| Titel: | Kleinere Mitteilungen. | 
| Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, Miszellen, S. 92 | 
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                        Kleinere Mitteilungen.
                        Kleinere Mitteilungen.
                        
                     
                        
                           Dreileiter-Systeme.
                           In No. 17 des „Electrical World and Engineer“ vom 31. Oktober 1904
                              									veröffentlicht F. Hardie Jeannin einen längeren Aufsatz
                              									über Dreileiter-Systeme, dessen interessanteste Teile hier wiedergegeben werden
                              									sollen. Die erste Einführung des Dreileiter-Systems stammt bekanntlich von Edison, der zwei hintereinandergeschaltete
                              									Dynamomaschinen an die beiden Aussenleiter anschloss, und den sogen. Nulleiter an
                              									den Verbindungspunkt der beiden Maschinen legte. In Fig.
                                 										1 ist diese Methode, welche zwei ganz gleich grosse und für die gleiche
                              									Spannung gebaute Gleichstrommaschinen voraussetzt, schematisch dargestellt. Die Belastung soll nach
                              									Möglichkeit auf die beiden Maschinen gleichmässig verteilt sein, damit der im
                              									Mittelleiter fliessende Differenzstrom möglichst klein ist. Wird die Belastung in
                              										L' (Fig. 1) grösser
                              									als die Belastung in L, dann muss die Mehrlast von der
                              									Maschine G2 geliefert
                              									werden und der Extrastrom fliesst durch den Mittelleiter zur Maschine zurück. Die
                              									Spannung in jedem Teilsystem wird durch Regulierung der betreffenden Maschine
                              									aufrecht erhalten, wozu man heutigen Tages alle möglichen Hilfsapparate, die diese
                              									Regulierung selbsttätig besorgen, verwenden kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 93
                              Fig. 1.
                              
                           Aus diesem einfachsten System lassen sich alle möglichen Variationen ableiten, von
                              									denen hier nur die wichtigsten erwähnt werden sollen. Wenn aus irgend einem Grunde
                              									die Aufstellung von zwei gleich grossen Maschinen untunlich ist, so kann man sich
                              									durch ein Verfahren helfen, das in Fig. 2
                              									wiedergegeben ist. Hier hat man nur eine grosse Maschine, welche die volle Spannung
                              									der beiden Aussenleiter liefert sowie die gesamte Belastung L + L'. Um sich nun einen neutralen Punkt zu
                              
                              									verschaffen, an den der Mittelleiter angeschlossen werden kann, werden zwei kleine
                              									Maschinen mg und Mg verwendet, deren
                              									Anker auf derselben Achse befestigt ist, oder die mechanisch gekuppelt und
                              									elektrisch hintereinander zwischen die beiden Aussenleiter geschaltet sind. Der
                              									Nulleiter ist an die Verbindung der beiden Maschinen, welche den neutralen Punkt
                              									darstellt, gelegt. Ist die Belastung der beiden Hälften L und L' ganz gleich, dann laufen die beiden
                              									Maschinen mg und Mg leer, ohne jede
                              									Belastung als Nebenschlussmotoren. Wird aber die eine Hälfte, etwa L' stärker belastet als die andere, d.h. wird der
                              									Widerstand W der L'
                              									verringert, so wird ohne Mittelleiter die Spannung in dieser fallen, entsprechend
                              									auf der anderen steigen, denn der Strom ist von dem Gesamtwiderstand W + W' abhängig \left(J=\frac{E}{W+W'}\right), die Spannung jeder Hälfte aber nur von ihrem
                              									Widerstand \left(E_L=J\cdot w'=\frac{E\,w'}{W+W'}\right), die Spannung zwischen den Aussenleitern aber wird konstant
                              									gehalten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 93
                              Fig. 2.
                              
                           Wenn nun auf der L die Spannung steigt, so wird die
                              									Maschine mg höhere
                              									Tourenzahl annehmen und die mit ihr gekuppelte Maschine Mg als Generator antreiben und so auch in
                              										L' die Spannung erhöhen, während infolge der
                              									Mehrbelastung durch den Motor mg die Spannung in L
                              									zurückgeht, bis Gleichgewicht eingetreten ist. Die Stromlieferung für die
                              									mehrbelastete L' geschieht auf doppelte Weise, einmal
                              									durch den Strom des Motors mg und dann durch den Strom, den der Generator Mg in das Netz L' liefert. Da die unsymmetrische Belastung, wie man sieht, auf die beiden
                              									Maschinen mg und Mg verteilt wird, so
                              									kann bei einer einigermassen geschickten Berechnung des Leitungsnetzes die
                              									Gesamtlast so verteilt werden, dass die grössten Ungleichförmigkeiten einen
                              									bestimmten Betrag nicht überschreiten, so dass die Grösse dieser Maschinen in
                              									bescheidenen Grenzen bleiben kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 93
                              Fig. 3.
                              
