| Titel: | Ueber Fälschungen der Lebensmittel und über Küchengifte; als: Brod, Bier, Wein, Thee, Kaffee, Rahm und Milch, der geistigen Getränke, Käse, Senf, Baumöl, Weinessig, Pfeffer, Salz, Konfekt, und andern Artikeln, welche man im Hauswesen braucht, und die Mittel, sie zu entdecken. | 
| Fundstelle: | Band 1, Jahrgang 1820, Nr. XXXV., S. 362 | 
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                        XXXV.
                        Ueber Fälschungen der Lebensmittel und über Küchengifte; als: Brod, Bier, Wein, Thee, Kaffee, Rahm und Milch, der geistigen
                           Getränke, Käse, Senf, Baumöl, Weinessig, Pfeffer, Salz, Konfekt, und andern Artikeln, welche man im Hauswesen braucht, und
                           die Mittel, sie zu entdecken.
                        Von Friedrich AccumAus dieser Schrift, welche erst kurz im Buchhandel unter nachstehendem Titel: 
                                 „A Treatise on Adulterations of Food and Culinary Poisons,
                                          exhibiting the fraudulent sophistications of Bread, Beer, Wine,
                                          Spirituons Liquors, Tea, Coffee, Cream, Confectionary, Vinegar, Mustard,
                                          Pepper, Cheese, Olive oil, Pickles and other Articles employed in
                                          Domestik Economy, and Methods of detecting them, by Frederic Accum. Sold
                                       by Longman, Hurst, Rees, Orme and Brown, Paternoster row, London. 1
                                       Vol.“
                                 erschienen ist, liefert das Repository of Arts, Literature, Fashions,
                                       Manufactures etc. publ. by Ackermann. London February and March
                                    1820 und das Philosophical Magazine etc. by Alex
                                    Tilloch. February  1820 Auszuͤge, die wir ihres
                                 großen Interesse wegen hier mittheilen. Diese Aeußerungen, welche mit so vieler
                                 Lebendigkeit und Offenheit gegeben werden, verschaffen uns einen eignen Begriff
                                 von manchem englischen Gewerbsmanne, und von den zahllosen
                                 Verfaͤlschungen, denen doch wohl das Praͤdikat englisch bei uns nicht zur Empfehlung oder zum Schuze
                                 gereichen wird. Da das Werk selbst fuͤr Regierungen
                                 Polizeybehoͤrden, Aerzte, Chemiker, Apotheker, Kaufleute, Gewerbsleute
                                 etc. von großem Interesse ist, so hat sich ein Mitarbeiter dieses Journals
                                 entschlossen, eine vollstaͤndige Uebersezung zu besorgen, wovon das
                                 Naͤhere noch angezeigt wird. Dingler..
                        Accum über Verfälschung der Lebensmittel.
                        
                     
                        
                           Unter allen Betruͤgereien, welche sich
                              geldsuͤchtige Kraͤmer erlauben, ist keine tadelnswerther und zugleich
                              gewoͤhnlicher, als die Faͤlschung der verschiedenen Lebensmittel.
                           Diese unsittliche und schaͤndliche Gewohnheit, welche in dem Maaße zunimmt,
                              als die Entdeckung derselben schwer ist, ergreift gegenwaͤrtig fast jede
                              Waare, welche entweder zu den Beduͤrfnissen oder zu den Bequemlichkeiten des
                              Lebens gerechnet wird,
                              und hat in jedem Theile des vereinten Koͤnigreiches eine wahrhaft
                              beunruhigende Ausbreitung erhalten.
                           Menschen, welche nach der Wichtigkeit und scheinbaren Achtungswuͤrdigkeit
                              ihrer Verhaͤltnisse am wenigsten in Verdacht gerathen wuͤrden, treiben
                              diesen Unfug; und ihr ermunterndes Beispiel ist es, was eine Menge
                              Kleinhaͤndler angelockt hat, auf derselben schaͤndlichen Bahn zu
                              wetteifern.
                           Die Schlauheit hat diesem Faͤlschungssysteme einen so hohen Grad von
                              Ausbildung gegeben, daß man dergleichen gefaͤlschte Artikel jeder Art
                              uͤberall antrifft; die sinnige Bereitung derselben macht es auch den
                              geuͤbtesten Richtern zu einer schweren Aufgabe, sie unterscheiden zu
                              koͤnnen.
