| Titel: | Würdigung sämmtlicher bis jezt bekannt gewordener Methoden, das Getreide, mehrere Jahre hindurch, ohne Nachtheil für dasselbe, aufzubewahren. | 
| Autor: | Prof. Peter Ludwig Marechaux [GND] | 
| Fundstelle: | Band 5, Jahrgang 1821, Nr. LXIIXLII., S. 223 | 
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                        LXIIXLII.
                        Würdigung sämmtlicher bis jezt bekannt gewordener Methoden, das Getreide, mehrere Jahre hindurch, ohne Nachtheil für dasselbe,
                           aufzubewahren.
                        Von K. B. Professor Hr. Marechaux in Muͤnchen.
                        Mit Abbildungen auf Tab. V.
                        Marechaux über die verschiedenen Methoden, das Getreide mehrere Jahre ohne Nachtheil für dasselbe, aufzubewahren.
                        
                     
                        
                           1. Einleitung.
                           Meine Absicht ist nicht, in diesem Aufsaze, meinen deutschen Zeitgenossen neue Ideen
                              vorzulegen, dahin deutet schon der Titel desselben. Ich sammle bloß, in
                              moͤglichst gedraͤngter Kuͤrze, was uͤber den Gegenstand,
                              den ich abhandle, in oͤkonomischen Schriften zerstreut liegt, trage die
                              verschiedenen Methoden, die von erfahrnen Maͤnnern benuͤzt oder
                              angegeben worden sind, vor, und pruͤfe ihre Zwekmaͤßigkeit, sowohl in
                              Bezug auf den Landmann, als in Bezug auf die Getreidehaͤndler und die
                              Staatsverwaltungen. Ich fuͤhle, daß dieser Gegenstand, von mir behandelt,
                              mangelhaft ausfallen muß, und wuͤnsche, daß er einen theoretisch und
                              praktisch gebildeten Oekonomen veranlasse, etwas vollstaͤndigeres zu
                              bearbeiten.
                           
                        
                           2. Aufzuloͤsende Aufgabe.
                           Die Aufgabe, die aufzuloͤsen ist, besteht darin, daß das Getreide, mehrere
                              Jahre hindurch, unverdorben, aufbewahret werden koͤnne; die
                              Hauptschwierigkeit, mit welcher man zu kaͤmpfen hat, besteht in der
                              Feuchtigkeit, die alles Korn, und vorzuͤglich Roggen und Weizen, bei sich
                              fuͤhrt, und die bald in groͤßerer, bald in geringerer Menge vorhanden
                              ist, je nachdem die Sommer nasser oder trokner sind.
                           Diese Feuchtigkeit, verbunden mit einer gewissen Temperatur der Atmosphaͤre,
                              befoͤrdert die Entwikelung des Keimes, und bei diesem Processe wird jedesmal
                              Waͤrme entbunden. Liegt das Getreide angehaͤuft, so theilt sich diese
                              Waͤrme, mit der ausduͤnstenden Feuchtigkeit der Luft mit, die zwischen
                              den Koͤrnern unbeweglich ist; wodurch die innere Zersezung beschleunigt, und
                              nach und nach die gaͤnzliche Zerrottung des Korns herbeigefuͤhrt wird.
                              Durch diese innere Gaͤhrung verliert das Mehl sehr bald seinen reinen
                              Geschmak, der ganze
                              Haufen bekommt einen dumpfigen Geruch, der sich dem daraus verfertigten Brode
                              mittheilt.
                           
                        
                           3. Mittel gegen dieses Uebel.
                           Es giebt nur zwei Mittel, diesem Uebel entgegen zu arbeiten.
                           Entweder zerstoͤrt man den Keim selbst, und macht dadurch die Entwikelung
                              desselben unmoͤglich, oder man verhindert bloß dessen Entwikelung.
                           Dieses lezte laͤßt sich nur auf zweierleiweise bewerkstelligen.
                           1. Dadurch, daß man das Getreide in einer Temperatur haͤlt, welche zur
                              Befoͤrderung des Vegetations-Processes zu niedrig ist.
                           2. Indem man dafuͤr sorgt, daß alle innere Waͤrme, die vom
                              Vegetationstrieb herruͤhrt, und die weitere Entwikelung desselben
                              befoͤrdern koͤnnte, mit der Feuchtigkeit, die ihn unterstuͤzt,
                              nach und nach abgeleitet werde.
                           Alle Conservations-Methoden, koͤnnen nur auf dem einen oder dem andern
                              dieser Hauptmittel beruhen.
                           
                        
                           4. Ursachen des Verderbens von außen her.
                           Jene Ursache des Verderbens liegt im Getreide selbst, andre sind zufaͤllig,
                              und kommen von außen her.
                           Das Getreide muß vor den Verwuͤstungen, welche die Ratten und Mause darin
                              anrichten, geschuͤzt werden. Hundert Maͤuse verzehren jaͤhrlich
                              uͤber 100 Pfund Getreide, und zerschroten wenigstens eben so viel; und die
                              Ratten, nicht zufrieden sich daran an Ort und Stelle zu saͤttigen, gehen mit
                              gestraͤubten Haaren ruͤkwaͤrts in den Getreide-Haufen
                              ein, ziehen sie alsdann wieder an sich, und kehren mit ihrer Ladung in ihre Nester
                              zuruͤk.
                           Außerdem gibt es mehrere Insekten, die in unseren Getreide-Vorraͤthen
                              einen betraͤchtlichen Schaden verursachen.
                           Dahin gehoͤren der rothe Kornwurm, Curculio frumentarius longirostris sanguineus
                                 Linn; und der schwarze Kornwurm, Curculio granarius, longirostris, piceus, oblongus,
                                 longitudine Erytrorum. Beide gehoͤren zur Gattung der Kaͤfer,
                              und sind selten groͤßer als ein Floh. Sie pflanzen ihr Geschlecht durch Eier
                              fort, die sie in das Korn legen, nachdem sie die Schaale durchbohrten. Aus diesem Ey
                              entsteht ein kleiner Wurm, der sich vom Mehle des Kornes naͤhrt, und in der
                              leeren Huͤlse bloß seinen Unflath zuruͤklaͤßt. Dieser Wurm
                              verwandelt sich in eine Puppe, aus welcher sich alsdann das kleine kaͤferartige
                              Thierchen entwikelt, welches nicht fliegen kann, weil es bloß Fluͤgeldeken,
                              aber keine Fluͤgel hatDer Leser
                                    findet eine genauere Beschreibung dieser Thierchen in dem 38. Bande der
                                    Kaͤstnerischen Uebers. der Abhandlungen der schwed. Akad. der
                                    Wissensch. S. 276..
                           Der weiße Kornwurm verrichtet nicht minder große
                              Verwuͤstungen. Diese Benennung ist zwei sehr verschiedenen Wuͤrmern
                              gegeben worden.
                           Der in unserem Vaterlande am gewoͤhnlichsten vorkommt, entsteht aus den Eiern
                              der Phalaena granella, Tinea alis albo nigroque maculatis,
                                    capite albo, Linn. Eine Nachtmotte, die ihre Fluͤgel in
                              Form eines Daches zu tragen pflegt.
                           Die Phalaena granella fliegt des Abends um die
                              Kornboͤden herum, angezogen durch den saͤuerlichen Geruch, der sich
                              vom Getreide erhebt. Sie haͤngt ihre Eier an die Getreidkoͤrner an,
                              und legt bis 60 Eier, aus welchen, nach wenigen Tagen, blasgelbe Wuͤrmer
                              kriechen, die sich in das Korn hinein fressen; wenn sie das darin befindliche Mehl
                              verzehrt haben, spinnen sie mehrere Koͤrner zusammen, die sie
                              saͤmmtlich zernagen. Nach voͤllig erlangtem Wachsthume sind diese
                              Wuͤrmer 4 bis 5 Linien lang. Im Herbste kriechen sie an den Wanden hinauf, wo
                              sie sich verpuppen; im Winter bleiben nur wenige im Getreide zuruͤk. In den
                              Monaten Maͤrz, April oder Mai, wird die Puppe beweglich, und bald nachher
                              erscheint die Motte.
                           Eine genauere Beschreibung desselben findet man in Reomur; – ferner im ersten
                              Bande der Abhandlungen der naturforschenden Gesellschaft zu Zuͤrich,
                              1761.
                           Die andere Art des weißen Kornwurms entsteht aus den Eiern der Phalaena tritici, welche, zum Gluͤke
                              unserer Kornfelder, und unserer Magazine, in Deutschland, sehr selten zu seyn
                              scheint; indeß sie koͤnnte auch einst hier zur Landplage werden.
                           Dreißig Jahre hindurch, verheerte, im Angoumois ein dort unbekanter Wurm die zwei
                              Drittel der jaͤhrlichen Erndte. Niemand wußte sich mehr zu helfen; der
                              Landmann hatte schon seit einigen Jahren angefangen, den Getreidebau aufzugeben,
                              saͤete Haber, Erbsen, Wiken, Mais, und machte aus diesen Fruͤchten
                              Brod. Damals (1760) war Pajot de Marcheval Intendant der
                              Generalitaͤt von Limoges, wovon das Angoumois ein Theil ist. Das Uebel,
                              welches in diesem Bezirk
                              den hoͤchsten Punkt erreicht hatte, fieng schon an, sich in den benachbarten
                              Gegenden zu verbreiten, denn die Bewohner, die ihr Getreide um die niedrigsten
                              Preise losschlugen, lokten die Kaͤufer aus den angrenzenden Provinzen. Da
                              fand sich endlich dieser Intendant bewogen, an den General-Controlleur
                              Bericht abzustatten, und ihm zu melden, daß wenn nicht Rath geschaft werden
                              koͤnnte, alle Zahlung der Abgaben ohne weiters aufhoͤren
                              muͤßte; er erbath sich, zur naͤheren Untersuchung des Nebels, und zur
                              Auswahl der schiklichen Rettungsmittel, Commissarien der Akademie der Wissenschaften
                              aus. Mehrere Intendanten der benachbarten Generalitaͤten machten mit ihm
                              gemeinschaftliche Sache. Auf die eingegangenen dringenden Vorstellungen, wurden nun
                              einige Mitglieder dieser gelehrten Gesellschaft, die Hrn. Duhamel du Monceau und Tillet, dahin beordert, mit der Weisung, sich, vor
                              Anfang der Aernte, an Ort und Stelle zu begeben.
                           Hier fanden sie wirklich das Uebel so groß, als man es vorgestellt hatte. Sie
                              erkannten bald, daß der unbekannte Wurm, der so große Verheerungen anrichtete, aus
                              den Eiern der Weizen-Motte (Phalaena tritici)
                              entstand, die sich hier uͤber alle Maßen vermehrt hatte. Sie war zwar schon
                              von Reaumur nach wenigen, aber richtigen, Beobachtungen beschrieben, und unsre
                              Naturforscher fanden in dieser Provinz hinlaͤngliche Gelegenheit, mehrere
                              neue Beobachtungen zu den bereits bekannten hinzuzufuͤgen. Sie sammelten sie
                              in einer eigenen kleinen Schrift, die zu Paris im Jahre 1762 erschien. Sie
                              fuͤhrt den Titel: Histoire d'un insecte qui
                                 dévore les grains de l'Angoumois, avec les moyens que l'on peut employer
                                 pour le détruire. Par Mess. Duhamel du Monceau et Tillet, de l'Academie
                                 royale des Sciences.
                           Die Weizen-Motte ist, so wie die Korn-Motte (Phalaena granella), ein Nachtvogel; beide sind von derselben
                              Groͤße, mit dem Unterschiede, daß die erste ihre Fluͤgel flach, und
                              die andere dachfoͤrmig traͤgt. Beide legen ihre Eier an das Getreide,
                              immer einige an jedes Korn, und ihre Fruchtbarkeit ist gleich groß, denn auch diese
                              legt an 60 Eier; aber ihre Eier sind kleiner und so klein, daß ein jedes durch ein
                              Loch durchgehen koͤnnte, welches man, mit der feinsten Naͤhnadel, in
                              ein Stuͤk Papier gemacht haͤtte, und ihre Schale ist so duͤnn,
                              daß man durch ein Vergroͤßerungsglas den Wurm darin deutlich wahrnehmen kann.
                              Dieser Wurm der sich, so wie der Wurm der Korn-Motte, in das Koͤrnchen
                              hineinfrißt, sobald er aus dem Eie kriecht, verlaͤßt dieses Koͤrnchen nicht
                              mehr, er ernaͤhrt sich bloß von dem Mehle desselben, und verpuppet sich darin
                              sobald es verzehrt ist: aus dieser Puppe entsteht nun die Phalaena tritici, die dem Getreide um so gefaͤhrlicher ist, da sie
                              nicht, wie die Kornmotte bloß unsere Speicher besucht, sondern sie flattert auch des
                              Nachts in den Kornfeldern herum, und legt ihre Eier an den noch in der Aehre
                              befindlichen Weizen. Zur Zeit wo das Koͤrnchen sich in der Aehre bildet,
                              verlassen diese Nachtvoͤgel gegen Sonnenuntergang schwarmweise die
                              Soͤller, und ziehen nach den Getreidefeldern hin, so daß der Landmann, dessen
                              Felder von dieser Plage heimgesucht sind, das schon wurmstichige Getreide in die
                              Scheune fuͤhrt, einen bedeutenden Theil desselben in der Aehre selbst
                              verliert, einen andern nicht minder bedeutenden, nach dem Ausdreschen, auf seinen
                              Kornboͤden, in taube Huͤlsen verwandeln sieht, wo endlich der
                              gesundgebliebene Theil wiederum bald von den Eiern dieser Motten inficirt wird, die
                              sich dort nach und nach aus ihren Puppen entwikeln. Selbst in lokerer Erde bleibt
                              dieser Wurm in dem Korns lebendig, er geht hier durch keine Umwandelungen durch, und
                              die Motte arbeitet sich alsdann durch den Staub und stiegt davon. Bei Tage erblikt
                              man diese Insekten nirgends im Freien, und unsere Naturforscher haben nicht entdeken
                              koͤnnen, wo sie sich vor der Sonnenhize, die sie nicht vertragen,
                              verkriechen, und da sie klein und grau sind, so haben sie viel Muͤhe gehabt,
                              ihre Zuͤge aus den Soͤllern, nach den Kornfeldern hin, zu
                              entdeken.
                           Dieses Insekt haͤlt sich indessen bloß an den Weizen, den Roggen und die
                              Gerste. Es laͤßt den Mais und die Huͤlsenfruͤchte
                              unberuͤhrt, eben so auch den Haber in den Soͤllern; aber Haber, in
                              einem Glase, mit Weizen und Gerste vermengt, blieb nicht verschont. Versuche haben
                              auch gezeigt, daß, in Ermangelung ihrer Lieblingsfrucht, sie sich mit jeder
                              mehligten Frucht begnuͤgen, Erbsen, Bohnen etc. ausgenommen.
                           