                           Will man ohne jede weitere Maschine mit nur einem Generator auskommen, so bleibt der
                              									Ausweg, dass man eine Art von rotierenden Umformern verwendet, d.h. Maschinen, die
                              									ausser dem Kollektor zur Abnahme des Gleichstromes noch zwei oder mehr Schleifringe
                              									besitzen, die mit symmetrisch gelegenen Punkten der Ankerwicklung verbunden sind und
                              									zur Entnahme von ein- oder mehrphasigen Wechselströmen dienen. In Fig. 3 ist der einfachste Fall schematisch
                              									dargestellt. Die Maschine G liefert durch den
                              									Kommutator C Gleichstrom in die beiden Aussenleiter O und O'. Der von den
                              									beiden Schleifringen c abgenommene Wechselstrom
                              									durchfliesst die Induktionsspule R, deren induktiver
                              									Widerstand eine solche Grösse hat, dass der Wechselstrom nur in einer ganz
                              									bescheidenen Grösse auftritt, während anderseits der ohmsche Widerstand sehr klein
                              									bleibt. An die Mitte dieser Spule ist der Mittelleiter N angeschlossen. Wenn nun infolge unsymmetrischer Belastung der beiden
                              									Hälften L und U der
                              									Nulleiter einen Extrastrom führt, so fliesst dieser als Gleichstrom unbehindert und
                              									ohne beträchtlichen Spannungsabfall durch den kleinen ohmschen Widerstand der Spule
                              										R zur Maschine G
                              									zurück. Der Nachteil dieses Systems liegt darin, dass bei ungleichförmiger Belastung
                              									die Spannung in den einzelnen Hälften nicht reguliert werden kann; in der stärker
                              									belasteten wird durch den grösseren Spannungsabfall die Spannung; sinken, trotzdem
                              									die Maschine auf konstante Spannung reguliert wird. Scheut man sich die Kosten der
                              									grossen Maschine durch, die besondere Ausrüstung mit Schleifringen zu erhöhen, so
                              									kann man, wie es in Fig. 3 durch gestrichelte Linien
                              
                              									angedeutet ist, zu einer normalen Gleichstrommaschine einen kleinen rotierenden
                              									Umformer parallel schalten, der denselben Dienst, einen neutralen Punkt zu schaffen,
                              									versieht und ausserdem noch den Vorteil bietet, dass er bei höherer Tourenzahl
                              									betrieben werden kann, so dass bei der grösseren Periodenzahl die Grösse der
                              									Induktionsspule verringert werden kann.
                           Die Induktionsspule R kann man auch durch einen
                              									Transformator ersetzen, und je nachdem man nun zwei, drei oder vier Schleifringe
                              									verwendet und dazu dem Transformator alle möglichen Schaltungsarten gibt, kann man
                              									eine grosse Reihe von Möglichkeiten schaffen, von denen vielleicht die eine oder
                              									andere kleine reelle oder eingebildete Vorteile besitzt, die aber alle in dem
                              									allgemeinen Prinzip enthalten sind.
                           Eine interessante Anwendung eines dieser Systeme wurde von der General Electric Company für eine Anlage in Südafrika
                              									ausgeführt. Dieses System möge durch Fig. 4
                              									schematisch wiedergegeben werden. G1 ist eine Gleichstrommaschine mit 50 Volt Spannung;
                              									dieselbe ist in Serie geschaltet mit einer zweiten, entsprechend grösseren Maschine
                              										G2 von 150 Volt
                              									Spannung, die ausser dem Kollektor noch vier Schleifringe besitzt. C ist ein Spannungsteiler, mit dessen neutralem Punkt
                              										o' der eine Nulleiter N' verbunden ist, während ein zweiter Mittelleiter N bei o an die Leitung zwischen den beiden
                              
                              									Maschinen angeschlossen ist. Die beiden Aussenleiter sind O und O'. Die Anlage, bei der dieses System
                              									in Anwendung kam, enthält viele Motoren, die häufig angelassen werden müssen und bei
                              									den verschiedensten Tourenzahlen arbeiten sollen. Das geschieht, indem man die
                              									Motoren an die fünf Spannungen legt, die man, wie aus der Figur ersichtlich, zur
                              									Verfügung hat: 1. 50 Volt – Maschine G1 2. 75 Volt – eine Hälfte von Maschine G2. 3. 125 Volt – Maschine G1 + eine Hälfte von
                              									Maschine G2. 4. 150
                              									Volt – Maschine G2. 5.
                              
