| Titel: | Geschichte und Beschreibung der englischen Eisenbahnen – ihre Kosten – ihre Wirkung – ihre Vorzüge vor den gewöhnlichen Straßen und vor den schiffbaren Kanälen – ihre Mängel und Unbequemlichkeiten. Von Joseph Ritter von Baader, k. b. Oberst Bergrath und Maschinen-Direktor. | 
| Fundstelle: | Band 7, Jahrgang 1822, Nr. I., S. 2 | 
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                        I.
                        Geschichte und Beschreibung der englischen Eisenbahnen – ihre Kosten – ihre Wirkung – ihre Vorzüge vor den gewöhnlichen Straßen
                           und vor den schiffbaren Kanälen – ihre Mängel und UnbequemlichkeitenDiese Abhandlung
                                 macht den zweiten Abschnitt, des naͤchstens unter dem Titel;
                                 „Neues System der fortschaffenden
                                       Mechanik, zur Erleichterung des Transportes aller Waaren und Produkte,
                                       zur Belebung des Handels- und Gewerbs fleißes, zur
                                       Befoͤrderung des Akerbaues des inneren Verkehrs und des
                                       Nationalwohlstandes aller Laͤnder,“ erscheinenden
                                    groͤßern Werkes des Herrn von Baader aus. Der erste Abschnitt
                                 desselben, ist unter der Rubrik: „Allgemeine Betrachtungen
                                       uͤber den
                                    gegenwaͤrtigengegegenwaͤrtigen
                                    Zustand der fortschaffenden Mechanik“
                                 im 6 Bde. Heft 3. S. 323. in diesem
                                 Journal enthalten. Diese beide Abhandlungen werden mit Hinblik auf den weiteren
                                 im 5 Bd. S. 498. angezeigten Inhalt
                                 desselben genuͤgen, um die Leser in Stande zu sezen, zu beurtheilen, was
                                 sie von diesem Werke das einen der wichtigsten und interessantesten
                                 Gegenstaͤnde auf das ausfuͤhrlichste behandelt, zu erwarten haben.
                                 D.. Von Joseph Ritter von Baader, k. b. Oberst Bergrath und Maschinen-Direktor.
                        Mit iluminirten Abbildungen auf Tab. I. und II.
                        v. Baader über englische Eisenbahnen.
                        
                     
                        
                           1. In England, wo seit langer Zeit die Landstrassen
                              bestaͤndig im bestmoͤglichsten Stande erhalten wurden, und wo die
                              innere Schifffahrt auf gegrabenen Kanaͤlen zu einem hoͤhern Grade von
                              Vollkommenheit und einer groͤßern Ausdehnung gebracht worden ist als in jedem
                              andern Lande, hat man sich zuerst von den Maͤngeln und der
                              Beschraͤnktheit dieser beiden Mittel zur hinlaͤnglichen und
                              zwekmaͤßigen Befoͤrderung und Erleichterung eines nach allen
                              Richtungen immer thaͤtiger und lebhafter, dabei aber auch kostbarer
                              gewordenen Verkehrs
                              uͤberzeugt, und man hat dort zur Vervollkommnung der fortschaffenden Mechanik
                              den groͤßten Schritt vorwaͤrts gemacht, indem man auf den eben so
                              gluͤklichen als einfachen Gedanken verfiel, an die Stelle der
                              gewoͤhnlichen Straßenbedekung eine moͤglichst harte, glatte ebene und
                              undurchdringliche Bahn fuͤr die Wagenraͤder zu sezen, wozu man
                              anfaͤnglich hartes Holz, spaͤterhin Eisen waͤhlte. –
                           Man sagt gewoͤhnlich von einer Chaussee in ihrem fuͤrtreflichsten
                              Zustande, „Es faͤhrt sich wie auf einer Tenne,“ oder
                              „wie auf einem Zimmerboden.“ – Der
                              buchstaͤbliche Sinn dieses spruͤchwoͤrtlichen Ausdrukes deutet
                              an, daß die hoͤchste Vollkommenheit einer Straße in Hinsicht auf die
                              Leichtigkeit des Zuges erreicht wuͤrde, wenn selbe mit glatt gehobelten
                              Brettern, Bohlen oder Balken bedekt werden koͤnnte: denn da auf einer solchen
                              harten Oberflaͤche die Raͤder nicht merklich einsinken
                              koͤnnten, und keine jener Unebenheiten und Hindernisse antraͤfen,
                              welche auf jeder gewoͤhnlichen, mit zerreibbaren, durch Wasser erweichten und
                              in zaͤhen Schlamm verwandelten Materialien bedekten, Straße unvermeidlich
                              sind, so waͤre der bedeutendste Theil des Widerstandes, welchen jedes
                              Fuhrwerk am Umfange seiner Raͤder leidet, gehoben, und nur noch die
                              (verhaͤltnißmaͤßig unbedeutende) Reibung an den Achsen zu
                              uͤberwinden.
                           