                        
                           5. Mittel gegen dieses Uebel.
                           Die Erfahrung hat gelehrt, daß von den vielen, gegen diese verschiedenen Plagen,
                              vorgeschlagenen Mitteln, kein einziges zureichend ist. Die Maͤuse und die
                              Ratten lassen sich nicht auf die Dauer vertreiben, und nicht alle wegfangen: auch
                              ist es unmoͤglich, unsere gewoͤhnlichen Kornboͤden so von allen
                              Seiten zu verschließen, daß sie dahin keinen Zutritt finden sollten.
                           Eine große Aufmerksamkeit kann eine Zeit lang die Speicher und die Kornhaͤuser
                              von den Kornwuͤrmern unangestekt erhalten; wer aber kann versichert seyn, daß unter dem
                              vielen aufgekauften Getreide sich nicht angestektes befindet, und fuͤr die
                              Entfernung aller Umstaͤnde buͤrgen, welche die Vermehrung dieses
                              Ungeziefers beguͤnstigen.
                           Wenn bei Anwendung vielfacher Mittel, manche unbekannte und ungeahndete Ursachen die
                              ploͤzliche Verminderung der Kornwuͤrmer, oder ihre gaͤnzliche
                              Vertilgung herbeifuͤhrten, so schrieb man dem leztgebrauchten das Wunder zu,
                              und posaunte seine Wirkung in den oͤffentlichen Blaͤttern. Die
                              Wiederholung des Versuches unter andern Umstaͤnden, zeigte bald die
                              fruͤhere Taͤuschung.
                           Feuchtes Korn befoͤrdert ungemein die Erzeugung dieser Insekten. Die Erhizung
                              desselben beschleunigt die Ausbruͤtung ihrer Eier. Kuͤhle
                              Soͤller vermindern daher ihre Fortpflanzung, wie auch die fleißige Umstechung
                              des Getreides, welche die Erhizung desselben verhindert.
                           Man hat mannigfaltige Mittel vorgeschlagen, sie wegzufangen: manche moͤgen
                              sinnreich seyn, aber sie lassen sich nur im Kleinen anwenden. So lassen sich z.B.
                              die weißen Kornwuͤrmer auffangen, wenn man uͤber den Getreidehaufen
                              ein duͤnngewebtes Laken ausbreitet, oder ein gewoͤhnliches aber
                              angefeuchtetes. Im ersten Falle gehen sie durch das Gewebe durch, vermuthlich um
                              frische Luft zu suchen, und werden so mit dem Laken fortgetragen, im andern Falle
                              sezen sie sich an das feuchte Tuch an, daß man nur aufrollen darf, um sie
                              fortzuschaffen: man kann sie indeß nur wegfangen, wenn sie erwachsen sind, und
                              bereits einen großen Schaden verrichtet haben.
                           Ein schlechter Rath ist es, daß man den Kornhaufen den Wuͤrmern ruhig
                              uͤberlassen soll, da sie nur hoͤchstens 3 bis 4 Zoll tief
                              hineindringen, und alles tiefer liegende Getreide unangeruͤhrt bleibt: die
                              Thatsache ist wahr, aber bei einer Aufschuͤttung von 18 Zoll hoch, geht der
                              fuͤnfte Theil des Getreides verloren, was gewiß keine Kleinigkeit ist; und
                              Duhamel versichert, daß alles gesund gebliebene Korn
                              gewoͤhnlich einen unangenehmen Geruch bekommt, der sich nicht verliert.
                           Der Schwefeldampf, den man zur Vertilgung dieses Ungeziefers vorgeschlagen hat,
                              toͤdtet bloß die Wuͤrmer, die an der Oberflaͤche des Haufens
                              sich aufhalten. Besondere Vorkehrungen muͤßten getroffen werden, wenn er
                              durch die Masse selbst durchgeleitet werden sollte; und wenn diese Vorkehrungen auch
                              in groͤßern Magazinen ausfuͤhrbar waren, so toͤdtet oder
                              zerstoͤret doch in keinem Falle der Schwefeldampf die Eier.
                           
                           Nur ein sicheres Mittel gibt es, Wuͤrmer und Eier zu vernichten,
                              naͤmlich eine betraͤchtliche Waͤrme, die aber durch den ganzen
                              Getreidehaufen, in dem dazu erforderlichen Grade, vertheilt seyn muß: ohne dieses,
                              bleiben an den kuͤhler gebliebenen Stellen die Wuͤrmer lebendig, oder
                              sie verkriechen sich dahin, um der Wirkung der zu großen Hize zu entgehen.
                           Aber selbst auf stark geroͤstetem Korne haben sich nach zwei oder drei Jahren
                              Wuͤrmer wieder gezeigt, obgleich in weit geringerer Menge. Das Roͤsten
                              naͤmlich verhaͤrtet die Schale, und macht es den schwarzen
                              Kornwuͤrmern fast unmoͤglich, sie durchzubohren, um das Ei in das Mehl
                              zu legen, und dem weißen Kornwurm, der eben aus dem Ei kroch, sich durch die harte
                              Huͤlse den Weg in das Innere zu bahnen: die ersten finden also dort keine
                              Stelle fuͤr ihre Eier, die andern sterben ehe sie Nahrung finden. Aber
                              vermuthlich mit der lange der Zeit erweicht die feuchtere Luft manche Huͤlse,
                              so daß in dem der aͤußeren Luft ausgesehen Getreide manche Koͤrner
                              durch eingesogene Feuchtigkeit weicher geworden, den Forderungen jener Insekten
                              wiederum entsprechen.
                           Es gibt daher kein anderes zuverlaͤßiges Mittel, als die vollkommene
                              Verschließung des Getreides in Behaͤltern, die jenem Ungeziefer, von welcher
                              Art es auch sei, ganz unzugaͤnglich sind.
                           
                        
                           6. Unzuverlaͤßigkeit unseres gewoͤhnlichen Verfahrens zu Vorbeugung beider Uebel.
                           Alles was ich bisher gesagt habe, ist eine scharfe Kritik, des in Deutschland, seit
                              undenklichen Zeiten eingefuͤhrten Verfahrens. Unsere Anhaͤnglichkeit
                              an dasselbe zeugt bloß von der Macht der Gewohnheit, und von der Traͤgheit,
                              mit welcher wir uns zu dem Besseren hin, selbst wenn wir es als solches anerkennen,
                              bewegen.
                           Guter Rath, das Beispiel angraͤnzender Laͤnder, entscheidende Versuche,
                              mit dem besten Erfolge im Großen ausgefuͤhrt, nichts hat uns aus dem
                              betretenen Geleise gerissen; selbst nicht große Nachtheile, schmerzliche Verluste,
                              die doch sonst so geeignet sind, die Menschen zu besseren Ansichten zu
                              fuͤhren.
                           Wir gehen, wie unsere uraͤltesten Vaͤter, als sie vor Jahrtausenden
                              ihre eben urbar gemachten Felder mit Getreide besaͤeten, denselben Gang, den
                              sie damals aus Mangel an aller Erfahrung einschlugen, und leider! einschlagen
                              mußten, weil sie nichts Besseres kannten, und von den Folgen ihres Verfahrens noch
                              nicht unterrichtet seyn konnten.
                           