                              									200 Volt – Gesamtspannung zwischen den Aussenleitern. Das Feld der Motoren wird
                              									natürlich konstant erregt, und zwar ist dieses an die
                              									Aussenleiter angeschlossen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 94
                              Fig. 4.
                              
                           In Fig. 5 möge endlich noch ein Mittel angedeutet
                              									werden, mit Hilfe dessen der Spannungsabfall auf der stärker belasteten kompensiert
                              									werden kann. Die Zeichnung ist rein schematisch und sind alle Hilfsapparate
                              									weggelassen. Der Grundgedanke ist der folgende: Die unsymmetrische Spannung infolge
                              									der ungleichen Belastung wirkt derartig auf einen Hilfsapparat ein, dass zwei auf
                              									dem Spannungsteiler verschiebliche Punkte p und q proportional der Spannungsdifferenz von dem neutralen
                              									Punkte o entfernt werden. Bei gleicher Spannung in den
                              									beiden Hälften fallen die beiden Punkte mit dem neutralen Punkte zusammen und
                              									bei dem Uebergang der grösseren Belastung von der einen des Netzes auf die andere
                              									vertauschen sie ihren Platz. Sowie also ungleichförmige Spannung auftritt, wird
                              									durch die beiden Bürsten bei p und q ein Wechselstrom dem Spannungsteiler entnommen (in
                              									der Figur mit xx'x graphisch aufgezeichnet), dessen
                              									maximale Spannung der Grösse der Entfernung der beiden Punkte und damit der
                              									Spannungsdifferenz entspricht. Mit Hilfe eines eingeschalteten Stromwenders R wird dieser Wechselstrom in einen pulsierenden
                              									Gleichstrom (xxx) umgewandelt, dessen mittlere Spannung
                              									durch E gegeben ist. Diese Spannung addiert sich zu der
                              									Spannung der stärker belasteten Hälfte und hebt so den Spannungsabfall auf. Ist z.B.
                              										V''' die Spannung zwischen den beiden
                              									Aussenleitern, und ist L' stärker belastet so wird die
                              									Spannung in L' zu V=\frac{V'''}{2}+E und entsprechend die Spannung in L zu V'=\frac{V'''}{2}-E.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 94
                              Fig. 5.
                              
                           
                        
                           Bücherschau.
                           Dr. J. Fricks Physikalische
                                 										Technik von Otto Lehmann. Braunschweig, 1904.
                              									Friedr. Vieweg & Sohn.
                           Der vorliegende erste Teil des ersten Bandes enthält die Beschreibung des Institutes
                              									in bezug auf seinen Bau und seine Ausstattung, also Gebäude, grosses Auditorium,
                              									Vorbereitungszimmer, kleines Auditorium, Sammlungs- und Verwaltungsräume und Räume
                              									für Mechaniker und Diener.
                           Zugrunde gelegt ist im allgemeinen das physikalische Institut einer Universität oder
                              									technischen Hochschule; doch ist, wo es nötig erschien, auch auf Mittelschulen und
                              
                              									einfachste Volksschulen Rücksicht genommen.
                           Die im letzten Kapitel beschriebenen Räume für Mechaniker und Diener sind aber wohl
                              									selbst für physikalische Institute technischer Hochschulen etwas sehr reichlich
                              									ausgestattet. Da jedoch jeder Leiter eines solchen Institutes seine besonderen
                              									Neigungen hat, so wird sich der eine dieses, der andere jenes aus dieser grossen
                              									Menge auswählen. „Wer vieles bringt, bringt manchem etwas.“
                           Von allgemeiner Bedeutung sind sowohl die Vorrede wie das erste Kapitel. In der
                              									Vorrede bespricht Verfasser, was im Buche aufgenommen werden soll. „Natürlich was
                                 										wichtig ist; aber was ist wichtig?“ Da hat man verschiedene Prinzipien, nach
                              									denen man diese Frage beantwortet: das konservative, das philosophische, das
                              