                           Die erste Anwendung dieser Idee war unstreitig das seit mehr als drei Jahrhunderten
                              in den deutschen Bergwerken zum Behufe der Stolln- und
                              Strekenfoͤrderung eingefuͤhrte sogenannte Hundegestaͤnge, oder
                              der Hundelauf, wo auf zweien paralell nebeneinander gelegten prismatischen
                              hoͤlzernen Stangen (Riegeln) ein mit vier kleinen Raͤdern versehener
                              Karren (der Hund oder Rollwagen) von einem zwischen dem Gestaͤnge laufenden
                              Arbeiter fortgeschoben oder gestossen, und so mit Leichtigkeit eine Last
                              fortgeschaft wird, wozu auf einem gewoͤhnlichen guten Wege die Kraft von vier
                              Maͤnnern kaum hinreichen wuͤrde; und offenbar ist daher die Erfindung
                              dieser Riegelbahnen oder Geleise in ihrem Prinzip deutschen Ursprunges. Den
                              Englaͤndern gebuͤhrt indessen die Ehre, dieselbe zuerst aus den
                              Finsternissen der Bergwerke an das Tageslicht gefoͤrdert, und davon eine
                              ausgedehntere Anwendung im Großen zur Erleichterung des schweren Fuhrwerkes auf dem
                              platten Lande gemacht zu haben, indem sie zu Anfang und gegen Mitte des vorigen
                              Jahrhunderts mehrere hoͤlzerne Rollwagen, ganz nach dem Modelle unserer alten
                              Hundegestaͤnge, auf betraͤchtliche Streken in verschiedenen Provinzen,
                              vorzuͤglich in der Naͤhe von NewcastleNewcasle upon Tyne in Northumberland, zum Behufe des Transportes der Steinkohlen
                              von den Gruben zu dem naͤchsten Kanal oder Seehafen anlegten. Eine Straße
                              (Rail-road, zu deutsch: Riegelweg) dieser
                              Art, welche von einem Herrn Allen bei Bath in Sommertshire zu Anfang des vorigen
                              Jahrhunderts mit gutem Erfolge vorgerichtet ward, beschreibt schon Desaguliers in
                              seinem Course of experimental Philosophy, Tome I Lecon 4. Auch Jars in seinen Voyages metallurgiques T. I. beschreibt ein solches hoͤlzernes
                              Wagengeleise als einen neuen Weg, welchen er im Jahre 1765 bei den Steinkohlengruben
                              zu Newcastle sah. Die Raͤder, welche auf diesen erhabenen prismatischen
                              Stangen liefen, waren mit
                              eisernen Reifen beschlagen oder ganz von Gußeisen, mit einem vorstehenden Rande oder
                              Falz versehen, wodurch sie en coulisse auf ihrer Bahn
                              erhalten wurden; und dieß war die erste Epoche der Erfindung.
                           2. Auf der ersten Tafel stellt die erste Figur einen solchen
                              hoͤlzernen Roll- oder Riegelweg mit einem darauf gehenden Wagen von
                              der Seite, die 2te
                                 Figur von Hinten vor.
                           Daselbst sind:
                           AB, A, A die eigentlichen
                              Bahnriegel oder Geleise, vom haͤrtesten und gesuͤndesten Eichenholze,
                              auf ihrer obern Flaͤche glatt abgehobelt.
                           C, C, C, C, CD – Die
                              Unterlagen von demselben Holze, in welchen die Riegel AB eingelassen und mit hoͤlzernen Naͤgeln befestigt
                              sind.
                           Der Raum zwischen beiden Bahnriegeln AA ist, wie
                              das Profil Fig.
                                 2. weiset, mit aufgeschittetem Kies ausgefuͤllt, welcher die
                              Unterlagen CD bedekt, und allenthalben geebnet und
                              festgestampft wird; und dieser Raum bildet den Ziehpfad fuͤr das vorgespannte
                              Pferd, oder fuͤr mehrere Pferde, welche hintereinander in einer Linie
                              angespannt werden.
                           Der Wagen besteht aus einem laͤnglicht vierekigten, in Gestalt eines
                              umgekehrten abgestumpften Prisma gebildeten, Kasten abcd, welcher auf einer hoͤlzernen Tafel ef, ff befestigt, und mit vier gleich hohen
                              Raͤdern von Gußeisen RR versehen ist.
                           Diese Raͤder (deren Eines Fig. 3. in vertikalem
                              Durchschnitte vorgestellt ist) sind, wie man sieht, an ihrer innern, gegen den Wagen
                              gekehrten, Seite mit einem vorstehenden Rande rr
                              versehen, und, je zwei und zwei an einer Achse von geschmiedetem Eisen xssx dergestalt befestigt, daß beide zugleich mit
                              dieser Achse in den hohlen Zapfengehaͤusen, Anwellen oder Buͤchsen tt, welche mittelst der Schrauben vv von Unten an der Tafel ff befestigt sind, umlaufen.
                           Fig. 3. zeigt,
                              wie diese Raͤder an ihren Achsen befestigt werden, da r den abgedrehten runden Hals, welcher in der Buͤchse t laͤuft; w den
                              vierkantigen Theil der Achse, woran die Huͤlse des Rades gestekt wird, und
                              x die vorgeschraubte Mutter darstellt.
                           Es versteht sich, daß, um allen unnuͤzen Zwang und eine zu starke
                              Seitenreibung zu vermeiden, die Raͤder in einer solchen Entfernung
                              voneinander stehen muͤssen, daß ihnen ein kleiner Spielraum zwischen den
                              Bahnen AA uͤbrig bleibt, und ihre
                              vorstehenden Raͤnder nicht an beiden Seiten zugleich anliegen; wie in Fig. 2.
                              deutlich zu ersehen ist.
                           Dieser Wagen bedarf, da er immer nur gerade aus geht, keiner Deichsel, und hat vorne
                              nur zwei einfache Haken he (Fig. 1.) an welchen die
                              Zugsaͤule oder Straͤnge unmittelbar eingehaͤngt werden.
                           Da diese Wagen auf solchen Riegelbahnen bei einer geringen Reibung abwaͤrts
                              schon von selbst laufen, und von den Pferden nicht aufgehalten werden
                              koͤnnten, so werden diese bei jeder solchen Stelle losgespannt und hinten
                              nachgefuͤhrt, waͤhrend die Wagen vermoͤge ihrer eigenen Schwere
                              hinunter rollen. Um aber hierbei die zu große Geschwindigkeit und
                              gefaͤhrliche Beschleunigung zu vermeiden, wird eines der hintern
                              Raͤder vermittelst eines einarmigen Hebels mn gehemmt oder gesperrt, indem der neben dem Wagen her gehende Fuhrmann
                              mit seinen beiden Haͤnden und dem Gewichte seines Koͤrpers das
                              aͤußere Ende dieses Hebels n niederdruͤkt,
                              und so durch das Aufdruͤken der eisernen Platte p
                              am obern Rande des Rades dessen Umgang verzoͤgert, oder nach Gefallen
                              gaͤnzlich hemmt, da dann dieses Rad auf seiner Bahn schleifen, und, gleich
                              einem gewoͤhnlichen Radschuh, den Wagen anhalten muß.
                           
                           Beim Zuge auf der Ebene oder Bergan, da diese Sperre oder Premsung nicht gebraucht
                              wird, ist der Hebel an dem vorgestekten Nagel q so
                              aufgestuͤzt, daß die Reisplatte p das Rad nicht
                              beruͤhrt.
                           3. Die so eben beschriebenen hoͤlzernen Riegelwege waren in England mehr als
                              vierzig Jahre lang in ziemlich allgemeinem Gebrauche, und ich habe selbst bei meinem
                              ersten dortigen AufenthalteAufenhalte in den Jahren 1786 bis 1794 noch mehrere derselben in voller
                              Benuͤzung angetroffen. Nachdem aber die Erfahrung gezeigt hatte, daß die
                              hoͤlzernen Stangen oder Wagengeleise durch den bestaͤndigen Gebrauch
                              bald zerstoͤrt wurden, durch die Einwirkung der Luft, des Regens und der
                              Sonne sich drehten (warfen) und aus ihrer Richtung kamen, daher kostbar und
                              beschwerlich zu unterhalten waren, und dennoch ihrem Zweke nur unvollkommen
                              entsprachen, kam man in den siebziger Jahren des lezten Jahrhunderts auf den
                              Gedanken, die hoͤlzernen Riegel mit Platten oder Schienen von Gußeisen zu
                              belegen, auf welchen die Raͤder, wie vorher, à
                                 cheval liefen.
                           Zu dieser Verbesserung, wie zu so vielen andern, gab der Zufall den ersten Impuls.
                              Als naͤmlich durch das Zusammentreffen verschiedener Umstaͤnde der
                              Preis des Roheisens so tief herunter sank, und der Absaz so sehr ins Stoken gerieth,
                              daß die zahlreichen großen Schmelzwerke in der Grafschaft Shropshire nicht mehr bestehen konnten, beschloß die reiche Gesellschaft
                              der Eisenhuͤttenmeister von Coalbrook-dale,
                              um ihre Werke im Gang zu erhalten, alle ihre hoͤlzernen Riegelwege (deren
                              Gesammtlaͤnge schon damals gegen 40 englische Meilen betrug) mit Stangen von
                              Gußeisen zu belegen, wobei ihr Hauptzwek, nach dem Vorschlage des beruͤhmten
                              John Wilkinson, dahin gieng, bis zu besseren Zeiten
                              einen Vorrath von Roheisen auf eine vortheilhafte Art anzuhaͤufen, dessen
                              Zinsen einstweilen durch die Ersparung an den Reparationen der Riegelwege gedekt wuͤrden, indem sie
                              das Roheisen aus ihren Hohoͤfen, statt in die gewoͤhnlichen Formen von
                              kleinen Gaͤnsen oder Barren (pigs) in
                              ohngefaͤhr eben so lange und schwere prismatische Riegel oder
                              Geleise-Schienen auslaufen ließen, welche bei dem ersten ploͤzlichen
                              Steigen der Eisenpreise sogleich von den hoͤlzernen Rollbahnen wieder
                              abgenommen, und als Roheisen abgesezt werden koͤnnten. Bald zeigten sich aber
                              von dieser, urspruͤnglich nur als eine
                              provisorisch-oͤkonomische Maaßregel angeordneten, neuen Vorrichtung so
                              unerwartet guͤnstige und auffallende Resultate in Hinsicht der
                              groͤßern Erleichterung des Zuges und der Ersparung an Transportkosten, daß
                              man an das Wiederabnehmen und Verkaufen dieser so vortheilhaft verwendeten eisernen
                              Schienen nicht mehr dachte, sondern in kurzer Zeit auch in den uͤbrigen
                              Provinzen des Koͤnigreiches das Beispiel von Coalbrook-dale nachahmte, und fast allenthalben die
                              hoͤlzernen Riegelbahnen mit gegossenen eisernen Staͤben belegte. So
                              entstand die zweite Epoche diese Erfindung, mit halb
                              hoͤlzernen, halb eisernen Rollwegen, und dieß war eigentlich der erste
                              Schritt zur Einfuͤhrung des Gußeisens als Material fuͤr den
                              Straßenbau. – Die 4te, 5te und 6te Figur auf der ersten
                              Tafel stellen diese Vorrichtung in einer Seiten-Ansicht, im Profile, und im
                              Grundrisse dar. Man sieht daselbst
                           AB, AB, A – die hoͤlzernen Bahnriegel;
                           C, C, C, CD – ihre Unterlagen oder
                              Grundschwellen;
                           mn, mn – Die
                              Staͤbe oder Schienen von Gußeisen, woran die Raͤder unmittelbar
                              laufen, und welche auf den hoͤlzernen Riegeln durch eiserne Naͤgel so
                              befestigt sind, daß die vorragenden Koͤpfe dieser Naͤgel außer der
                              Bahn der Raͤder sich befinden.
                              