                           Unter den jezt gewoͤhnlich verfaͤlschten Gegenstaͤnden des
                              haͤuslichen Bedarfes mag man Thee, Kaffee, Brod, Bier, Wein, geistige
                              Getraͤnke, Salat, Oel, Pfeffer, Weinessig, Senf, Rahm u.a. Artikel
                              bezeichnen.
                           Wahrlich, es wuͤrde schwer fallen, einen einzigen Nahrungs-Artikel
                              anzugeben, der nicht gefaͤlscht waͤre; es giebt einzelne Dinge, welche
                              man kaum jemals einmal aͤcht erhalten kann.
                           Einige dieser verfaͤlschten Gegenstande sind beim Genusse unschaͤdlich; in diesem
                              Falle, sofern blos minder gute Ingredienzien anstatt der kostbarern und
                              aͤchten gewaͤhlt werden, drohet unserer Gesundheit keine Gefahr, wenn
                              auch unsere Boͤrse leidet. Dahin gehoͤrt die Bereitung des
                              nachgemachten Pfeffers, die Faͤlschung des Senfs, Weinessigs, Rahms. Andere
                              dagegen sind sehr schaͤdlich, wie das Faͤlschen des Biers, der Weine,
                              geistigen Getraͤnke, Salzbruͤhen, Salat und der gleichen.
                           Es giebt besondere Chemiker, welche einen regelmaͤßigem Handel mit solchen
                              Ingredienzien oder heillosen Praͤparaten treiben, und mit denselben
                              gewissenlose Brauer, die Porter oder Ale bereiten, versehen; andere leisten
                              dergleichen Dienste den mit Wein oder geistigen Getraͤnken Handelnden; noch
                              andere den Gewuͤrzkraͤmer oder Oelhaͤndlern. Diese Menschen
                              treiben die Sache im Geheimen oder unter irgend einer taͤuschen den Firma mit
                              der vorgeblichen Anzeige eines schoͤnen gesezmaͤßigen
                              Unternehmens.
                           Ihre unerlaubten Geschaͤfte haben die Ordnung und Art eines
                              regelmaͤßigen Handels angenommen; man spricht dabei auch von Kunst, von Geheimniß; denn die
                              Huͤlfsarbeiter, welche dabei gebraucht werden, kennen oft die
                              Gegenstaͤnde, die durch ihre Hand gehen, eben so wenig, als den Zweck, wozu
                              sie verwendet werden.
                           Um die Wachsamkeit der Untersuchenden zu taͤuschen, und die Forschungen der
                              Accisebeamten zu vereiteln, auch das Geheimhalten dieser Mysterien zu sichern, wird
                              die Operation unter die verschiedenen Arbeiter getheilt und unterabgetheilt; auch
                              wird deswegen die Bereitung selbst in mehreren Etablissements besorgt. Die Aufgabe,
                              das Verhaͤltnis der Ingredienzien fuͤr den Gebrauch zu bestimmen, ist
                              einem Einzigen gegeben, waͤhrend die Zusammensezung und Bereitung derselben
                              einen besonderen Geschaͤftstheil ausmacht, und einem andern Arbeiter
                              uͤbertragen ist.
                           
                           Die meisten Artikel werden dem sie Verbrauchenden m einer
                              versteckten oder solchen Gestalt uͤberreicht, daß ihre wahre Beschaffenheit
                              von dem Unkuͤndigen unmoͤglich entdeckt werden kann. Dahin
                              gehoͤrt der Extrakt von coculus indicus, welchen
                              die Fabrikanten als Walz-Liqueur gebrauchen, um dem Porter oder Ale eine
                              berauschende Kraft zu geben; man kauft den Extrakt auf dem Markte unter dem Namen:
                              „ schwarzer Extrakt “ er ist
                              scheinbar fuͤr den Gebrauch der Gaͤrber und Faͤrber bestimmt.