                              									technische, das Modeprinzip – „Irgend eine Neuigkeit, die zufällig den Weg in die
                                 										Presse gefunden, gibt dem Lehrer Veranlassung, sofort den entsprechenden Apparat
                                 										zu beschaffen, und das Kabinett füllt sich statt mit brauchbaren, wohl
                                 										durchgearbeiteten Unterrichtsapparaten mit Erstlingskonstruktionen, die
                                 										bald ihren Wert verlieren“ – und das Gewohnheitsprinzip. Im ersten Kapitel
                              									des Textes selbst begründet Verfasser, warum er von Demonstrationsapparaten
                              									verlangt, dass sie gross und einfach sein müssen; warum das Auditorium möglichst
                              									einfach ausgestattet sein soll, und warum die Apparate nicht vor der Stunde auf dem
                              									Experimentiertisch aufgebaut, sondern erst unmittelbar vor ihrem Gebrauch aus dem
                              									Vorbereitungszimmer herbeigeschafft werden sollen. Letztere Massregel wird, wie
                              									Verfasser selbst zugibt, nicht allseitig anerkannt werden.
                           Nicht nur in der Vorrede, sondern auch als Fussnoten zu fast jedem einzelnen Apparat
                              
                              									und Werkzeug finden sich eine ganze Reihe von Bezugsquellen angegeben. Im Anhange
                              									des Buches haben eine grosse Reihe von Firmen Anzeigen ihrer Fabrikate abdrucken
                              									lassen.
                           Der Vorschlag, auf das Schaltbrett der elektrischen Anlage die elektrischen Maschinen
                              									mit ihren Verbindungen abzubilden, so dass man sofort erkennt, zu welchem Teil eine
                              									Leitung führt, erscheint mir so praktisch, dass ich ihn hier ganz besonders
                              									hervorheben möchte.
                           Wohl nur durch ein Versehen ist empfohlen worden, für das Gebäude des Institutes ein
                              									Gerippe aus Eisen herstellen zu lassen, welches dann durch wärme- und schalldichte
                              									Wände ausgefüllt wird. Dadurch würde ja ein grosser Teil magnetischer Versuche
                              									vollständig unmöglich gemacht werden.
                           Das Buch wird sich in dieser siebenten Auflage zu den alten Freunden sicherlich viele
                              									neue erwerben.
                           Dr. K. Schr.
                           
                        
                           Zuschriften an die Redaktion!
                           (Ohne Verantwortlichkeit der Redaktion).
                           
                              Bemerkungen zu dem Aufsatz in Heft 48–50, 1904, über:
                                 										Allgemeine Betrachtungen über Krane und einige dazu gehörige
                                 										Konstruktionen.
                              
                           Am Schluss des interessanten Aufsatzes des Herrn H.
                                 										Rieche, Kassel, in Heft 50 Ihres geschätzten Blattes vom 10. Dezember 1904,
                              									betitelt: „Allgemeine Betrachtungen über Krane und einige dazu gehörige
                                 										Konstruktionen“ sind die Vor- und Nachteile einiger bekannter
                              
                              									Anordnungen zum Senken der Last, sowie ein weiterer Vorschlag für denselben Zweck
                              									erläutert. Zu diesem Teil des Aufsatzes erlaubt sich der Unterzeichnete einige
                              									Bemerkungen zu machen. Herr Rieche behandelt im
                              									wesentlichen drei bekannte Bremsen und findet bei denselben folgende
                              									Eigenschaften:
                           
                              1. Die Weston-Bremse. Dieselbe
                                 										lässt nur Senkgeschwindigkeiten entsprechend der Tourenzahl des Motors zu. Der
                                 										Stromverbrauch zur Senkbewegung ist ziemlich bedeutend.
                              2. Die elektromechanische Halte- und Senkbremse. Dieselbe
                                 										besteht aus einer mechanischen Bremse, die durch einen
                                 										Hauptstrommagneten gelüftet wird, welcher in den Betriebspausen die Bremse voll
                                 										einfallen lässt, während des Senkens aber die Bremse nur so weit entlasten soll,
                                 										dass die Last zwar mit erheblicher Geschwindigkeit abgehen, der Motor aber nicht
                                 										durchgehen kann. Die Senkgeschwindigkeit lässt sich durch den Anlass. widerstand
                                 										ändern. Der Stromverbrauch beim Senken ist ebenfalls bedeutend.
                              3. Die Senkbremsschaltung. Bei dieser arbeitet der Motor
                                 										während der Senkbewegung als Generator, die Haltebremse wird durch einen
                                 										Nebenschlussmagnet gelüftet. Der Stromverbrauch zum Senken beschränk sich auf
                                 										den Bedarf des Elektromagneten und des evtl. Stromstosses für den leeren Haken.
                                 										Die Senkgeschwindigkeit kann in beliebigen Grenzen geregelt werden. Die Last
                                 										fällt, bevor der Motor als Dynamo arbeitet und dementsprechend bremsend wirken
                                 										kann, einige Zentimeter frei.
                              
