weiteren Ausbaues, sowie
                              									der Ausnutzung der Wasserläufe ein neuer Aufschwung demnächst zu erwarten, und es
                              									sei Pflicht der Technik, sich den bevorstehenden Arbeiten gewachsen zu zeigen. Auf
                              									dem Gebiet des Kleinbahnwesens habe die deutsche
                              									Technik neuerdings ebenfalls tüchtig gearbeitet und dadurch den Vorsprung eingeholt,
                              									den andere Länder vor uns seit Jahren voraus hatten. Die deutsche Elektrotechnik,
                              									wie sie einerseits auf dem Gebiet der Kraftbeschaffung und andererseits in dem
                              									Beleuchtungswesen zum Ausdruck komme, nehme den ersten Rang ein. So sei das
                              									Architekten- und Ingenieurwesen in Deutschland auf allen Gebieten unablässig
                              									vorangeschritten und dürfe auf Grund seiner Leistungen wohl erwarten, auf den Platz
                              									gestellt zu werden, der ihm im öffentlichen Leben zukomme. Nach den üblichen
                              									Begrüssungsansprachen folgte der Geschäftsbericht, den Stadtbauinspector Pinkenburg-Berlin erstattete. Dem Verbände sind 36
                              									Vereine angeschlossen; im verflossenen Jahre sind drei neue und zwar die von Posen,
                              									Stettin und Erfurt hinzugetreten. Ferner haben sich zwei selbständige Vereine in
                              									Halle a. S. gebildet. Der nächste Congress wird 1899 in Braunschweig, der
                              									übernächste im Jahre 1900 in Bremen tagen. Zu einer entsprechenden Betheiligung des
                              									Verbandes an der Pariser Weltausstellung 1900 sind bereits die einleitenden Schritte
                              									gethan worden.
                           Von den Vorträgen mögen in kurzem Auszüge diejenigen über Construction und Architektur neuerer deutscher Brückenbauten und über die
                              										Wasserverhältnisse der Gebirgsflüsse hier
                              									wiedergegeben sein. Der erste Referent, Director Rieppel-Nürnberg, führte aus: Der wirthschaftliche Aufschwung des Reiches
                              									in den letzten Jahrzehnten hat die deutsche Ingenieurwelt auf dem Gebiete des
                              									Brückenbauwesens vor grosse Aufgaben gestellt. Es handelte sich dabei einmal um
                              									Aufgaben, die von dem auf diesem Gebiet schon weiter vorgeschrittenen Amerika,
                              									England und Frankreich bereits gelöst waren, zum Theil durch eingewanderte deutsche
                              									Ingenieure; auf der anderen Seite aber stand der deutsche Brückenbau vor ganz neuen
                              									und bis dahin nicht gestellten Aufgaben, deren Lösung ihm, vornehmlich auf Grund der
                              									umfassenden Vorarbeiten, glänzend gelungen ist. Nach der Mehrtens'schen Tabelle ist Deutschland zwar nur mit 24 Feldern mit 2,8 km
                              									Länge an dem allgemeinen Brückenbau betheiligt, während Amerika und England beinahe
                              									das Zehnfache aufzuweisen haben. Was ihm aber an Menge abgeht, hat der deutsche
                              									Brückenbau auf dem Gebiet des Constructionswesens vollständig nachgeholt. Man kann
                              									ohne weiteres behaupten, dass Deutschland auf diesem Gebiete eine führende Stellung
                              									einnimmt. Namentlich im Materialprüfungswesen, der Querschnittsberechnung, der
                              									Lagerung, der Dimensionirungsmethode und dem Spannungswesen ist deutscher Einfluss
                              									bei der Mehrzahl der ausländischen Brückenbauten unverkennbar. Ein grosses Verdienst
                              									gebührt in dieser Beziehung Gerber, dessen
                              									Materialprüfungsmaschine dem Brückenbauwesen einen neuen Aufschwung brachte und
                              									jetzt fast überall im Gebrauch ist. Auch das in Deutschland zum ersten Mal in
                              									Anwendung gebrachte Consolträgersystem hat sich der Aufmerksamkeit des Auslandes zu
                              									erfreuen. In der Knotenpunktausbildung folgt Frankreich bereits ganz den deutschen
                              									Grundsätzen. So war der deutsche Brückenbau genügend vorbereitet, als zu Beginn des
                              									letzten Jahrzehnts jene neuen grossen Aufgaben an ihn herantraten, deren Ausführung
                              									allgemeine Bewunderung erregt hat. Der Redner beschäftigte sich dann eingehend mit
                              									den seit 1884 geschaffenen deutschen Brückenbauten, die in die Systeme: Balken-,
                              									Bogen- und Hängebrücke zerfallen. Die erstere Art leitet die von Andreas Meyer entworfene Strassenbrücke über die
                              									Norderelbe bei Hamburg ein, die Lohseträgerund eine Gesammtlänge von 303 m hat. Ihr Gewicht
                              									beträgt 2430 t. Es folgt die Nogatbrücke bei Marienburg, die sich als zweigleisige
                              									Bahnbrücke von 206,4 m Gesammtlänge mit Fischbauchträger und 1660 t Gewicht
                              									darstellt. Die dritte ist die Weichselbrücke bei Dirschau, die ebenfalls eine
                              									zweigleisige Bahnbrücke mit Fischbauchträger, 774 m Länge und 7075 t Gewicht ist.
