| Titel: | Verfertigung einer feinen Purpurfarbe für Oelmahlerei; von Sr. Excellenz dem Herrn Grafen le Maitre zu St. Petersburg. | 
| Fundstelle: | Band 2, Jahrgang 1820, Nr. XXIII., S. 165 | 
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                        XXIII.
                        Verfertigung einer feinen Purpurfarbe für Oelmahlerei;Diesen schaͤzbaren Aufsaz verdanke dem Dr.
                                 Criston, Arzt des russis. Kaisers. Thomson. von Sr. Excellenz dem Herrn Grafen le Maitre zu St. Petersburg.
                        Aus einem Schreiben an Dr. CrichtonAnnals of
                                       Philosophy. Nov. 1819..
                        Le Maitre über Verfertigung einer feinen Purpurfarbe.
                        
                     
                        
                           St. Petersburg, den 19. Mai 1819.
                           Hier uͤberschicke ich Ihnen nach Ihrem Verlangen eine
                              genaue Erklaͤrung meiner Experimente mit Goldoxyd. Meine Absicht dabei war
                              eine haltbare Purpurfarbe zu gewinnen, welche so schoͤn und lebhaft seyn moͤchte,
                              wie der Purpur des Caßius, wenn er auf Email oder Porzellan eingeschmolzen
                              wird. – Die Maler versuchten es schon oͤfters den Purpur des
                              Caßius mit Wasser oder mit Oel vermengt zu gebrauchen; doch wenn er mit Oel
                              vermengt wird, verliert er an Masse und giebt schmuzige und unangenehme Farben. Er
                              wird mit Gummi gebraucht zu den dunkeln Schatten, und wird dann wie der gemeine Lack
                              mit ein wenig Schwarz vermengt, ohne aber eine Purpurfarbe hervorzubringen.
                           Das Goldoxyd aufgeloͤßt in Salpeter-Salzsaͤure hat eine
                              natuͤrliche Anlage in Purpur uͤberzugehen. Nicht Zinn allein gibt
                              diese Farbe, sondern auch die Verbindungen mit Gallerte, Staͤrke und
                              verschiedenen Erden bringen die naͤmliche Farbenschattirung hervor. Wenn wir
                              eine schwache Staͤrkaufloͤsung mit wenigen Tropfen von
                              salpetersalzsaurem Gold kochen, so erhalten wir einen Praͤcipitat in Farbe
                              gleich jenem des Caßius; – er behaͤlt aber die Purpurfarbe nur
                              so lange bei, als er feucht ist, so wie es trocken wird, nimmt er die violette Farbe
                              an. – Leichter Lederleim (La colle de gand
                                 legère) vermengt mit ein wenig Goldsolution wird zur Purpurfarbe,
                              nachdem er einige Tage an die Luft gestellt ist.
                           Auf gleiche Art gibt eine duͤnne Goldsolution, vermengt mit verschiedenen
                              Erdsalzen und praͤzipitirt mit kohlensaurem Natron eine Mischung von Erde und
                              Goldoxyd, welche zur Purpurfarbe wird, wenn sie dem erforderlichen Waͤrmegrad
                              ausgesezt wird.
                           Hier haben Sie den Grund, auf welchen sich die Bereitung dieser neuen Farbe
                              stuͤzet. Nach mehrern Versuchen mit verschiedenen Erdarten und ihren
                              Mischungen, bemerkte ich, daß eine Verbindung des Goldes mit Thonerde
                              hinlaͤnglich erhizet, die schoͤnste Schattirung giebt, und daß
                              diese um so mehr sich dem Purpur naͤhert, je conzentrirter die
                              Thonerde-Aufloͤsung angewendet wird. – Das Goldoxyd auf diese Art mit den Erden
                              praͤzipitirt verbindet sich mit diesem auf verschiedene Art, je nachdem die
                              Aufloͤsungen mehr oder weniger mit Wasser verduͤnnet sind. –
                              Wenn die schwefelsaure Thonerde in vielem Wasser aufgeloͤßt wird, so
                              wird der Niederschlag aus Gold und Thonerde blaͤulicht, und manchmal
                              rosenroth, wenn er trocken wird; wird er aber erhizt, so bekommt er eine violette
                              Farbe. – Wenn wir aber Alaun nur in sehr wenig Wasser aufloͤsen, so
                              wird der Gold-Thonerden-Niederschlag gelblicht, beim Erhizen aber
                              purpurroth.
                           Ich fand bei diesen Versuchen, daß schwefelsaurer Baryt mit Thonerde
                              vermischt, der Farbe Masse, und vermehrten Glanz ertheile.
                           Dieß veranlaßte mich zur folgenden Behandlung: Ich nahm 1 Theil
                              trockene salzsaure Thonerde, einen Theil schwefelsaure Magnesia, vier Theile
                              salzsauren Baryt und fuͤnf Theile kohlensaures Natron, jedes einzeln
                              pulverisirt. Die gepulverten Salze mischte ich in einem glaͤsernen
                              Moͤrser, und schuͤttelte nur wenig Wasser dazu, um kaͤrglich
                              diese Mischung zu befeuchten: dann goß ich nach und nach verduͤnnte
                              Goldaufloͤsung hinzu, und ruͤhrte allezeit die Materie in dem
                              Moͤrser um, bis das Ganze eine blaß schwefelgelbe Farbe und die
                              Consistenz einer Sahne erhielt. Das Umruͤhren sezte ich so lange fort, als
                              noͤthig war, die Zersezung der Salze mit so wenig Wasser als nur immer
                              moͤglich zu bewirken. Sobald ich kein Aufbrausen mehr bemerkte, und die Salze
                              aufhoͤrten unter dem Pistill zu knirschen, goß ich noch eine
                              hinlaͤngliche Menge Wassers hinzu, um dadurch die gaͤnzliche
                              Aufloͤsung der Salze zu bewirken. Diese langsame Bearbeitung ist wesentlich
                              nothwendig, um das Goldoxyd mit den Erden zu vereinigen, und nur davon haͤngt
                              der gluͤckliche Erfolg dieser in der That kuͤzlichen Operation ab.
                           