                              Man bereitet ihn durch Kochen der Beere des coculus
                                 indicus in Wasser, welches durch die nachfolgende Abdampfung in eine
                              steife, schwarze, zaͤhe Masse verwandelt wird, und in hohem Grade die
                              narkotische und berauschende Eigenschaft der giftigen Beere, aus der sie bereitet
                              wurde, behaͤlt. Eine andere Substanz, ein Extrakt von Quassia und
                              Liquirizensaft wird von betruͤgerischen Brauern angewendet, um Malz und
                              Hopfen zu sparen; technisch heißt sie multum
                              Nach den Times vom Mai 1818 wurde ein Brauer,
                                    welcher solches multum und Vitriol besaß, zu
                                    einer Geldbuße von 200, und ein anderer, der capsicum (spanischen Pfeffer), Vitriol gebrauchte, in die Strafe
                                    von 20, dann 200, und wieder 200 Pfund verurtheilt..
                           Die Quantitaͤten der indischen Coculus-Beeren und des sogenannten
                              schwarzen Extraktes, welche zur Faͤlschung des Malz-Liqueurs
                              eingefuͤhrt werden, sind ungeheuer. Es bildet dies einen ansehnlichen
                              Handlungszweig, der sich in den Haͤnden einiger wenigen Maͤkler
                              befindet. Mag es sonderbar scheinen, noch hat wegen des Gebrauches dieser Waare von
                              Seite der Accisebeamten keine Untersuchung statt gehabt. So giebt es auch manche
                              andere zur Faͤlschung des Biers, Ale und geistigen Getraͤnke
                              angewendete Stoffe, die man absichtlich versteckt haͤlt; eine bedeutende Zahl
                              jener Personen, die sich
                              mit dem Verkaufe solcher Artikel beschaͤftigen, kennt nicht einmal die
                              Beschaffenheit oder Zusammensetzung derselben.
                           Ein Extrakt, von dem man behauptet, daß er sehr unschuldig sey, und welcher von den
                              Brauer Drogisten in Faͤssern verschiedener Groͤße verkauft wird,
                              bekannt unter dem Namen bittere Sohle, bestehet aus
                              kalcinirtem schwefelsauren Eisen (Vitriol), aus einem Extrakte aus indischen
                              Coculus-Beeren, und einem Extrakte von Quassia und spanischen Liquirizen.
                           Zum Belege dieser Bemerkungen waͤre es mir ein Leichtes, das Zeugniß vieler
                              Individuen beizubringen, durch die ich ersucht wurde, gewisse als unschuldig
                              erklaͤrte Mischungen, welche in jeder großen Manufakture von oben
                              beschriebener Art gebraucht werden, zu untersuchen. Wahrend meiner langen Praxis
                              habe ich mich wirklich durch hinlaͤngliche Erfahrungen uͤberzeugt, daß
                              eine ansehnliche Zahl von ganz achtbaren Kaufleuten an ihre Kunden absolut giftige
                              Artikel verkauften, die sie selbst fuͤr unschaͤdlich hielten, und die
                              sie nicht zum Verkaufe angeboten haben wuͤrden, wenn sie die
                              verfaͤlschte und verderbliche Beschaffenheit dieser Zusammensetzungen, oder
                              die Zwecke, fuͤr welche sie bestimmt sind, gekannt haͤtten.
                           So z.B. weiß ich Faͤlle, wo Branntweinhaͤndler nicht wußten, daß die
                              unter dem taͤuschenden Namen Klaͤrung
                              verkaufte Substanz, welche dient, die geistigen Getraͤnke zu staͤrken
                              und hell zu machen, und wovon man glaubt, daß sie aus gebrannten Zucker und
                              Fischleim in Extrakt-Form bestehe, in der That ein Extrakt von Capsicum (spanischen Pfeffer) sey, und daß von der
                              scharfen und stechenden Eigenschaft des spanischen Pfeffers der Hochgeschmack des
                              Branntweins und Rumms komme, wenn man die obige Materie zur Faͤrbung
                              gebraucht.
                           
                           In andern Fallen versuchten die Ale-Brauer ihrem Gebraͤue durch frisch
                              gemahlene Koriander-Koͤrner, nach vorgaͤngiger Mischung mit
                              einer Portion Kraͤhnaugen (nux vomica) und
                              Quassia einen bittern Geschmack und eine narkotische Eigenschaft zu geben. So
                              scheinen auch die Kleinhaͤndler, welche Senft verkaufen, nicht zu wissen, daß
                              der Senft-Same nach dem Mahlen kein Pulver von so starker und
                              glaͤnzender Farbe gebe, wie das des gewoͤhnlichen Senftes ist. Auch
                              wuͤrde das Pulver des wahren Senftes, wenn es mit Salz und Wasser gemischt
                              wird, ohne Zuthat einer Portion spanischen Pfeffers nicht so lange sich halten, wie
                              dies bei dem gewoͤhnlich zum Verkaufe kommenden Senfe der Fall ist.