                           R – ein Wagenrad von Gußeisen mit vorstehendem
                              Rande, wie bei der
                              ersten Anordnung, doch von kleinerem Durchmesser, da die Reibung am Umfange hier
                              weit geringer ist als auf den hoͤlzernen Riegeln.
                           4. Bei der zunehmenden Theurung und Seltenheit des Holzes, und bei der immer weiter
                              gebrachten Vollkommenheit und wohlfeilern Fabrikation des englischen Gußeisens
                              verbannte man in der Folge alles Holzwerk von diesen Kunst-Straßen, machte
                              die eisernen Schienen etwas staͤrker, und befestigte selbe, statt auf
                              ununterbrochen fortlaufenden UnterlagenMan hatte auch
                                    bemerkt, daß die Stangen von Gußeisen (welches bekanntlich sehr wenig
                                    Elasticitaͤt besizt) haͤufigern Bruͤchen ausgesezt
                                    sind, wenn selbe ihrer ganzen Laͤnge nach auf Unterlagen ruhen, deren
                                    Form nicht ganz unveraͤnderlich ist (wie das Holz) und wo daher ein
                                    vollkommen gleiches Aufliegen auf allen Punkten selten Statt finden kann,
                                    als wenn jede Stange nur auf zweien festen Stuͤzpunkten an ihren
                                    Erden befestigt ist, und zwischen diesen hohl liegt., auf
                              steinernen kubischen Bloͤken von 10–12 Zoll Staͤrke, welche in
                              einem Abstande von 3 zu 3 Fuß in den Boden eingegraben und fest gestampft wurden;
                              und auf diese Art erhielt man endlich eine ganz eiserne, vollkommen solide und
                              dauerhafte Bahn, welche auch, mit Ruͤksicht auf die Unterhaltung, weit
                              wohlfeiler als die vorigen war. Um das Tragvermoͤgen der eisernen Schienen
                              zwischen den Stuͤzpunkten oder Auflagern desto besser zu sichern, gab man
                              denselben in der Mitte von Unten eine groͤßere Dike, und verstaͤrkte
                              sie noch uͤberdieß durch einen angegossenen aufrecht stehenden Rand. Zugleich
                              verfiel man auch auf den gluͤklichen Einfall, statt der ehemaligen großen,
                              mit 80 Zentnern und daruͤber belasteten, Wagen, die Ladungen auf mehrere
                              aneinander gehaͤngte kleinere Wagen zu vertheilen, deren jeder nur 30 bis 40
                              Zentner erhielt, so daß der Druck auf jeden einzelnen Punkt, das Gewicht des Wagens mit
                              eingerechnet, nie mehr als 9 bis 12 Zentner betragen konnte.
                           Von dieser dritten und lezten Epoche fiengen eigentlich
                              die Eisenbahnen in jenem Lande erst an, allgemeiner und auch auf groͤßere
                              Entfernungen, zum Theil selbst als Surrogat fuͤr schiffbare Kanaͤle,
                              angewendet zu werden, vor welchen sie den dreifachen Vorzug haben, daß ihre Anlage
                              und Unterhaltung kaum den vierten Theil kostet, daß sie auch an solchen Stellen
                              anwendbar sind, wo Kanaͤle wegen Wassermangel oder andern
                              Lokal-Schwierigkeiten ganz unausfuͤhrbar sind, und daß der Transport
                              auf denselben weit schneller und bequemer ist. –
                           5. Man hat aber nunmehr in England zweierlei verschiedene Arten von Eisenbahnen: die
                              eigentlichen Riegelwege oder Rail-roads, und die
                              Platten-Schienen, Tram-roads oder plate
                                 rail-ways. Auf den Ersten, welche einige Zoll uͤber dem Boden
                              erhoben, oben ganz flach, nur an den Steinen etwas abgerundet, unten zur
                              Verstaͤrkung mit einem fortlaufenden, breiten, stehenden Rand oder Kamme
                              versehen sind, laufen die Raͤder welche, nach der urspruͤnglichen
                              Erfindung, an ihrem Umfange einen vorstehenden Rand oder Falz (Flanch) haben, à
                                 cheval. Die Schienen der zweiten Art hingegen, welche die neueste ist,
                              halten die Raͤder, welche an ihrem Umfange ganz cylindrisch, wie die
                              gewoͤhnlichen Wagenraͤder, geformt sind, durch einen angegossenen
                              aufrechtstehenden Seitenrand im Geleise (en coulisse).
                              Die erste Art ist in den noͤrdlichen, die zweite fast ausschluͤßig in
                              den suͤdlichen und westlichen Provinzen Englands eingefuͤhrt. Beide
                              Constructionen haben ihre eigenen Vortheile und Nachtheile; doch zieht man jezt im
                              Allgemeinen die Tram-roads vor, weil andere FuhrwerkeFuhwerke leichter quer uͤber dieselben gehen koͤnnen, weil die Wagen
                              von denselben zur Noth auch uͤber gewoͤhnliche Straßen fortgeschafft werden
                              koͤnnen, und vorzuͤglich, weil ihre Anlage wohlfeiler ist als jene der
                              Rail-ways, welche mehr Material und Arbeit
                              erfordern.
                           6. Die 9te,
                              10te und
                              11te
                              Figur der ersten Kupfertafel stellt im Grundrisse, in einer Seiten-Ansicht,
                              und im Quer-Profile die Haͤlfte einer erhabenen Eisenbahn oder
                              eigentlichen Rail-road dar (wie solche vorzuͤglich in den Gegenden von
                              Leeds und Newcastle eingefuͤhrt sind) woraus der Bau der einzelnen
                              Riegel-Schienen (Rails), ihre Verbindung und
                              Befestigung deutlich zu ersehen sind.
                           Auf jedem kubischen Unterlagsteine ss wird zuerst
                              ein kleines Gestelle von Gußeisen abcd, bcef mit vier eisernen Naͤgeln befestigt,
                              dessen aufrecht stehender Theil ee (wie Fig. 9 und 11 zeigen )
                              von oben nach seiner Laͤnge einen 3 1/2 bis 4 Zoll tiefen Einschnitt oder
                              Spalt hat. Diese Gestelle werden von den Englaͤndern the chairs (die Stuͤhle) genannt.
                           Jede einzelne Schiene (Rail) besteht aus einer
                              (gewoͤhnlich 3 bis 3 1/2 Fuß langen) oben ganz flachen, nur an beiden
                              Raͤndern (wie ein Lineal) Etwas abhaͤngigen Laufplatte mn, und einer unten daran gegossenen stehenden
                              Platte hfgh. Diese leztere Platte (oder der Kamm),
                              welche in der Mitte g, als dem schwaͤchsten
                              Punkte, um ein Paar Zoll breiter als an den beiden Enden ist, dient fuͤrs
                              Erste zur Verstaͤrkung, da selbe auf ihre hohe Kante gestellt das
                              groͤßte Tragvermoͤgen besizt, und zweitens zur Befestigung auf den
                              eben erwaͤhnten Gestellen, indem, wie die punktirten Linien (Fig. 10.) und das Profil
                              (Fig.
                                 11.) andeuten, die Endstuͤke des Kammes bei m,
                                 n in die Spalten jener Gestelle so hineingeschoben und eingepasset werden,
                              daß immer zwei derselben in einem gemeinschaftlichen Gestelle oder Stuhle genau an
                              einander stoßen, da dann die Enden der Lauf-Platten m,
                                 n auf den Raͤndern der Gestelle 
                              eee fest zu liegen kommen. In dieser Lage werden
                              sodann die Schienen durch Naͤgel p, p, vom
                              haͤrtesten Holze, wie die Zeichnung weiset, befestigt, indem diese
                              Naͤgel durch die zu diesem Ende durch die Waͤnde der Gestelle und die
                              dann stekenden Kaͤmme der Schienen gebohrten, genau aufeinander paffenden,
                              Loͤcher so fest als moͤglich eingetrieben werden.
                           R – (Fig. 11.) ist der
                              vertikale Durchschnitt des untern Theiles eines Wagenrades, und zeigt, wie dieses
                              Rad mit seinem vorspringenden Rande r auf der Bahn oder
                              Schiene e erhalten wird.
                           Diese Construktion von Eisenbahnen ist, wie man sieht, sehr solid, und fuͤr
                              die groͤßten Lasten stark genug; auch hat sie den wichtigen Vortheil, daß auf
                              den, sechs Zoll uͤber den Boden erhoͤhten, Laufschienen kein Koch,
                              Sand oder Steine sich festsezen koͤnnen, da alles, was von diesen Stoffen
                              durch die Pferde aufgeworfen wird, entweder selbst von den schmalen Schienen wieder
                              abfaͤllt, oder durch die Wagenraͤder weggekehrt und herab geworfen
                              wird. Man sieht aber auch, daß diese Bauart eine bedeutende Masse von Gußeisen,
                              viele Arbeit, und große Genauigkeit in ihrer Zusammenfuͤgung erfordert.
                           7. Eine andere Art von erhabenen Eisenbahnen oder Rail-ways, mit elliptisch
                              abgerundeten Laufschienen, welche der Ingenieur Benjamin Wyatt vor zwanzig Jahren
                              angegeben, und an den großen Schiefer-Werken des Lord Penrhyn auf dessen
                              Landgute bei Bangor in Cardiganshire in Nordwales vorgerichtet hat, ist auf der
                              ersten Tafel, Fig.
                                 7 und 8 abgebildet. Daselbst sind