                           ad 1. Dem ungünstigen Urteil über die Weston bremse kann
                              									der Unterzeichnete nur zustimmen und möchte noch hinzufügen, dass die Abnutzung der
                              										Westonbremse eine ganz erhebliche ist. Da nämlich
                              									dem Motor beim Senken noch Strom zugeführt werden muss, um die sich selbsttätig
                              									festklemmende Bremse immer von neuem wieder zu lockern, so ist nicht nur die beim
                              									Senken der Last frei werdende mechanische Energie, sondern ausserdem noch die dem
                              									Motor während des Senkens zugeführte Energie in der Bremse zu vernichten, was
                              									natürlich einen entsprechend grossen Verschleiss der Bremse zur Folge hat.
                           ad 2. Aehnlich liegen die Verhältnisse bei der unter 2. erwähnten elektromechanischen
                              									Senkbremse. Während aber die Westonbremse eine
                              									leidliche Regulierung bietet, ist die Regulierung dieser recht schlecht zu nennen.
                              									Man begegnet oft der ganz falschen Auffassung, dass sich beim Senken der Last ein
                              									gewisser Gleichgewichtszustand einstellt, indem für jede Stromstärke sich eine ganz
                              									bestimmte Zugkraft des Magneten und damit eine ganz bestimmte Entlastung der Bremse
                              									und bei gegebener Last daher eine konstante Senkgeschwindigkeit einstellt. Leider
                              									ist aber die Zugkraft eines Elektromagneten durchaus nicht allein vom Strom, sondern
                              									noch von vielen anderen Verhältnissen abhängig. Erstens ist es sehr schwer, einen
                              									Magneten zu konstruieren, der an jeder Stelle seines Hubes gleiche Zugkraft besitzt
                              									und zweitens ergeben sich durch mechanische Reibung, Induktion, Wirbelströme im
                              									Eisenkern und Hysteresis (ein Blick an die Hysteresiskurve zeigt ja schon, dass eine
                              									erhebliche Remanenz bei Nullstrom noch vorhanden ist) wesentlich andere Zugkräfte
                              									bei ansteigendem und abfallendem Strom. Schliesslich verringert sich der Strom eines
                              									Hauptstrommotors bei Entlastung auch höchstens nur um 50 v. H., sinkt also nie auf
                              									Null herab Eine derartige elektromechanische Senkbremse arbeitet daher nicht
                              									gleichmässig, sondern stossweise. Oft wird die Bremse beim Senken ganz gelüftet,
                              									statt nur entlastet zu werden und der Motor geht durch, ohne dass bei halbem Strom
                              									die Bremse wieder loslässt. Bei subtiler Einstellung des Bremsmagneten und möglichst
                              									konstanter Stromstärke des Motors, d.h. bei Verzicht auf weitgehende Regulierung
                              									lässt sich zwar ein Abfallen des Bremsmagneten vor dem Durchgehen des Motors
                              									erreichen, dann fällt aber die Bremse in der Regel so plötzlich ein, dass das
                              									Triebwerk leicht gefährdet wird.
                           Dagegen hat der Unterzeichnete eine andere Form der elektromechanischen Bremse
                              									besonders bei Drehstromhubwerken mit gutem Erfolge verwandt. Dieselbe wirkt derart,
                              									dass durch einen Drehstrommagneten beim Senken der Last die Haltebremse mittels
                              									einer zwischengeschalteten Feder um einen ganz bestimmten unveränderlichen Betrag entlastet wird. Auf diese Weise ist es möglich,
                              									die Haltebremse gleichzeitig als Senkbremse zur künstlichen Belastung des Motors zu