                           Andere Beweise von unwissentlich durch wackere und ehrliche Leute veruͤbten
                              Betruge aͤhnlicher Art koͤnnten leicht angefuͤhrt werden.
                           Es ist ein schmerzlicher Gedanke, daß die Theilung der Arbeit, welche so wesentlich
                              mitgewirkt hat, die Manufakturen dieses Landes zu den gegenwaͤrtigen
                              bluͤhenden Zustande emporzuheben, vorzuͤglich auch dazu beigetragen
                              haben soll, die in Frage stehende Betruͤgerei zu verschleiern und zu
                              erleichtern, und daß bei der korrespondirenden Handels-Vereinigung,
                              vornehmlich in der Hauptstadt und in den großen Staͤdten des Reiches, der
                              Handel mit gefaͤlschten Lebensartikeln in die mannigfaltigsten Abtheilungen
                              durch so viele Schlangengaͤnge auslaufe, daß es selbst der
                              aͤngstlichen Untersuchung nicht mehr moͤglich wird, zur eigentlichen
                              Quelle zuruͤckzufuͤhren.
                           Nicht minder zu beklagen ist es, daß die ausgedehnte Anwendung der Chemie fuͤr
                              die nuͤzlichen Zwecke des Lebens in ein Huͤlfsmittel fuͤr
                              diesen schaͤndlichen Handel ausarten soll. Doch zum Gluͤcke
                              fuͤr die Wissenschaft kann man sie sonder Beschwerde in ein Mittel umwandeln,
                              jenen Mißbrauch aufzudecken; wozu sogar wenig chemische Kenntniß erfordert wird.
                           Der Baͤcker versichert keinen Alaun zum Brod anzuwenden; allein er weiß wohl,
                              daß er beim Ankauf eines Quantums feinen Mehls, auch einen Sack starkes Weiß (so benennt man das mit Alaun gemischte
                              Mehl) nehmen muͤsse, weil er sonst kein leichtes, weißes und lockeres Brod
                              von einem halb verdorbenen Material bereiten koͤnnte.
                           Der Mehlhaͤndler, welcher diese Art von Handel im Großen treibt, kauft nicht
                              selten solche verdorbene Waare (was ein eigenes Geschaͤft in den
                              Haͤnden einiger Individuen bildet) um selbst sein halb verdorbenes und halb
                              gutes Mehl verkaufen zu koͤnnen.
                           Andere liefern dem Baͤcker Alaun mit Salz gemengt, unter der dunkeln Benennung
                              Stoff (stuff). Es giebt
                              im Großen manufakturirende Chemiker, welche sich ausschließend damit
                              beschaͤftigen, den Alaun auf eine Art zu krystallisiren, durch die das
                              Vermischen mit den gewoͤhnlichen Salzkrystallen moͤglich gemacht wird,
                              um den eigentlichen Karakter dieser Zusammensezung dem Auge zu entziehen. Diese, Stoff genannte, Mischung bestehet aus einem Theile Alaun,
                              in kleinen Krystallen, und drei Theilen gewoͤhnlichen Salzes. Bei manchen
                              andern Handelsartikeln ist eine aͤhnliche Prozedur im Gange. So werden die
                              Kartoffeln in Wasser geweicht, um ihr Gewicht zu vergroͤßern.
                           Die Gewandheit im Faͤlschen der Lebensbeduͤrfnisse ist demnach zu einer
                              systematischen Regelmaͤßigkeit gebracht, und wird selbst durch die
                              oͤffentliche Meinung in die Reihe der uͤbrigen merkantilen
                              Bestrebungen gezaͤhlt; ja man betrachtet dies keineswegs mehr mit dem
                              ehemaligen Mißfallen; man rechnet es bereits zu den erlaubten Erwerbsmitteln.
                           Unbegreiflich ist es, daß das Strafgesez gegen diese, dem oͤffentlichen Wohle
                              so sehr entgegenwirkenden Kunstgriffe nicht mehr geschaͤrft wird. Ein Mensch, welcher
                              eine unbedeutende Sache von etlichen Schillingen an Werth auf der Hochstraße raubt,
                              wird zum Tode verurtheilt; waͤhrend derjenige, welcher einer ganzen Gemeinde
                              langsam wirkendes Gift giebt, ohne Strafe durchkommt.