                           mn – m – die
                              Lauf-Schienen oder Stangen, deren jede an jedem ihrer Ende mit einem
                              schwalbenschwanzfoͤrmigen Ansaze r versehen ist,
                              welcher in die hoͤlzernen Unterlagen oder Grundschwellen C von
                              der Seite eingelassen wirdSpaͤterhin hat man, der groͤßern Dauer und Festigkeit
                                    wegen, die Grund- oder Verbindungs-Schwellen von Gußeisen aus
                                    einem Stuͤke verfertiget..
                           R – ein Wagenrad von Gußeisen, an seinem Umfange
                              mit einer elliptischen Vertiefung und zweien vorspringenden Seitenraͤndern
                              versehen, welche Vertiefung, wie das Profil Fig. 8. zeiget, genau an
                              die Laufstange passet, auf welcher das Rad sohin à
                                 cheval sich fortwaͤlzen muß.
                           Da auf diesen abgerundeten oder konvexen Eisenbahnen durchaus kein Sand oder Koth
                              sich aufhalten kann, und ihre Anlage um vieles einfacher, leichter und wohlfeiler
                              ist als jene der §. 5. beschriebenen Rail-roads, so ruͤhmte man
                              dieselben anfaͤnglich als eine wichtige Verbesserung (Improvement). Bald zeigte indessen die Erfahrung, daß die hohlen
                              Radschienen sehr schnell durchgeschliffen waren, indem sie sich immer tiefer
                              einschnitten, daher die Raͤder oͤfter ausgewechselt werden mußten.
                              Auch war die Reibung sehr bedeutend, welches leicht zu begreifen ist; denn da hier
                              jeder Punkt am Umkreise einen andern Zirkel beschreibt, und mit einer verschiedenen
                              Geschwindigkeit sich umdrehet (wie bei den konischen Wagenraͤdern), so muß
                              nothwendigerweise, statt einem regelmaͤßigen Fortwaͤlzen, eine
                              schleifende und schleppende Bewegung erfolgen, wobei die Reibung und
                              Abnuͤzung betraͤchtlich vermehrt wirdVersuche,
                                    welche ich mit Raͤdern und Bahnen dieser Art angestellt habe,
                                    uͤberzeugten mich, daß der Widerstand der Reibung fast zweimal
                                    groͤßer als bei flachen Schienen und Raͤdern ist..
                              Herr Wyatt selbst schlug daher im Jahre 1811 eine wesentliche Abaͤnderung
                              dieser Eisenbahn vor, welche darin bestand, daß die Schienen oben ganz flach gemacht wurden,
                              und die Raͤder an ihrem Umfange die gewoͤhnliche cylindrische Gestalt
                              erhielten, folglich die ganze Vorrichtung von den im vorhergehenden §.
                              beschriebenen Rail-roads wesentlich in Nichts mehr verschieden warMan sehe
                                    hieruͤber im Repertory of Arts, Manufactures
                                       and Agriculture, Vol. XIX. Second
                                       Series, s. 15. Account of the Rail roads on the late Lord Penrhyn's Wyatt, of Lime
                                       Grove..
                           Uebrigens ist leicht einzusehen, daß diese stangenfoͤrmigen Schienen bei
                              Weitem nicht so stark sind, und kein so großes Tragvermoͤgen besizen
                              koͤnnen als die Fig. 9, 10, 11. abgebildeten
                              Riegelbahnen; wie denn auch auf der erwaͤhnten Eisenbahn bei Bangor nur sehr
                              kleine und leichte Wagen (jeder mit 20 Centner Ladung) gefuͤhrt werden.
                           8. Figur 12
                              bis 18
                              stellte eine englische Eisenbahn der zweiten und neuern Art vor, welche dort Tram-road oder Plate-rail-way, auch Edge-rail-way genannt wird, mit einem darauf gehenden Wagen,
                              nach der in Suͤd-Wales allgemein eingefuͤhrten Anordnung.
                           Fig. 12. ist
                              eine Seiten-Ansicht der Straße und des Wagens.
                           Fig. 13 ein
                              Quer-Profil der Straße, und Ansicht des Wagens von vorne;
                           Fig. 14.
                              Grundriß oder Ansicht der Straße von oben.
                           Die Bahnen oder Wagengeleise sind hier, wie man sieht, ganz flache Platten von 4 bis
                              5 Zoll Breite mit einem angegossenen aufrecht stehenden Rande, und liegen mit dem
                              Boden in einer Ebene (à niveau). – Die
                              Raͤder, ohne vorstehenden Rand, wie gewoͤhnliche Wagenraͤder
                              geformt, laufen auf diesen Platten wie auf einer gewoͤhnlichen Straße, ohne jedoch ihre Bahn
                              verlassen zu koͤnnen, woran sie durch die zu beiden Seiten aufrecht stehenden
                              Raͤnder gehindert werden.
                           ABCD, ABCD (Fig. 12 und 13) stellt ein
                              aus drei Paar solcher Platten oder Schienen (Trams)
                              zusammengeseztes Stuͤk eines Rollweges vor.
                           m, m, m, – sind die aufrecht stehenden
                              Raͤnder dieser Platten, welche in der Mitte jeder Scheine Etwas hoͤher
                              gewacht werden, um die Tragkraft der leztern zu verstaͤrken, welchen man in
                              dieser Absicht auch von unten eine etwas groͤßere Dike giebt;
                           a, a, a, a, – kleine runde Ansaͤze an den
                              Enden jeder Schiene, welche dazu dienen, die aufliegende Flaͤche der Platten
                              auf ihren Unterlagen zu vergroͤßern, und sie genauer und fester aneinander zu
                              fuͤgen.
                           ss, ss –
                              Die in die Ende eingegrabenen steinernen Unterlagbloͤke, auf deren jedem zwei
                              Schienen zusammen stoßen.
                           Die Zusammenfuͤgung und Befestigung dieser Schienen wird auf folgende Art
                              bewerkstelligt:
                           Jede Schiene hat, wie die Zeichnung weiset, an jedem ihrer Ende in der Mitte der
                              Platte einen kleinen vierekten Ausschnitt n, welcher
                              oben Etwas weiter ist als unten. Wenn nun zwei Schienen in gehoͤriger Lage
                              gerade aneinander gerichtet sind, so passen auch diese kleinen Ausschnitte genau
                              zusammen, und bilden miteinander eine laͤnglichtvierekte Oeffnung, wie bei
                              B und C zu ersehen ist.
                              In diese Oeffnung wird sodann ein starker, 4 bis 5 Zoll langer, eiserner Nagel
                              eingeschlagen, dessen Kopf in dieselbe genau passet, und sich darin, mit den Platten
                              buͤndig, versenkt. Auf diese Art werden durch einen Nagel immer zwei Schienen
                              befestigt, und in ihrer Verbindung und gehoͤrigen Richtung zusammen gehalten.
                              Man schlaͤgt aber diese Naͤgel nicht unmittelbar in den Stein,
                              welcher davon zersprengt wuͤrde, sondern in einem cylindrischen oder etwas
                              konischen Pflok p von hartem Holze, den man zuerst in
                              ein eben so weites und tiefes Loch eintreibt, welches in die Mitte des Steines
                              gebohrt wird. Fig.
                                 15, nn – stellt einen solchen
                              Nagel von der Seite, oo von Vorne, und pp einen hoͤlzernen Pflok in
                              groͤßerm Maßstabe dar.
                           9. Der Fig.
                                 12. und 13. abgebildete Wagen besteht aus einem oben weitern und unten engern
                              Kasten abcd, (welcher zum Transport von
                              Steinkohlen oder Kalksteinen gewoͤhnlich von Eisenblech mit hoͤlzernen
                              Rahmen gemacht wird) und einem aus eichenen Bohlen zusammengefuͤgten
                              Bodenstuͤke ef, an welchem von unten zwei
                              eiserne Achsen gg befestigt sind, woran die
                              kleinen und sehr schmalen Raͤder von Gußeisen RR laufen. Vorne und Hinten sind zwei eiserne Haken h, h befestigt, an welchen die Zugstraͤnge des vorgespannten
                              Pferdes eingehaͤngt werden, so daß der Wagen, ohne umzukehren, vor-
                              und ruͤkwaͤrts gezogen werden kann. Beym Abwaͤrtsfahren werden
                              die Raͤder auf eine aͤhnliche Art, wie ich beschrieben habe, gehemmt,
                              oft auch nur mittelst einer zwischen den Speichen beider Raͤnder
                              durchgestekten hoͤlzernen Stange.
                           10. Die Bahn fuͤr die Pferde zwischen den beiden eisernen Schienen mm wird, wie Fig. 13. andeutet, mit
                              Kies ausgefuͤllt, welcher durch die aufstehenden Raͤnder zusammen
                              gehalten wirdUm das
                                    Regenwasser ablaufen zu lassen, werden von 20 zu 20 Fuß kleine
                                    Abzugoͤffnungen unter den eisernen Schienen angebracht..
                              Die Breite dieses Ziehweges zwischen den Trams hat gewoͤhnlich 3 1/2 Fuß, an
                              einigen Orten noch weniger. Doch ist eine zu schmale Bahn fuͤr die Pferde
                              nicht vortheilhaft, weil sie an den aufstehenden Platten leicht mit den
                              Fuͤssen anstreifen, sich stossen und verwunden.
                           
