| Titel: | Kleinere Mitteilungen. | 
| Fundstelle: | Band 321, Jahrgang 1906, Miszellen, S. 432 | 
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                        Kleinere Mitteilungen.
                        Kleinere Mitteilungen.
                        
                     
                        
                           
                           Der anodische Angriff des Eisens durch vagabundierende Ströme
                              									im Erdreich und die Passivität des Eisens.
                           Seitdem in den meisten grösseren Städten elektrische Strassenbahnen laufen, bei denen
                              									die Schienen als Rückleitung benutzt werden, besteht eine Gefahr für die eisernen
                              									Gas- und Wasserleitungsrohre, dass sie durch die elektrolytische Wirkung von
                              									elektrischen Strömen, die aus den Schienen in das benachbarte Erdreich übertreten,
                              									zerstört werden. Um diese Gefahr genauer festzustellen, haben F. Haber und F.
                                 										GoldschmidtZeitschrift für
                                    											Elektrochemie, Bd. 12, S. 49–74 (1906). Messungen im Bereiche des
                              										Strassburger Strassenbahnnetzes angestellt.
                           Trockener, salzarmer Boden leitet schlecht; häufig ist aber der Untergrund der
                              									Strassen feucht und mit Salzen durchtränkt, so dass er, zumal bei mangelhafter
                              									Verbindung der Schienenstösse, einen erheblichen Teil des Stromes zur Zentrale
                              									zurückleitet. Die Strassenbahnen werden meist mit Gleichstrom betrieben und zwar
                              									sind die Schienen mit dem negativen Pol der Betriebsdynamo verbunden, so dass
                              									die positive Elektrizität von den Aussenstrecken des Bahnnetzes zur Zentrale
                              									zurückfliesst. Liegen in der Erde eiserne Rohrleitungen, die nicht durch besondere
                              									Vorkehrungen isoliert sind, so schalten sie sich als Mittelleiter in den Erdstrom
                              									derart ein, dass der auf der Aussenstrecke in das Rohrnetz eintretende positive
                              									Strom das Eisen kathodisch polarisiert (so dass es negative Elektrode wird) und der
                              									in der Nähe der Zentrale austretende Strom es zur Anode (positiven Elektrode) macht.
                              									An dem anodisch polarisierten Teile werden die Angriffe des Eisens beobachtet.Wie bekannt, wird in einem elektrolytischen
                                    											Bade das Metall an der Anode aufgelöst, während es an der Kathode
                                    											niedergeschlagen wird.
                           Die angegriffenen Stellen gusseiserner Rohre erscheinen bei oberflächlicher
                              									Betrachtung kaum verändert; bei näherer Untersuchung zeigt sich aber dort das Eisen
                              									in eine weiche Masse umgewandelt, die aus Eisenoxydulsalzen gemengt mit Eisen- und
                              									Kohlenstoffteilchen besteht und die ursprüngliche Form des Rohres bewahrt. Die
                              									gleiche Zerstörung kann auch durch rein chemische Einflüsse bewirkt werden, wenn das
                              									Eisen in ungünstigem Erdreich liegt; Haber fand sie z.B. an Rohren,
                              									die in einem mit Koksschlacken und alter Gasreinigungsmasse gemengten Erdreich
                              									gelegen hatten. Dieselbe Erscheinung hat man an alten gusseisernen Kanonen
                              									beobachtet, die vom Meeresboden heraufgeholt wurden.
                           Von den Salzen, die im Erdreich gewöhnlich vorkommen, befördern die Chloride ganz
                              									besonders das Rosten des Eisens; dann aber haben die doppelkohlensauren Salze, die
                              										Bikorbonate, einen schädlichen Einfluss. Da in
                              									kohlensäurehaltigem Wasser bei Luftzutritt Eisen rasch rostet, so wird man die freie
                              									Kohlensäure in der Sickerflüssigkeit des Bodens als eine Gefahr für das Eisen
                              									ansehen.
                           In Soda- oder Pottaschelösung und in Alkalilauge ist dagegen Eisen auch als Anode
                              									sehr beständig;Diese Eigenschaft
                                    											wird in den Anlasswiderständen benutzt, bei denen Eisenplatten als
                                    											Elektroden in Karbonatlösung tauchen. es verhält sich
                              										„passiv“. Haber nimmt an, dass das Eisen
                              									auch in alkalisch reagierendem Erdreich passiv wird und dass diese nützliche
                              									Passivität durch Chloride und durch Kohlensäure aufgehoben wird, so dass nun das
                              									Eisen „aktiv“ ist, d.h. sich chemisch umwandelt.
                           Bei der Elektrolyse von kohlensauren Salzen tritt an der Anode Kohlensäure auf, die
                              									mit dem überschüssigen Karbonat Bikarbonat bildet. Wird der Ausgleich innerhalb der
                              									Lösung gehemmt, so verarmt sie bei der Anode an Karbonat, so dass schliesslich freie
                              									Kohlensäure auftreten kann. Dieser Fall dürfte im Erdreich eintreten, da hier die
                              									Diffusion stark verzögert ist.
                           Meist sind die vagabundierenden Ströme so schwach, dass die Menge der elektrolytisch
                              									entwickelten Kohlensäure in absehbaren Zeiträumen das Eisenrohr nicht zerstören
                              									kann. Indessen kann sich der chemische Angriff auf einzelne Stellen des Rohres
                              									konzentrieren z.B. auf solche, wo der Teeranstrich schadhaft ist. Ferner kann an
                              									einzelnen Stellen das Erdreich besonders gut leitend werden z.B. wenn im Winter Salz
                              									auf die Schienen gestreut wird und in einem Riss des Bodens die mit geschmolzenem
                              									Schnee gebildete Lösung zum Eisenrohr herabsickert. Solche aktiven Flecken
                              
