| Titel: | Kleinere Mitteilungen. | 
| Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, Miszellen, S. 446 | 
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                        Kleinere Mitteilungen.
                        Kleinere Mitteilungen.
                        
                     
                        
                           Der Entwurf von Gleichstrommotoren für veränderliche
                              									Geschwindigkeiten.
                           In einem in „The Electrical Review“ vom 22. April 1904 erschienenen Aufsatz
                              									kommt Franklin Punga zu Ergebnissen, die von denen, die
                              										M. H. Hobart in derselben Zeitschrift vom 4.
                              									Dezember 1903 gab, ziemlich abweichen. Nach Letzterem kosten Motoren mit
                              
                              									veränderlicher Geschwindigkeit nicht mehr als die mit gleichbleibender
                              									Geschwindigkeit, sofern nur eine gewisse Grenze nicht überschritten wird. Dieser
                              									Vergleich wird allerdings auf einen unveränderlichen Motor für die untere
                              
                              									Geschwindigkeitsstufe bezogen.
                           Nach Punga muss man für vorliegenden Zweck vorteilhaft
                              									von den Normaltypen abgehen und Spezialtypen mit grösserem Durchmesser bauen. Eine
                              									Normaltype mit einer Tourenzahl, die der oberen Geschwindigkeitsstufe entspricht,
                              									kann die untere Geschwindigkeitsstufe nicht erreichen, da die Ankerverluste bei
                              									geringerer Ventilation etwas wachsen. Eine für geringe Tourenzahl normale Type lässt
                              									nur Geschwindigkeitserhöhungen zu bis zur Erreichung der zulässigen
                              									Reaktanzspannung, die proportional der Geschwindigkeit wächst. Die Reaktanzspannung
                              									ändert sich in höherem Maasse als die Erwärmung des Ankers, weshalb es besonders
                              									darauf ankommt, diese klein zu halten.
                           Die von Hobart angegebene Formel für die
                              									Reaktanzspannung er = 2
                              									π × Frequenz der Kommutation × Induktanz einer Armaturenspule × Strom in einem
                              									Leiter formt Punga in folgende, für den vorliegenden
                              									Fall besser brauchbare um:
                           
                              e_r=2\,\pi\,n\,(a+0,1\,b)\,\frac{E\,\cdot\,J}{\mbox{Arm}\,\cdot\,c\,\cdot\,G\,\cdot\,S\,\cdot\,\mbox{Einheiten.}}
                              
                           n: Windungszahl einer
                              									Armaturspule,
                           a: Länge der Windung im Eisen,
                           b: Freie Länge der Windung.
                           J: Motorstrom,
                           Arm. c. G. S. Einheiten: Sämtliche
                              									Linien, die in den Anker eintreten.]
                           Aus dieser Formel ergibt sich, dass die Reaktanzspannung um 30–40 v. H. heruntergeht,
                              									wenn man den Durchmesser um 10 v. H. vergrössert. Es wachsen nämlich die
                              									Armatur-Kraftlinien, mithin fallen die Armaturwindungen. Da die
                              									Kommutatorsegmentzahl vergrössert werden kann, geht die Windungszahl f. d.
                              									Ankerspule quadratisch herunter.
                           Dieser günstige Fall wird eingeengt, wenn man bei Vergrösserung der Geschwindigkeit
                              									auf konstruktive Schwierigkeiten stösst, und wenn die Normaltype schon nur eine
                              									Windung f. d. Spule hatte In diesem letzten Falle gewinnt man bei Vergrösserung des
                              									Ankerdurchmessers um 10 v. H. nur eine Verringerung der Reaktanzspannung um 12–15 v.
                              									H.
                           Mit der Vergrösserung des Durchmessers wachsen die Kosten ungefähr proportional, d.h.
                              									die Kosten der Motoren für veränderliche Tourenzahl wachsen, wenn auch für die
                              									Mehrzahl der Fälle nicht bedeutend. Es werden sich demnach Niederspannungs- und
                              									kleinere Motoren – erstere sind gewöhnlich weit von der Funkengrenze entfernt,
                              									letztere haben mehrere Windungen f. d. Armaturspule – mit geringem Kostenaufschlag
                              									bauen lassen, während bei grösseren Motoren die Mehrkosten schon ins Gewicht
                              									fallen.
                           An einem Entwurf eines 7 PS Motors für 125 Volt wird gezeigt, dass bei einer
                              									Vergrösserung des Ankerdurchmessers von 28 auf 40 cm die Reaktanzspannung auf etwa
                              									ein Zehntel heruntergeht. Als Normaltype würde der Motor bei 300 Touren eine
                              									Reaktanzspannung von 1,58 Volt haben. Seine Tourenzahlkönnte bis zur Erreichung
                              									der Funkengrenze auf 665 hinaufgetrieben werden.
                           Schliesslich kommt Punga noch auf den glatten Anker zu
                              									sprechen, der sich, wenn er mit kleinem Durchmesser und grosser Armaturlänge gebaut
                              