                           Die 16te Figur
                              ist das Profil einer solchen schmalen Eisenbahn, deren Platten mn durch Grundschwellen von Gußeisen qvvr verbunden und zusammen gehalten sind.
                           Die Gestaltung dieser Grundschwellen, welche die Englaͤnder Slippers (Pantoffel) nennen (nicht Sleepers (Schlaͤfer) wie einige deutsche Reisende
                              irrig uͤbersezt haben) und die Art, wie die Platten oder Laufschienen, von
                              der Seite in die Falze qqss, rrt eingeschoben, durch die uͤberragenden
                              Leisten qq, rr
                              in ihrer paralellen Richtung niedergehalten, dann, je zwei und zwei Enden zusammen,
                              auf den Unterlagern s mit eingesenkten eisernen
                              Naͤgeln befestigt werden, ist im Grundrisse Fig. 17. ersichtlich, und
                              Fig. 18.
                              ist ein besonderes Profil eines solchen Slippers.
                           Wo der Boden sehr fest, und die Eisenbahn nur fuͤr kleine und leichte Wagen
                              bestimmt ist, legt man diese Slippers ohne alle steinere Unterlage unmittelbar in
                              den Grund, und erhaͤlt solchergestalt eine sehr einfache, ganz und rein
                              eiserne Kunststraße.
                           Um fuͤr den aufgeschuͤtteten Kies in der Mitte mehr Tiefe zu erhalten,
                              und das Durchtreten der Pferde auf die eisernen Slippers zu verhuͤten, pflegt
                              man diesen leztern, statt der geraden, hier abgebildeten, Form, auch wohl die
                              Gestalt eines niederwaͤrts gebogenen Zirkel-Segmentes zu geben.
                           11. Nach den genauesten Abmessungen und Berechnungen, die ich mir in
                              South-Wales und Shropshire, bei meinem lezten Aufenthalte daselbst in den
                              Jahren 1815–1816, uͤber die Kosten der so eben beschriebenen flachen
                              Eisenbahnen (Tram-roads), welche Wagen von 30 bis 40 Zentner Ladung fuͤhren, verschafft
                              habe, wiegt eine einzelne Tram-Schiene, welche eine Yard oder 3 Fuß lang, 4
                              1/2 Zoll breit, und 5/8 Zoll dik ist, und einen, in der Mitte 4 Zoll hohen,
                              aufrechtstehenden Rand hat; gewoͤhnlich 56 Pfund; folglich betraͤgt das Gewicht von
                              einem Paar Schienen 112 Pfund, oder gerade einen englischen Zentner. Da nun eine
                              englische Meile 1760 Yards haͤlt, so betraͤgt das zu einer Eisenbahn
                              auf diese Laͤnge erforderliche Gußeisen genau 1760 Zentner oder 88 Tonnen,
                              und kostet, nach dem damaligen Preise von 10 Pfund Sterling fuͤr die Tonne,
                              ohne den Transport, 880 Pfund.
                           Fuͤr die Unterlagen, in Gegenden, wo Steine in der Naͤhe, folglich
                              wohlfeil zu haben sind, fuͤr das Legen der Schienen u. d. gl. und fuͤr
                              das Zurichten des Dammes (auf flachem Lande, wo das Niveau keine bedeutenden
                              Durchstiche oder Aufdaͤmmungen erfordert) rechnet man dort auf die englische
                              Meile 150–200 PfundEine
                                    eigentliche Chaussirung des 5 Fuß breiten Dammes, auf welchem nur die Pferde
                                    zwischen den eisernen Schienen gehen, ist hier gar nicht noͤthig, so
                                    wenig als der Lein- oder Ziehpfad an einem schiffbaren Fluße oder
                                    Kanale einer regelmaͤßigen Chaussirung bedarf.. Folglich
                              kostet die ganze Anlage einer solchen einfach gelegten Eisenbahn 1030 bis 1080,
                              oder, in runder Summe, 1100 Pfund Sterling fuͤr jede englische Meile, ohne
                              den Ankauf des Grundes. Legt man aber diese Bahnen doppelt, wie solches bei einem
                              lebhaften Verkehre immer noͤthig ist, da die Wagen auf einer Bahn hin, auf
                              der andern zuruͤk gehen, so kostet eine englische Meile 2200 Pfund. Eine
                              erhabene Eisenbahn (Rail-road) nach der oben
                              gegebenen Beschreibung, welche mehr Material und Arbeit erfordert, koͤmmt
                              einfach auf 1500 bis 1800 Pfund, doppelt auf 3000 bis 3600 Pfund Sterling zu stehen.
                              Dieß ist indessen nur von solchen Eisenbahnen zu verstehen, welche in flachen
                              Gegenden angelegt werden, wo zur Herstellung des Niveau's oder
                              gleichfoͤrmigen Steigens und Fallens keine besondern, bedeutenden und kostbaren Erdarbeiten,
                              Bruͤken, oder andere kuͤnstliche Vorrichtungen noͤthig sind,
                              von welchen in der Folge die Rede seyn wird. Auch ist hiebei, wie gesagt, der Ankauf
                              oder Werth des Grundes, welchen diese Eisenbahnen mit ihren Daͤmmen und
                              Ziehpfaden einnehmen, nicht in Anschlag gebracht.
                           12. Was die Unterhaltungskosten der eisernen Bahnen betrift, so sind diese, da das
                              Gußeisen sich sehr langsam abnuzet und vom Roste nicht merklich angegriffen wird, im
                              Vergleiche mit gewoͤhnlichen Straßen aͤußerst unbedeutend, und
                              beschranken sich hauptsaͤchlich nur auf die Erhaltung des Dammes und die
                              Auswechslung der von Zeit zu Zeit gebrochenen Schienen, welche leztere indessen,
                              wenn die erste Vorrichtung auf eine solide Art hergestellt, und das Eisen von guter
                              Qualitaͤt ist, und wenn keine zu schwer beladenen Wagen daruͤber
                              gefuͤhrt werden, nur selten vorkoͤmmt. Ueberhaupt werden diese Kosten
                              hoͤchstens zu einem halben pro Cent des
                              Anlagkapitals berechnet.
                           13. Da auf den bisher beschriebenen Eisenbahnen, wenn sie mit der erforderlichen
                              Genauigkeit angelegt sind, und mit gehoͤriger Sorgfalt von allem Koth und
                              Sande rein gehalten werden, der auf jeder gewoͤhnlichen Straße mehr oder
                              minder betraͤchtliche Widerstand am Umfange der Raͤder außerordentlich
                              vermindert wird, so naͤhern sie sich dem mathematischen Ideal einer
                              vollkommenen, d.h. absolut harten, festen und glatten Straße, und es ist daher wohl
                              zu begreifen, daß auf einer solchen ganz horizontalen, oder mit einem unmerklichen
                              Abhange gelegten Eisenbahn die bedeutendsten Lasten mit einer
                              verhaͤltnißmaͤßig sehr geringen Kraftanstrengung fortgeschaft werden
                              koͤnnen. Die Groͤße dieser Wirkung, oder das Verhaͤltniß
                              zwischen der zur Bewegung noͤthigen Kraft und der gezogenen Last ist nach der
                              mehr oder minder vortheilhaften Construktion der Wagen, der Groͤße der Raͤder und Dike der
                              Achsen, und der mehr oder minder glatten oder rauhen Oberflaͤche der
                              Eisenbahnen verschieden. Der leztere Umstand ist von so großem Einfluße, daß
                              zwischen einer neugelegten Eisenbahn, deren Geleise noch ein wenig rauh vom Guße
                              sind, und einer altern, deren Schienen durch laͤngern und taͤglichen
                              Gebrauch abgeglaͤttet und gleichsam polirt sind, ein bedeutender Unterschied
                              hinsichtlich der zum Zuge erforderlichen Kraft statt findet. Eben so auffallend und
                              merkwuͤrdig ist die in England allgemein bekannte Erfahrung, daß der Zug auf
                              allen Eisenbahnen bei trokenem Wetter um Vieles schwerer geht, als wenn die Schienen
                              durch Regen benezt und vom Staube abgewaschen sind. Im leztern Falle zieht dasselbe
                              Pferd auf derselben Bahn 80 Zentner, wenn es im ersten nur 60 fortzuschaffen
                              vermagSo ist es auch
                                    nur die vollkommene Haͤrte und Glaͤtte des Eises und der im
                                    gefrornen Schnee ausgefahrnen und polirten Geleise, welche das
                                    Schlittschuhlaufen und den Schlittenzug so außerordentlich erleichtern.
                                    Bestreut man solche Flaͤchen mit Etwas Asche oder mit dem feinsten
                                    Sande (wie man bei Glatteis zu thun pflegt, um das Fallen der Menschen und
                                    Thiere zu verhuͤten) so verschwindet diese Leichtigkeit des
                                    Schleifens oder Schluͤpfrigkeit auf der Stelle. Gut gelegte und durch
                                    laͤngern Gebrauch polirte eiserne Schienen gleichen in dieser
                                    Hinsicht dem Glatteise, und uͤbertreffen die beste Schnee-
                                    oder Schlittenbahn. Wenn nun auf der Leztern die Reibung, welche doch eine
                                    schleifende ist, schon ungleich geringer sich zeigt als die rollende Reibung
                                    der Wagenraͤder auf der besten Landstraffe, so wird es begreiflich,
                                    daß eine rollende Reibung auf einer eis- oder spiegelglatten Flache
                                    (wie eine Eisenbahn in gutem Stande ist) noch weit unbedeutender seyn
                                    muͤsse, und daß folglich auf einer solchen Bahn ein Wagen, dessen
                                    Raͤder vollkommen rund und eben so glatt sind, zehnmal leichter
                                    fortgezogen wird als ein mit derselben Ladung beschwertes Fuhrwerk auf der
                                    besten Chaussee, deren Oberflaͤche, selbst in ihrem moͤglichst
                                    vollkommenen Zustande, doch immer, sowohl an Haͤrte als an
                                    Glaͤtte, unendlich weit hinter Eis- und Eisenbahnen stehet.
                                    – Dieses einfache Raisonnement enthaͤlt und erklaͤrt
                                    die ganze physische Theorie der Eisenbahnen, welche in Hinsicht auf
                                    Erleichterung des Transportes die fuͤrtreflichsten und vollkommensten
                                    Chausseen ohngefaͤhr eben so weit uͤbertreffen, als diese
                                    leztern einen ganz ungemachten Weg uͤber Bruchgruͤnde,
                                    Sand- oder Sumpf-Land. –.
                           