                           Wir maͤhen naͤmlich unsere reifgewordenen Saaten, troknen sie
                              duͤrftig im Sonnenscheine, wenn wir davon begluͤkt werden, oder an der
                              Luft, wenn kein Sonnenstrahl durchdringen will; haͤufen die Garben
                              aufeinander, warten die erste Erhizung derselben ab, hauptsachlich um das
                              Ausdreschen zu erleichtern; dreschen nun das Korn aus, reinigen es, und breiten es
                              alsdann in unseren Speichern aus; luͤften es, damit es sich nicht erhize, und
                              lassen es, wenn wir es fuͤr die Zukunft aufbewahren wollen, bei Fortsezung
                              dieser Behandlungsart, mehrere Jahre liegen.
                           Dieser Gang ist freilich der einfachste, der leichteste; aber alles was einfach und
                              leicht ist, ist deshalb nicht zu empfehlen, wenigstens nicht allgemein
                              einzufuͤhren. Eine Menge unerwarteter Umstaͤnde gebieten nicht selten
                              Umwege, sie machen muͤhsame Vorkehrungen noͤthig, um das Ziel zu
                              erreichen.
                           Unsere Methode waͤre vortrefflich, wenn unsere Sommer alle maͤßig naß,
                              und der Erntemonat anhaltend troken waͤre; wenn die Umstechung des
                              aufgeschuͤtteten Getreides gewissenhaft vor sich ginge, wenn Ratten und
                              Maͤuse nicht fraͤsen, Kornwuͤrmer unsere Vorraͤthe nicht
                              heimsuchten, und wir nicht ungeheure Flaͤchenraume brauchten, um den Segen
                              unserer Ernten mehrere Jahre aufzubewahren, oder wenigstens bis wir ihn mit Vortheil
                              umsezen koͤnnen.
                           Da es uns aber in unseren Oekonomie-Gebaͤuden an zwekmaͤßigen
                              Vorrichtungen fehlt, um unser Getreide in nassen Jahren gehoͤrig zu troknen,
                              koͤnnen wir es nach nassen Sommern nicht aufspeichern, weil es leicht dumpfig
                              wird, und muͤssen es daher schnell verkaufen und verbrauchen, wo dann nach
                              einigen solchen Jahren, wenn nunmehr ein Mißwachs folgt, eine Hungersnoth
                              unvermeidlich ist, weil keine Vorraͤthe vorhanden sind, den eingetretenen
                              Mangel zu ersezen.
                           Noch aͤrger ist es, wenn die Erntezeit selbst anhaltend naß ist, und die
                              Einfuhr dadurch aufgehalten wird. Aus Mangel an Vorkehrungen, das feuchte Getreide
                              zu troknen, und da es unmoͤglich ist, es in solchem Zustande in der Scheune
                              aufzuhaͤufen, muͤssen wir es nunmehr gelassen auf unseren Feldern
                              auswachsen und zerrotten sehen: und dieser empfindliche Nachtheil, der manchen
                              Landmann zum Bettelstab verhilft, macht uns nicht vorsichtiger. Bei der Anlage
                              unserer Oekonomie-Gebaͤude denken wir nur an den Sonnensebein, den wir
                              erwarten, als koͤnne er nicht ausbleiben, und nehmen keine Ruͤksicht
                              auf das Regenwetter, das sich unerwartet oft einfindet, und dann mit einemmale, da
                              wir auf die
                              verderblichen Wirkungen desselben nicht vorbereitet sind, uͤber die
                              Haͤlfte unserer suͤßesten Hoffnungen vernichtet.
                           Bei unserer Methode unser Getreide langsam und gemaͤchlich auszubrechen, um
                              die Kosten fremder Huͤlfe zu ersparen, lassen wir es von der Zeit der Ernte
                              an, das Jahr hindurch, fast bis zur neuen Ernte hin, in der Scheune von den Mausen
                              zernagen; nicht zufrieden sie hier so gut zu bewirthen, schuͤtten wir ihnen
                              noch die Fruͤchte unseres Schweißes auf die Kornboͤden hin, und
                              uͤberlassen ihnen großmuͤthig davon ein zweites Zehntel zu ihrem
                              Verbrauch; und wer endlich sein Korn nicht um jeden Preis auf den Markt verkaufen
                              will, und es aufspeichert, um bessere Preise abzuwarten, muß uͤberdieses noch
                              vor der Gefahr zittern, neben allen Kosten und Veruntreuungen, die mit dem Umstechen
                              verbunden sind, ein Fuͤnftel seines Vorrathes den Kornwuͤrmern Preis
                              geben zu muͤssen.
                           Die uralte Methode unserer Vater hat daher nur einen Werth fuͤr den kleinen
                              Gutsbesizer, der bei seinen kleinen Aekern leicht nach einigen wenigen Sonnenbliken,
                              sein Getreide vom Felde in die Scheune fordern kann; der mit dem Ausdreschen seiner
                              kleinen Habe schnell fertig wird; der gerade so viel bauet, als zur Erhaltung seines
                              Hauswesens und zur Zahlung seiner Steuern noͤthig ist, und sein Getreide
                              unmittelbar von der Tenne auf den Markt bringt.
                           So verhalt es sich aber nicht mit dem groͤßeren Eigenthuͤmer. Er hat
                              die Zinsen eines weit groͤßeren Kapitals zu verwerthen, und muß auf
                              Umstaͤnde warten, dieses ohne Nachtheil moͤglich zu machen. Wollten
                              alle großen Eigenthuͤmer ihr Getreide, wie es ausgedroschen wird, sogleich,
                              auf dem Markte, gegen baar Geld umsezen, so wuͤrde die Concurrenz die Preise
                              so herunterdruͤken, daß weder die Zinsen des Kapitals, noch die Kosten des
                              Anbaues gedekt wuͤrden, und das gaͤnzliche Verderben aller
                              akerbauenden Classen unfehlbar erfolgen muͤßte.
                           Der große Eigenthuͤmer muß daher, mit Hoffnung eines gluͤklichen
                              Erfolges, sein Getreide auf mehrere Jahre aufspeichern koͤnnen: und der
                              Vortheil des Landes ist hier mit dem Seinigen in Einklang. Kornvorraͤthe, von
                              mehreren Jahren her, retten uns allein vor den schreklichen Folgen einer
                              Hungersnoth, und wer kann solche Vorraͤthe anlegen, wenn der bemittelte
                              Gutsbesizer es unterlaͤßt!
                           Zu solchen Getreide-Vorraͤthen wird er besonders in Laͤndern
                              aufgemuntert, in welchen die Versplitterung der Guͤter nicht gestattet wird,
                              und wo die Zahl der kleinen Landeigenthuͤmer zu den groͤßeren in einem
                              festen Verhaͤltniß steht. Er kann hier ruhig der Concurrenz entgegen sehn, welche der Geldmangel
                              unter denselben veranlaßt; er weiß, daß sobald ihre Scheunen leer seyn werden, die
                              Reihe an ihn kommen wird, er kann daher, durch hoͤhere Preise gelokt, mit dem
                              Verkaufe seines Kornes zuruͤkhalten; er kann sogar, da er die Zinsen seines
                              Kapitals nicht verzehrt, mehrere Jahre auf angemessenere Preise warten.
                           Da es aus den eben angefuͤhrten, und von der Vermeidung eines in aller
                              Hinsicht dem Staate so nachteiligen Getreidemangels hergenommenen Gruͤnden,
                              den hohen Landesbehoͤrden nicht gleichguͤltig seyn kann, ob
                              Getreide-Vorraͤthe auf mehrere Jahre im Lande sind oder nicht, so
                              scheint das neue beliebgewordene System, nach welchem der Zersplitterung der
                              Guͤter kein Gesez mehr entgegenwirkt, nicht auf den wahren Vortheil des
                              Volkes berechnet zu seyn; und es duͤrfte als ein Hauptfehler in unseren neuen
                              Constitutionen betrachtet werden, daß sie, aus individuellen Hinsichten, die
                              Zersplitterung der Guͤter zuließen, ohne die Guͤter selbst zu
                              classiren, ohne ein Verhaͤltnis zwischen den kleinen, den mittleren und den
                              groͤßeren Besizungen festzusezen. Die Schwierigkeiten die solchen Normen
                              entgegenarbeiten, sind kein Grund, der den Gesezgeber entschuldiget, daß er das
                              allgemeine Wohl des Landes dem blinden Zufall uͤberließ, anstatt ihn nach
                              weisen Ruͤksichten zu berechnen, und auf festen Grundlagen zu
                              gruͤnden.
                           Der große Gutsbesizer ist es nicht allein, der die Notwendigkeit fuͤhlt,
                              Getreide mehrere Jahre hindurch, ohne Verlust, aufzubewahren, und der in der
                              allgemein uͤblichen Methode seine Rechnung nicht findet; große
                              Staͤdte, Militaͤrverwaltungen, Hospitaͤler, Armeninstitute,
                              ganze Gemeinden, befinden sich in derselben Lage. Grundsaͤze einer gesunden
                              Oekonomie erheischen den Ankauf des benoͤthigten Getreides, wenn es zu
                              niedrigeren Preisen zu haben ist, und eine kluge Vorsicht gebietet, daß der Vorrath
                              nicht allein von einer Erndte zur aͤndern berechnet sey. Wer aber kennt nicht
                              die großen Boschwerden, uͤber die vielen Nachtheile, die mit der Aufbewahrung
                              dieses Getreides verbunden sind. Selten behaͤlt das Getreide in solchen
                              Magazinen seinen reinen Geruch. Das aus demselben verfertigte Brod ist selten gut.
                              Es ist nicht moͤglich, die Mause abzuhalten, und in den misten dieser
                              Magazine richten die Kornwuͤrmer große Verheerungen an. Die Gebaͤude,
                              die zur Aufnahme dieses Getreides noͤthig sind, muͤssen sehr
                              weitlaͤuftig seyn, weil das Korn, wenigstens das erste Jahr
                              gewoͤhnlich unter 18 Zoll hoch aufgeschuͤttet werden muß: die
                              Umstechung dieser großen Getreide-Massen geht unordentlich vor sich, die dazu verwendeten
                              Tagloͤhner, die nicht immer bewacht werden koͤnnen, verrichten die
                              Arbeit nur halb, der Wurmfraß, um den Verlust im Maaße zu vermindern, wird als gutes
                              Getreide mit ausgemessen, gemahlen, und verbaten, und gewissenlose Inspektoren, die,
                              bei solchen Umstaͤnden, keiner Kontrolle ausgesezt werden koͤnnen,
                              bereichern sich, in solchen Instituten, auf Kosten des Publikums. Daher haben von
                              jeher wahrhaft patriotisch gesinnte Maͤnner manches aufgeboten, um etwas
                              Besseres an die Stelle jener mangelhaften Methode zu sezen, und wenn ihre
                              wohlgemeinten Bemuͤhungen nicht Bestand hatten, so lag lediglich die Schuld
                              an den niedrigen Leidenschaften jener gewissenlosen Menschen, die bei den neuen
                              Instituten ihren Vortheil nicht fanden, und alles aufboten, um die Machthabenden
                              gegen das offenbare Gute einzunehmen, sie fuͤr das vorige Verfahren wieder zu
                              gewinnen, und die wohlthaͤtigen Fruͤchte des besseren Verfahrens zu
                              vernichten.
                           Waͤhrend den Drangsalen, die der lezte allgemeine Miswachs uns
                              zufuͤgte, hoͤrte man oft gegen die Regierungen bittere Klagen, daß
                              sie, ohne Fuͤrsorge fuͤr die Zukunft, den traurigen Folgen
                              fehlgeschlagener Ernten durch die Anlage von Getreide-Magazinen, nicht
                              vorbeugten. Diese Klagen koͤnnen bloß den schmerzhaften Gefuͤhlen des
                              Augenblikes beziehen werden. Lassen sie uns erwaͤgen ob, bei der in
                              Deutschland uͤblichen Methode, ob uͤberhaupt Magazine, die uns gegen
                              eine allgemeine Hungersnoth schuͤzen sollen, raͤthlich und sogar
                              moͤglich sind. Die Grundlage zu diesen Berechnungen kann freilich bestritten
                              werden; ich gehe von Annaͤhmen aus, die gewiß nicht vollkommen richtig sind,
                              aber die aͤußerste Genauigkeit kann hier ohne Nachtheil uͤbersehen
                              werden; wenn von einem großen Staate die Rede ist, so kann man sich, ohne daß
                              deshalb die Resultate truͤgen, um einige tausend Schaffet Korn verrechnen.
                              Auch ziehe ich hier in keine Betrachtung die Verschiedenheit in der Menge des
                              Verbrauches in den Staͤdten und auf dem Lande; auch mache ich keinen
                              Unterschied zwischen Roggen und Weizen, und Uͤbersehe, daß auf dem Lands
                              haͤufig Gerste mit dem Roggen zum Brod gemengt wird, und begnuͤge mich
                              daher bloß mit einem approximativen Anschlag.
                           Duhamel glaubt annehmen zu koͤnnen, daß
                              ungefaͤhr die zwei Drittel einer guten Ernte in Frankreich zur Erhaltung der
                              Bewohner dieses Reiches hinlaͤnglich sind, und daß bei sehr hohen
                              Getreide-Preisen auch wohl die Haͤlfte einer solchen Ernte zureichen
                              wuͤrde, weil man alsdann weniger verzehrt; daß aber ein Drittel oder ein Viertel einer
                              guten Ernte eine Hungersnoth zur Folge hat, wenn sonst in den Speichern kein Vorrath
                              vorhanden ist.
                           Das Jahr 1740 war fuͤr Frankreich ein gesegnetes Getreidejahr. Die Speicher
                              waren voll, und der Preis des Getreides war niedrig; allein in diesem Jahre hatten
                              sich die Getreidewuͤrmer dermaßen vermehrt, daß man gezwungen wurde, die
                              Kornboͤden zu leeren, und aͤußerst wohlfeil zu verkaufen. Das Jahr
                              1750 konnte zwar nicht, der Menge des Getreides nach zu urtheilen, ein schlechtes
                              Jahr genannt werden, aber das Korn war durchgehends von schlechter Qualitaͤt,
                              und mußte ebenfalls schnell verkauft werden. Alle Vorratskammern waren also leer,
                              als im folgenden Jahre (1751) die Ernte schlecht ausfiel, und eine Hungersnoth sich
                              uͤber ganz Frankreich verbreitete. – So nothwendig ist es, daß in
                              einem Staate Getreide vorraͤthig und auf mehrere Jahre vorraͤthig
                              sey.
                           Ohne uns viel zu verrechnen, koͤnnen wir fuͤr Baiern gelten lassen, was
                              Duhamel von Frankreich behauptet, daß
                              naͤmlich auch hier zwei Drittel einer guten Ernte zur Erhaltung der Bewohner
                              noͤthig sind.
                           Da wir aber uͤber die Quantitaͤt des Getreides, das in Baiern
                              ausgedroschen und zur Verfertigung des Brodes, oder zur Nahrung der Einwohner
                              Verwender wird, keine Nachweisungen haben, so muͤssen wir versuchen, durch
                              Umwege der Wahrheit nahe zu kommen.
                           Wenn wir die Bevoͤlkerung in Baiern auf 3,500,000 Seelen in runder Zahl,
                              festsezen, so wird wenigstens ein Drittel davon aus Kindern bestehn: folglich
                              waͤren unter der gedachten Zahl Menschen 2,344,444 Erwachsene, und 1,166,666
                              Kinder. Auf jede erwachsene Person, sowohl maͤnnlichen als weiblichen
                              Geschlechtes, rechne man im Durchschnitt 2 baiersche Schaffet, und 1 Schaffet
                              fuͤr jedes Kind; dieses gibt zur Nahrung der Landesbewohner 5,855,554
                              baiersche Schaffet. Da nun eine gute Ernte ein Drittel mehr liefern soll, als zur
                              gewoͤhnlichen Consumtion dient, so muͤßten in guten Jahren an
                              7,807,405 Schaͤffel ausgedroschen werden.
                           Sind im Lande keine Vorraͤthe vorhanden, so wird eine Hungersnoth veranlaßt,
                              wenn die Ernte nur den dritten Theil dieser Schaͤffel-Anzahl liefert,
                              also 2,602,435 Schaͤffel.
                           Da nach der sehr richtigen Duhamel'schen Bemerkung man
                              weniger consumirt, wenn das Getreide theuer ist, so koͤnnte man bei solchen
                              Drangsalen, anstatt mit zwei Drittel einer guten Ernte, mit der Haͤlfte
                              derselben, folglich mit 3,903,702 Schaͤffel auskommen.
                           
