| Titel: | Beschreibung einer neuen Methode Schmelztiegel zu machen. Von Hrn. Karl Cameron zu Glasgow. | 
| Fundstelle: | Band 5, Jahrgang 1821, Nr. XVIII., S. 97 | 
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                        XVIII.
                        Beschreibung einer neuen Methode Schmelztiegel zu machen. Von Hrn. Karl Cameron zu Glasgow.
                        Aus dem Edinburgh Philos. Journal im Repertory of Arts, Manufactures et Agriculture. II. Series. CCXXVIII. Mai 1821. S. 365.
                        Cameron's Beschreibung einer neuen Methode Schmelztiegel zu machen.
                        
                     
                        
                           Die Hollaͤnder besaßen seit langer Zeit das beinahe
                              ausschließliche Monopol mit den kleinen thoͤnernen Schmelztiegeln, welche die
                              Juweliere und Silberarbeiter brauchen. Dem englischen Toͤpfer wollte es
                              bisher nicht gelingen, diese Tiegel nachzumachen, welche stets aus Holland
                              eingefuͤhrt wurden: weder Form noch Guͤte im Aushalten bei
                              ploͤzlichem Wechsel der Temperatur, welchem sie so sehr ausgesezt sind,
                              wollte gelingen. Bei diesen Vorzuͤgen waren die hollaͤndischen Tiegel
                              waͤhrend des lezten Krieges ein aͤußerst wichtiger Artikel fuͤr
                              die Juweliere, indem man sie zuweilen gar nicht bekommen, zuweilen fuͤnf bis
                              sechs Mal theurer als jezt bezahlen mußte. Damals wurden die englischen
                              Schmelztiegel aus Noth gesucht, jezt sind sie gaͤnzlich aus dem Markte
                              verschwunden. Vor ungefaͤhr zwei Jahren kam ich, durch eine sonderbare Reihe
                              von Ideen, auf den Gedanken, daß man auch in England auf eine sehr einfache Weise
                              Schmelztiegel machen koͤnnte, die den hollaͤndischen gleich kommen,
                              und zwar durch Model aus Gyps, wodurch sie leicht jede beliebige Form erhalten
                              koͤnnen.
                           Ich errichtete eine kleine Manufaktur solcher Tiegel und fuͤhrte dieselbe
                              einige Zeit fort; wegen gewisser Verhaͤltnisse mußte ich aber dieselbe
                              aufgeben, nachdem sie bereits zu einem ziemlichen Grade von Vollkommenheit gelangt
                              war. Da indessen meine Freunde der Meinung sind, daß mein Verfahren nicht
                              gaͤnzlich verloren gehen soll, so habe ich mich dadurch veranlaßt gefunden, folgenden
                              Bericht hieruͤber fuͤr das Edinburgh Philosophical-Journal
                              niederzuschreiben.
                           Fuͤr jede verschiedene Form und Groͤße der Schmelztiegel fertigte ich
                              zehen, bis zwoͤlf Duzend Model von Gyps, und brannte und bestaubte sie auf
                              die gewoͤhnliche Weise. Zur Bildung des ersten Models jeder Form und
                              Groͤße gab ich einem Staͤke weichen Pfeifen-Thones die Gestalt
                              des Tiegels, welchen ich zu erhalten wuͤnschte, legte denselben mit seiner
                              Muͤndung abwaͤrts auf eine flache Unterlage, und schloß ihn mit einem
                              Cylinder von weißem Eisenbleche ein, der ungefaͤhr einen halben Zoll von den
                              Eken des Tiegels abstand, und beilaͤufig anderthalb Zoll hoͤher war
                              als sein Boden. Der Gyps wurde hierauf mit Wasser angeruͤhrt, und in den
                              Cylinder gegossen. Nachdem er sich gesezt hatte, nahm ich den Cylinder ab, schaffte
                              den Thon heraus, und troknete den Model. Dann druͤkte ich weichen Thon in den
                              Model, welcher, nachdem er einige Minuten in lezterem gestanden war, leicht wieder
                              heraus gieng. Dieser Thon wurde wieder unter den Cylinder gebracht, Gyps rund um ihn
                              her gegossen, und so ein zweiter Model gebildet. Auf diese Weise fuhr ich fort, bis
                              ich die verlangte Anzahl von Modeln hatte. Diese Model kamen dann in eine
                              Trokenstube, und wurden in derselben vollkommen ausgetroknet.