                              									Entwurfsverfasser dieser beiden Brücken war Schwedler,
                              									Erbauer aller drei Brücken Harkort. Die vierte ist die
                              									Strassenbrücke über den Neckar bei Mannheim, die 1890 unter Gerber's Mitwirkung mit Consolträgern gebaut wurde. Sie hat eine
                              									Gesammtlänge von 187 m und ein Gewicht von 1674 t. Es folgt dann die von der
                              									Eisenbahndirection Altona bezw. der Gutehoffnungshütte erbaute zweigleisige
                              									Bahnbrücke über die Norderelbe bei Hamburg, bei der wieder Lohseträger zur Anwendung
                              									kamen. Die Länge beträgt 303 m, das Gewicht 2203 t. Die sechste und zugleich grösste
                              									Brücke ist die für Strasse und eingleisige Bahn eingerichtete Weichselbrücke bei
                              									Fordon mit 1283,1 m Länge und 11000 t Gewicht. Diese sowie die nächste, von der Generaldirection der Reichseisenbahnen bezw. Harkort erbaute zweigleisige Eisenbahnbrücke über den
                              									Rhein bei Roppenheim hat Halbparabelträger bezw. Parallelträger. Die Länge der
                              									letzteren beträgt 400,2 m, das Gewicht 4100 t. Die beiden letzten Balkenbrücken, die
                              									der Redner einer Besprechung unterzog, sind die noch in der Ausführung begriffenen
                              									Strassenbrücke über die Süderelbe bei Harburg mit 587,3 m Gesammtlänge und 2450 t
                              									Gewicht und die zweigleisige Eisenbahnbrücke über den Rhein bei Worms mit 907,7 m
                              									Länge und 5274 t Gewicht. Beide erhalten Fachwerkbogen mit Zugband und
                              									Parallelträger. Die Besprechung der Bogenbrücken leitete der Redner mit der
                              									Erörterung der Strassen- und Bahnbrücke über den Nord-Ostseekanal bei Grünthal ein,
                              									deren Gesammtlänge 156,5 m bei einem Gewicht von 1280 t beträgt. Sie hat
                              									Zweigelenkfachwerkbogen und Sichelträger. Es folgen dann: die Strassenbrücke über
                              									den Neckar bei Cannstatt (Zweigelenkblechbogen), 237,5 m Länge, 1380 t Gewicht; die
                              									Strassen- und Bahnbrücke über den Nord-Ostseekanal bei Levensau
                              									(Zweigelenkfachwerkbogen), 163,4 m Länge, 2810 t Gewicht; die Strassenbrücke über
                              									die Elbe in Dresden (Dreigelenkfachwerkbogen mit ausgestreiften Zwickeln), 152,9 m
                              									Länge, 1835 t Gewicht; die zweigleisige Eisenbahnbrücke über das Wupperthal bei
                              									Müngsten (gelenkloser Fachwerkbogen, Parallelträger mit Gerüstpfeiler), 455 m Länge,
                              									5090 t Gewicht; die Strassenbrücke über die Donau bei Straubing
                              									(Zweigelenkfachwerkbogen, Sichelform), 91 m Länge, 372 t Gewicht; die Strassenbrücke
                              									über die Aar in Bern (gelenkloser Fachwerkbogen bei der Hauptöffnung und Blechbogen
                              									in den Seitenöffnungen), 287 m Länge und 1750 t Gewicht; die Strassenbrücke über den
                              									Rhein bei Düsseldorf (Zweigelenkfachwerkbogen), 593,9 m Länge, 5150 t Gewicht; die
                              									Strassenbrücke über den Rhein in Bonn (Zweigelenkfachwerkbogen), 406,9 m Länge, 3200
                              									t Gewicht; und die Strassenbrücke über den Rhein bei Worms (Zweigelenkfachwerkbogen,
                              									Sichelform), 294,4 m Gesammtlänge und 1830 t Gewicht.