                              									benutzen und für jede Last eine vorzügliche Regulierung zu schaffen. Als Nachteil
                              									bleibt der Stromverbrauch beim Senken leichter Lasten und die Abnutzung der Bremse
                              									bestehen.
                           ad 3. Bei der Senkbremsschaltung ist von Herrn Rieche als einziger evtl. schwerer ins Gewicht fallender Nachteil der
                              									freie Fall der Last um einige Zentimeter, bevor der
                              									Motor als Dynamo arbeitet, angegeben. Gerade diese Behauptung veranlasst aber den
                              									Unterzeichneten zu einer Klarstellung, weil es seit etwa vier Jahren völlig gelungen
                              									ist, den freien Fall der Last in der ersten Senkstellung des Steuerapparates,
                              									praktisch völlig zu beseitigen, und weil der weiteren Einführung der
                              									Senkbremsschaltung, die sich bereits ganz allgemein und gerade bei den schwersten
                              									Kränen wegen ihrer vorzüglichen Eigenschaften Eingang verschafft hat, dieser für
                              									eine sachgemässe Ausführung des elektrischen Teiles nicht mehr berechtigte Tadel
                              									leicht hinderlich werden könnte.
                           Der früher der Senkbremsschaltung tatsächlich anhaftende Fehler des beschleunigten
                              									Abganges der Last beim Beginn des Senkens ist nämlich dadurch völlig beseitigt, dass
                              									man der Hauptstromwicklung in der ersten Senkstellung, vergl. D. R. P. 120078, (bei
                              									einigen Ausführungen auch in allen Senkstellungen) einen kurzen Stromstoss aus dem
                              									Netz zuführt. Beträgt dieser Stromstoss z.B. nur ⅓ des Betriebsstromes, so hat der
                              									Motor schon während einer halben Umdrehung sein volles
                                 										Bremsmoment entwickelt, ein Resultat, das unzählige Male am Kran und im
                              									Probierraum konstatiert wurde. Während dieser halben Umdrehung sinkt aber die Last
                              									höchstens um einige Zehntel Millimeter, ein Betrag, der mit blossem Auge überhaupt
                              									nicht erkannt werden kann Von einem freien Fall der Last, noch dazu um mehrere
                              									Zentimeter, ist somit gar nicht mehr die Rede. Das Senken der Last mit
                              									Senkbremsschaltung erfolgt ferner, da dieselbe von veränderlichen
                              									Reibungswiderständen unabhängig ist, wesentlich sanfter und gleichmässiger, als dies
                              									mit irgend einer mechanischen Bremse möglich wäre. Dass eine zweite Bremsvorrichtung
                              									erforderlich ist, kann ich nicht als einen wesentlichen Nachteil ansehen, da hierin
                              									eine zweite Sicherheit liegt; als Beweis möchte ich zwei Fälle aus meiner eigenen
                              									Praxis anführen: In einem Fall war durch einen Defekt die Senkbremsschaltung
                              									unwirksam, trotzdem war es dem Kranführer möglich, die Last in kurzen Absätzen zu
                              									senken lediglich unter Verwendung der Haltebremse. Im anderen Fall war die
                              									Haltebremse defekt und trotzdem war es möglich, mit dem Kran noch zu arbeiten
                              									lediglich unter Anwendung der Senkbremsschaltung (die Haltebremse war abgestützt).
                              									In beiden Fällen handelte es sich um Krane für Stahlwerke, bei denen ein zeitweiser
                              									Stillstand der Krane empfindliche Verluste verursacht haben würde.
                           Schliesslich möchte ich noch auf den Vorschlag des Herrn Rieche eingehen, die Haltebremse als Senkbremse mit zu benutzen und die