                              									wird, für vorliegenden Zweck und für alle Fälle, in denen es auf geringe
                              									Reaktanzspannung ankommt, sehr gut eigne. Hier ist jedoch zu erwähnen, dass der
                              									glatte Anker für grössere Geschwindigkeiten gegen den Nutenanker in mechanischer
                              									Hinsicht sehr im Nachteil ist und ausserdem wird er auch teurer als ein Nutenanker,
                              									selbst, wenn man diesem eine Kompensationswicklung gibt, die die Reaktanzspannung
                              									bei richtiger Abmessung auf 0 bringt und den Preis nur etwa um. 10 v. H. erhöht. Da
                              									man bei Anwendung von Kompensationswicklungen z.B. in Form von Wendemagneten die
                              									Normaltypen für sehr grosse Geschwindigkeitsänderungen beibehalten kann, so kann man
                              									behaupten, dass in dieser Richtung die Entwicklung der vorliegenden Frage liegen
                              									wird.
                           
                        
                           Kompensierung des Spannungsabfalles in
                              									Eisenbahnschienen.
                           In einem vor kurzem in der E. T. Z. veröffentlichten Aufsatz berichtet Dr. Behn-Eschenburg über die Versuche, welche zur
                              									Feststellung des Spannungsabfalles in Eisenbahnschienen beim Betriebe mit
                              									Wechselstrom durchgeführt worden sind. Der Spannungsabfall in Eisenbahnschienen
                              									spielt in der Praxis der Telephon- und Telegraphenbetriebe eine wichtige Rolle. Da
                              									diese Schwachstromanlagen in der Regel die Erde als Rückleiter benutzen, so liegen
                              									sie zu der (geerdeten) Schienenleitung parallel. Je nach dem Spannungsunterschied an
                              									den Endpunkten der Schwachstromleitung, d.h. je nach dem Spannungsabfall in den
                              									Schienen wird ein gewisser Bruchteil des Arbeitstromes der Bahnanlage seinen Weg
                              