                           Die drei letzteren Brücken sind noch in der Ausführung begriffen. Das System der
                              									Hängebrücken, bei dessen Besprechung der Redner der grossen Verdienste des
                              									Dresdeners Köpcke um die Ausführung solcher Brücken
                              									gedachte, ist bei der von Köpcke erbauten
                              									Strassenbrücke über die Elbe bei Loschwitz und bei der Strassenbrücke über die Argau
                              									bei Langenargen zur Anwendung gebracht. Erstere hat eine Gesammtlänge von 270,2 m
                              									und 2998 t Gewicht, die letztere 72 m Länge und 137 t Gewicht. Aus diesen Zahlen
                              									ergibt sich für die Balkenbrücken eine Gesammtlänge von 4956,7 m und 37866 t
                              									Gesammtgewicht, für die Bogenbrücken eine Gesammtlänge von 2838,5 m und 24697 t
                              									Gesammtgewicht und für die Hängebrücken 342,2 m Gesammtlänge und 3135 t
                              									Gesammtgewicht, also für die neueren deutschen Brückenbauten zusammen eine
                              									Gesammtlänge von 8137,4 m und ein Gesammtgewicht von 65698 t.
                           Im Anschluss an diese Mittheilungen bezeichnet es der Redner als erfreulich, dass
                              									auch in architektonischer Beziehung ein Aufschwung im Brückenbauwesen zu verzeichnen
                              									sei, und constatirt, dass das Zusammenwirken zwischen Technik und Architektur mehr
                              									und mehr sich geltend mache. Wenn deshalb bei Gelegenheit des Internationalen
                              									Congresses im Haag eine der grössten deutschen Zeitungen den dort ausgesprochenen
                              									Satz: Die Ingenieure des 19. Jahrhunderts hätten für Kunst und Architektur nichts
                              									übrig! widerspruchslos aufgenommen und ihm sogar in gewisser Beziehung beigestimmt
                              									habe, so betone der heutige Verbandstag, dass dieser allgemeine Satz für das
                              									deutsche Ingenieurwesen nicht zutreffe. Wohl sei es wahr, dass vor nicht allzu
                              									langer Zeit dem Techniker noch alle Mittel beschnitten wurden, so dass ihm für
                              									architektonische Ausgestaltungen kein Pfennig übrig blieb und er sich auf reine
                              									Zweckmässigkeitsbauten beschränken musste. Nachdem aber mit dem
                              									wirthschaftlichen Aufschwunge in Deutschland auch die Mittel für Kunstzwecke
                              									reichlicher fliessen, hat das deutsche Ingenieurwesen sich niemals mehr
                              									künstlerischen Anforderungen gegenüber ablehnend verhalten, und es muss dankbar
                              									anerkannt werden, dass heute zwischen Constructeur und Architekt ein festes Band der
                              									Einigkeit besteht, das hoffentlich nie mehr zerreissen wird.