                           Die Eisenbahnen unterscheiden sich also auch darin wesentlich und sehr vortheilhaft
                              von den gewoͤhnlichen Straßen, daß sie, statt, wie diese, durch
                              Abnuͤzung und Regen schlechter zu werden, gerade hiedurch sich merklich
                              verbessern.
                           14. Bei so vielen verschiedenen und veraͤnderlichen Umstaͤnden, welche
                              auf die Wirkung der Eisenbahnen Einfluß haben, ist es unmoͤglich, den
                              Widerstand der auf denselben gezogenen Fuhrwerke, oder das Verhaͤltniß der
                              erforderlichen Zugkraft zur fortgebrachten Last allgemein genau zu bestimmen, und es
                              ist daher kein Wunder, wenn dieses Verhaͤltnis von verschiedenen Fuhrleuten,
                              Werkmeistern und Ingenieurs in England, und nach diesen auch von verschiedenen
                              Reisenden und Schriftstellern auf eine sehr voneinander abweichende Art angegeben
                              wird, besonders da dort die meisten Eisenbahnen mit einem schwachen,
                              gleichfoͤrmig vertheilten, Gefaͤlle angelegt werden, dessen
                              Neigungswinkel, nach den Umstaͤnden der Lokalitaͤt, bald Etwas
                              groͤßer, bald Etwas kleiner ausfaͤllt; und so ist es begreiflich, daß
                              man an einigen Orten 60 Zentner, an andern 80, wieder an andern 100, 120 und mehr
                              Zentner Ladung auf ein Pferd von mittlerer Starke fuͤr den Zug
                              abwaͤrts rechnet, und daß alle diese Angaben (jede fuͤr ihre besondern
                              Verhaͤltnisse) auch richtig seyn koͤnnen. Bei dem
                              gewoͤhnlichsten Gefaͤlle von 3/16 Zoll auf eine Yard, oder 3/4 Linien
                              auf einen Fuß, oder 1 Fuß auf 192, zieht ein gutes Pferd, mit einer Anstrengung, wobei es im starken
                              Schritte taͤglich 2 Schichten, jede von 4 Stunden, machen kann, auf einer gut
                              unterhaltenen Eisenbahn abwaͤrts, bei trokenem Wetter, hoͤchstens 4
                              Tonnen oder 80 Zentner, bei Regenwetter 100 bis 110 Zentner; auf einer ganz
                              horizontalen, gleich guten Bahn hingegen (wie z.B. auf der 16 Meilen langen
                              Eisenbahn zwischen Wandsworth und Croydon in der Grafschaft Surrey bei London) nur
                              60 Zentner bei trokner, und 80 Zentner bei nasser Witterung, also ungefaͤhr
                              fuͤnf bis siebenmal so viel als auf einer gewoͤhnlichen guten
                              LandstraßeHiemit stimmt
                                    auch die Erfahrung an den seit einigen Jahren in Ober-Schlesien
                                    vorgerichteten, vollkommen wagrecht gelegten, Eisenbahnen uͤberein,
                                    auf welchen ein Pferd auf einem ziemlich großen und schweren Wagen mit hohen
                                    Raͤdern 60 Zentner zieht.; doch werden hierbei die Thiere
                              viel weniger angegriffen und koͤnnen es langer aushalten, weil sie keine
                              jener heftigen Stoͤsse und Erschuͤtterungen zu leiden haben, welchen
                              sie auf ordinaͤren Straßen bestaͤndig ausgesezt sind, und weil der
                              Widerstand gleichfoͤrmig ist. Rechnet man das Gewicht der beiden Wagen, auf
                              welchen jene Ladungen vertheilt sind, zu 20 Zentner, so ist im leztern
                              (guͤnstigsten) Falle die ganze von einem Pferde gezogene Last 100 Zentner,
                              oder (da der englische Zentner 112 Pfund haͤlt) 11200 Pfund. Wenn nun die
                              unmittelbare vom Pferde ausgeuͤbte Kraft 175 Pfund betraͤgt (was man
                              unter obigen Umstaͤnden bei starken Fuhrpferden gewoͤhnlich annimmt)
                              so ergiebt sich das Verhaͤltniß der bewegenden Kraft zur ganzen bewegten
                              Last, wie 1 zu 64.
                           15. Das sicherste und genaueste Maß dieses Verhaͤltnisses giebt indessen
                              diejenige Neigung der Bahn gegen den Horizont, bei welcher die beladenen Wagen von
                              selbst hinab zu laufen anfangen, und wo folglich die Tendenz der Schwere dem
                              gesammten Widerstande aller Reibungen gleich koͤmmt, weshalb dieser Neigungswinkel
                              auch der Friktionswinkel genannt wird.
                           