                              									nach der Zentrale durch die Telephon- und Telegraphenleitung nehmen. Die Folgen
                              									sind: Ansprechen der Relais der Telegraphenämter, oder der Signalglocken der
                              									Telephonapparate und Summen in den Hörröhren der Fernsprecher. Das störende Geräusch
                              									in den Hörröhren der Fernsprecher nimmt mit der Periodenzahl des Wechselstromes oder
                              									der Zahl der periodischen Stromschwankungen in der Sekunde (beim Gleichstrombetrieb)
                              									zu und erreicht bei einer Frequenz von etwa 400 ∾/sek. sein Maximum. Von dieser
                              									Grössenordnung ist die Frequenz der kleinen Spannungsschwankungen der
                              									Gleichstromgeneratoren, die durch den Kommutierungsvorgang verursacht sind. Beim
                              									Betriebe mit Wechselstrom sind es die höheren harmonischen Pulsationen, die den
                              									Telephonbetrieb ungünstig beeinflussen. Aus diesem Grunde kann die Erniedrigung der
                              									bei dem Bahnbetrieb üblichen Frequenz (20 bis 30 ∾/sek.) allein das Uebel nicht abschaffen,
                              									ganz abgesehen davon, dass die in den Schwachstromanlagen gebräuchlichen Relais und
                              									Signalapparate gerade gegen die Stromschwankungen niedriger Frequenz sehr
                              									empfindlich sind. Nur durch die tunlichste Erniedrigung oder Kompensierung des
                              									Spannungsabfalles in den Schienen kann man die Beeinflussung der
                              									Schwachstrombetriebe beheben.
                           Der Gleichstromwiderstand einer 7 Meter langen Eisenbahnschiene von 45 qcm
                              									Querschnitt beträgt etwa 0,000218 Ohm. Dieser wächst infolge des Sinkeffektes beim
                              									Betrieb mit Wechselstrom von 500 ∾/sek. auf das 65 - fache, bei einer Frequenz von 1960
                              										∾/sek. auf das
                              									187-fache. Der Widerstand einer 1 km langen Strecke ist danach, wenn die beiden
                              									Schienen parallel geschaltet sind, bei 500 ∾/sek. gleich etwa 100 Ohm. Bei 25 ∾/sek. bis 50 ∾/sek. ist die
                              									Zunahme des Widerstandes nicht so gross. Immerhin ist bei 50 ∾/sek. der Widerstand eines Eisenstabes von 30 mm
                              									Durchmesser 20 Mal so gross, wie bei Gleichstrom. Zu dem Widerstände der Schienen
                              									selbst kommt noch der Widerstand der Verbindungsstellen, Schienenstösse, der, wenn
                              									die Verbindung alt ist und sich im Betriebe gelockert hat, den Widerstand der
                              									Schienen selbst nicht selten übersteigt. Bei Wechselstrom kommt zu dem ohmschen
                              									Spannungsabfall noch der induktive hinzu, der von der gegenseitigen induktiven
                              									Beeinflussung der Schienen und der Oberleitung herrührt. Um die Grössenordnung des
                              									Spannungsabfalles in der Schienenleitung zu bestimmen, sind von der Maschinenfabrik Oerlikon Messungen an einer
                              									Versuchsgleisanlage ausgeführt worden. Die Gleisanlage war 400 m lang und bestand
                              									aus 6,5 m langen Schienen von 37 qcm Querschnitt. Die Oberleitung (aus Kupferdraht
                              									von 8 mm Durchmesser) war von den Schienen um etwa 4 Meter entfernt. Die beiden
                              									Schienen waren parallel geschaltet und die Schienenstösse durch 10 mm starke
                              									Kupferdrähte von 1 Meter Länge überbrückt. Aus einer langen Versuchsreihe ergab sich
                              									der Spannungsabfall bei 100 Ampére und 25 ∾/sek. gleich etwa 35 Volt für den Kilometer
                              									Entfernung, bei 50 ∾/sek. gleich etwa 58 Volt (Bei Gleichstrom 20 Volt).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 447
                              Fig. 1.
                              
                           Um den Spannungsabfall in den Schienen tunlichst zu kompensieren, schlägt die Maschinenfabrik Oerlikon folgende Anordnung vor.
                              									Parallel zu den Schienen 5 und der Oberleitung O (Fig. 1) wird eine starke Hilfsleitung L gezogen, die an einzelnen Stellen mit den Schienen
                              
                              									leitend verbunden ist und diese jn mehrere Einzelstrecken teilt. In einzelnen
                              									Strecken dieser Hilfsleitung sind nun sekundäre Wicklungen W2 eines Transformators geschaltet, dessen
                              									Primärspulen W1 von dem
                              									Strom der Oberleitung durchflössen sind. Diese Transformatoren sind so berechnet,
                              									dass sie sekundär eine elektromotorische Kraft erzeugen, die gleich dem
                              									Spannungsabfalle in der Strecke der Hilfsleitung ist. Dadurch wird erreicht, dass
                              									der Strom nur auf derjenigen Strecke die Schienen durchfliesst, auf der sich gerade
                              									der Wagen befindet, in allen übrigen aber seinen Wegdurch die Hilfsleitung L nimmt. Dies lässt sich leicht wie folgt erweisen. In
                              									der Strecke a b der Hilfsleitung L erzeugt der Transformator eine Spannungsdifferenz V. Wird a b nicht vom
                              									Strom durchflössen, so ist in a das Potential höher als
                              									in b und in dem Stromkreise ab
                                 										c d wird ein Strom erzeugt, der in der Schienenstrecke c d die Richtung von c
                              									nach d hat und sich dem Arbeitsstrom entgegensetzt.
                              									Fliesst aber der gesamte Rückstrom durch L, so ist der
                              									ohmsche Spannungsabfall im a b gleich V und die beiden Punkte a
                              									und b befinden sich auf gleichem Potential.
                           Die Schiene wird stromlos. Der Spannungsabfall in den Schienen wird durch diese
                              									Anordnung nahezu vollständig ausgeglichen, derjenige in der Oberleitung
                              									dementsprechend um den Spannungsabfall in den Primärspulen der Transformatoren T erhöht. Der gesamte Spannungsabfall wird so von der
                              									Oberleitung allein übernommen. Die Schwachstromanlagen sind dadurch vor den
                              									Abzweigströmen geschützt.
                           Gegenüber einer Anlage mit besonders verlegter Rückleitung hat die beschriebene
                              									Einrichtung den Vorzug, dass durch sie die Anordnung des zweiten Stromabnehmers
                              									entbehrlich wird, da die Räder als ein Stromabnehmer wirken.
                           
