| Titel: | Kleinere Mitteilungen. | 
| Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, Miszellen, S. 638 | 
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                        Kleinere Mitteilungen.
                        Kleinere Mitteilungen.
                        
                     
                        
                           Gegenstrom-Vorwärmer „Contra“.
                           Bei einem Dampfkessel sind vornehmlich zwei Faktoren, welche einen möglichst
                              									günstigen Nutzeffekt und einen dauernd guten Zustand der Kesselanlage gewährleisten:
                              									hochgradige Erwärmung des Speisewassers und möglichst vollständige Reinigung des
                              									letzteren. Für den Dampfkesselbetrieb ist die Bildung von Kesselstein eine ebenso
                              									oft eingehend erörterte, wie lästige Erscheinung, die ausser den bekannten Gefahren
                              									auch erhöhte Betriebskosten durch Verminderung des Wärmeübertragungsvermögens der
                              									Kesselbleche, sowie durch die sehr häufig erforderliche Reinigung derselben mit sich
                              									bringt. Die Ausscheidung des Kesselstein bildenden Kalkgehaltes im Wasser findet zum
                              									Teil statt bei einer ziemlich hohen Erwärmung des letzteren. Würde nun das
                              									Speisewasser schon vor der Einführung in den Kessel auf eine genügend hohe
                              									Temperatur gebracht werden können, so würde man hierdurch den Vorteil erreichen,
                              									dass sich diese das Speisewasser verunreinigenden Teile in grösserer Menge
                              									ausserhalb des Kessels niederschlagen.
                           Eine geeignete Konstruktion des Vorwärmers, der diesen Bedingungen entspricht, würde
                              									den Betrieb zu einem möglichst billigen gestalten, und auch der Dampfkesselanlage
                              									eine möglichst lange Lebensdauer und ein Minimum von Reparaturbedürftigkeit
                              									sichern.
                           Fast alle heute noch allgemein in Verwendung stehenden Vorwärmer sind mit einem innen
                              									liegenden Röhrensystem ausgestattet, durch welches das Speisewasser läuft, während
                              									der Abdampf dasselbe umspült, und umgekehrt.
                           Die Anwendung von Röhren bringt jedoch den Uebelstand mit sich, dass sie sich bald
                              									mit Kesselstein belegen, wodurch die ursprüngliche Heizfläche beeinträchtigt, die
                              									Wärmedurchlässigkeit aber wesentlich verringert wird. Dieser Misstand bedingt
                              
                              									zunächst eine häufige Reinigung des inkrustierten Röhrensystems, die in manchen
                              									Fällen wegen Zeitmangels des Heizers gar nicht und dort, wo sie doch stattfindet,
                              									nur in unzulässigem Masse durchgeführt wird, weil vielfach schlecht an die Röhren
                              									heranzukommen ist. Die stärkere Ausdehnung der Metallröhren führt ferner zur
                              									Lockerung und zum Undichtwerden der Rohrdichtungen. Das Rohrbündel wird von einem
                              									einzigen Dampfraum, der überall eine gleichmässige Temperatur besitzt, umgeben, so
                              									dass von Gegenstrom des Dampfes zum Wasser eigentlich nicht gesprochen werden kann,
                              									und das sich erwärmende Wasser bald nur mehr wenig Wärme vom Dampf aufnehmen
                              									kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 638
                              Fig. 1.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 638
                              Fig. 2.
                              
