| Titel: | Ueber die Bereitung des Ciders (Obstweins), von J. Venables. | 
| Fundstelle: | Band 2, Jahrgang 1820, Nr. VI., S. 50 | 
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                        VI.
                        Ueber die Bereitung des Ciders (Obstweins), von J. Venables.Thomsons Annals of
                                       Philosophy October 1819 p. 251
                        Ueber die Bereitung des Ciders (Obstweins).
                        
                     
                        
                           Um guten Cider zu machen, sind, glaube ich, drei Dinge
                              noͤthig; erstens, daß man den Saft nur aus vollkommen reifen Obste
                              preßt; zweitens, daß dieser Saft rein sey von fremdartigen
                              Beimischungen, und drittens, daß die Gaͤhrung so geleitet wird,
                              daß die Fluͤßigkeit weder durch die Kohlensaͤure, welche
                              sich entwickelt, noch durch darauf folgende Absorption der atmosphaͤrischen
                              Luft Schaden leidet. Eine kurze Betrachtung der gewoͤhnlichsten Fehler,
                              welche aus Vernachlaͤßigung dieser Umstaͤnde entspringen, mag
                              vielleicht etwas beitragen zu einer bessern Bereitung dieses Getraͤnkes, das
                              auf einen hohen Grad von Vollkommenheit gebracht werden koͤnnte.
                           1.) Unreife Aepfel enthalten einen großen Ueberschuß an
                              Aepfelsaͤure, und fast keinen Zucker. Untersuchen wir nun die Aepfel, wie sie
                              gewoͤhnlich in die Cider-Presse gebracht werden, so werden wir finden,
                              daß sie selten ganz reif sind. Zum Theil laͤßt man sie nicht
                              lange genug an dem Baum um reif zu werden, und zum Theile koͤnnen sie aus
                              Mangel an kraͤftiger Sonne gar nicht zeitigen. Wenn man daher glaubt, der
                              Apfel sey wirklich im reifen und vollkommenen Zustande, um die Theile, welche zur
                              Bereitung des Ciders noͤthig sind, in gehoͤriger Proportion zu
                              enthalten, so ist es doch klar, daß der von der Presse abfließende
                              Saft, wie wir ihn gewoͤhnlich finden, einen Ueberschuß an
                              Aepfelsaͤure, aber wenig Zucker enthalte; und unser Bemuͤhen muß dahin gehen, diese
                              Fehler zu verbessern. Um die Quantitaͤt des Zuckers zu vermehren, muß
                              man die Aepfel so lange am Baume lassen, bis sie bei dem geringsten
                              Schuͤtteln von selbst abfallen. Nachdem sie so gesammelt sind,
                              schuͤttet man sie auf einen Haufen, damit sie schwizen, wie man zu sagen
                              pflegt, d.h. bis sie durch eine schwache Gaͤhrung muͤrbe werden, und
                              wenn das Obst sodann in einer Muͤhle zerquetscht ist, soll man, wie mir ein
                              erfahrner Physiolog (Physiologist) versicherte, den Brei ausbreiten und 24 Stunden
                              lang, oder noch laͤnger, dem Einfluß der atmosphaͤrischen Luft
                              aussezen, ehe matt denselben auspreßt. In diesem Zustande soll der Saft dass
                              jenige Princip aus der Luft einsaugen, welches noͤthig ist zur weitern
                              Umbildung der Aepfelsaͤure in Zucker.
                           Da man indessen die Proportion Zucker, welche in guten Und vollkommen reifen Aepfeln
                              vorhanden ist, selten beruͤcksichtiget, so nehme ich keinen Anstand, einen
                              Ersaz des Fehlenden aus einer andern Quelle zu empfehlen. Man kann also auf jeden
                              Oxhoft Cider, sobald der Saft zu gaͤhren anfaͤngt, 40 Pf.
                              westindischen Rohzucker zusezen.
                           Ich habe nun zwar angenommen, daß das natuͤrliche
                              Verhaͤltniß der Aepfelsaͤure in guten und reifen Aepfeln
                              verbessert werden koͤnne, allein in unreifen Aepfeln aus einer Gegend, welche
                              im Vergleich mit andern weniger Sonne hat, wird die Quantitaͤt der
                              Aepfelsaͤure immer merklich vorherrschend seyn; es fraͤgt sich also,
                              auf welche Weise laͤßt sich dieselbe am besten vermindern, und zum
                              Theil neutralisiren? Diese Frage uͤberlasse ich einem Chemiker zur
                              Beantwortung.