                        
                           Eisenbahn-Automobilwagen.
                           Der auf S. 313 dieses Bandes erwähnte Eisenbahn-Automobilwagen der Königl.
                              									Sächsischen Staatsbahnen befindet sich seit nunmehr eineinhalb Monaten in dauerndem
                              									Betrieb auf der Strecke Arnsdorf-Pirna. In Anbetracht der sehr schwierigen
                              									Streckenverhältnisse ist seine Leistung als durchaus zufriedenstellend zu
                              									bezeichnen. In der Ebene erreicht er bis 45 km/St. Geschwindigkeit, auf der 8 km langen Steigung
                              									von 1 : 60 noch 20–25 km. Die gegenüber dem Württembergischen Wagen etwas geringere
                              									Geschwindigkeit dürfte dem grösseren Gewicht, das gegen 17000 kg beträgt,
                              									zuzuschreiben sein. Als Betriebsstoff wird Motorenspiritus mit 10 v. H. Benzolzusatz
                              									verwendet, zum Anlassen dient Benzin. Der Verbrauch an Brennstoff und Oel, über den
                              									genau Buch geführt wird, scheint zurzeit noch etwas hoch, trotzdem ist der Betrieb
                              									noch wirtschaftlich, vor allem wegen der Ersparnis an Personal, das nur aus Führer
                              									und Schaffner besteht. Die Fahrt selbst ist durchaus angenehm, von den
                              									Erschütterungen der Maschine ist kaum etwas zu spüren, auch bei Stillstand des
                              									Wagens, solange der Führer die kritischen Tourenzahlen des Motors vermeidet, bei
                              									denen das obere Wagengestell in Resonanzschwingungen gerät. Geräusch und Geruch sind
                              									gering, das Fehlen des Rauches macht sich durch eine ungewohnte Sauberkeit des
                              									Aeusseren sehr angenehm bemerkbar.
                           
                              W. Pfitzner.
                              
                           
                        
                           Bücherschau.
                           Die selbsttätige Zugdeckung auf
                                 										Strassen-, Leicht- und Vollbahnen. Von Ludwig
                                 										Kohlfürst. 367 Seiten Text mit 220 eingedruckten Abbildungen. Stuttgart.
                              									Ferdinand Enke.
                           Das Buch behandelt ein Gebiet, das den Lesern dieser Zeitschrift durchaus nicht fremd
                              									ist und auf dem sie durch zahlreiche Aufsätze stets auf dem Laufenden erhalten
                              									werden, von denen viele im Text zerstreut als Quellennachweis aufgenommen sind. Des
                              									Oefteren haben auch wir Gelegenheit genommen, auf die gründe für das Streben nach
                              									allen Anforderungen entsprechender Zugdeckung hinzuweisen, was der Verfasser in die
                              									Worte zusammenfasst: Fortentwicklung der Erhöhung der Fahrgeschwindigkeiten und
                              									Verbesserung der Zugsicherung stehen in innigstem Zusammenhange. Dazu kommt die
                              