                           Der zweite Referent, Professor Frentzen-Aachen,
                              									beschäftigte sich vornehmlich mit der Frage, wie sich im letzten Jahrzehnt bei der
                              									Ausführung der von dem ersten Referenten erörterten neueren deutschen Brückenbauten
                              									die Beziehungen zwischen dem Constructeur und dem Architekten gestellt haben und kam
                              									ebenfalls zu dem Schluss, dass diese Beziehungen ganz ausserordentlich erfreuliche
                              									und enge seien. Mit der Zulassung der Kunst zu den Preisbewerbungen sei der
                              									Architektur ein neues und ausserordentlich dankbares Gebiet erschlossen worden; man
                              									könne ruhig behaupten, dass die deutsche Architektur auf dem neuen Gebiet schon viel
                              									Erfreuliches geleistet habe. Wie die Constructeure, so seien aber auch die
                              									maassgebenden Instanzen der Behörden und weite Kreise des Volkes zu der Anschauung
                              									gekommen, dass bei den colossalen, völkerverbindenden und für Jahrhunderte
                              									berechneten Brückenbauwerken höhere Ansprüche an künstlerische Ausführung u.s.w.
                              									gestellt werden müssten, als bei Bauten, die lediglich der Zweckmässigkeit dienten.
                              									Dieser erfreuliche Umschwung komme vor allem in den Wettbewerbsprogrammen zum
                              									Ausdruck, die sowohl von behördlicher wie von privater Seite erlassen würden. Diese
                              									Programme enthielten vielfach sogar einen directen Hinweis auf die Nothwendigkeit
                              									der architektonischen Ausgestaltung der Brückenbauten. Mit der fortschreitenden
                              									wirthschaftlichen Entwickelung im Reiche und der Hebung des nationalen Wohlstandes
                              									ist denn auch die architektonische Ausgestaltung gestiegen. Den Anfang machte die
                              									Mainzer Strassenbrücke, deren Ausführung zu weiteren Versuchen anregte. Die
                              									Constructeure nahmen mehr und mehr auf die Entwürfe und Vorschläge der Architekten
                              									Rücksicht und sie machten die Erfahrung, dass ein zweckmässiges Zusammenarbeiten von
                              									grösstem Nutzen war. Leider sei noch vielfach bei den Ingenieuren die Gewohnheit im
                              									Schwunge, zunächst den Entwurf fertig auszuarbeiten und erst dann den Architekten
                              									heranzuziehen. Demgegenüber müsse immer wieder und wieder betont werden, dass die
                              									Grund- und Gesammtform gemeinsam festgestellt werden müsse, und dass es nicht
                              									angängig sei, dem fertigen Entwurf schliesslich gewissermaassen nur einen
                              									architektonischen Mantel umzuhängen. In dieser Beziehung habe das System des
                              									gemeinsamen Preisbewerbs viel gebessert. Andererseits dürfte nicht verschwiegen
                              									werden, dass die Wettbewerbe auch vielfach Nachtheile nach der Richtung hin
                              									brachten, dass eine gewisse Effecthascherei eintrat, die in der Ueberladung der
                              									Brückenbauten mit architektonischen Dingen zum Ausdruck kam. Glücklicherweise seien
                              									diese Dinge meist auf dem Papier geblieben, da sich ihre Ausführung später technisch
                              									unmöglich machte. Immerhin werde noch viel gesündigt. Der Redner bespricht dann
                              									eingehend die Wirkungen, welche der Einfluss der Architektur auf die verschiedenen
                              									neueren Brückenbauten gehabt hat. Zunächst sei auf eine schöne Linienführung Bedacht
                              									genommen und aus diesem Grunde dem System der Bogen- und Hängebrücken gegenüber dem
                              									architektonisch minder schönen System der Balkenbrücken der Vorzug gegeben worden.