                           Diese Erwägungen waren bestimmend, dass der Konstrukteur des neuen Vorwärmers
                              										„Contra,“ D. R.-Patent No. 137698, Oberingenieur Carl Henning, mit dem alten Prinzip des innenliegenden Röhrensystems
                              									brach. Fig. 1 zeigt den Apparat im
                              									Längsdurchschnitt, Fig. 2 seine einzelnen
                              									Bestandteile. Wie aus beiden Darstellungen zu ersehen, verläuft der Kanal für das zu
                              									erwärmende Speisewasser in dem äusseren, zweier konzentrisch angeordneten zylindrischen
                              									Wasserelementenkörper in Schlangenform in ansteigender Richtung, tritt oben in den
                              									inneren Wasserelementenkörper über, wo er in absteigender Richtung ebenfalls in
                              									zahlreichen Windungen verläuft.
                           Das Speisewasser bewegt sich dabei im Gegenstrom zu der Dampfrichtung; der Dampf
                              									strömt in den zylindrischen Raum, den das innere Wasserelement umschliesst, ein,
                              									findet hier an der gewellten Wandung eine grosse Fläche zur Wärmeabgabe und tritt
                              									dann oben in den Ringraum zwischen beiden Wasserelementen über, denselben in
                              									absteigender Richtung durchströmend, die gerippte Wandung des äusseren und die
                              									gewölbte Wandung des inneren Wasserelementes beheizend. Unten tritt der Dampf in den
                              									Aussenraum ein, wo er dann emporsteigend, den Vorwärmer durch das Ausströmrohr
                              									verlässt.
                           Es sind hier also drei Dampfräume vorhanden, in welche der Dampf nacheinander
                              									übertritt. Da der frisch eintretende Dampf dem bereits stark erhitzten Wasser
                              									entgegenströmt, muss die Wassertemperatur die grösste Steigerung erfahren. Der Dampf
                              									kühlt sich auf seinem Wege aus einem Dampfraum in den anderen beständig ab und
                              									trifft immer kälteres Wasser an, welches immer noch energisch dem Dampf Wärme
                              									entziehen kann, da die Temperaturdifferenz zwischen Wasser und Dampf immer erheblich
                              									bleibt.
                           Der Wasserweg ist ausserordentlich lang und hat überall denselben Querschnitt, gleich
                              									dem der Druckleitung der Speisepumpe, so dass das Speisewasser im Vorwärmer dieselbe
                              									Geschwindigkeit besitzt, wie in der Druckleitung. Die hohe Wassergeschwindigkeit,
                              									sowie die zahlreichen Richtungswechsel des Wasserkanals veranlassen ein starkes
                              									Bespülen der beheizten Wandungen und ein intensives Mischen der Wasserteilchen,
                              									wodurch die Wärmeübertragung möglichst begünstigt und ein Ansetzen von Kesselstein
                              									oder Schlamm verhindert wird. Der Wirkungsgrad des Gegenstrom-Vorwärmers
                              										„Contra“ bleibt daher stets auf derselben Höhe, wodurch er sich von
                              									anderen Systemen vorteilhaft auszeichnet.
                           Die Konstruktion des Apparates ist sehr einfach. Die Wasserelementenkörper bestehen
                              									jedes aus zwei ineinander gesteckten Gusszylindern, von denen der innere gewellte
                              									die Kanäle für das Wasser bildet. An den Berührungsstellen sind die Körper abgedreht
                              									und passen lose ineinander. Sie können nach längerer Zeit behufs Reinigung mittels
                              									Bürsten leicht voneinander abgezogen werden; die ganze Arbeit erfordert einige
                              									Stunden. Da die starken Gusskörper keiner Abnutzung unterworfen sind und nicht
                              									undicht werden, so sind Reparaturen ausgeschlossen.
                           Die mit dem „Contra“-Speisewasser-Vorwärmer erzielten Resultate sind
                              									hervorragend befriedigend. In der Eisengiesserei und Maschinenfabrik Krigar & Ihssen, Hannover, ist der erste dieser
                              									Apparate längere Zeit hindurch erprobt worden, welcher mit dem Abdampf einer 110
                              									PS.-Dampfmaschine geheizt wird; derselbe erhitzt das Speisewasser vor Eintritt in
                              									den Kessel auf 90 bis 91,5° C., während der früher gebrauchte Vorwärmer eine
                              									Wassertemperatur von höchstens 60° C. erreichte. Der Dampfkessel hat eine Heizfläche
                              									von 82 qm, die Speisepumpe drückt stündlich etwa 1800 l Wasser durch den Vorwärmer
                              									in den Kessel. Die Kohlenersparnis, welche durch den Gebrauch des
                              									Gegenstrom-Vorwärmers erzielt wird, beläuft sich durchschnittlich auf 500 kg täglich
                              									= 23 v. H., was bei einem Kohlenpreis von 1,25 M. für 100 kg eine jährliche
                              									Ersparnis (300 Arbeitstage) von 1875 M. darstellt.
                           Eine weitere Anlage befindet sich im Kesselhaus der Regina-Bogenlampenfabrik in Köln in Verbindung mit einer 32
                              									PS.-Heissdampflokomobile, und haben dort eingehende Versuche ergeben, dass das
                              									Speisewasser dauernd auf 92–95 v. H. erhitzt wird. Erst vor einigen Wochen sind
                              									eingehende und ausführliche Versuche mit einem Vorwärmer „Contra“ von
                              