                              									Zugdichte, die es nicht mehr gestattet, an sich brauchbare, von Hand bediente
                              									Signale in den kurzen Zeitabständen der Züge von Hand umzustellen, sondern nach
                              									Selbsttätigkeit hindrängt, die auch in wirtschaftlicher Beziehung bei Leichtbahnen
                              									mit starkem Verkehr zur Vermeidung von ständigen Signalwärtern dringlich wird, zumal
                              									der Signale aus Betriebsrücksichten nicht immer entraten werden kann.
                           Das auf dem Gebiete Erdachte ist von dem Verfasser als berufensten Kenner zahlreich
                              
                              									zusammengetragen. „Das Buch ist einzig in der Absicht entstanden, den Lesern über
                                 										das auf dem gebiete der selbsttätigen Zugdeckung bisher Erdachte und Bestehende
                                 										einen umfassenden Ueberblick darzubieten und hinsichtlich der verschiedenen
                                 										Anordnung ein kritisches Urteil gewinnen zu lassen.“ Die Anordnung des
                              									Stoffes selbst ist höchst übersichtlich; das Buch zerfällt in drei Abschnitte: 1.
                              									Eisenbahnsignaleim allgemeinen und Zugdeckungssignale im besonderen. II.
                              									Zugdeckungssignaleinrichtungen mit teilweiser Selbsttätigkeit III. Rein selbsttätige
                              									Blocksignaleinrichtungen Sämtliche Systeme werden in ihrer Wirkungsweise sehr
                              									eingehend an Hand von Stromlaufskizzen, schematischen Darstellungen der Zugfahrten
                              									und deren Sicherungen und ihre Bewährung bezw. Aussicht auf praktische
                              									Verwendbarkeit kritisch beleuchtet. Indessen bleibt die konstruktive Durchführung
                              									der Systeme meist unbesprochen. Vielleicht nicht unbeabsichtigt; denn sicherlich
                              									wäre der Stoff dadurch ins Ungemessene gewachsen, die klare Durchsichtigkeit
                              									desselben verloren gegangen und das Buch hätte dadurch an Wert einbüssen können.
                              									Jedoch können wir uns nicht verhehlen zu sagen, dass für die Beurteilung eines
                              									Zugsicherungssystems nicht nur dessen Grundgedanke, der alle Betriebsbedingungen
                              									erfüllt, und die Möglichkeit ihn konstruktiv zu gestalten massgebend sind, sondern
                              									auch die tätsächliche Ausführung der Einzelteile selbst und ihr Verhalten gegen
                              									Abnützung und Witterungseinflüsse, wie Feuchtigkeit, Schnee und Eis oder sonstige
                              									Zufälligkeiten: Zwischen dem zu Papier gebrachten Erfindergedanken und der
                              									betriebssicheren Verwendbarkeit liegt häufig eine grosse Kluft, die zu überbrücken
                              									der konstruktiven Durchführung der Einzelteile nicht immer gelingt.
                           In dem ersten Abschnitt wird zunächst das Wesen der Eisenbahnsignale und ihre
                              									Fernbedienung behandelt. Nach kurzer Besprechung der mechanisch bedienten Signale
                              									weist der Verfasser auf die Bedeutung der durch elektrische Glühlampen gegebenen
                              									Signale hin und glaubt in den elektrischen Starkstrom die Energie zur Bewegung der
                              									Signalvorrichtungen und Erteilung der Signalbilder selbst zu sehen, die in Zukunft
                              									berufen ist, den Schwachstrombetrieb der mittelbar wirkenden Einzelsignale vollständig zu
                              									verdrängen, sobald nur erst Beschaffung und Unterhaltung der Sammler leichter und
                              									billiger geworden sein werden, wenn nicht, was wirtschaftlich am günstigsten ist, in
                              									der Nähe der Bahn liegende elekrische Betriebe zur Stromlieferung für Bahnzwecke mit
                              									herangezogen werden können Und wahrscheinlich wird es in absehbarer Zeit dahin
                              									kommen, auch an den Dampfbahnen entlang Speiseleitungen für elektrischen Starkstrom
                              