                              									Ferner wurde das System der Brückenthore verbessert. Ganz besonders kam die
                              									Nachahmung mittelalterlicher Burgthore, so in Hamburg und Worms in Aufnahme. Redner
                              									warnt vor der Uebertreibung in der Anwendung dieser Thorform und verbreitet sich
                              									dann der Reihe nach über die Bonner Rheinbrücke, deren ausserordentlich günstiges
                              									Gesammtbild er rühmt, ferner über die Düsseldorfer Brücke, bei welcher die doppelte
                              									Anwendung eines Bogensystems den Gesammteindruck etwas störe, die Loschwitzer
                              									Brücke, deren Linienführung nicht ganz einwandsfrei sei, und schliesslich die
                              									Müngstener Riesenbrücke, deren Ausführung sowohl constructiv wie künstlerisch voll
                              									befriedigen müsse. Auch passe sich das System dem landschaftlichen Bilde
                              									wirkungsvoll an. Bei der in der Ausführung begriffenen Wormser Stadtbrücke seien die
                              									projectirten Thorbogen das Maximum, was sich der Architekt leisten dürfe. Der
                              									Abschluss der Brücke erscheine fast zu energisch. Bei der zweiten neuen Wormser
                              									Brücke, die ausserhalb der Stadt errichtet wird, erscheine die Burgthorform
                              									eigentlich überflüssig. Der Redner wendet sich dann noch einigen ausländischen,
                              									architektonisch interessanten Brückenbauten zu und schliesst mit dem Wunsche, dass
                              									die Einigkeit zwischen Technik und Architektur auch bei den bevorstehenden vielen
                              									Neubauten im Brückenwesen von Bestand sein möge.
                           Geh. Reg.-Rath Professor Intze-Aachen nahm das Wort zu
                              									einem Vortrage über die Wasserverhältnisse der Gebirgsflüsse, ihre Verbesserung und
                              									Ausnutzung. Der Redner, der bekanntlichder Commission für die Verbesserung der
                              									Wasserverhältnisse im schlesischen Ueberschwemmungsgebiet angehört und seit langen
                              									Jahren im Eifel- und Ruhrgebiet in dieser Beziehung mit Erfolg thätig ist,
                              									schilderte eingehend die Verheerungen, die im Frühjahr im schlesischen Gebirge und
                              									im Jahre 1890 im Ruhrgebiet durch die grossen Niederschläge eingetreten sind. Sodann
                              									verbreitete er sich über die Wasserverhältnisse im Gebirge überhaupt. Das
                              									Niederwasser halte oft monatelang an, wodurch Wassermangel und damit im Zusammenhang
                              									für die anliegenden Betriebe Kraftmangel entstehe, während sich für die
                              									Landwirthschaft eine Verminderung der Ertragsfähigkeit ergebe. Die Grundwassermenge
                              									verringere sich durch die starke Abführung der Bäche, während andererseits die
                              									starken und häufigen Niederschläge, deren nützliche Ausbeutung einen gewissen
                              									Ausgleich herbeiführen würde, heute nur verderbenbringend wirken. Die Frage sei
                              									also: Ist es möglich, durch Zurückhaltung der grossen Wassermassen einerseits den
                              									Ueberschwemmungen zu steuern und andererseits die zurückgehaltenen Wassermassen
                              									wirthschaftlich auszunutzen? Diese Frage ist, was Schlesien anlangt, im Anschluss an
                              									die traurigen Erfahrungen der letzten Zeit bejaht, und man hat bereits die
                              									Ausführung von Anlagen beschlossen, welche dazu dienen sollen, in den Seitenthälern
                              									die Wasserfluthen in entsprechende Sammelbecken zu leiten und sie zur
                              									Kraftentwickelung nutzbar zu machen. Und zwar wird man nur so viel Wasser
                              									zurückhalten, als nach den Ergebnissen der Statistik nothwendig ist, um
                              									Ueberschwemmungen zu verhüten. Andererseits wird man die gewonnene Kraft möglichst
                              									den Anliegern reserviren. Redner wendet sich dann gegen das Abpumpen des
                              									Untergrundwassers seitens industrieller Unternehmungen und verlangt einen
                              									gesetzlichen Schutz gegen den „Diebstahl am Wasser“, wie er in manchen
                              									Gegenden systematisch betrieben werde. Auch gegen die zunehmende Verschmutzung des
                              									Wassers müsse endlich eingeschritten werden. Vor allem aber müsse in den
                              									Quellgebieten Wandel geschaffen werden in Bezug auf die Abholzung. Diese dürfe auf
                              									keinen Fall mehr, wie bisher, betrieben werden. Die Wasserfrage ist eine der
                              									wichtigsten und die Ausnutzung des Wassers von höchster Bedeutung für unsere weitere
                              									wirthschaftliche Entwickelung. Es sei nur noch eine Frage der Zeit, wie lange der
                              									Kohlenvorrath der Erde reiche, und dann werde die Wasserkraft bis auf weiteres die
                              									erste Rolle zu spielen haben. Es sei deshalb nothwendig, mit allen Mitteln einen
                              									Ausgleich der Wasserabführung anzustreben. Die bisherigen Maassregeln im Wupperthal
                              									und in Schlesien nach dieser Richtung hin haben einen erfreulichen Erfolg gehabt.