                              									Regulierung dieser Bremse durch Regulierung des Bremsmagnetstromes zu bewirken.
                              									Dieser Gedanke liegt verhältnismässig nahe und ist schon mehrfach versucht worden.
                              									Ich halte jedoch die Durchführung für praktisch unmöglich und habe sowohl bei
                              									Gleichstrom wie Drehstrom stets negative Resultate erzielt. Wenn man bedenkt, dass
                              									ein gewöhnlicher Gleichstromhubmagnet mit konischen Polen oft erst bei 10 v. H. des
                              									Betriebsstromes das Bremsgewicht wieder fallen lässt, so wird man einsehen, dass man
                              									bei derartig ungenau arbeitenden Konstruktionsmitteln eine gute Regulierung der
                              									Bremse nicht erwarten kann. Selbst bei solchen Bremsmagneten, bei welchen in jeder
                              									Stellung Kraft und Last genau sich die Wage halten, konnte ein Abfallen erst bei
                              									etwa 40 v. H. des Stromes erzielt werden. Rechnet man nun noch die weiteren
                              									Schwierigkeiten wie Reibungswiderstände im Bremsgestänge, verschiedene Reibung bei
                              									ruhender und rotierender Bremsscheibe usw. hinzu, so erscheint ein Erfolg mit einer
                              									derartigen Bremse ausgeschlossen.
                           Ich möchte meine Ansicht dahin zusammenfassen, dass die beste Einrichtung zum Senken
                              									der Last eine gut durchgearbeitete elektrische Senkbremsschaltung unter Verwendung
                              									eines Serienmotors ist. Dieselbe gestattet eine weitgehende Regulierung, ein Heben
                              									und Senken kleinerer Lasten mit grösserer Geschwindigkeit; sämtliche Bewegungen
                              									erfolgen sanft und stossfrei. Der Abnutzung unterworfene Teile sind nicht vorhanden,
                              									da die beim Senken der Last frei werdende mechanische Energie in den
                              									Anlasswiderständen elektrisch vernichtet wird. Auch für Drehstrommotoren stehen z. Zt. dem
                              									Kranbauer vorzüglich durchgearbeitete Senkbremsschaltungen zur Verfügung, auf die
                              									ich hier jedoch nicht näher eingehen möchte.
                           Charlottenburg, 3. Januar 1905.
                           Friedrich Natalis,
                           Oberingenieur.  
                           ––––––––––––––
                           Sehr geehrte Redaktion!
                           Spezialisten der Hebezeugbranche werden den Ausführungen des Herrn Natalis ohnehin nicht dem vollen Umfange nach
                              									beistimmen, trotzdem sehe ich mich zwecks Richtigstellung zu einer Erwiderung
                              									veranlasst.
                           Nach den Ausführungen des Herrn Natalis muss angenommen
                              									werden, dass die Westonbremse einem derart starken
                              									Verschleisse ausgesetzt ist, dass ihre Anwendung nicht empfehlenswert erscheint.
                              									Demgegenüber wiederhole ich folgende Sätze meiner Abhandlung:
                           „Eine in Fig. 16 (D. p. J. 1904, 319,
                                 										S. 792) dargestellte sogenannte Westonbremse
                                 										funktioniert bei richtiger Wahl der Steigung des Gewindes im Verhältnis zum
                                 										mittleren Durchmesser der Bremsflächen, nicht zu grossem spezifischen Druck am
                                 										Gewinde und auf den Bremsflächen, genauer Arbeit und sachgemässer Wartung
                                 										vollständig zufriedenstellend“.
                           „Bei nicht zu hoher spezifischer Pressung der Bremsflächen und
                                 