                              									einzurichten und mit diesem nicht nur Signale, sondern auch am Wege liegende kleine
                              									Betriebe, wie Wasserpumpen, kleinere Bahnhofsbeleuchtungen zu versorgen: Manches ist
                              									in dieser Beziehung schon ernsthaft angebahnt.
                           Die zur Sicherung des Zugverkehrs dienenden Signale lassen sich in drei Hauptgruppen
                              									unterbringen: Bahnzustandssignale, Annäherungssignale und die eigentlichen
                              									Zugdeckungssignale. Die Zugdeckung geschieht im regelmässigen Verkehr nach Raum-
                              									oder Zeitabstand; ersteres System ist das allein zuverlässige, letzteres kommt in
                              									Verbindung mit selbsttätigen Vorrichtungen in der Jetztzeit überhaupt nicht mehr in
                              									Betracht. Das Fahren der Züge in Raumabstand führt zu der bekannten Betriebsweise
                              
                              									der Blockstrecken hin und wird eingehend behandelt; namentlich die Abhängigkeit der
                              									Länge der Blockstrecken von der Fahrgeschwindigkeit und Zugdichte. Als das
                              									Vollkommenste, was man auf dem Gebiete der Zugdeckung für Vollbahnen überhaupt
                              									anstreben kann, bleibt das System, in dem die Handhabung der Blocksignale derart an
                              									die Wärter überantwortet ist, dass diese ihre Einsicht und ihr Sachverständnis nicht
                              									nur beim Gebrauch der Signalmittel, sondern auch für die Zug- und Bahnbewachung zu
                              									verwerten imstande sind, während ihnen durch die besondere Anordnung der
                              									Signalvorrichtung und namentlich durch den Einfluss, den der vorüberfahrende Zug
                              									darauf ausübt, jeder gefahrbringende Irrtum und jedes solche Versehen unmöglich
                              									gemacht wird. Diese Blocksignalform wird allerdings rein selbsttätigen Systemen
                              									stets nur bedingungsweise vorzuziehen sein, nämlich dort, wo wegen der raschen
                              									Zugfolge für die ruhig überlegte, klar bewusste Bedienung der Blocksignale durch
                              									Beamte die erforderliche Zeit nicht mehr zur Verfügung steht. Als Beispiel sei
                              									angeführt, dass das weitverbreitete Blocksystem nach Siemens
                                 										& Halske noch bei Fünfminutenverkehr Signalbedienung von Hand
                              									gestattet.
                           Bei den rein selbsttätigen Blocksignalen hat der fahrende Zug eine doppelte Aufgabe
                              									zu erfüllen: 1. Das Signal auf Halt zu stellen und sich dadurch zu sichern, wenn der
                              									ganze Zug an ihm vorbei gefahren ist. 2. Nach Durchfahrt der Blockstrecke im Wege
                              									der Fernbedienung dieses Signal an ihrem Anfang wieder auf freie Fahrt zu stellen
                              									und damit das Fahrverbot aufzuheben. Diese Aufgabe wird in verschiedener Weise
                              									gelöst, wie im Abschnitt III näher ausgeführt wird.
                           Die wichtigste Forderung bei allen Systemen, ob rein selbsttätig oder nur teilweise,
                              									bleibt die, nach welcher bei Störungen der Anlage, wie Reissen von Leitungsdrähten,
                              									Versagen von elektrischen Stromketten, mangelhaften oder zu kurze Zeit erfolgenden
                              									Stromschlüssen, mechanischen Fehlern der Signale, Versagen infolge
                              									Witterungseinflüssen, nie ein Fahrsignal, sondern nur stets ein Fahrverbot
                              									erscheinen darf. Eine weitere wichtige Forderung bleibt die Freizügigkeit aller
                              									Betriebsmittel, d.h. die Vermeidung von Einrichtungen an diesen, welche eine
                              									Verwendbarkeit auf einigen Strecken des Netzes beschränken würden.
                           Da die elektrische Energie wohl nur als Arbeitsträger in Frage kommen kann, so wird
                              									ihrer Erzeugung grosses Gewicht beizulegen sein und die Frage, ob Schwach- oder
                              									Starkstrom – Elementen- oder Dynamostrom – noch einer endgültigen Lösung harren.
                              									Auch die Leitung selbst ist noch dem Versuch unterworfen, ob Freileitung an blanken
                              									Drähten, unterirdisch verlegte Kabel oder die Schienen als Stromleiter zu verwenden