                           Da aber, bei allgemeinem Mißwachse, eine ganze Ernte so fehlschlagen kann, daß man
                              nur den vierten Theil einer guten bekommt, folglich nur 1,951,851 Schaͤffel,
                              so muͤßten die Landes-Magazine auf diesen moͤglichen Fall
                              eingerichtet seyn, und der fuͤr jedes Jahr im Staate befindliche Vorrath,
                              muͤßte 1,951,851 Schaͤffel betragen, weil alsdann die
                              Landesbeduͤrfnisse sich mit der Haͤlfte einer guten Ernte, oder mit
                              3,903,702 Schaͤffel Getreide gedekt finden wuͤrden.
                           Vorausgesezt man koͤnnte den Ankauf dieser großen Getreidemasse so
                              bewerkstelligen, daß der Schaffet nur zu 8 Gulden zu stehen kaͤme, so
                              wuͤrde zu demselben ein baares Kapital von 15,614,808 Gulden noͤthig
                              seyn.
                           Was werden nun die Gebaͤude kosten, die zur Aufbewahrung einer solchen Menge
                              Korn noͤthig sind? Es versteht sich, daß Institute dieser Art, die bleibend
                              und folglich auf viele Jahrhunderte berechnet seyn sollen, so dauerhaft seyn
                              muͤssen, daß sie nicht nach einigen Menschenaltern zusammenstuͤrzen,
                              oder leicht ein Raub der Flammen werden koͤnnen.
                           Unter allen zur Aufbewahrung des Getreides bestimmten Gebaͤuden, scheinet das
                              Kornmagazin zu Lyon eines der vorzuͤglichsten zu seyn. Es wurde auf Kosten
                              der Stadt errichtet.
                           Dieses Gebaͤude ist drei Stok hoch, und bildet daher drei uͤbereinander
                              liegende Soͤller. Jedes desselben ist nach einem, von Hrn. de Ville, Ingenieur des ponts et chaussées,
                              aufgenommenen Plane (man findet ihn, Duhamel de la
                                 Conservation des grains, Seite 247), 354 Pariser Fuß lang, und 50 Fuß
                              breit, im Lichten. Die Hoͤhe jeden Stoks betraͤgt, bis zum Schluße des
                              Gewoͤlbes, 15 Fuß. Das ganze Gebaͤude, von dem Fuße an bis zum Gipfel,
                              ist 63 Fuß hoch. Die Mauern sind 4 Fuß dik.
                           Die zur Aufbewahrung des Getreides in jedem Stoke befindliche Flaͤche
                              betraͤgt 17700 Quadrat Fuß. Hievon muß man abziehen
                           1. den Raum, den die 44 Pfeiler, die das Gewoͤlbe tragen, einnehmen, und deren
                              jedem man 3 Quadrat Fuß gibt, folglich zusammen 132 Quadr. Fuß;
                           2. vier Fuß breit, fuͤr den Gang, der an der Mauer rings herum frei bleiben
                              muß, theils fuͤr die Boͤschung des Korns, theils fuͤr den Raum,
                              der zum Umstechen des Weizens noͤthig ist. Diese 4 Fuß, die kaum zureichen,
                              machen 3168 Quadratfuß, die zu den vorigen 132 Fuß hinzugethan, 3300 Quadratf.
                              Flaͤche geben.
                           Wenn man nun diese von 17700 Quadr. F., naͤmlich von der ganzen Flaͤche
                              des Kornbodens abrechnet, so bleiben fuͤr den Weizen 14400 Quadr. Fuß.
                           
                           Es findet sich nicht angezeigt, wie viel dieses zwekmaͤßig eingerichtete
                              Gebaͤude der Stadt Lyon gekostet hat: allein nach einem fuͤr Paris
                              angefertigten Anschlage, haͤtte daselbst zu dessen Erbauung ein Kapital von
                              500,000 Livres, und folglich 230,000 Gulden verwendet werden muͤssen.
                           Wenn man das Getreide, wie es bei uns gewoͤhnlich ist, 18 Zoll hoch
                              aufschuͤttet, so faßt jeder Kornboden 21600 Kubikfuß Korn, welches
                              fuͤr alle 3 Stokwerke 64,800 Pariser Kubikfuß betraͤgt.
                           Da nun der baiersche Schaͤffel gleich 6,4867 Pariser Kubikschuh ist, so
                              enthalten die drei Stokwerke, bei 18 Zoll Getreide-Hoͤhe, 9989
                              baiersche Schaͤffel; und folglich muͤßten fuͤr 1,951,851
                              baiersche Schaͤffel wenigstens 195 solche Magazine aufgebauet werden.
                           Auf jeden Kreis kaͤmen also 24 solche Kernhaͤuser, und in einigen sogar
                              25.
                           Da jedes wenigstens 230,000 Gulden kostet, so kosten alle 195, 44 Millionen 850
                              tausend Gulden; und das Ganze, zur Dekung einer Hungersnoth noͤthige
                              Institut, mit Inbegriff der zum Ankauf des Getreides noͤthigen Summe,
                              wuͤrde zur ersten Einrichtung ein Kapital von 60 Millionen 464 tausend 86
                              Gulden erfordern; ein Kapital, welches zweimal groͤßer ist, als die ganze
                              Einnahme des Koͤnigreiches.
                           Man sieht daher, wie wenig Umsicht diejenigen zeigen, die von einer Staatsverwaltung
                              allgemeine Maasregeln, gegen die Folgen eines Miswachses fordern.
                           Wollte man auch verlangen, daß der Staat systematisch zu Werke ginge, und alle Jahre
                              wenigstens ein solches Kornhaus aufbauen ließe, so wuͤrden 195 Jahre zur
                              gaͤnzlichen Ausfuͤhrung eines solchen Planes erforderlich seyn.
                           Vorausgesezt aber, der Staat haͤtte wirklich die Kraͤfte zur Anlage
                              solcher Institute; vorausgesezt ferner, daß der jaͤhrliche Verkauf, bei etwas
                              hoͤheren Preisen, die Verwaltungskosten, den Verlust, der von Wuͤrmern
                              und Maͤusen entsteht, und den neuen Ankauf dekte, so daß jedes Magazin
                              wenigstens alle 10 Jahr seinen Vorrath erneuern koͤnnte; vorausgesezt
                              endlich, daß eine kraftvolle Administration die Mittel hatte, bei so großen
                              Vorraͤthen eine genaue Controlle zu halten, die wenigstens große
                              Veruntreuungen unmoͤglich machte, so wuͤrde dennoch der ganze Plan
                              scheitern muͤssen, wenn man ihn von seiner politischen Seite betrachtet; denn
                              wenn auch bei einem angehenden Kriege, ein Theil dieses Getreides zur
                              Verproviantirung der Armeen und der festen Plaͤze benuzt werden
                              koͤnnte, so wuͤrde doch so viel Getreide, bei einem feindlichen
                              Einfall nicht all gerettet werden koͤnnen; es wuͤrde die Beute des Feindes
                              werden, falls man es nicht vernichtete, oder es dem Volke preis gaͤbe; in
                              jedem Falle waͤre das Kapital dahin, ehe eine eingetretene Hungersnoth, die
                              alle Jahrhunderte hoͤchstens einmal eintrifft, die Wohlthat dieser Institute
                              fuͤhlbar gemacht haͤtte.
                           Das Mittel gegen eine Hungersnoth kann daher allein in den Vorratskammern der
                              groͤßeren Landeigenthuͤmer gesucht und gefunden werden. Die Pflicht
                              der hoͤheren Staatsverwaltungen ist, durch zwanglose Mittel, die ihnen
                              hinlaͤnglich zu Gebote stehn, wenn sie diese nur benuzen wollen, dahin zu
                              wirken, daß die wohlhabenderen Unterthanen solche wohlthaͤtige Spekulationen
                              machen koͤnnen; es liegt besonders in dem Beruf der landwirtschaftlichen
                              Vereine, die Regierungen dazu zu veranlassen, und alle Bemuͤhungen derselben,
                              die auf diesen edlen Zwek gerichtet sind, kraͤftig zu unterstuͤzen,
                              und vor allem sowohl durch Praͤmien, als durch unmittelbar angestellte
                              Versuche, die Methoden zu verbessern, damit die Aufspeicherung erleichtert, und die
                              Gutsbesizer nicht in ihren dem Lande so nuͤzlichen Spekulationen, anstatt
                              eines belohnenden Vortheils, einen empfindlichen Schaden finden.
                           Indessen zwekmaͤßige Verbesserungen unseres Verfahrens von dorther ausgehen,
                              pruͤfen wir, der Reihe nach, das Verfahren fremder Voͤlker und die
                              wohlgemeinten Vorschlaͤge einiger Sachverstaͤndigen.
                           
                        
                           7. Methode der Est- Lief- und Kurlaͤnder.
                           Von uralten Zeiten her herrscht in Est- Lief- und Kurland die Sitte,
                              alles Getreide vor dem Ausdreschen in stark erhizten Zimmern zu troknen. Die
                              Scheunen sind daselbst zu diesem Zweke in drei Theile getheilt; in dem einem liegt
                              das ungedroschene Getreide, der andere bildet die Dreschtenne, der dritte ist mit
                              einem Ofen versehen, und dient zur Austroknung des noch in der Aehre befindlichen
                              Kornes.
                           Die besondere Bauart dieser Korn- und Trokenhaͤuser findet man
                              umstaͤndlich beschrieben in Hupel's topographischen Nachrichten von
                              Est- und Liefland, Riga 1777 S. 294 u. f. Auch beschreibt sie der Professor
                              Bejeke in Mitau, im Leipziger Magazin zur Naturgeschichte und Oekonomie. 1786. 1stes
                              Stuͤk. S. 30 u. f. und Hr. v. Fischer in den Zusaͤzen und
                              Verbesserungen zu seinem lieflaͤndischen Landwirthschaftsbuch. Halle 1753.
                              – Die Art und Weise wie in Kurland das Korn gedoͤrrt wird, kann man in
                              dem Vorberichte nachschlagen, welchen Hr. Prof. Titius seiner Uebersezung der Duhamel'schen Abhandlung von der
                                 Erhaltung
                              