                                 										des Gewindes, guter nicht federnder Lagerung, gediegener Ausführung und nicht zu
                                 										hohen Tourenzahlen, hat die Bremse in der dargestellten einfachen Konstruktion
                                 										eine grosse Haltbarkeit“.
                           Offenbar beruhen die Erfahrungen des Herrn Natalis auf
                              									Bremsen, die nicht nach diesen Grundsätzen gebaut sind.
                           In Spezialfällen ist die Westonbremse auch heute noch
                              									mit Vorteil anwendbar.
                           Die elektromechanische Bremse habe ich in meiner Abhandlung nur erwähnt, weil sie
                              									eine Zeitlang von einer grösseren Elektrizitätsfirma als Sicherheitsbremse angeboten wurde.
                           Das von Herrn Natalis über diese Bremsen gefällte Urteil
                              									kann mich nicht beunruhigen, weil ihr wirklicher Wert von mir von vornherein erkannt
                              									ist und infolgedessen von einer Probe in der Praxis Abstand genommen wurde. Dass es
                              									Herrn Natalis mit Hilfe einer Feder (dem unsichersten
                              									Elemente des Maschinenbaues) gelang, eine sicherwirkende elektromagnetische Bremse
                              									zu konstruieren, soll mich zu weiteren Ausführungen nicht veranlassen. Bemerkt sei
                              									nur, dass die gerühmte sichere und gute Arbeitsweise der Natalisfederbremse auch mit anderen weit einfacheren Bremsen erreichbar
                              									ist.
                           Die von Herrn Natalis erwähnte neuere Senkbremsschaltung
                              									ist an vielen Laufkatzen meines Systems ausgeführt; sie ist mir also nicht
                              									unbekannt. Leider ist der bemerkbare freie Fall der Last welcher angeblich nur den
                              									älteren Senkbremsschaltungen anhaftet, auch bei den verbesserten Konstruktionen nur
                              									vermieden, wenn mit verhältnismässig kleinen Motoren schwere Lasten zu heben
                              									sind.
                           Angenommen, ein Motor von 15 PS mit 500 minutlichen Umdrehungen hat 1000 kg
                              									Maximallast zu heben. Der Weg der Last in einer Minute ist sodann 60000 mm. Nach
                              									einer halben Umdrehung des Motors hat die Last \frac{60000}{2\cdot 500}=60\mbox{ mm} Weg zurückgelegt.
                           Herr Natalis führt aus, dass das volle Bremsmoment
                              									des Motors bereits nach einer halben Ankerumdrehung erreicht wird.
                           Die Last muss also unter Zugrundelegung dieser günstigen Annahme in der Senkrichtung
                              									mindestens den einer halben Ankerumdrehung entsprechenden Hakenweg frei fallen. Für
                              									das obige Beispiel ergibt sich ein freier Fall von 6 cm.
                           Bei Winden und Kranen für kleinere Tragkräften und grössere Hubgeschwindigkeiten
                              									beträgt demnach der freie Fall der Last trotz der auch von mir immer anerkannten und häufig zur Anwendung gebrachten
                              									neueren Senkbremsschaltung nicht einige zehntel Millimeter, sondern einige
                              									Zentimeter.
                           Der Umstand, dass bei stark beanspruchten Kranen zur Aufrechterhaltung sicheren
                              									Betriebes zwei Bremsen empfehlenswert sind, kann den Nachteil, dass die
                              									Senkbremsschaltung auf alle Fälle eine zweite teure Bremse erforderlich macht, nicht
                              									aufheben. Für leichte nicht häufig benutzte Krane genügt eine gute Bremse
                              									vollkommen.
                           Für stark beanspruchte Krane wende ich selbstverständlich. immer zwei Bremsen an. Es
                              									wird nicht bestritten werden können, dass zwei vollständig unabhängige Bremsen der
                              									Ankerbremse mit Haltebremse in bezug auf Betriebssicherheit vorzuziehen sind.
                           Wird z.B. der mechanische Teil einer ausser der Ankerbremse eingebauten
                              									Magnet-Haltebremse schadhaft und ist die Stromleitung zwischen Motor und Anker
                              									infolge dieses Schadens oder aus beliebigen anderen Gründen unterbrochen, so stürzt
                              									die Last trotz der Ankersenkbremse ohne weiteres ab.
                           Kommt eine Westonbremse und eine Magnetstoppbremse zur
                              									Verwendung, welch letztere im allgemeinen nur zur Bremsung des Ankernachlaufes
                              									dient, die aber auch imstande ist, das für die Maximallast erforderliche Bremsmoment
                              									aufzunehmen, so wird die Last durch das Versagen der einen oder anderen Bremse nicht zum Abstürzen gebracht.
                           Auch kann der Betrieb sodann nur durch Schäden an der
                              									Stromleitung völlig gestört werden.
                           Die von mir vorgeschlagene kombinierte Halte- und Senkbremse wird nicht durch
                              									Magneten der von Herrn Natalis beschriebenen Art,
                              									sondern durch einen Spezialapparat reguliert, für welchen der Ausdruck
                              										„Magnet“ nur des allgemeineren Verständnisses wegen gewählt wurde. Die
                              									Behauptung des Herrn Natalis, dass die vorgeschlagene
                              									Bremse befriedigende Resultate ausschliesse, kann mich aus geschäftlichen Gründen
                              									nicht veranlassen, z. Zt. über den Rahmen des von mir Veröffentlichten
                              									hinauszugehen. Ich behalte mir indessen vor, an dieser Stelle später ausführlich
                              									darauf zurückzukommen.
                           Herr Natalis führt an, dass mein Vorschlag naheliegend
                              									ist und dass in dieser Richtung bereits mehrfache Versuche gemacht sind. Vielleicht
                              									kann Herr Natalis angeben, ob die mit gewöhnlichen
                              									Magneten von vornherein aussichtslosen Versuche vor oder
                                 										nach meinen in dieser Angelegenheit an die ersten Elektrizitätsfirmen
                              									gerichteten ausführlichen Mitteilungen angestellt wurden.
                           Zur Sache sei noch bemerkt, dass neben der kombinierten Senk- und Haltebremse eine
                              									zweite vollständig unabhängige oder teilweise unabhängige Bremse angeordnet werden
                              									kann.
                           Cassel, den 21. Januar 1905.
                           Mit vorzüglichster Hochachtung
                           H. Rieche.