                           Den Praͤzipitat laͤßt man 24 Stunden lang in dem Moͤrser,
                              und ruͤhrt ihn oͤfters mit einem Glasstabe um, dann wird er in ein
                              Gefaͤß gegossen, und so lange darin gelassen, bis das Pulver zu Boden
                              gefallen ist, die Fluͤßigkeit wird mittelst eines Hebers davon
                              abgezogen, und der Niederschlag sodann jm Schatten getrocknet, ohne ihn zuvor zu
                              waschen.
                           Der getrocknete Praͤzipitat besizt eine gelblichte Farbe. Die Muffel, in der
                              er gegluͤhet wird, muß rothgluͤhend seyn. Das Pulver wird auf
                              eine silberne oder porzellaͤnerne Platte geschuͤttet, in der Dicke von
                              ein oder zwei Linien; man nimmt es aus dem Feuer, sobald es eine Purpurfarbe besizt;
                              denn laͤßt man es dem Feuer zu lange ausgesezt, so bekommt es eine
                              Violettfarbe. Dieses ruͤhrt von den salzigen Theilen her, welche sich noch
                              dabei befinden; denn wird es ehevor ausgewaschen, so kann man es in der
                              Rothgluͤhhize erhalten, ohne an Farbe zu verlieren, ja im Gegentheile gewinnt
                              es dadurch noch mehr an Glanz.
                           Diese Versuche wurden nur im Kleinen gemacht; sie sind ohne Zweifel bei einer
                              sorgfaͤltigern Pruͤfung der Verhaͤltnisse, in welchen die Salze
                              genommen werden muͤßen, einer Vervollkommnung faͤhig.
                           Obschon dieser Lack nicht genug Intensitaͤt zu haben scheint, so macht ihn
                              doch die Vermischung mit Oel oder Gummi hinlaͤnglich dunkel, und die
                              Erfahrung lehrte, daß er jeder Forderung des Malers entspricht.
                           Umsonst suchte ich eine groͤßere Intensitaͤt der Farbe zu
                              erhalten, durch verhaͤltnißmaͤßig groͤßern
                              Beisaz von Gold. Die Farbe bekoͤmmt dadurch nur eine violette Schattirung und
                              wird dunkler; sie kann dann vortheilhaft zu den Schatten benuͤzt werden.
                              Ueberhaupt sind die violettpurpurfarbigen Schattirungen sehr leicht darzustellen,
                              alle Erdarten geben sie, aber es wird schwer seyn, reine
                              Purpurfarbe auf eine
                              andere Weise zu erhalten, als ich hier bemerkte. Um mit dieser Farbe in Oel zu
                              mahlen, muß sie mit Trocken-Oel und Firniß fleißig
                              abgerieben werden. In der Malerei muß der erste Auftrag sehr durchsichtig
                              seyn, der zweite Auftrag ist hinlaͤnglich den gehoͤrigen Glanz zu
                              geben, der dem gewoͤhnlichen Cochenille-Lack ganz gleich kommt: der
                              Grund muß mit roher Terra de Sienna bearbeitet
                              werden.
                           Diese haltbare Farbe ist vorzuͤglich bei Miniatur-Malereien anwendbar,
                              man kann sich derselben auch bei Cornationen statt Cochenille-Lack leicht
                              bedienen. Ein Zusaz von Zinnober giebt eine schoͤne Farbe. Das Sonnenlicht,
                              welches die hellen Schattirungen des Karmins allmaͤhlich zerstoͤrt,
                              hat auf den Goldpurpur keine Wirkung, denn dieser widersteht eben so gut dem Lichte
                              als dem Feuer.
                           Eine ausfuͤhrliche Abhandlung uͤber diese Versuche wurde im Jahre 1818
                              der Turiner Akademie der Wissenschaften mitgetheilt, und befindet sich in dem
                              neuesten Bande der Sammlung ihrer Denkschriften.