                           Bei der Bereitung des feuerfesten Tiegel-Thones befolgte ich genau das in den
                              Toͤpfereien gewoͤhliche Verfahren, indem ich den Thon mit sehr viel
                              Wasser mengte, und dann durch ein Seiden-Sieb No. 9 durchlaufen ließDieß Verfahren ist nicht jenes der fleißigen
                                    Hollaͤnder, die es nur ihrem eisernen Fleiße in Behandlung des Thones
                                    zu verdanken haben, daß sie so treffliche Thonwaren aller Art bereiten. Man
                                    vergl. Beckmann's Technologie (Ziegelei,
                                    Toͤpferei, Pfeifenbrennerei etc.). Wenn man die durchgelaufene
                              Fluͤßigkeit einige Stunden stehen laͤßt, so sezt der Thon sich zu
                              Boden, und gießt man das reine Wasser davon ab, so erhaͤlt man einen Thon
                              oder Saz von der Consistenz einer diken Sahne. Ich wog ein Gallon davon, und fand,
                              in welchem Verhaͤltnisse der Thon darin vorkommt, welchem ich in dem
                              Verhaͤltnisse wie 7 : 17, Sand (sieben Theile Sand und siebzehn Thon)
                              zusezte. Ich ruͤhrte dann die ganze Mischung gehoͤrig durch, mengte
                              sie auf das vollkommenste, und machte sie zum Gebrauche fertig. Hierauf nahm ich
                              meine Model, die vorher getroknet waren, stellte sie in parallele Reihen auf eine
                              Tafel, und fuͤllte sie mit dem bereiteten Saze. Nachdem ich vier bis
                              fuͤnf Duzend gefuͤllt hatte, kehrte ich zu dem Tiegel zuruͤk,
                              den ich zuerst fuͤllte, und fieng an den Saz wieder auszuschuͤtten:
                              nur eine kleine Quantitaͤt davon ließ ich zuruͤk, die sich
                              allmaͤhlich sezte, und dem Boden die gehoͤrige Dike gab. In jedem auf
                              diese Weise gefuͤllten Model wurde der Tiegel durch Einsaugung des in dem
                              Saze enthaltenen oder denselben beruͤhrenden Wassers von Seite des
                              poroͤsen Gypses vollkommen gebildet. Der Tiegel wird diker oder
                              duͤnner, je nachdem der Saz laͤnger oder kuͤrzer in demselben
                              weilt. Fuͤnf oder sechs Duzend Tiegel werden zu ihrer Bildung kaum mehr als
                              fuͤnfzehn Minuten erfordern. Die Model kommen dann sammt dem Guße, den sie
                              enthalten, in eine Trokenstube, die neben ihnen, eine uͤber der anderen,
                              angebracht ist. In kurzer Zeit werden, wegen der Zusammenziehungskraft des Thones,
                              die Tiegel aus ihren Modeln leicht herausgehen, und sich mit einem, in dieselben
                              eingebrachten, Finger leicht herausheben lassen. Die Model selbst bleiben stehen,
                              bis das Wasser, welches sie eingesogen haben, vollkommen verduͤnstet ist, wo
                              sie dann wieder zur neuen Fuͤllung tauglich sind, und so Jahre lang gebraucht
                              werden koͤnnen. Die Tiegel selbst bleiben in der Trokenstube, bis sie
                              vollkommen ausgetroknet sind, und werden dann auf die gewoͤhnliche Weise in einem Brennofen
                              gebrannt.
                           Dieses Verfahren ist einfach, und vereinigt in sich die doppelten Vortheile leichter
                              Bildung und verlangter Form, welche man auf dem Toͤpferrade nie zugleich
                              erhalten kann. Ein Mann und ein Junge koͤnnen in Einem Tage tausend bis
                              zwoͤlfhundert solcher Tiegel verfertigen. Dieses Verfahren laͤßt sich
                              auch auf Fertigung einer Menge chemischer Geraͤthe, Muffeln, Retorten (?)
                              Roͤhren etc. anwendenDer Uebersezer ist
                                    innig uͤberzeugt, daß man auf diese Weise keine hollaͤndischen
                                    Schmelztiegel erhalten kann, glaubt aber, daß das sinnreiche Verfahren des
                                    Hrn. Cameron, Thon und Thonmischungen, wie Gyps
                                    zu gießen, wovon man uͤbrigens schon in den aͤltesten Zeiten
                                    Spuren findet, alle Aufmerksamkeit verdient, und fuͤr gewisse feinere
                                    Zweige der Toͤpferkunst, gehoͤrig ausgebildet, hoͤchst
                                    wichtig werden kann..