                              
                                 Nennt man diesen Winkel
                                  a,
                                 
                              
                                 Den gesammten Widerstand des Fuhrwerkes
                                  F,
                                 
                              
                                 Die ganze Last, naͤmlich Ladung und Wagen
                                  M,
                                 
                              
                           
                              
                                 so hat man F
                                 = M. sin a; denn es ist
                                 
                              
                                              F : M
                                 = sin a : 1; das heißt:
                                 
                              
                           Der Widerstand des Fuhrwerks verhaͤlt sich zur ganzen Last wie der Sinus
                              dieses Neigungswinkels zum Radius, oder, in technischer Sprache: wie das Steigen der
                              Straße zu ihrer Ausladung.
                           Hat man daher an irgend einer bestehenden Vorrichtung diesen Reibungswinkel durch
                              Versuche ausgemittelt, so hat man ohne alle weitere Berechnung und Untersuchung auch
                              das genaue Verhaͤltniß praktisch gefunden, in welchem auf einer ganz
                              wagrechten Flaͤche derselben Art, unter uͤbrigens gleichen
                              Umstaͤnden, die bewegende Kraft P zur
                              fortgeschafften Last M stehet. Es ist
                              naͤmlich
                           P = F = M. sin a,
                           und, wenn, auf einer gegebenen Laͤnge L, das Steigen oder Gefaͤlle h heißt,
                           
                              P = M. h/L.
                              
                           Einige Versuche, welche in dieser Absicht waͤhrend meines lezten Aufenthaltes
                              in England an den beruͤhmten Eisenhuͤttenwerken der Herrn Crawshay zu
                              Cyfarthfa bei Merthyr-Tydvil in der Grafschaft Glamorgan in Suͤdwales
                              angestellt wurden, gaben folgende Resultate: Auf einer mit gehoͤriger
                              Sorgfalt zugerichteten Tram-road gieng ein beladener Wagen, dessen
                              Raͤder 28 Zoll, und dessen Achsen 2 1/2 Zoll im Durchmesser hatten und gut
                              geschmiert waren, durch sein eigenes Gewicht herab, wenn auf die Laͤnge einer
                              Kette (Chain) von 22 Yards oder 66 Fuß das Steigen 9,6 Zoll betrug. Hier
                              war also
                           sin a oder h/L = 9,6/792 =
                              1/82,5, und P : M = 1 :
                              82,5.
                           Auf derselben Eisenbahn mußte einem Wagen mit 22 Zoll hohen Raͤdern und 2 Zoll
                              diken Achsen ein Gefaͤlle von 9,7 Zoll gegeben werden; folglich war
                           sin a = h/L = 1/81,6, und P
                              : M = 1 : 81,6.
                           Ein anderer Wagen mit 20 Zoll hohen Raͤdern und 2 Zoll diken Achsen lief bei
                              einem Steigen von 10 Zoll; also war
                           sin a = h/L = 1/79,2, und P
                              : M = 1 : 79,2.
                           Derselbe Wagen mit 18 Zoll hohen Raͤdern und 2 Zoll diken Achsen erforderte
                              ein Gefaͤlle von 11,9 Zolle; folglich war
                           sin a = h/L = 1/66,5, und P
                              : M = 1 : 66,5, u.s.w.
                           Woraus man sieht, daß hier auf die Hoͤhe der Raͤder, oder eigentlich
                              auf das Verhaͤltniß ihrer Durchmesser zu jenen der Achsen, d.h. auf das
                              statische Moment der Achsenreibung sehr Vieles ankoͤmmt, welches auch
                              begreiflich ist, da diese Reibung bei einem Fuhrwerk auf Eisenbahnen den
                              vorzuͤglichsten Widerstand ausmacht.
                           16. Das arithmetische Mittel aus den hier angefuͤhrten vier Versuchen giebt
                              das Verhaͤltniß der noͤthigen Kraft zur gesammten Last: 1 zu 77,45;
                              folglich M = 77,45. P.
                              
                           Wenn also zwey Pferde, nach obiger Annahme, zusammen eine Kraftanstrengung von 350
                              Pfund ausuͤben, so ziehen sie auf einer vollkommen wagerechten englischen
                              Eisenbahn an Ladung und Wagen ein Gewicht von 77,45 × 350 = 27107 1/2
                              Pfund.
                           Einer unserer vorzuͤglichsten wissenschaftlichen Schriftsteller in diesem Fache der Mechanik,
                              der hessische Straßenbau-Inspektor, Herr Kroͤncke giebt in seinem
                              Versuche einer Theorie des Fuhrwerkes etc. (Giessen 1800 – §.
                              §. 110–113.) nach sorgfaͤltig angestellten Beobachtungen, auf
                              einer gehoͤrig bekieseten und gut unterhaltenen wagerechten Chaussee P = 0,113. M. und M = 8,8338. P. folglich
                              fuͤr zwei Pferde, bei gleicher Anstrengung, M =
                              8,8338 × 350 = 3091,8 Pf.
                              