                              des Getreides vorangeschikt hat; – auch im 14.
                              Bande der uͤbersezten Abhandlungen der schwedischen Akademie der
                              Wissenschaften, S. 271 liefert Hr. Capit. Karl Winblad die Beschreibung einer
                              solchen Troken-Anstalt.
                           Diese Trokenhaͤuser nennt man in der Landessprache Rigen. Die Einrichtung derselben ist bei diesen verschiedenen
                              Volksstaͤmmen verschieden, und selbst bei den groͤßeren
                              Landeigenthuͤmern schlecht.
                           Das zur Austroknung der Garben bestimmte Getreide wird in seinem Stroh, in der
                              Trokenstube, laͤngs den Wanden, und auf Latten geordnet. Hundert
                              gewoͤhnliche kleine Roggenbuͤnde, etwas mehr, etwas weniger, werden
                              mit einemmale hereingebracht. Die Vorkehrungen werden daselbst, bei der schlechten
                              Einrichtung der Oefen, und der Feurung, so gut wie moͤglich, zur
                              Verhuͤtung der Entzuͤndungen, getroffen, die indeß doch oͤfters
                              vorfallen. Jede Rige hat ihren Aufseher, der die Heizung besorgt, und die Garben
                              durchstoͤßt, um der Hize den Durchgang zu erleichtern. Zweimal des Tages wird
                              eingeheizt. Gegen Abend versammeln sich die Drescher. Sie dreschen die Nacht
                              hindurch, und fuͤllen am Morgen mit neuen Garben das Trokenzimmer. Der Roggen
                              wird mit leichten Dreschflegeln behandelt, wozu sogar vierzehnjaͤhrige Knaben
                              gebraucht werden. Weizen, Gerste und Haber werden auf der Tenne durch Pferde
                              ausgetreten.
                           Das ist im Wesentlichen das Verfahren jener Voͤlker. Hr. v. Duͤsburg,
                              ein Kurlaͤnder, wundert sich in seinem Schreiben an Hrn. Doctor Pauli in
                              Hamburg (im 4. Stuͤke der Hamb. Addreßcomtoir-Nachrichten), daß diese,
                              in einem so nahe an den deutschen Graͤnzen liegenden Lande, herrschende
                              Gewohnheit, unter uns Deutschen keine Nachahmung gefunden habe, da doch deutsche
                              Kaufleute oft in Kurland Korn aufkaufen, und auf die dortige Verfahrungsart durch
                              die Preiscurranten aufmerksam gemacht werden, auf welchen stets getrokneter Roggen notirt wird.
                           Was jene Voͤlker zu dieser Sitte bewogen hat, ist wahrscheinlich die
                              Beschaffenheit ihres Klimas; da ihre Winter laͤnger dauern, als die unsrigen,
                              sind ihre Sommer kuͤrzer, und die starken Regenguͤsse, oder die
                              anhaltenden Nebel finden sich bei ihnen noch etwas fruͤher ein als bei uns,
                              so daß der Erntemonat daselbst weit haͤufiger naß als troken ist. Ein solches
                              Verfahren scheint also bei ihnen eine Folge der Notwendigkeit zu seyn: aus eben
                              dieser Ursache hat es in Schweden Eingang bekommen; allzuoft zerrotteten da die
                              Feldfruͤchte auf den Aekern, ehe sie troken genug zum Einfuhren werden konnten, oder
                              sie wurden feucht eingebracht, und verdarben in den Scheunen.
                           Bei uns ist freilich der Erntemonat oͤfter troken als naß; so daß wir
                              fuͤr uns eine groͤßere Wahrscheinlichkeit haben, daß wir unser
                              Getreide troken einfahren werden; allein traurige Erfahrungen haben uns gelehrt, daß
                              zuweilen das Gegentheil eintrifft, und die Frage ist, ob es nicht rathsam sei, aus
                              weiser Fuͤrsorge auch bei uns Vorkehrungen zu treffen, welche dort die
                              Nothwendigkeit gebot.
                           Es folgt indeß aus den in dem vorigen Abschnitt angefuͤhrten Gruͤnden,
                              daß die kleinen Landeigenthuͤmer von dieser Fuͤrsorge befreiet seyn
                              koͤnnen, weil sie weit leichter als die groͤßeren die guͤnstige
                              Zeit abwarten und wahrnehmen, weil sie ihre geringe Habe sogleich gegen Geld
                              umsezen, und nie aufgefordert sind, ihr Korn aufzuspeichern. Auf jedem
                              groͤßerm Landgute sollte aber mit der Scheune eine Rige verbunden werden. Die
                              Kosten dieser Einrichtung kommen in keinen Anschlag. Wenn das abgemaͤhte
                              Getreide auf dem Felde liegt, und das Regenwetter anhaltend ist, so faͤllt
                              hier, in vierzehn Tagen, mehr Getreide aus, und mehr Getreide keimt in der Aehre,
                              als die Kosten betragen, welche der Bau der Rige verursachen wuͤrde. Wenn man
                              auch nicht die gut ausgetrokneten Garben gleich ausdreschen wollte, so wuͤrde
                              doch taͤglich eine ganze Menge noch feuchter Garben von dem Felde, durch die
                              Rige, in die Scheune kommen.
                           Indem ich auf diese Sitte jener Voͤlker aufmerksam mache, bin ich weit
                              entfernt, die Bauart, und die innere Einrichtung ihrer Rigen, als Muster zur
                              Nachahmung zu empfehlen. Die Maͤngel derselben sind groß; die Muͤndung
                              des Ofens ist im Zimmer selbst; viele werden mit Schilf oder Stroh geheizt, die
                              Flamme schlaͤgt oft Mann hoch aus dem Ofenloche heraus; der Rauch der durch
                              keinen Rauchfang abgeleitet wird, verbreitet sich im Zimmer, und die nahe stehenden
                              Garben koͤnnen leicht Feuer fangen. Der Verstand unserer Baumeister wird
                              leicht bei Entwerfung aͤhnlicher Anlagen, die Maͤngel derselben
                              beseitigen, und sie so einrichten, daß die Feuersgefahr vermieden, und der Zwek
                              vollstaͤndig erreicht werde.
                           Ein Oekonom der auf seinem Gute eine Rige anlegen, und das Ausdreschen seines
                              Getreides darnach einrichten wollte, koͤnnte sich zunaͤchst von dieser
                              Neuerung folgende wesentliche Vortheile versprechen.
                           Er koͤnnte mit groͤßerer Ruhe den Wechsel der Witterung,
                              waͤhrend der Erntezeit, ansehen. Er weiß, daß ihm Mittel zu Gebote stehn,
                              sein Getreide dem verderblichen Einfluß der Witterung zu entziehen. Die Kosten des Holzes, die ihm
                              die Heizung der Rige verursachen, werden ihm reichlich durch die Erhaltung seines
                              Getreides, die bessere Qualitaͤt desselben, und das leichtere Ausfallen der
                              Koͤrner auf der Tenne ersezt. Er hat es in seiner Gewalt, den Sonnenschein zu
                              benuzen, wenn dieser seine Garben hinlaͤnglich troknet, und sein Getreide
                              dennoch troken in die Scheune zu bringen, wenn er eine anhaltende Naͤsse
                              befuͤrchten muß: denn es wuͤrde eine vergebliche Arbeit seyn, daß von
                              der Sonne gehoͤrig ausgetroknete Getreide in der Rige troknen zu wollen.
                           Welch ein trauriger Anblik, wenn man auf dem Felde die muͤhsam angebauten, und
                              mit so vielen Kosten, bis zur Einfuhr gezeitigten Fruͤchte, auf den Stoppeln
                              vermodern sieht, und Mist anstatt gesegnete Garben einerntet! wer wuͤrde bei
                              solcher Witterung die Wohlchat einer Rige nicht hoch schaͤzen, und die Kosten
                              bereuen, die auf die Anlage derselben, und auf die Rettung des Getreides verwendet
                              werden mußten!
                           Sollten auch, bei solcher traurigen Witterung, unter hundert Gutsbesitzern, zehn bis
                              hieher immer das Gluͤk gehabt haben, ihre Garben troken einzufahren, so
                              werden sie doch einst, fruͤh oder spaͤt, zu ihrem großen Nachtheil
                              erfahren, daß Gluͤk, Witterung und Klugheit von einander unabhaͤngig
                              sind, daß ihr Buͤndniß nur scheinbar und von keiner Dauer seyn kann, und daß
                              eine in guͤnstiger Zeit aufgebaute Rige, eine sichere Zufluchtsstaͤtte
                              gegen die Launen beider ersten sind.
                           Was hilft es uns, daß wir auf Vermehrung unserer Aeker, auf bessere Benuzung unseres
                              Bodens, auf gruͤndlichere Bearbeitung unserer Felder uͤberhaupt
                              hinarbeiten, wenn wir auf die Mittel nicht denken, unsere reifgewordenen
                              Fruͤchte zur Zeit des Einbringens, vor dem Unheil der Witterung zu
                              schuͤzen, und ohne Scheu, dem Risiko entgegenwandeln, am Ende von der Laune
                              des Zufalls dasjenige zu erhalten, was wir mit so vielem Fleiße, mit so vieler Um,
                              ficht vorbereiteten, da wir es doch in unserer Gewalt haben, uns von jenen Launen
                              weit unabhaͤngiger zu machen! nichts ist aber schwerer umzuwandeln, als die
                              uralten Gewohnheiten der Volker, zumal wenn sie sich mit der fruͤheren
                              Erziehung der aͤrmeren Classen fortpflanzen, und in der Bauart des Landes,
                              die ganz umgeaͤndert werden muͤßte, mit ihren Grund haben.
                           Lokende Praͤmien, von hohen Landesregierungen, von landwirtschaftlichen
                              Vereinen ausgestellt, fuͤr die zehn ersten groͤßeren Gutsbesizer,
                              die im Lande Rigen von hinlaͤnglichem Umfange, in Bezug auf ihre Kornfelder,
                              nicht nur angelegt, sondern wenigstens fuͤnf Jahre hindurch, und zwar
                              besonders waͤhrend nassen Jahren, und nassen Ernte-Monaten
                              zwekmaͤßig benuzt hatten, wuͤrden gewiß die Einrichtung mehrerer
                              veranlassen, und dem deutschen Vaterlande wesentliche und bleibende Vortheile
                              sichern. Wenn man diese Landwirthe, in anhaltend feuchten Ernte-Tagen, ihre
                              Habe retten saͤhe, so wuͤrden alle benachbarten Gemeinden um so
                              bruͤtender den Mangel aͤhnlicher wohltaͤtiger Einrichtungen
                              empfinden, und zur Nachahmung bereit werden, und uͤberdieses wuͤrde
                              der Staat, durch solche gut angebrachte und gemeinnuͤzige Opfer, seinen
                              großen Gutsbesizern die Moͤglichkeit erleichtern,
                              uͤberfluͤßiges Getreide aufzuspeichern, und dadurch das
                              Landes-Kapital zu vermehren; denn durch die Verschleuderung des Getreides um
                              niedrige Preise, verliert nicht nur der Einzelne, sondern auch das Ganze. Zu
                              niedrige Kornpreise sind nur ein scheinbarer Vortheil fuͤr einige Klassen,
                              ein wahrer Verderb fuͤr alle.
                           
                        
                           8. Andere Vortheile, die mit der Benuzung der Rige verknuͤpft sind.
                           Wenn indessen der Hauptnuzen einer Rige ist, das Getreide in der Aehre zu troknen, um
                              das Erhizen und Auswachsen derselben zu verhindern, so empfiehlt sie sich noch von
                              andern Seiten; wenn man sich nicht bloß begnuͤgt die Garben so auszutroknen,
                              daß sie in der Scheune aufgeschichtet werden koͤnnen, sondern sie der Hize
                              der Rige laͤnger aussezt, so wird das Getreide so duͤrre, wie es kaum
                              am Ende des ersten Jahres, nach vielem Luͤften und Umstechen werden kann. Es
                              laͤßt sich also hoͤher aufschuͤtten und erfordert weniger
                              Wartung.
                           Hr. v. Duͤsburg spricht in dem oben angefuͤhrten Schreiben, von einem
                              in Kurland angelegten Magazine, wovon einige Speicher von 1747 an bis 1760
                              vollgeschuͤttet blieben. Das Getreide wurde nun an die Meistbietenden
                              Buͤrger verkauft, und zum Brodbaken, zum Verschiffen, und zum Saͤen
                              eben so gut befunden, als irgend frischer Roggen seyn kann. In den Soͤllern
                              des dortigen Adels liegt oft das Getreide, unangeruͤhrt, 12 bis 15 Jahre.
                           Ein solches stark ausgetroknetes Getreide ist dem Wurm fraß weit weniger ausgesezt:
                              und wenn sich wirklich einige Wuͤrmer darauf sehen lassen, so ist der Schaden
                              den sie an richten, weit geringer, weil es hoͤher aufgeschuͤttet,
                              ihren Verwuͤstungen eine kleinere Oberflaͤche darbietet, und es
                              befoͤrdert ihre Fortpflanzung nicht, weil es sich nicht mehr erhizet.
                           Bei der maͤßigen Hize einer Rige verliert das Korn die Faͤhigkeit zu
                              keimen nicht, und in den oben angefuͤhrten Laͤndern werden die
                              Koͤrner, die schon von selbst in der Rige ausfallen, vorzugsweise zur Aussaat
                              gebraucht.
                           Wollte man indessen den Keim selbst in den Koͤrnern toͤdten, so
                              muͤßte das ausgedroschene Getreide in der Rige auf Brettern oder
                              Weidengeflechten duͤnn ausgebreitet einer groͤßeren Hize ausgesezt
                              werden. Ein so bearbeitetes Getreide laͤßt sich in Kasten hoch
                              aufschuͤtten, verdirbt nie, und wird von den Wuͤrmern verschont. In
                              einer solchen Rige koͤnnte indessen nur wenig Getreide mit einmal behandelt
                              werden, und sie wuͤrde daher bloß den Beduͤrfnissen kleinerer und
                              mittlerer Eigenthuͤmer entsprechen. Große Magazine erfordern andre
                              Vorkehrungen.
                           
