| Titel: | Ueber die Anwendung der rein rafinirten Soda, oder des basischkohlensauern Natrons zur türkischroth Färberei, aus Erfahrung gesammelt. | 
| Autor: | Joh. Fried. Morian | 
| Fundstelle: | Band 2, Jahrgang 1820, Nr. IX., S. 68 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        IX.
                        Ueber die Anwendung der rein rafinirten Soda, oder des basischkohlensauern Natrons zur türkischroth Färberei, aus Erfahrung
                           gesammelt.
                        Von Joh. Fried. Morian zu Neustadt a. d. Haardt in Rhein-Baiern.
                        Ueber die Anwendung der rein rafinirten Soda zur Türkischrothfärberei.
                        
                     
                        
                           Was der Anwendung des Natrons in den
                              Tuͤrkischrothfaͤrbereien bisher hinderlich war, besteht
                              hauptsaͤchlich in dem hoͤheren Preise desselben im
                              Verhaͤltniß gegen die amerikanische und rußische Pottasche, so
                              wie in dem Mangel der Kenntniß der Anwendungsart. Wo man das Natron so billig
                              wie jene Pottaschen-Arten beziehen kann, da verdient es vor solchen den
                              Vorzug, weil nach der Erfahrung praktischer Farbmeister die Farbe vollkommener damit
                              ausfaͤllt.
                           Das Natron darf nicht in dem Verhaͤltniß angewandt werden wie die
                              Pottasche wenn es rein und frei von fremden Salzen ist, welches man dadurch am
                              schnellsten erfaͤhrt, daß man den reinkalinischen Gehalt durch
                              Descroizilles, 100 theiligem Alcalimeter genau pruͤft, nach dem das
                              krystallisierte Natron 32 Grade, und das calzinirte 60 Grade, (diese Grade
                              bezeichnen die Prozente an reinem Aeznatron) haben muß. Hat es weniger, so
                              besteht das Fehlende in fremden Salzen, hauptsaͤchlich in Gehalt von
                              salzsaurem und schwefelsaurem Natron. Das Natron hat die Eigenschaft, wenn die Luft
                              darauf wirken kann, schneller und mehr Kohlensaͤure anzuziehen, wie die
                              Pottasche, und dieses hinderte bisher die Anwendung in der
                              Tuͤrkischrothfaͤrberei, weil die seiffenartige Mischung eines solchen,
                              zu viel kohlensaͤurehaltenden Natrons mit dem Oel nicht bleibend ist. Den
                              Natronlaugen worinn das Oel aufgeloͤst werden soll, muß ein Theil
                              ihrer Kohlensaͤure vorhero entzogen werden, welches am besten auf folgende
                              Weise geschieht:
                           In einem hoͤlzernen Faß loͤsche man 16 Pfund frischgebrannten
                              Kalk mit Wasser zu einer duͤnnen Kalkmilch ab, seze 100 Pf. 60
                              graͤdiges Natron hinzu, und hierauf unter bestaͤndigem
                              Umruͤhren so viel Wasser zur Aufloͤsung des Natrons, bis die daraus
                              entstehende alcalische Lauge 1 1/2 Grad am Beaume'schen Areometer zeigt. Das
                              Faß worin diese Lauge aufgehoben wird, muß gegen den Einfluß
                              der Luft wohl zugedeckt gehalten werden. Diese Natronlauge ist nun geschickt mit dem
                              Oel eine bleibende seiffige Mischung zu geben, worinn die baumwollenen
                              Straͤhne behandelt werden koͤnnen. Diese 1 1/2 graͤdige
                              Natronlauge loͤst verhaͤltnißmaͤßig eben so viel
                              Oel auf, wie eine 3 graͤdige Pottaschenlauge. Es versteht sich
                              uͤbrigens von selbst daß sie sich in den Faͤssern worinn sie
                              bereitet wird, erst abklaͤren, und der Kalk sich zu Boden sezen muß,
                              ehe man sie anwendet, sie enthaͤlt in diesem Zustande kein Atom Kalk
                              aufgeloͤst, und ist halbkohlensauer.
                           Sonderbar ist es uͤbrigens, daß wenn man krystallisiertes 32
                              graͤdiges gewoͤhnlichkohlensaures Natron in so viel Wasser
                              aufloͤst, daß die alkalische Fluͤßigkeit nur 1 Grad am
                              Beaume'schen Areometer zeigt, alsdann eine bleibendere
                              Oelaufloͤsung entsteht, als wenn man eine 2 graͤdige alcalische
                              Natronfluͤssigkeit nimmt, bei ersterer bleibt die Oelfluͤssigkeit
                              gleichfoͤrmig milchigt, ohne daß sich etwas abscheidet, bei lezterer
                              hingegen scheidet sich nach ein paar Stunden Ruhe auf der Oberflaͤche (kein
                              Oel, aber) eine dike zaͤhe Masse, eine Seife ab; nimmt man dagegen noch so
                              starke Pottaschenlaugen, so bleibt die Verbindung ohne daß sich von der gebildeten Seiffe etwas auf
                              der Oberflaͤche scheidet, und diese Erscheinung liegt einzig in der
                              Eigenschaft des Natrons mit den Oelen feste an der Luft austrocknende Seiffen zu
                              bilden, die sich gern aus ihrer Aufloͤsung trennen, statt daß das
                              Kalium oder die Pottasche mit den Oelen, eine an der Luft schmierig werdende Seiffe
                              bildet, aus deren Aufloͤsung sich keine feste Seife auf der
                              Oberflaͤche absondert, was aber sogleich erfolgt, wenn ein natronhaltiges
                              Salz hinzugebracht wird.Dieses ist auch die Ursache warum man in den
                                    Tuͤrkisch-Rothfaͤrbereien wo man sich der Pottasche
                                    bedient auf starkes und anhaltendes Abtrocknen sehen muß, wenn anders
                                    der Faͤrbungsprozeß mit gutem Erfolge begleitet werden soll.
                                    Wo das gute Trocknen der mit oͤligseifigen Beizen
                                    impraͤgnirten Baumwollengespinnste oder Gewebe
                                    vernachlaͤßigt wird, da erhaͤlt man weder eine satte
                                    noch lebhaft rothe Farbe, selbst dann nicht, wenn zu den darauf folgenden
                                    Ausarbeitungen naͤmlich Alaunen und Faͤrben zwei- und
                                    dreifache Quantitaͤten an Thonsalzen und Krapp verwendet werden. Hr.
                                    Morian wird uns mit einer Fortsezung uͤber diesen interessanten
                                    Gegenstand erfreuen wo wir dann den Anlaß nehmen werden, uͤber
                                    diesen wichtigen Faͤrbungsprozeß einige Mittheilungen
                                    anzureihen. Dingler.
                           Ich kenne eine Tuͤrkisch-Rothfaͤrberei die sich des 32
                              graͤdigen, krystallisirten, kohlensauren Natrons bedient, und dem Gewichte
                              nach ebenso weit damit koͤmmt, wie mit 54 graͤdiger Pottasche.
                              –