                              									Der Redner geht dann auf die Construction der Wassersammelbecken ein. Er verlangt
                              									neben vollständiger Sicherheit im Bau Gefälligkeit der Ausführung, möglichst hohe
                              									Lage, Billigkeit in der Herstellung und Berücksichtigung der Temperatur- und
                              									Zuflussverhältnisse. Bei einmüthigem Zusammenwirken der Interessenten,
                              									entsprechenden gesetzlichen Schutzmaassregeln und guter Ausführung der Schutzbauten
                              									werde es nicht schwer sein, einerseits den Gefahren der Gebirgsflüsse wirksam zu
                              									begegnen und zum anderen die jetzt vielfach ungünstige wirthschaftliche Lage der
                              									Gebirgsbewohner ausserordentlich zu heben.
                           
                        
                           Ueberlastung der Sicherheitsventile.
                           Ueber gefährliche Missbräuche auf Rhein-Schleppdampfern wird im dritten
                              									Vierteljahrsheft der Statistik des deutschen Reichs
                              									folgender Bericht des rheinischen Dampfkessel-Ueberwachungsvereins
                              									wiedergegeben.
                           Die Explosion auf dem Boote Käthchen gab der
                              									Westdeutschen Binnenschiffahrts-Berufsgenossenschaft zu Duisburg Veranlassung, durch
                              									Schreiben vom 7. Juli 1897 darauf aufmerksam zu machen, dass eine Ueberlastung der
                              									Sicherheitsventile bei den Dampfkesseln der Rheinboote sehr häufig vorkäme, wodurch
                              									schon öfter Unglücksfälle hervorgerufen seien. Gleichzeitig fragte die
                              									Genossenschaft beim Verein an, welche Mittel und Wege wohl eingeschlagen werden
                              									könnten, um diesen Uebelstand zu beseitigen. Auch von anderer Seite war bereits
                              									hierauf hingewiesen worden, so z.B. in dem Jahresbericht der Niederrheinischen
                              									Dampfschleppschiffahrts-Gesellschaft zu Düsseldorf, welcher Bericht auszugsweise in
                              									den verschiedenen Zeitungen unseres Bezirks veröffentlicht wurde. Nach allem diesen
                              									schien man in den betheiligten Kreisen anzunehmen, dass das Ueberlasten von
                              									Sicherheitsventilen auf den Rheinbooten allgemein gang und gäbe sei, ohne dass dies
                              									dahin thatsächlich festgestellt war. Die Kesselrevisionen auf den in Fahrt
                              									befindlichen Schiffen vorzunehmen, hat, namentlich wenn man das Personal dabei
                              									überraschen will, allerdings seine ausserordentlichen Schwierigkeiten, da man ja
                              									dabei die Fahrt des Schiffes nicht unterbrechen darf, doch musste dies einmal
                              									ausgeführt werden, wenn man einen klaren Blick über den auf den Schiffen
                              									herrschenden Betrieb bekommen wollte. Der Revisor unternahm am 23. Juli v. J. mit
                              									einem ihm zu diesem speciellen Zweck zur Verfügung gestellten kleinen Dampfboot
                              									eine Fahrt auf dem Rhein, welche, in Düsseldorf beginnend, bis nach Orsoy ausgedehnt
                              									wurde. An dieser Fahrt betheiligten sich der königl. Regierungs- und Gewerberath Theobald und der königl. Gewerbeinspector Simons, beide aus Düsseldorf. 16 Dampfschiffe, welche
                              									zum grössten Theil sich auf der Bergfahrt befanden, wurden besucht, und ist dabei
                              									festgestellt worden, dass eine Ueberlastung der Sicherheitsventile thatsächlich in
                              									einem grösseren Umfange stattfindet, als man erwartet hatte, denn von diesen 16
                              									Schiffen, von denen noch 2 ausser Betrieb waren, hatten 8 überlastete
                              									Sicherheitsventile. Die Einrichtungen zur Ueberlastung bestanden theils darin, dass
                              									noch besonders schwere Gewichte angehängt waren, theils in einem vollständigen