                           Manche behaupteten, es sey dies bei dem weitgreifenden Großbrittanischen Finanzsystem
                              ein Huͤlfsmittel, die Revenue in reichlichen Betraͤgen zu sammeln, und
                              es muͤsse daher die Strenge des Gesezes zu Gunsten der
                              Handels-Interessen im Verhaͤltnisse ihrer Wichtigkeit nachlassen;
                              große Kapitalisten haͤtten Ermunterung noͤthig, und wo eine
                              ausgedehnte Brauerei oder Brennerei eine bedeutende Abgabe liefere, da
                              beduͤrfe es in Hinsicht auf Qualitaͤt des zu einer Abgabe
                              verpflichteten Artikels keiner so kleinlichen, Nachforschung, wenn nur die Abgabe
                              selbst nicht durch den Betrug leide.
                           Allein die Grundsaͤze der Verfassung billigen nicht eine solche
                              Beguͤnstigung, und die wahren Interessen des Landes fordern die Aufhebung;
                              eine Taxe, die auf Taͤuschung beruhet, kann nur wandelbar seyn, und sie muß
                              fruͤher oder spaͤter durch die unwiderstehliche Verbreitung der
                              Sach-Kenntniß verlieren. Es ist Pflicht einer guten Polizei, daß das Gesez in
                              allen Faͤllen mit Unparteilichkeit geltend gemacht werde; und gewiß werden
                              die Revenuen gewinnen, wenn die Strafen auf jene Mißbraͤuche ausgedehnt
                              werden, von denen man jezt keine Kenntniß nimmt.
                           Eine andere Art von Betrug, auf die ich hier nur kurz hinweise, und welche wirklich
                              eine so beunruhigende Ausdehnung erhalten hat, daß man laut die Dazwischenkunft der
                              Regierung verlangt, stellt sich bei Faͤlschung der Apotheker-Waaren
                              und Arzneimittel dar.
                           Neun Zehntheile der wichtigsten Apotheker-Waaren und chemischen
                              Praͤparate, die in der Pharmazie gebraucht werden, pflegen im
                              verfaͤlschten Zustande verkauft zu werden, und zwar durch die
                              Haͤndler, welche die Lezten sind, auf die Verdacht faͤllt. Man weiß,
                              daß die Fieberrinde in verschiedenen Abarten, welche der aͤchten nachstehen,
                              vorhanden ist, daß die Einsammler dieses vortrefflichen Arzneimittels wenig
                              Unterschied machen, daß es sorglos sortirt, haͤufig in gruͤne
                              Haͤute gepackt, und ein großer Theil desselben schon halb verdorben und
                              vermengt mit Stuͤcken anderer vegetabilischen und fremden Stoffe nach Spanien
                              gebracht, und in diesem Zustande durch ganz Europa versendet werde.
                           Allein bei dieser Verschlechterung bleibt es nicht; das Publikum wird haͤufig
                              mit einer falschen Mischung von Mahagony-Saͤgspaͤnen und
                              Eichenholz zu Pulver gemahlen, mit einem Theile guter China vermengt, und als
                              aͤchtes Fieberrinden-Pulver verkauft, bedient.
                           Jeder Chemiker weiß, daß es in dieser Hauptstadt Muͤhlen giebt, die immer
                              thaͤtig sind, China-Pulver zu einem Preise zu liefern, um den man den
                              Stoff im natuͤrlichen Zustande nicht zu geben vermag. Der Preis der besten
                              aͤchten Chinarinde ist im Durchschnitte nicht weniger, als zwoͤlf
                              Schilling das Pfund; und ungeheure Quantitaͤten von jenem Pulver kommen in
                              die Apotheken das Pfund zu drei bis vier Schilling. Unlaͤugbar giebt es auch
                              Leute, welche falsches Rhabarber-Pulver, Ipekakuanha-PulverVon dieser Wurzel werden mehrere Arten eingefuͤhrt. Die weiße (welche
                                    keine Mackeln hat, keine merkbare Bitterkeit auf der Zunge aͤußert,
                                    und auch in großer Dosis genommen, fast keine Wirksamkeit hat) wird nach der
                                    durch betruͤgerische Drogisten veranstalteten Pulverisirung mit einer
                                    Portion Brechweinstein vermischt, und zu geringen Preisen als aͤchte
                                    Ipekakuanha-Wurzel verkauft. James (Jakobs)-Pulver, und andere einfache und zusammengesezte Medizinen von großer
                              Wirksamkeit bereiten, und ihren teuflischen Handel bis zu einer schwindelnden
                              Hoͤhe treiben. Die Menge der so verfaͤlschten medizinischen
                              Praͤparate uͤbersteigt allen Glauben. Wohlfeilheit, nicht Echtheit und
                              Vortrefflichkeit, ist bei den gewissenlosern Verkaͤufern der Apothekerwaaren
                              und Medizinen das, was sie suchen.