                              									sind.
                           In dem letzten Absatz zu I geht der Verfasser auf die selbsttätigen Blocksignale
                              									amerikanischer Eisenbahnen als Vorstudie zu allen folgenden Systemen ein, denn es
                              									ist nicht zu vergessen, dass die Strömung der selbsttätigen elektrischen
                              									Blocksignale von Amerika zu uns herübergeflutet ist.
                           Im Abschnitt II, Zugdeckungs-Signaleinrichtungen mit teilweiser Selbsttätigkeit, wird
                              									zunächst die Zugdeckung unter Beihülfe der Zug- und Maschinenmannschaft besprochen:
                              									die elektrische Lokomotivlampe, die einen senkrechten Lichtkegel, 10 bis 15 km weit
                              									sichtbar warf und Hindernisse im Gleis bis auf 800 m erkennen liess, das
                              									Zugstabsystem verschiedener Ausführungsformen und in Verbindung mit Weichen- und
                              									Signalstellwerken, trotz Einfachheit doch zuverlässig Schutz bietend, einige
                              									Einrichtungen für Leichtbahnen, um eingleisige Strecken durch Sichtsignale,
                              									Läutewerke, Glühlampen bei Ersparnis von Streckenmannschaft zu sichern.
                           In dem zweiten Absatz wird die Zugdeckung unter Beihülfe von Stationsbeamten und
                              									Streckenwärtern besprochen, welche die Verbesserung der ursprünglichen
                              										„Zugdeckung auf Raumabstand“ darstellt, die im Beginn der Entwicklung
                              									durch Bahnwärter ohne irgend welche ein Signal zur richtigen Zeit erzwingende
                              									Vorrichtung erfolgte. Das Bestreben, durch Einrichtungen menschlichen Irrtümern
                              									vorzubeugen, kennzeichnet den Entwickelungsgang dieses Systems, das zurzeit auf
                              									Vollbahnen ausgedehntesteVerwendung findet. Diese nur für den Handbetrieb
                              									erdachten Anordnungen haben sich im Laufe der Zeit nach zwei Richtungen zu teilweise
                              									selbsttätigen Blocksignalen ausgebildet indem der Zug entweder die Freigabe des nach
                              									Vorbeifahrt durch, den Wärter auf Halt gestellten Signals durch Aufheben einer
                              									Sperre auf elektrischem Wege nach Zurücklegung einer bestimmten Entfernung bewirkt
                              									oder das Signal nach Vorbeifahrt selbsttätig auf Halt fallen lässt und ebenfalls
                              									später wieder freigibt. Für diese Vorrichtungen sind die Blocksperren Siemens & Halske ein lehrreiches Beispiel.
                           Der zweite grössere Teil des Buches wird durch den Abschnitt III „Rein
                                 										selbsttätige Blocksignaleinrichtungen“ eingenommen, getrennt nach drei
                              									Absätzen: 1. mit standfesten Streckensignalen, 2. mit Signalen auf den Zügen, 3. mit
                              									Signalen auf der Strecke und auf den Zügen als Endziel, das die Erfinder als Ideal
                              									der Signalisierung anstreben. Es ist hier nicht Raum genug, auf alle ausführlich
                              									besprochenen Systeme näher einzugehen, die eine Anhäufung von Scharfsinn und
                              									unermüdlichem Erfinderschaffen darstellen. Besonderes Interesse darf die
                              									Blocksignalanlage der Schwebebahn Barmen–Elberfeld–Vohwinkel in Anspruch nehmen, da
                              									dies System den strengsten Anforderungen der Vollbahnen entspricht und, schon ein
                              									paar Jahre tadellos arbeitend, sich nach Anordnung und Ausführung, sowie
                              									rücksichtlich des unmittelbaren Starkstrombetriebes nach Ansicht des Verfassers als
                              									ein richtiger Vorläufer und Bahnbrecher für das Signalwesen der zukünftigen
                              									Schnellbahnen darstellt. Auch das auf der Pariser Metropolitanbahn angewendete Hall'sche Blocksignal mit Streckenstromschalter, das
                              									mit bestem Erfolge seine Aufgabe erfüllt, und Westingshouse's mit Gleisleitung betriebenes Blocksignal unter Verwendung
                              									von Druckluft als Energieträger zur Stellung der Signale, das auf der elektrischen
                              									Untergrundhochbahn in Boston in Betrieb ist, dürften die Aufmerksamkeit aller
