| Titel: | Ueber die Zersezung, welche das Amylon durch Einfluß der Luft und des Wassers erleidet. | 
| Autor: | Theodor Saussure | 
| Fundstelle: | Band 1, Jahrgang 1820, Nr. XIX., S. 198 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XIX.
                        Ueber die Zersezung, welche das Amylon durch Einfluß der Luft und des Wassers erleidet.
                        v. Saussure über die Zersezung, welche das Amylon durch Einfluß der Luft und des Wassers erleidet.
                        
                     
                        
                           Die hoͤchst wichtige Entdeckung Kirchhoffs, das Amylon durchs Kochen mit verduͤnnter
                              Schwefelsaͤure in Zucker zu verwandeln, ist allgemein bekanntDie Literatur uͤber diesen hoͤchst interessanten Gegenstand,
                                    der aber bei weitem noch nicht vollstaͤndig erschoͤpft ist,
                                    hat Herr Staatsrath R. Alex Nik. v. Scherer sehr vollstaͤndig
                                    zusammen gestellt; sie findet sich in Dingler's Magazin der
                                    Faͤrbekunst, 1ster Bd. S. 77 u.f. Sieber hat auch daselbst S. 71 ein
                                    Verfahren angegeben, kuͤnstlichen Gummi durch Behandlung der
                                    Staͤrke mit Schwefelsaͤure zuzubereiten, der sich zum
                                    Verdicken mehrerer, mit Mimosengummi nicht zu verdickenden Beizen und Farben
                                    recht gut qualifizirt. Dingler.. Theodor v. Saussure
                              hat kuͤrzlich die interessante Beobachtung gemacht, daß das Staͤrkmehl
                              auch durch lange Einwirkung des Wassers bei der gewoͤhnlichen Temperatur in
                              Zucker umgebildet werden koͤnne. Er verschloß zwei Jahre lang unter einer
                              Glasglocke Amylon, welches mit Wasser gekocht war, bei einer Temperatur von 68 bis
                              77 Grad, und fand nachher, daß sich dasselbe groͤßtentheils in Zucker
                              umgebildet habe; zugleich fand er eine gummiartige Substanz, ferner eine eigene
                              Materie, welche zwischen Zucker und Schleim das Mittel zu halten scheint, endlich
                              ein wenig modifizirtes Amylon.
                           Herr v. Saussure bemerkt hiebei, daß, wenn die Luft auf
                              den Prozeß Einfluß hat, Wasser-Bildung, Ausscheidung einer
                              betraͤchtlichen Menge Kohlensaͤure und Absonderung von Kohlenstoff
                              statt findet; daß aber, wenn die Luft keinen Zutritt hat, kein Wasser gebildet, und
                              die Kohlensaͤure nur unmerklich entwickelt werde; man bemerkt keinen freien
                              Kohlenstoff, und nur eine geringe Menge Wasserstoff.
                           Diese Resultate, welche sich sehr der geistigen Gaͤhrung naͤhern,
                              fuͤhren von selbst auf den Gedanken, daß das Amylom wie der Zucker
                              gaͤhrungsfaͤhig seyn muͤsse, und es laͤßt sich leicht
                              erklaͤren, wie man aus gewissen Staͤrkmehlreichen Substanzen durch
                              Gaͤhrung Alkohol gewinnen koͤnne, obgleich dieselben nach chemischen
                              Untersuchungen keinen oder nur sehr wenig Zucker enthalten.