                        
                           9. Bartholomeo Intieri's Verfahren.
                           Die Nothwendigkeit, Korn, welches auf feuchtem Grunde wuchs, mehrere Jahre ohne
                              Nachtheil aufzubewahren, hat wohl Niemanden zur Erfindung der dazu noͤthigen
                              Mittel mehr angespornt als Bartholomeo Intieri. Dieser hatte zu Santa Maria di
                              Capua, auf zwanzig Jahre die Kornzehnten des Hauses Corsini in Pacht genommen. Das
                              Getreide wuchs durchgehends hier auf feuchtem Grunde, und bei der in Italien
                              herrschenden Waͤrme gerieth es jedes Jahr schnell in Gaͤhrung, und
                              verdarb ungeachtet allen darauf verwendeten Fleißes; so daß der Besizer an
                              Aufbewahrung nicht denken durfte, und sich gezwungen sah, um die schlechtesten
                              Preise zu verkaufen. Da er uͤberdieses sehr niedrig aufschuͤtten
                              mußte, und folglich dazu große Flaͤchenraͤume noͤthig hatte,
                              deren Miethe betraͤchtliche Summen verschlang, so wurde er, bei diesen
                              widrigen Umstaͤnden, ein armer Mann.
                           Die Nothwendigkeit große Ungluͤksfaͤlle zu vermeiden, macht
                              erfinderisch. Intieri leuchtete es ein, daß die Hauptursache des Erhizens und des
                              Verderbens seines Getreides in der Faͤhigkeit dieses zu feuchten Kornes
                              laͤge, bei guͤnstiger Temperatur seinen Keim zu entwikeln; er glaubte,
                              daß wenn er diesen Keim selbst zerstoͤren koͤnnte, so wuͤrden
                              die durch den Vegetations-Proceß sich entwikelnde Waͤrme, und die
                              Folgen derselben, nicht mehr zu befuͤrchten seyn. Das beste Mittel, diesen
                              Zwek zu erreichen, glaubte er in hoher Temperatur zu finden.
                           
                           Mit dieser Idee trug er sich lange herum, ehe er sie auf eine zwekmaͤßige Art
                              verwirklichen konnte. Zuerst mußte er sich von der Richtigkeit seiner Ansicht
                              uͤberzeugen, und machte daher einige Versuche mit einem Kasten voll Getreide,
                              den er in einen Bakofen schob. Wie groß war seine Freude, als er fand, daß in der
                              Temperatur desselben das Korn durchgehends die Faͤhigkeit zu keimen verloren
                              hatte: er saͤete 50 gedoͤrrte und 50 ungedoͤrrte
                              Koͤrner. Nach acht Tagen waren diese alle aufgegangen; von den anderen aber
                              kein einziges, selbst nicht, nachdem er sie einige Monate begossen und gewartet
                              hatte.
                           Da er sich, seiner Ansicht nach, durch die Vernichtung des Keimes gegen Erhizung
                              vollkommen gesichert glaubte, mußte er nun das Verhalten dieses Getreides gegen die
                              Wuͤrmer versuchen. Er schob also eine neue Quantitaͤt in den Bakofen,
                              und wiederholte diese Operation so oft, bis er so viel hatte, daß er damit ein Faß
                              fuͤllen konnte. Ein anderes Faß fuͤllte er mit ungedoͤrrtem
                              Korne, und stellte beide neben einander. Nach acht Tagen waren die Wuͤrmer
                              schon in diesem lezten, und die Erhizung hatte darin uͤber Hand genommen,
                              wogegen das erste an keinem dieser Uebel litt.
                           Nun mußte noch versucht werden, wie das Brod von gedoͤrrtem Korne ausfallen
                              wuͤrde. Er ließ einen Theil davon mahlen; das Mehl war sehr schoͤn,
                              das Brod gieng gut auf, und schmekte vortrefflich.
                           Allein so gluͤklich er sich auch durch den erwuͤnschten Erfolg seiner
                              Versuche fuͤhlte, so wurde doch seine Freude lange noch durch die
                              Schwierigkeiten getruͤbt, die ihm von allen Seiten aufstießen, wenn er seine
                              Erfindung auf groͤßere Getreide-Massen anwenden wollte.
                           Anfangs schuͤttete er das Getreide in Kasten, worin er es duͤnn
                              ausbreitete, und die er in einem stark geheizten Zimmer, auf zwekmaͤßigen
                              Gestellen, neben und uͤber einander, ordnete: aber das duͤnne
                              Ausbreiten, das Fuͤllen und Abnehmen der Kasten, war aͤußerst
                              muͤhsam, und raubte viele Zeit.
                           Endlich glaubte er in der Glatte und Beweglichkeit der Getreidekoͤrner ein
                              Mittel zu finden, die Arbeit zu erleichtern und zu beschleunigen. Es gelang ihm auch
                              wirklich, nach langem Hin- und Hersinnen, und nach manchen
                              verungluͤkten Versuchen, eine Vorkehrung zu erfinden, die sich auf jener
                              Eigenschaft gruͤndete, und den Zwek vollkommen erreichte.
                           Von 1728 an hatte er auf Mittel gesonnen, das Getreide auf mehrere Jahre, in gutem
                              Zustande, ohne großen Kostenaufwand zu erhalten, und nachdem er uͤber 20 Jahre von dem Erfolge
                              seiner Erfindung, so wohl in seinen eigenen Magazinen, als an anderen Orten im
                              Reiche sich uͤberzeugt, und Methode und Apparat so weit als moͤglich
                              vervollkommnet hatte, entschloß er sich erst sein Verfahren oͤffentlich
                              bekannt zu machen, und er that dieses in einer Schrift, die im Jahre 1754 unter dem
                              Titel: Della persetta conservatione del grano, zu
                              Neapel (gr. 4. 84 Seiten) erschien.
                           
                        
                           10. Beschreibung Intieri's Apparats.
                           Ich werde mich bemuͤhen seinen Apparat so zu beschreiben, daß jeder Leser sich
                              von demselben einen deutlichen Begriff machen, und der Sachverstaͤndige ihn,
                              ohne Model, verfertigen lassen kann.
                           Fig. 1. Tab.
                              V. ist die aͤußere Form des Gebaͤudes.
                           Fig. 2. ist
                              ein horizontaler Durchschnitt, des Socles, oder der Grundplan desselben.
                           Fig. 3. ist
                              ein senkrechter Durchschnitt, nach der Linie AB
                              und ab. Fig. 2.
                           Fig. 4. ist
                              die Zeichnung eines Fachbretts.
                           Fig. 5. ist
                              die Zeichnung der Deke.
                           a. Fig. 1. 2. 5. die Thuͤre, die
                              doppelt seyn muß, um die Hize im Inneren des Gebaͤudes zu erhalten.
                           b. Fig. 1. ein rundes
                              Fenster, welches zugleich die Dienste eines Ventilators thut, wenn die feuchten
                              Duͤnste uͤberhand nehmen.
                           c.Fig. 1. 2. 3. der Socle,
                              oder Fuß des Gebaͤudes. Das Gebaͤude ist ein Vierek. Jede Seite
                              desselben haͤlt 13 neapolitanische Palmi. (Ein Palmo 117, 1
                              Pariser-Linien). Das neapolitanische Maaß ist in den Zeichnungen beibehalten
                              worden. Es ist zu erinnern, daß wenn ein anderer Maaßstab gewaͤhlt werden
                              sollte, die Entfernung der Faͤcher von einander nicht veraͤndert
                              wird.
                           d. Fig. 1 und 3. eine Terrasse, mit
                              ihrem Gelaͤnder. Das Gelaͤnder ist 4 Palmi hoch. Auf diese Terrasse
                              wird das Getreide gebracht, welches zum doͤrren in das Innere des
                              Gebaͤudes geschuͤttet werden soll. Wenn dieser Behaͤlter nicht
                              in einem vor dem Regen geschuͤzten Gebaͤude aufgerichtet ist, so muß
                              die um die Terrasse gefuͤhrte Umfassung eine Mauer seyn, die hinreichend hoch
                              sey, ein Dach darauf zu sezen. Die Treppe die auf die Terrasse fuͤhrt, und
                              die nicht zu zeichnen noͤthig war, muß außerhalb an einen schleichen Ort
                              angebracht werden.
                           