                              									Fachleute auf sich ziehen. Höchst belehrend ist die Mitteilung, welcher Wert auf
                              									schulgemässe Ausbildung der Wagenführer und Schaffner in Amerika gelegt wird, indem
                              									diese auf einer Uebungsstrecke mit Schulungszug eine längere praktische und
                              									theoretische Vorübung durchmachen müssen, bevor sie zum Ablegen einer strengen
                              									Prüfung und danach zur Dienstleistung zugelassen werden.
                           Kaum hatte die im Jahre 1841 in England eingerichtete erste elektrische Signalanlage
                              									ihre Brauchbarkeit erwiesen, als schon der Gedanke auftauchte, die Signale auf dem
                              									fahrenden Zuge selbst erscheinen zu lassen. Wenige von den vorgeführten
                              									Einrichtungen sind vorübergehend zum Probeversuch verwendet worden und doch sind auf
                              									diese Art der Zugsicherung die meiste Geistesarbeit und die grössten Ausgaben für
                              									Modelle von den Erfindern verwendet worden. Die Einführung in die Praxis scheitert
                              									eben nicht an den geistreich erdachten Einrichtungen, sondern an deren praktischer
                              									Ausführung, wie eingangs erwähnt, namentlich an der Verbindung zwischen Strecke und
                              									fahrenden Zug. Auch sind sich die Betriebstechniker noch nicht klar, ob es genügt
                              									dass dem Lokomotivführer nur angezeigt wird, dass er in wenigen Sekunden an einem
                              									Signal vorbeifahren wird oder ob er selbst das Signalbild vollständig auf der
                              									Lokomotive erhalten soll.
                           Wertvolle Dienste wird wohl einst die drahtlose Telegraphier mittels Induktion dem
                              									Eisenbahnbetriebe leisten. Leider sind die in dieser Richtung angestellten Versuche
                              									im Buche nicht beschrieben, sondern nur durch Angabe, wo darüber näheres in der
                              									Literatur zu finden ist, erwähnt worden.
                           Da die Verbindung von Strecke und fahrendem Zug durch mechanische Hilfsmittel
                              									mannigfachen Schwierigkeiten begegnet so ist ein System von Interesse, dem der
                              									Verfasser zwar keinerlei praktische Verwertung zuspricht, aber doch wegen der
                              									sinnreichen Einrichtung eingehende Behandlung zuteil werden lässt Boult erzeugt ein langes, magnetisches Feld im
                              									Fahrgleis, das auf die darüber fahrenden Züge Induktionswirkungen ausübt, vermöge
                              									derer auf der Lokomotive Relais umgestellt und elektrische Ortsströme geschlossen
                              									werden, die als letzte Folge Signalzeichen hervorrufen.
                           Es ist noch hinzuzufügen, dass mit all diesen Systemen, ebenso wie mit den folgenden
                              									die Aufgabe der selbsttätigen Auslösung der Bremse von der Strecke aus bei
                              									Haltstellung des Signals verbunden ist, die bisher noch nicht zufriedenstellend
                              									gelöst worden ist.
                           Eine Vereinigung der beiden Signalsysteme, Signale auf der Strecke und am Zuge, hat
                              									nur in zwei Ausführungen Erprobung gefunden, alle anderen sind Entwurfsarbeiten
                              									geblieben. Die Betriebstechniker stehen diesen Systemen sehr skeptisch gegenüber,
                              									weil durch die doppelte Signalisierung, meist noch verbunden mit selbsttätiger
                              									Zugbremsung, das Lokomotivpersonal zu einer bedenklichen Sorglosigkeit und
                              									Gleichgültigkeit gegen die eigene Beobachtung der Streckensignale und der Strecke
                              									selbst verführt werde und die menschlich entschuldbare Unaufmerksamkeit bei Versagen
                              									der selbsttätigen Signal- und Bremseinrichtungen uni so schwerere Unfälle
                              									herbeizuführen imstande ist. Indessen glaubt der Verfasser, das sich dies System bei
                              									der immer steiler ansteigenden Entwicklungslinie des Eisenbahnbetriebes doch
                              									schliesslich den Eisenbahnen von selbst aufzwingen wird. Auf die einzelne Systeme
                              									kann hier nicht näher eingegangen werden.
                           
                              Hans A. Mortens.