                              									grösseren Abmessungen von der Firma de Fries &
                                 										Co., Aktiengesellschaft in Heerdt bei Düsseldorf vorgenommen worden. Diese
                              									Versuche sind noch nicht ganz abgeschlossen, aber soviel lässt sich jetzt schon mit
                              									Bestimmtheit feststellen, dass diese Versuche alle Erwartungen übertroffen haben und
                              									mit dem Apparat eine tägliche Kohlenersparnis von etwa 1000 kg erzielt worden
                              									ist.
                           Die Verwendung des Apparates beschränkt sich nicht auf Einzylinder-Auspuffmaschinen,
                              									vielmehr wird der Apparat auch mit grossem Vorteil zwischen dem Dampfzylinder und
                              									Kondensator einer mit Kondensation arbeitenden Maschine, bezw. zwischen dem
                              									Niederdruckzylinder und Kondensator bei Verbundmaschinen eingeschaltet. Er wirkt
                              									hier gleichzeitig als Speisewasser-Vorwärmer und als Oberflächen-Vorkondensator und
                              									trägt ausserordentlich zur Verbesserung des Vakuums bei, während an Einspritzwasser
                              									wesentlich gespart werden kann.
                           Ausser als Speisewasser-Vorwärmer für Dampfkesselbetrieb findet der Apparat
                              										„Contra“ ein weiteres Verwendungsgebiet in der chemischen Industrie als
                              									Gaskühlapparat und zum Anwärmen von Laugen und Lösungen, wozu er gerade wegen seiner
                              									Bauart (ganz aus Gusseisen, der Aussenmantel wird in diesem Falle auch auch
                              									Gusseisen hergestellt) sich hervorragend eignet, da Schmiedeeisen und Metall (im
                              									Gegensatz zu Gusseisen) rasch angegriffen werden. Auch in der Textilindustrie, in
                              									Färbereien und Brauereien dürfte der Vorwärmer wegen seiner soliden Konstruktion,
                              									seiner hohen Leistungsfähigkeit und sehr geringen Platzverbrauches als
                              
                              									kontinuierlicher Heisswasserapparat sich rasch Eingang verschaffen.
                           Das Ausführungsrecht dieses vorbeschriebenen Gegenstrom-Vorwärmers „Contra“
                              									hat die Eisengiesserei und Maschinenfabrik von Joh.
                                 										Dietz, Altona-Ottensen, übernommen.
                           
                        
                           Elektrolytbleiche (System Haas
                              									und Dr. Oettel).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 639
                              Fig. 1. Bleichelektrolyseur im Entwicklergefäss, bis zu 30 kg Chlorkalk-Ersatz
                                 										f. d. Tag liefernd.
                              
                           Leitet man durch eine wässrige Lösung von Chlorkalium oder von Kochsalz den
                              									elektrischen Strom, so entsteht unterchlorig-saures Salz. Schon lange hat man danach
                              									gestrebt, die so gewonnenen Lösungen als Bleichflüssigkeiten an Stelle von Chlorkalk
                              									in der Industrie zu verwenden; indessen bot die Auffindung eines geeigneten Stoffes
                              									für die Elektroden grosse Schwierigkeiten, weil selbst die teure Platinfolie der
                              									Zerstörung anheim fiel.
                           
                           Die Elektrizitätsgesellschaft Haas & Stahl, Aue
                              									in Sachsen, verwendet als Elektroden ein kohleähnliches Material, das bei
                              									zehnstündigem täglichen Betriebe erst nach 1½ Jahren erneuert werden soll. Der Preis
                              									der Ersatzelektroden ist mässig, die Auswechslung geht leicht und rasch von
                              									statten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 640
                              Fig. 2. Bleichelektrolyseur Patent Haas und Dr. Oettel.
                              