                              									verschwinden aber oft allmählich wieder, indem entweder die betreffende Stelle
                              									wieder passiv oder das ganze Rohr aktiv wird.
                           Schützend wirkt, wie Larsen fand, eine öfter
                              									wiederholte Stromumkehr im Strassenbahnnetz, da dann die Umgebung des nun als
                              									Kathode wirkenden Rohres durch die Elektrolyse alkalisch wird.
                           Der Uebergang des Eisens aus dem passiven in den aktiven Zustand lässt sich durch
                              									Messung seiner elektrischen Spannung gegenüber einer „Normalelektrode“
                              									verfolgen.
                           Die Ursache der Passivität sieht Haber in einer dünnen
                              
                              									Oxydhaut, für die er im Gegensatz zu anderen Beobachtern eine rissige Beschaffenheit
                              									annimmt. Je nach den ausseren Einflüssen können diese Risse verschlossen werden oder
                              									sich vergrössern.
                           Schliesslich hat Haber in einer Strasse Strassburgs nahe
                              									der Zentrale Messungen des Spannungsunterschiedes zwischen den Strassenbahnschienen
                              									und dem Wasserleitungsrohr angestellt. Um den Verlauf der Stromlinien festzustellen,
                              									senkte er „Tastelektroden“ in den Erdboden. Solche „Tastelektrode“
                              									bestand aus einer Zinkstange, die in feuchtes Zinksulfat eintauchte. Als Umhüllung
                              									diente ein Glasrohr, das unten durch eine eingekittete poröse Tonzelle verschlossen
                              									war. Der Spannungsabfall zwischen Tastelektrode und Schiene oder Rohr wurde bei Tage
                              									und bei Nacht (d.h. bei stromlosem Netze) gemessen. Es ergab sich, dass das
                              									Wasserleitungsrohr bei Tage um 0,22 Volt anodisch polarisiert und nicht passiv
                              									geworden war. Ein Angriff war aber an dem Rohr nicht zu bemerken.
                           Von dem Spannungsabfall zwischen Schiene und Normalelektrode entfiel etwa die Hälfte
                              									auf den Uebergang von der Schiene zum Erdboden.
                           An einer anderen Stelle des Strassburger Rohrnetzes, wo tatsächlich das
                              									Wasserleitungsrohr zerfressen worden war, gelang es Haber trotz aller Mühe nicht, einen vagabundierenden Strom
                              									nachzuweisen.
                           Von den sonstigen Messungen möge erwähnt sein, dass der Widerstand einer Sandschicht
                              									von 1 qm Querschnitt und 2,5 m Länge, die mit 0,2 v. H. Sodalösung durchtränkt war,
                              									190 Ohm betrug und dass zwischen den Leitungsrohren und dem Erdboden ein
                              									Isolationswiderstand von 0,03 Ohm auf den Quadratmeter gefunden wurde.
                           Arndt.
                           
                        
                           Bücherschau.
                           Maschinentelegraphen. Von
                              										A. Kraatz, Telegrapheningenieur im Reichs-Postamt.
                              									Mit 158 eingedruckten Abbildungen. Braunschweig, 1906. Vieweg & Sohn.
                           Von der Entwicklung der elektrischen Telegraphie zeugt das Unternehmen der obigen
                              									Verlagsbuchhandlung, ein Sammelwerk ins Leben zu rufen, das „Telegraphen- und
                                 										Fernsprechtechnik in Einzeldarstellungen“ zum Gegenstande hat und dem das
                              									vorliegende Buch als erster Band angehört.
                           Da sich der telegraphische Betrieb derart entwickelt hat, dass auch hier die
                              									Hand vorteilhaft durch Maschinen zu ersetzen ist liegt die Notwendigkeit eines
                              									Buches, welches als erstes dieses Gebiet umfasst, auf der Hand. Dasselbe zerfällt in
                              									sechs Abschnitte und behandelt in diesen: den Betrieb mit Doppelstrom, die
                              									Telegraphen von Wheatstone, Creed, Buckingham, Murray,
                                 										Pollak-Virdg und Siemens & Halske.
                           Die Darstellung ist durchwegs sehr klar und ausführlich und durch leichtverständliche
                              									Abbildungen unterstützt, wie überhaupt gut ausgestattet. Ich zweifle nicht daran,
                              									dass sich dieses Buch viele Freunde erwerben wird.
                           O. Nairz.
                           
                        
                           Bei der Redaktion eingegangene Bücher.
                           Amerikanische Eisenbahnwerkstätten. Bericht
                              									verfasst im Auftrage der Königl. Technischen Hochschule zu Berlin für die
                              									Boissonnet-Stiftung von Prof. Dr.-Ing. H. Reissner,
                              									Konstruktionsingenieur an der Techn. Hochschule zu Berlin. Mit 69 Abb. und 30
                              									Tabellen im Text und 11 Illustrationstafeln. Folio, auf starkem Kunstdruckpapier
                              									gedruckt und in Ganzleinen gebunden. Berlin, 1906. Richard Dietze. Preis M.
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