                              									Absteifen des Ventilhebels gegen die Decke des Kesselraumes oder auch in dem
                              									Einsetzen einer Schraube oder eines besonders abgepassten Stückes zum vollständigen
                              									Niederhalten des Ventilhebels. Die Revision hat also ergeben, dass thatsächlich bei
                              									sehr vielen Rheindampfern, und zwar namentlich bei den kleineren Schleppbooten ein
                              									Ueberlasten der Sicherheitsventile in der Absicht vorgenommen wird, mit einer nicht
                              									unwesentlich höheren Dampfspannung zu fahren, als für welche die betreffenden Kessel
                              									concessionirt sind. Die Dampfmaschinen sind bei der höheren Dampfspannung
                              									naturgemäss leistungsfähiger, und ist das Dampfboot in der Lage, eine grössere
                              									Schlepplast zu befördern und dadurch mehr Geld zu verdienen. Es würde deshalb keinen
                              									grossen Einfluss ausüben, wenn die Leute für diesen ungesetzmässigen Zustand nur mit
                              									einer kleinen Geldstrafe belegt würden, wie dies bis jetzt immer seitens des
                              									Gerichts geschehen ist, wenn eine Ueberlastung der Sicherheitsventile oder ein Ueber
                              									schreiten der Dampfspannung zur Anzeige gebracht werden. Die Schiffseigenthümer
                              									würden einfach calculiren, dass sie bei überlasteten Ventilen durch den erzielten
                              									höheren Schlepplohn trotz der eventuell zu zahlenden Geldstrafe immer noch eine
                              									höhere Einnahme hätten. Soll dem Uebelstand wirklich abgeholfen werden, so wird eine
                              									exemplarische Bestrafung der betreffenden Leute nothwendig sein. Berücksichtigt man,
                              									dass bei den gefundenen Einrichtungen theils ein Functioniren der Sicherheitsventile
                              									unmöglich gemacht wurde, und theils durch das Ueberlasten derselben die höchste
                              									zulässige Dampfspannung fast um das Doppelte überschritten werden konnte, so wird
                              									man das Gefährliche eines derartigen Verfahrens einsehen. Zu verwundern ist es dann
                              									nicht mehr, dass in Folge der übermässig hohen Betriebsdampfspannung, welche meist
                              									zu der Kesselconstruction in keinem Verhältniss steht, Explosionen vorkommen, die
                              									stets Verluste an Menschenleben im Gefolge haben. Man kann sich höchstens nur noch
                              									wundern, dass derartige Explosionen nicht öfter vorkommen.
                           
                        
                           Eingesandt.
                           Alle gerichtlichen Schutzmarken erlöschen am 1. October d.
                              									J. gemäss den Bestimmungen des § 24 des Waarenbezeichnungsgesetzes, welche bis zu
                              									diesem Tage noch nicht zur Umschreibung in die Zeichenrolle des kaiserl. Patentamtes
                              									zu Berlin angemeldet wurden. Wenn nun auch solche gelöschten Zeichen zu jeder Zeit
                              									wiederum angemeldet werden können, so ist dennoch zu bedenken, dass die Priorität
                              									der ursprünglichen gerichtlichen Eintragung durch die Unterlassung der rechtzeitigen
                              									Anmeldung zu der patentamtlichen Zeichenrolle verloren gegangen ist. Da nun für die
                              									prüfende Abtheilung des Patentamtes gerade die Prioritätsverhältnisse bei den sogen.
                              										bedingten Versagungsgründen maassgebend und
                              									entscheidend sind, so bedeutet der Verlust der Priorität sehr oft auch den Verlust
                              									des Zeichens selbst. Es kann deshalb allen Inhabern der älteren gerichtlichen
                              									Zeichen (Schutzmarken) nicht dringend genug empfohlen werden, dieselben möglichst
                              									sofort und auf jeden Fall vor dem 1. October zur Umschreibung in die patentamtliche
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