                           e. Fig. 2 und 3. ist ein Mauerwerk,
                              worauf die hoͤlzernen Geruͤste ruhen. Da wo es am niedrigsten ist, ist
                              es 4 Palmi uͤber den Boden erhoben; theils damit das auf dem Geruͤste
                              liegende Getreide Fall genug bekomme, um sich nach außen hin von selbst zu ergießen,
                              theils auch um die Kohlenpfanne vom Holze entfernt genug zu halten.
                           f. Fig. 2. Ist die Stelle wo
                              die eiserne Kohlenpfanne steht. Die Kohlenpfanne steht auf vier Raͤdern. Sie
                              faßt ungefaͤhr 50 Pfund Kohlen; wenn diese Quantitaͤt Kohlen
                              verbraͤmet ist, hat das Zimmer seine noͤthige Waͤrme. Die
                              Thuͤre wird nur geoͤffnet, wenn zu einer frischen Ladung Getreide eine
                              neue Ladung Kohlen noͤthig ist. Man zieht alsdann den kleinen Rollwagen
                              heraus, faͤllt und zuͤndet ihn an, und schiebt ihn wieder an seine
                              Stelle.
                           g. Fig. 3. das
                              Gewoͤlbe. Mit der einen Seite ruhet es auf der Mauer an welcher die
                              Thuͤre ist, mit der anderen auf der Gegenuͤberstehenden. Die
                              Hoͤhe des Gebaͤudes, vom Boden bis an den Schluß des Gewoͤlbes
                              betraͤgt 19 Palmi, die Seitenmauern bis an die Wurzel desselben, sind vom
                              Boden gerechnet 14 1/2 Palmi.
                           h. Fig. 3. und 5. ist eine von
                              den sechs Oeffnungen die laͤngs dem Schlusse des Gewoͤlbes, in
                              gleicher Entfernung von einander liegen. Sie halten 3 Zoll im Durchmesser. Durch
                              diese Oeffnungen laͤuft das Getreide von der Terrasse d in das Innere, um sich auf die Fachbretter zu verbreiten.
                           i. Fig. 2. 3. 4 und 5. rechtwinklichte
                              hoͤlzerne Canaͤle, deren schmale Seite 4 Zoll, und deren breite Seite
                              4 Palmi mit Inbegriff der Holzdike, die 1 Zoll hoͤchstens betraͤgt,
                              breit ist. Sie sind ungefaͤhr 5 Palmi lang, mit ihrer breiten Seite liegen
                              sie an der Wand in welcher die Thuͤre ist, und mit ihrer schmalen an der
                              Seitenwand rechts und links von der Thuͤre. Es sind ihrer 4, in jeder Eke des
                              Zimmers einer. Das Getreide, welches durch die Oeffnungen im Gewoͤlbe auf die
                              Deke des ganzen Geruͤstes faͤllt, ergießt sich, aus diesen
                              Canaͤlen die sich damit fuͤllen, auf die, um den
                              Seiten-Oeffnungen derselben in Verbindung gesezten Faͤcher. Sie haben
                              jeder 9 solche Oeffnungen, und tragen folglich 9 Kasten oder Faͤcher. Jede
                              Oeffnung ist ungefaͤhr 4 Palmi lang und 1 Zoll breit. Die breite Seite dieser
                              Canaͤle, die an der Wand anliegt hat keine Oeffnungen.
                           k. Fig. 2. 3. und 5. zwei rechtwinklichte,
                              senkrechtstehende Canaͤle, wie die vorigen, 4 Palmi in ihrer breiten, und 4
                              Zoll in ihrer schmalen Seite haltend, die Dike des Holzes mitgerechnet. Ihre breite
                              Seite laͤuft parallel mit der breiten Seite der Canaͤle i, und sie stehen auf jeder Seite des Zimmers zwischen beiden
                              Canaͤlen i in der Mitte. Jeder liegt mit seiner
                              schmalen Seite an seiner Wand an. Sie sind an 13 1/2 Palmi lang, und reichen fast
                              bis an den Schluß der Deke hin. Jede ihrer breiten Seiten hat 18 Oeffnungen, die so
                              lang und so breit sind, wie an den Canaͤlen i,
                              und in diesen Oeffnungen muͤnden sich eben so viele Kasten.
                           l. Fig. 2. und 5. ein
                              rechtwinklichter, senkrechtstehender Canal, ebenfalls 4 Palmi in seiner breiten, und
                              4 Zoll in seiner schmalen Seite haltend. Die breiten Seiten laufen parallel mit den
                              Seitenwaͤnden. Die eine schmale Seite stoßt nicht unmittelbar an die Wand der
                              Thuͤre gegenuͤber, sondern an einen schmalen Canal n, der an dieser Wand mit seiner breiten Seite anliegt.
                              Er reiche bloß bis an die Wurzel des Gewoͤlbes. Seine nach der Mitte des
                              Gebaͤudes zugekehrte breite Seite ist mit 12, 4 Palmi langen, und 1 Zoll
                              breiten Oeffnungen versehen, mit welchen eben so viele Kasten in Verbindung stehen.
                              Dieser Canal empfaͤngt das Getreide, und es vertheilt sich aus demselben, in
                              die damit in Verbindung gesezten Faͤcher.
                           m. Fig. 2. und 5. ein
                              rechtwinklichter, senkrechtstehender Canal, der das Getreide von den Kasten
                              empfaͤngt, und es außerhalb hinfuͤhrt: er hat, wie der
                              gegenuͤberstehende Canal l, 12 Oeffnungen, um das
                              andere Ende der Kasten aufzunehmen.
                           Diese beiden Canaͤle l und m sieben also in dem Raum, den die Seitengeruͤste uͤbrig
                              lassen, und der ungefaͤhr 5 Palmi breit ist. Die Kasten sind also
                              kuͤrzer, als zwischen den Canaͤlen i und
                              k, und es koͤnnen daher einige Faͤcher
                              mehr angebracht werden.
                           n. Fig. 5. ein
                              rechtwinklichter, senkrechtstehender Canal, der schmaͤler ist, als die
                              vorigen, mit seiner breiten Seite an der Wand, der Thuͤre gegenuͤber,
                              anliegt, und das Getreide empfaͤngt, welches laͤngs der
                              schraͤgen Flaͤche des Daches des Geruͤstes zwischen den
                              Canaͤlen l und m
                              herunterrollet, und keinen Abfluß bekommen wuͤrde. Dieser Canal fuͤhrt
                              es nach der Rinne zu, die es nach außen hin schuͤttet, wenn die
                              Faͤcher geleert werden.
                           o. Fig. 3. Raͤnder der
                              Fachbretter auf welchen sich das Getreide ausbreitet. Sie machen mit dem Canal k einen Winkel von 51 Grad. Die andere Seite liegt an
                              der Wand, und kann nicht gesehen werden.
                           Der Boden ist in diese Seitenwaͤnde eingelassen, die ihrer Seits mit
                              Schwalbenschwaͤnzen in die schmalen Seiten der Canaͤle i und k eingelassen sind, so
                              weit diese Canaͤle reichen. Man sieht diese Schwalbenschwaͤnze auf der rechten Seite der Fig. 3, die
                              nicht nach dem Maaßstabe gezeichnet worden ist, und weniger Faͤcher bekam,
                              damit die Zusammenfuͤgung deutlicher ausfiele.
                           Auf der linken Seite derselben Fig. 3. hat man diese
                              Raͤnder weggelassen, damit man das Innere dieser Kasten sehen konnte, und zur
                              groͤßeren Deutlichkeit den Laͤngendurchschnitt eines solchen Kastens
                              nach einem groͤßeren Maaßstabe, Fig. 4, gezeichnet.
                           p. Fig. 3 und 4, die Faͤcher auf
                              welchen das Getreide sich von selbst ausbreitet. Sie muͤnden sich in die
                              Canaͤle i und k. Vom
                              Canal i empfangen sie das Getreide und da sie unter
                              einen Winkel von 51 Grad gegen den Horizont geneigt sind, so ergießen sie es, sobald
                              das Zimmer geleert werden soll, in den Canal k, der es
                              zu einer abschuͤssig gehenden Rinne fuͤhrt, die sich nach außen hin
                              oͤffnet.
                           Der Rand dieser Kasten ist ungefaͤhr einen halben Palmo hoch. Die Boden aller
                              laufen parallel: das untere Ende ist um 4 1/2 Palmi niedriger als das obere. Der
                              lezte Kasten ruht unmittelbar mit seinem Boden auf dem Mauerwerk, das folglich auch
                              abschuͤssig geht, wie die Kasten. Das unterste Ende der Canaͤle i und k hat also, der ganzen
                              Breite nach, einen Ausschnitt durch welchen sich das Getreide ergießt. Das obere
                              Ende des untersten Kastens steht 8 1/2 Palmi uͤber den Boden, das untere
                              steht davon 4 Palmi ab.
                           Die Kasten zwischen i und k
                              sind 7 Zoll lang. Ueber den Canal i hinaus,
                              muͤndet sich ihr oberes Ende in der Deke des ganzen Geruͤstes; da
                              diese Deke dachfoͤrmig, und folglich, der Richtung des Gewoͤlbes nach,
                              abschuͤssig geht, so werden diese Kasten immer kuͤrzer, je
                              hoͤher sie sind. Die correspondirenden Oeffnungen in dieser Deke sind so lang
                              und breit, wie die an den Canaͤlen.
                           Vollkommen aͤhnliche Kasten sind zwischen den Canaͤlen l und m angebracht, mit dem
                              Unterschiede, daß sie hier alle gleich lang sind. Ihre Laͤnge betraͤgt
                              etwas uͤber 4 Palmi.
                           q. Fig. 4. sind Querbretter,
                              die von einer Seitenwand zur andern gehn, und sich auf einem an beiden Enden
                              angebrachten Zapfen etwas drehen lassen. Sie stehen einen Zoll vom Boden ab; an
                              jedem Kasten sind drei. – Ein sehr sinnreiches Mittel um zu verhindern, daß
                              das Getreide sich nicht am untersten Ende des Kastens anhaͤufe, und
                              uͤberlaufe. Ueberdieß wuͤrde eine zu große Anhaͤufung die
                              Austroknung hindern. Ohne diese Querblaͤtter wuͤrde das Getreide sich
                              nach der Linie rr ordnen. Die Punkte zeigen die
                              Lage des Kornes in dem Kasten an. Durch die Beweglichkeit der Querleisten hat man es in seiner
                              Gewalt, die Hohe des Getreides in den Faͤchern zu aͤndern.
                           Man sieht diese Querleisten auf der linken Seite der Figur 3.
                           s. Fig. 5. die Deke des
                              Fachwerkes mit ihren Oeffnungen, sowohl fuͤr die Canaͤle, als
                              fuͤr die Faͤcher. Sie ist wie die Canaͤle und die Kasten von
                              Holz, und zwar von derselben Art. Sie neigt sich dachfoͤrmig, auf der einen
                              Seite nach der Thuͤre, auf der andern Seite nach der der Thuͤre
                              gegenuͤberstehenden Wand bin, und bildet einen stumpfen Winkel von
                              ungefaͤhr 115 Grad.
                           Diese Deke ist rund herum mit einem Rande umgeben. Die Umfassung muß etwas
                              hoͤher seyn als an den Kasten, weil das Getreide, welches auf der Deke sich
                              zulezt ausbreitet, hier eine staͤrkere Hize findet, und daher diker liegen
                              kann, als in den Kasten. Wie die Kasten, und in derselben Absicht ist sie mit
                              Querleisten versehn, die aber aus der eben angefuͤhrten Ursache etwas
                              hoͤher vom Boden abstehn.
                           t. Fig. 5. Ein Ausschnitt in
                              der Deke, der der Hize einen Durchgang gestattet. Die, einen Dreiek bildende,
                              Umfassung dieses Ausschnittes fuͤhrt das, nach dieser Seite der Deke
                              herunterrollende, Getreide in die beiden an dieser Wand anliegenden
                              Canaͤle.
                           u. Fig. 1, 2 und 5. abhaͤngig nach
                              außen hin gehende Rinnen, in der Mauer, sie sind unmittelbar unter den
                              Muͤndungen der senkrecht stehenden Canaͤle km und n angebracht;
                              durch diese ergießt sich von selbst alles, in allen 9 Canaͤlen, und auf allen
                              Faͤchern enthaltene Getreide nach außen hin.
                           v. Fig. 2. Nuten in der
                              Mauer, worin Schieber laufen, vermittelst welcher, die in den Mauern befindlichen
                              Ablaßrinnen geoͤffnet oder verschlossen werden. Soll das Getreide ablaufen,
                              so schiebt man sie in die Hoͤhe, und haͤlt die Saͤke unter ihre
                              Muͤndung, die man deutlich Fig. 1. sieht.
                           Der ganze Mechanismus der Arbeit ist folgender: man traͤgt die Saͤke
                              auf die Terrasse, oder bringt sie hinauf vermittelst eines Flaschenzuges oder einer
                              andern Vorkehrung. Man leeret sie alsdann auf die Terrasse. Das Korn faͤllt
                              von selbst durch die Oeffnungen l im Gewoͤlbe,
                              auf die dachfoͤrmige Deke ssss
                              Fig. 5. Hier
                              findet es zunaͤchst die beiden mittleren Canaͤle k
                              Fig. 3 und
                              5. die
                              unmittelbar unter den Oeffnungen stehn; sind diese gefuͤllt, so rollt das
                              Getreide auf beiden abhaͤngigen Seiten der Deke herunter, und stoͤßt
                              rechts und links auf die naͤchstfolgende Oeffnung mit welcher der erste
                              kuͤrzeste Kasten in Verbindung ist. Da der Canal k bereits voll ist, so ordnet es sich zur noͤthigen Hoͤhe
                              in diesem Fache;
                              solchergestalt werden auf beiden Seiten alle Faͤcher, die ihre
                              Muͤndungen in der Deke haben, nach einander gefuͤllt. Nun kommt die
                              Reihe an die Canaͤle i. Das Getreide
                              faͤllt darin senkrecht hinunter bis auf den Boden derselben, und
                              fuͤllt zuerst den lezten auf dem Mauerwerk ruhenden Kasten, steigt dann zum
                              zweiten, und wenn dieser voll gelaufen ist, zum dritten, und so weiter bis er selbst
                              bis zur Deke gefuͤllt ist: nun fuͤllt sich die Deke, bis das Getreide
                              an die Oeffnungen im Gewoͤlbe stoͤßt.
                           Man sieht daß sich die, der Thuͤre gegenuͤber stehenden, Kasten,
                              ungefaͤhr auf dieselbe Weise fuͤllen werden; mit dem Unterschiede,
                              daß, da ihre beiden Canaͤle l und m nicht mit ihren breiten Seiten laͤngs der
                              Abdachung liegen, und der Ablaßungs Canal l nicht
                              unmittelbar unter der Oeffnung im Gewoͤlbe steht, das Getreide im Herabrollen
                              in beide zugleich faͤllt; und was laͤngs der Dachflaͤche
                              zwischen diesen beiden Canaͤlen rollt, sammelt sich in den schmalen Canal n, durch welchen auch alles, in dieser Gegend, auf der
                              Deke liegen de Getreide, sich nach der Rinne zu ergießt.
                           Das Geruͤste kann, wenn man mit einiger Thaͤtigkeit arbeiten will, vier
                              mal innerhalb 24 Stunden belegt und abgelassen werden, mit Bequemlichkeit aber drei
                              mal in derselben Zeit.
                           Wenn 50 Pfund Kohlen abgebrannt, und das Getreide 6 Stunden in der von dem Brande
                              entstandenen Hize geblieben ist, sind die Keime zur weiteren Entwikelung
                              unfaͤhig, und der Zwek ist erreicht.
                           Man oͤffnet alsdann die Schieber, und empfangt das aus den mit Brettern
                              belegten Rinnen in der Mauer, selbst herauslaufende Getreide in die Saͤke.
                              Denn die Canaͤle i und l und alle nach den Canaͤlen k und m abschuͤssig gehenden Faͤcher ergießen
                              ihre ganze Ladung in diese lezten Canaͤle, und vermittelst dieser in die
                              unter denselben angebrachten Rinnen, die ebenfalls abschuͤssig nach außen
                              zugehen.
                           In diesem kleinen Raume lagern sich jedesmal 43 × Kubik Palmi Getreide. Wenn
                              der neapolitanische Palmo genau, wie die neueste Geld- Muͤnz-
                              Maaß- und Gewichtskunde, Nuͤrnberg 1819. Seite 123. es angiebt 117, 1
                              pariser Linien enthaͤlt, so faßt sie 235, 6 pariser Kubik Fuß Korn; folglich
                              kann man bei fortdauernder Arbeit alle 24 Stunden, drei mal soviel, oder 705, 18,
                              ungefaͤhr 100 baierische Scheffel foͤrdern.
                           Ein kleiner, ummaurter und gewoͤlbter Raum von 13 Palmi im Quadrate, ist also
                              hinreichend ein betraͤchtliches Magazin zu bilden. Die Magazine, zu Lyon,
                              welche 64, 800 Kubikfuß
                              enthielten, haͤtten daher, in einem einzigen Monate diese ganze Weizen Masse,
                              uͤber die Geruͤste der Korndarre ablaufen lassen koͤnnen. Zu
                              dieser Arbeit waͤren 6 Mann und ungefaͤhr 4500 Pfund Kohlen
                              noͤthig gewesen. –
                           Ein Kosten Aufwand, der wie jederman bei der bloßen Ansicht dieser Zahlen, und ohne
                              weitere Berechnung sieht, ohne alle Bedeutung ist, und bei weitem die
                              jaͤhrlichen Kosten des Umstechens und der Wartung nicht erreicht.
                           Das Getreide, wie es aus der Korndarre koͤmmt, wird nicht zum Erkalten
                              ausgebreitet, sondern ganz warm, wie es abgelassen wird, bringt man es in große,
                              hoͤlzerne Kasten, wo es vor Maͤuse- und Wuͤrmerfraß
                              voͤllig gesichert ist. So hatte Intieri das Produkt der Zehnten der Jahre
                              1731 und 1732 in einem einzigen großen, hoͤlzernen Kasten ohne Dekel, der 41
                              Palmi lang, 17 Palmi breit, und ungefaͤhr 30 Palmi tief war. In diesem Kasten
                              fanden neapolitanische koͤnigl. Kommissarien dieses Getreide wirklich 20
                              Palmi hoch im bestem Zustande. Ein Kasten, von angezeigten Dimensionen, faßt 11, 248
                              pariser Kubikfuß Getreide, folglich waͤren 6 solche Raͤume hinreichend
                              gewesen, allen Weizen zu enthalten, der nach der gewoͤhnlichen
                              Behandlungsart, die ungeheuren Flaͤchenraͤume der Lyonschen Magazine
                              erforderte.
                           Eine solche Korndarre, ist daher ein nothwendiges Requisit bei jedem Getreidmagazin,
                              und es sind mir bis jezt keine Gruͤnde aufgestossen, die auch nur einiger
                              Massen die Sorglossigkeit der hohen Administrationen, die sich mit Anlegung großer
                              Getreidevorraͤthe beschaͤftigen, beschoͤnigen, und sie
                              entschuldigen koͤnnten, daß sie eine so nuͤzliche, so sinnreiche
                              Vorkehrung entweder ganz außer acht, oder spaͤterhin in Verfall gerathen
                              ließen.
                           Eine Korndarre ist indeß nur ein unentbehrliches Beduͤrfniß in großen
                              Getreidemagazinen, und ihre Einrichtung muß bei der Anlage derselben sogleich
                              beruͤksichtigt werden, wie eine Kuͤche in einem Wohnhause.
                           Sie dient bloß zur Behandlung des ausgedroschenen Getreides, und kann dem
                              groͤßeren Landwirthe die Wohlthat einer Rige nicht ersezen, da der Hauptzwek
                              der Rige auf die Behandlung des Getreides in der Aehre gerichtet ist, und wesentlich
                              dazu dienen muß den Landmann vor den Folgen einer in der Erntezeit
                              unguͤnstigen Witterung zu schuͤzen.
                           Aber die Rige vertritt fuͤr den großen Landwirth die Stelle einer Korndarre:
                              er kann sie, so wie es auch die Voͤlker thun, die solche besizen, zum
                              weiteren Austroknen des bereits ausgedroschenen Getreides benuzen: es ist leicht
                              mehrere Vorkehrungen zu ersinnen, welche die Arbeit erleichtern: so lassen sich von
                              Weiden-Geflechte breite Koͤrbe, 2 bis 3 Zoll tief machen, denen man
                              eine beliebige, der Hoͤhe der Rige angemessene Laͤnge giebt: man
                              fuͤllt sie indem sie liegen, verschließt dann mit einem Dekel du eine schmale
                              Seite, und stellt sie dann aufrecht. Solcher breiten, hohen Koͤrbe, die zur
                              Befestigung eine hoͤlzerne, hinlaͤnglich starke Umfassung haben
                              muͤssen, koͤnnen viele in einem kleinen Raͤume stehen, und ein
                              Landwirth, wenn er auch nur alle 3 Stunden 10 Schaffe! zum Aufbewahren
                              doͤrret, kann hier schon Stoff zu betraͤchtlichen Magazinen
                              bereiten.
                           