                           Wer mit der Chemie vertraut ist, kann sich vom Dasein des Betruges leicht
                              uͤberzeugen, wenn er Hirschhorngeist, Magnesia, kalcinirte Magnesia, Calomel
                              oder andere gewoͤhnliche chemische Praͤparate einer chemischen
                              Untersuchung unterwirft.
                           Hirschhorngeist wird nachgemacht, indem man aͤzenden Salmiakgeist (caustic
                              ammonia) mit destillirten Hirschhorngeist vermischt, um
                              den stechenden Geruch zu erhoͤhen, und zugleich dadurch moͤglich zu
                              machen, daß er einen Wasserzuguß ertragen kann.
                           Thut man Weingeist zu dem verfaͤlschten Spiritus, so entdeckt sich der Betrug
                              sogleich; denn wenn keine bedeutende Gerinnung erfolgt, so ist die Faͤlschung
                              erwiesen.
                           Dies ist auch der Fall, wenn der mit Salz oder Salpetersaͤure gemischte
                              Hirschhorngeist nicht schnell aufbrauset.
                           Die Magnesia enthaͤlt gewoͤhnlich eine Art Kalk; er entstand dadurch,
                              daß bei ihrer Bereitung statt weichen Wassers hartes gebraucht wurde.
                           Um sich uͤber die Reinheit der Magnesia Gewißheit zu verschaffen, darf man nur
                              zu einer Portion derselben etwas Schwefelsaͤure thun, welche mit zehnmal
                              soviel Wasser verduͤnnt wird. Loͤst sich die Magnesia
                              vollstaͤndig auf, und bleibt die Aufloͤsung durchsichtig, dann kann
                              man sie rein nennen, sonst aber nicht. – Oder man
                              loͤse einen Theil Magnesia in Salzsaure auf, und fuͤge eine
                              Aufloͤsung von basischen kohlensauren Ammonium hinzu; ist Kalk vorhanden, so bildet sich ein
                              Praͤzipitat; reine Magnesia dagegen loͤst sich ganz auf.
                           Kalzinirte Magnesia trifft man selten rein an. Man kann sie auf dieselbe Art wie
                              gewoͤhnliche Magnesia untersuchen. Sie darf mit verduͤnnter
                              Schwefelsaͤure durchaus nicht brausen; auch wird, wenn Magnesia und die
                              Saͤure in einer Waagschale vereinigt werden, bei der Zusammenmischung keine
                              Gewichtsverminderung eintreten. Die kalzinirte Magnesia ist uͤbrigens sehr
                              selten so rein, daß sie sich in verduͤnnter Schwefelsaͤure ganz
                              aufloͤst; sie laͤßt immer einen geringen unaufloͤslichen
                              Ruͤckstand zuruͤck, welcher hauptsachlich aus Kieselerde, die von dem
                              zu ihrer Bereitung gebrauchten Kali herruͤhrt. Wird die Aufloͤsung der
                              Magnesia in Schwefelsaͤure stark mit Wasser verduͤnnt, so darf sich
                              bei einem Zusaz von kleesaurem Ammonium kein Praͤzipitat bilden.
                           Die Aechtheit des Calomels kann man dadurch pruͤfen, wenn man einen Theil mit
                              1/32 von salzsaurem Ammonium in zehen Theilen destillirtem Wasser kocht. Wird zu der
                              filtrirten Aufloͤsung kohlensaures Kali gegossen, so darf keine
                              Praͤzipitation erfolgen, wenn das Calomel rein war.