                           2.) Chemiker versichern, daß zur vollkommenen Gaͤhrung eine
                              gewiße Proportion vegetabilischen Schleims noͤthig sey; allein sobald
                              die Quantitaͤt desselben zu groß ist, wird die Gaͤhrung
                              uͤbermaͤßig, und der Zucker verwandelt sich nicht in Alkohol,
                              sondern in Saͤure. Es ist daher, wie ich glaube, beim Cidermachen eine wichtige
                              Aufgabe, eine schickliche Methode zu finden, den Saft zu klaͤren ehe er in
                              Gaͤhrung kommt, damit der vegetabilische Schleim, oder die markige Substanz,
                              welche die Fluͤßigkeit, wie sie aus der Presse kommt, truͤbe
                              macht, niedergeschlagen wird. Wenn man den Aepfelsaft in seinem reinern und
                              unvermischtern Zustande gewinnen koͤnnte, so waͤre die Gaͤhrung
                              maͤßig, und fast unmerklich, und die Suͤßigkeit,
                              Reichhaltigkeit, und der Wohlgeschmack des Ciders wuͤrden sich erhalten;
                              allein wenn die Aepfel in der Muͤhle zerquetscht und nachher
                              ausgepreßt werden, so ist es unmoͤglich zu verhuͤten,
                              daß nicht auch eine uͤbergroße Quantitaͤt markiger
                              Substanz mit ausgepreßt wird. Diese scheint es zu seyn, welche gleich
                              anfaͤnglich eine stuͤrmische Gaͤhrung veranlaßt, und
                              nachdem sie sich gesezt hat, doch bei der geringsten Bewegung des Faßes oder
                              bei Veraͤnderung des Wetters wieder schwimmend wird, und neuerdings eine
                              Gaͤhrung erregt, bis aller Zuckerstoff in Saͤure verwandelt ist,
                              welche den Cider zu jenem herben und unlieblichen Getraͤnk macht,
                              woruͤber man sich leider so oft zu beklagen Ursache hat.
                           Ein großer Theil der markigen Substanz laͤßt sich absondern,
                              wenn man die Fluͤßigkeit, ehe die Gaͤhrung eintritt,
                              taͤglich abzieht; der Anfang der Gaͤhrung laͤßt sich
                              vielleicht verzoͤgern, und eine hinreichende Zeit lang in einem dem Zwecke
                              angemessenen Zustande erhalten, wenn man den Verlust, der durch das wiederholte
                              Abziehen entsteht, durch oͤftern Zusaz von alten Cider vom vorhergegangenen
                              Jahre ersezt. Das Abziehen des Ciders, wie man es gewoͤhnlich zu thun pflegt,
                              im truͤben Zustande waͤhrend der vollen Gaͤhrung, wodurch jedes
                              Theilchen des ehevor entstandenen Niederschlags wieder in Bewegung kommt, halte ich
                              fuͤr schaͤdlich und ungereimt. Was aber die beste Methode betrifft, um
                              die markige Substanz, und diejenigen Unreinigkeiten, welche der
                              Fluͤßigkeit so schaͤdlich sind, alsogleich niederzuschlagen, so muß ich auch
                              hierin den erfahrnen praktischen Chemiker um Mittheilung seines Rathes bitten.
                           3.) Waͤhrend der Gaͤhrung entwickelt sich eine große Menge
                              kohlensaures Gas: im Augenblicke aber, wo die Gaͤhrung aufhoͤrt,
                              faͤngt der Cider an Sauerstoff aus der atmosphaͤrischen Luft
                              einzusaugen, und wird sauer, wenn man ihn dem Einfluße derselben aussezt. Um
                              daher dem kohlensauren Gas einen Ausweg zu verschaffen, und zugleich die Absorption
                              des Sauerstoffes, welcher die Ursache des Sauerwerdens ist, zu verhindern, habe ich
                              die Faͤßer beinahe voll gefuͤllt, und dieselben mit
                              Spuͤnden verschlossen, die mit Sicherheitsklappen versehen waren. Indessen
                              uͤberlasse ich auch dieses den bessern Einsichten der Chemiker,
                              naͤmlich zu bestimmen, ob es besser sey das Gas, welches waͤhrend der
                              Gaͤhrung erzeugt wird, entweichen zu lassen, oder zuruͤck zu halten,
                              und ob es nuͤzlicher sey, waͤhrend dieser Periode die
                              atmosphaͤrische Luft zu zulassen oder abzuhalten?
                           Nachdem ich nun meine Ideen uͤber die Kunst der Ciderbereitung mitgetheilt
                              habe, will ich die Schwierigkeiten, welche mir vorgekommen sind, noch einmal in
                              folgenden Fragen kurz wiederholen, um einsichtsvolle und erfahrne Maͤnner zur
                              Beantwortung derselben einzuladen.
                           Fragen.
                           1. Auf welche Weise laͤßt sich die Aepfelsaͤure im Cider am
                              besten neutralisiren?
                           2. Welche Wirkung hat das Kochen auf die Aepfelsaͤure?
                           3. Durch welches Verfahren lassen sich die markige Substanz und die andern
                              Unreinigkeiten von dem ausgepreßten Apfelsafte noch vor der Gaͤhrung
                              am besten entfernen?
                           4. Was ist besser, ob man den Cider in starken gut verschloßenen
                              Faͤßern, oder in Faͤßern die zur Entweichung des kohlensauren Gases mit einer
                              Klappe versehen sind, oder in ganz offenen Faͤssern gaͤhren
                              laͤßt?
                           5. Enthaͤlt nach der Gaͤhrung die Hefen eben so viel Weingeist, als
                              eine gleiche Menge reiner Cider?
                           6. Wird der Cider durch das Abziehen (by racking) nach
                              beendigter Gaͤhrung geschwaͤcht?