                           Der Elektrolysierapparat dieser Firma (Fig. 1)
                              									besteht aus einem äusseren Trog (dem Entwicklergefäss) und einem darin stehenden
                              									kastenförmigen Elektrodengestell, dem „Bleichelektrolyseur“ (Patent Haas und Dr. Oettel).
                           Der Bleichelektrolyseur (Fig. 2) ist durch senkrecht
                              									eingebaute Elektroden in eine Reihe schmaler Einzelzellen zerlegt, die nur durch je
                              									ein Loch im Boden und ein Ueberlaufröhrchen oben mit der Badflüssigkeit im Trog
                              									verbunden sind. Die Elektroden sind hintereinander geschaltet: die erste und die
                              									letzte Platte der ganzen Reihe sind mit der Stromquelle verbunden, alle anderen
                              									Platten dienen als doppelpolige Zwischenelektroden, so dass die eine jeder Platte
                              									als Kathode, die andere als Anode wirkt.
                           Man füllt zum Gebrauch so viel Salzlösung in den Trog, dass die Mündungen der
                              									Ueberlaufröhrchen zur Hälfte bedeckt sind. Leitet man nun Strom ein, so entwickelt
                              									sich in jeder Einzelzelle an der Kathode Wasserstoffgas, das emporsteigend die
                              									Flüssigkeit aufschäumen lässt, so dass sie durch die Ueberlaufröhrchen in den Trog
                              									abläuft, während durch die Zulaufsöffnungen im Boden andauernd frische Lauge in die
                              									Zellen eintritt. Derart wird während der ganzen Elektrolyse eine lebhafte Strömung
                              									im Bade unterhalten, so dass überall annähernd gleiche Konzentration herrscht und
                              									schädliche Nebenwirkungen an den Elektroden gehindert werden.
                           Zu beiden Seiten des Elektrolyseurs lagern im Trog Kühlschlangen, durch die eine
                              									der Ausbeute schädliche Erwärmung des Bades über 35° C. verhindert wird.
                           Die Anschlusschienen an den Endelektroden, die Ablasshähne und die Bodenventile sind
                              									aus einer besonders widerstandsfähigen Phosphorbronze gefertigt, die
                              									Ueberlaufröhrchen und andere Innenteile aus Glas oder Porzellan.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 320, S. 640
                              Fig. 3. Bleichapparat für Kleinbetriebe, Dampfwäschereien, chem.
                                 										Reinigungsanstalten. (Salzauflöser, Elektrolyseur und Sammelbassin).
                              
                           Besonderer Wartung bedarf der Apparat nicht. Ist nach fünf öder zehn Stunden die
                              									gewünschte Stärke der Bleichlauge erreicht, so ist die klare Lösung ohne weiteres
                              									fertig zum Gebrauch.
                           Fig. 3 zeigt einen kleinen, geschickt
                              									zusammengestellten Bleichapparat, der in einem Aufbau
                              									den Bottich zum Auflösen des Salzes (mit Rührvorrichtung), den Elektrolyseur und ein
                              									Sammelgefäss für die fertige Lauge enthält.
                           Die Firma Haas & Stahl hat bis Mitte dieses Jahres
                              									über 250 dieser elektrolytischen Bleichapparate in den verschiedensten Grössen für
                              									einen gesamten Kraftverbrauch von rund 2100 PS. an Webereien, Papierfabriken usw.
                              									geliefert.
                           Arndt.
                           
                        
                           Bei der Redaktion eingegangene Bücher.
                           Sozialwirtschaftliche Zeitfragen. Herausgegeben
                              									von Dr. Alexander Tille. Heft 5 und 6: Wirtschaftsarchive. Von Armin
                                 										Tille. Berlin, 1905. Otto Eisner. Preis geh. 1,60 M.
                           Zur Frage der generellen Regelung bei
                                 										Niederdruckdampfheizungen. Von Otto Ginsberg,
                              									Diplom-Ing. Halle a. d. S. Carl Marhold. Preis geh. 1,50 M.
                           Die automatische Regulierung der Turbinen. Von
                              									Dr.-Ing. Walther Bauersfeld, Assistent an der Königl.
                              
                              									Technischen Hochschule Berlin. Mit 126 Textfiguren. Berlin, 1905. Julius Springer.
                              									Preis geh. 6 M.
                           Proceedings of the American Société of Civil Engineers, Vol.
                                 
                                 										XXXI, No. 6. August. New-York, 1905.
                           
                        
                           Berichtigung.
                           In dem Aufsatz „Schnellbetrieb auf den Eisenbahnen
                                    											der Gegenwart“ muss es in Heft 37, 591, linke Spalte, statt:
                           „3. Die Schnellzuglokomotive der niederländischen Zentralbahn“ heissen:
                              										„Die Schnellzuglokomotive der holländischen Staatsbahn“.