                        
                           11. Einige Modifikationen, welche Duhamel an der Intieri'schen Korndarre angebracht hat.
                           Der gluͤkliche Erfolg Intieris Methode hatte in Italien Aufsehen gemacht. Er,
                              der fruͤher bei allem seinem Getreide arm geworden war, erholte sich nach
                              wenigen Jahren, und wurde bald ein reicher Mann. Er konnte jezt bessere Preise
                              abwarten, in einem kleinen Raͤume viel aufschuͤtten, und war von der
                              Plage der Wuͤrmer befreit.
                           Als die Kunde dieser Ereignisse zu Neapel ankam, schikte die koͤnigl.
                              Kornkammer Kommissarien dahin ab, um uͤber den Grund dieser vorteilhaften
                              Geruͤchte ihre Meinung abzulegen. Sie fanden sogar mehr als die
                              oͤffentliche Stimme gemeldet hatte; sie wurden uͤberrascht, als sie
                              4000 Sake gedorrtes Korn, von den Jahren 1731 und 1732, von Mazoni, der
                              schlechtesten Gegend des Koͤnigreiches 20 Palmi hoch, in einen ungeheuren,
                              hohen, hoͤlzernen Kasten aufgehaͤuft sahen; es wurde nach ihrer
                              Zuruͤkkunft beschlossen, fuͤr die Staatsmagazine eine aͤhnliche
                              Vorkehrung zu treffen. Intieri bekam den Auftrag die Auffuͤhrung des
                              Gebaͤudes und der dazu noͤthigen Vorkehrungen zu besorgen, und 13 Jahr
                              hindurch wurden die Getreide-Vorraͤthe in diesen Magazinen auf diese
                              Weist behandelt.
                           Von Neapel kam durch Kaufleute ein Model der Intierischen Anstalt nach Marseille.
                              Hier mußte der Professor der Mathematik, Pater Pezenas die Errichtung einer solchen
                              Vorkehrung fuͤr die Stadt besorgen. Die in Gegenwart der Echevins angelegten
                              Proben geriethen so gut, daß ein hieruͤber aufgeseztes Protokol nach Hofe
                              geschikt wurde.
                           Bald hernach wurden auf koͤnigl. Befehl zu Kolmar und Lille dergleichen
                              Korndarren angelegt, uͤber deren Erfolg die Vorsteher derselben, die sich
                              Anfangs dagegen ausgesprochen hatten, die guͤnstigsten Berichte
                              erstatteten.
                           Herr Du Pan, ein Mitglied der damaligen Genfer Spitalverwaltung, nachdem er von allen
                              Seiten die bestimmtesten Erkundigungen uͤber den Erfolg des Intirischen Verfahrens eingezogen hatte,
                              bewirkte auch die Einfuͤhrung desselben, und die vorzuͤglichsten
                              Schweizer Kantone, Bern, Zuͤrch, Solothurn, die Stadt Basel, und andere
                              Magazin-Verwaltungen nahmen dasselbe Prinzip an, und richteten in ihren
                              Magazinen aͤhnliche Vorkehrungen ein, indem sie sich bald mehr bald weniger
                              von dem Intieri'schen Model entfernten, und was sie nach dem Maaße ihrer Einsichten,
                              Verbesserungen nannten, anzubringen suchten.
                           Obgleich manches hieruͤber in unseren deutschen Zeitschriften vorkam, so fand
                              doch das Intieri'sche Verfahren bei uns keinen Eingang. Im Jahre 1776 ließ der
                              Hofkammerrath von Kohlbrenner in Muͤnchen ein Model aus der Schweiz kommen,
                              und nach demselben wurde in Wien im Jahre 1782 ein Gebaͤude aufgerichtet, mit
                              dessen Wirkung man damals sehr zufrieden zu seyn schien, und in der Anzeige der
                              Leipziger Oekonomischen Societaͤt 1787, Seite 48 findet man die Beschreibung
                              einer aͤhnlichen auf Burgscheidungen befindlichen Anstalt, mit angeblichen
                              Verbesserungen.
                           Dagegen zeugen die Abhandlungen der koͤnigl. schwedischen Akademie der
                              Wissenschaften von der Thaͤtigkeit mit welcher man in diesem Lande die
                              Einfuͤhrung des Intieri'schen Systemes durchzufuͤhren suchte, indem
                              man die fast fortdauernden Feuer auf mehreren Hammerheerden zu benuzen, und
                              Anstalten zur Troknung des Getreides damit in Verbindung zu sezen suchte, um den
                              zahlreichen Arbeitern an diesen Werken, ein wohlfeileres und besseres Brodkorn zu
                              sichern.
                           Indeß unter allen denen, die sich mit dieser neuen Doͤrr-Anstalt
                              beschaͤftigten, wurde niemand lebendiger von ihren Vorzuͤgen
                              ergriffen, als Duhamel. Dieser wohlhabende Gutsbesizer hatte schoͤne
                              Laͤndereyen in fruchtbarer Gegend an den Graͤnzen der Beauce und des
                              Gatinois, und beschaͤftigte sich, ohne mit Intieris Bemuͤhungen und
                              Erfolge bekannt zu seyn, und lange vor Erscheinung dessen Werkes mit schlichen
                              Mitteln das Getreide zu erhalten; unter andern hatte er auch den Einfluß der
                              Waͤrme versucht, und war noch mit Ideen beschaͤftigt sie
                              zwekmaͤßig anzuwenden, als Herr Marechal, Direktor der Festungswerke im
                              Languedoc aus Italien ein Mooel der italienischen Korndarre mitbrachte.
                           Er verschmolz nun seine eigene Ideen mit den Intierischen, brachte beide Vorkehrungen
                              um sie besser vergleichen zu koͤnnen, in demselben Raͤume, neben
                              einander, und gab ebenfalls im Jahre 1754. die Resultate dieser Arbeiten in einer
                              kleinen Schrift heraus, unter dem Titel: Traité
                                 de la conservation des grains et en particulier du froment, par Monsieur
                                 Duhamel du Monceau etc. avec figures en taille douce, Paris 1754.
                           
                              
                                 (Fortsezung folgt.)
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