                           Hieraus ergiebt sich das Verhaͤltniß der Wirkung einer englischen Eisenbahn
                              (in ihrem besten Zustande) zur Wirkung einer guten gewoͤhnlichen Landstraße,
                              wie 8,76 zu 1; d.h. auf einer wagerechten Eisenbahn wird mit demselben
                              Kraft-Aufwande eine 8,76 mal groͤßere Last (Ladung und Wagen zusammen)
                              fortgeschafft als auf einer guten wagrechten Chaussee; oder: Ein Pferd zieht auf
                              einer solchen Eisenbahn mehr als acht gleich starke Pferde auf einer Chaussee im
                              besten Zustande.
                           17. Wenn ein bestaͤndiger Zwek durch zwei verschiedene Vorrichtungen zu
                              erreichen stehet, und die Frage entschieden werden soll, welche von beiden in
                              oͤkonomischer Hinsicht den Vorzug verdiene, so koͤmmt es offenbar
                              nicht so sehr auf die erste Auslage, als auf die jaͤhrliche Summe der
                              bestaͤndig fortlaufenden Kosten an, und diejenige Anlage ist unstreitig die
                              vortheilhafteste, mittelst welcher die beabsichtigte Wirkung auf die vollkommenste
                              Art, und zugleich mit dem geringsten Aufwande (in dem eben genannten Sinne) erhalten
                              wird.
                           Um nun aus diesem Gesichtspunkte eine richtige Vergleichung zwischen einer
                              gewoͤhnlichen Chaussee und einer englischen Eisenbahn anzustellen, wollen
                              wir, ohne uns in allgemeine und zu verwikelte Berechnungen oder Formeln zu
                              verlieren, den bestimmten Fall annehmen: es sollte zur moͤglichsten
                              Erleichterung und Befoͤrderung eines Verkehrs von bestimmter Ausdehnung
                              zwischen zweien gegebenen Punkten, in einer Gegend, wo noch kein gemachter Weg existirt, eine
                              neue kommerzielle Verbindung hergestellt werden, und es handle sich darum,
                              vorlaͤufig zu entscheiden, ob diese Verbindung mittelst einer
                              gewoͤhnlichen Landstraße, oder mittelst einer Eisenbahn (nach der hier
                              beschriebenen englischen Bauart) mit groͤßerm Vortheil zu bewirken sey.
                           Es sey z.B. die Entfernung der beiden Punkte in der Richtung der anzulegenden Straße
                              5 deutsche Meilen, oder 10 geometrische Stunden (die Stunde in baierischem Maaße zu
                              12703 Fuß), die Gegend ziemlich flach, der Grund von mittlerm Werthe, die Preise der
                              Arbeit, Materialien und Fuhrloͤhnungen, wie gegenwaͤrtig in den
                              meisten Provinzen von Altbaiern, und die Quantitaͤt der jaͤhrlich auf
                              der neuen Straße zu verfahrenden Guͤter und Produkte 600,000 Zentner. Die
                              Straße soll von Bruchsteinen aufgefuͤhrt werden, wozu das Material in
                              maͤßiger Entfernung zu haben ist.
                           Nach einer auf vieljaͤhrige Erfahrung und Beobachtungen gegruͤndeten
                              Berechnung, welche ein in diesem Fache ausgezeichneter Geschaͤftsmann in
                              koͤnigl. baierischem Staats-Dienste mir mitzutheilen die
                              Gefaͤlligkeit hatte, sind die Anlagkosten fuͤr eine
                              Stundenlaͤnge einer solchen Straße, bei den gewoͤhnlichsten
                              Mittelpreisen, folgende:
                           
                              
                                 1)
                                 fuͤr den Ankauf des noͤthigen Grundes von 12 bauerischen Morgen oder Tagwerken, das Tagwerk zu 40,000 Quadratfuß im Werthe
                                    zu 250 fl.
                                   3000 fl.
                                 
                              
                                 2)
                                 fuͤr Planirung und Zurichtung des Grundes, Durchschneidung kleiner Huͤgel, Formirung der Graben, und saͤmmtliche Erdarbeiten.
                                 10000 fl.
                                 
                              
                                 3)
                                 Bildung des Straßenkoͤrpers von Steinen, 20 Fuß breit, 1 1/2 Fuß tief, Kleinschlagen der Steine, und Einebenen der Fahrbahn.
                                 20280 fl.
                                 
                              
                                 4)
                                 Mauerarbeiten an kleinen Bruͤken, Durchlaͤssen u. d. gl.
                                   3000 fl.
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 36280 fl.
                                 
                              
                           
                           Demnach kostet der Bau der 10 Stunden langen Straße 362800 fl.
                           Die jaͤhrlichen bestaͤndigen Auslagen bestehen in den Zinsen des auf
                              den ersten Bau verwendeten Kapitals, und den Kosten der Unterhaltung. Fuͤr
                              leztere kann, nach Berechnung desselben Bauverstaͤndigen, bei einer so
                              starken Benuͤzung und bei ziemlich gutem Material, folgender Aufwand im
                              Durchschnitt auf eine Stundenlaͤnge angenommen werden:
                           
                              
                                 1) fuͤr einen Wegmacher (NB. Ein Wegmacher fuͤr 2 Stunden gerechnet)
                                       75 fl.
                                 
                              
                                 2) 2 Gehuͤlfen
                                       50 fl.
                                 
                              
                                 3) fuͤr 800 Material-Fuhren zu 48 Kr.
                                     640 fl.
                                 
                              
                                 4) fuͤr Aufsicht
                                       10 fl.
                                 
                              
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 
                                     775 fl.
                                 
                              
                                 Fuͤr die ganze Laͤnge von 10 Stunden betragen daher die Unterhaltungs-Kosten
                                   7750 fl.
                                 
                              
                                 Die Interessen des verwendeten Anlag-Kapitals zu fuͤnf vom Hundert
                                 18140 fl.
                                 
                              
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 also die saͤmmtlichen jaͤhrlichen Kosten der Straße
                                 25890 fl.
                                 
                              
                           Hiezu kommen nun die Kosten des Fuhrwerkes, der noͤthigen Pferde und Knechte
                              nebst Zeug und Geschirr, naͤmlich fuͤr 25,000 zweispaͤnnige
                              Fuhren (24 Zentner auf jede Fuhr gerechnet) jede Fuhr auf obige Laͤnge, nach
                              einem Mittelpreise zu 4 fl. angenommen, 100,000 fl. Folglich ist die ganze
                              jaͤhrliche Auslage 125,890 fl.
                           Wird diese Summe auf die jaͤhrlich verfuͤhrten 600,000 Zentner
                              vertheilt, so ergiebt sich der eigentliche Kosten der Fracht fuͤr einen
                              Zentner zu 12,578 Kreuzer.
                           18. Wir wollen nun annehmen, es sollte an derselben Stelle eine Eisenbahn nach
                              englischer Art mit platten Schienen, und zwar, wie es bei jedem starken Verkehre
                              gewoͤhnlich und
                              noͤthig ist, doppelt fuͤr die hin und zuruͤkgehenden Wagen
                              vorgerichtet werdenWo der Verkehr
                                    weniger lebhaft ist, und, (auf kurzen Streken) die Einrichtung getroffen
                                    werden kann, daß dieselben Wagen sich nie begegnen, indem sie z.B. einen Tag
                                    hin, den andern zuruͤk, oder Vormittags hin, Nachmittags
                                    zuruͤk gehen, legt man die Eisenbahnen einfach, und ihre Anlage
                                    kostet alsdann nur ohngefaͤhr die Haͤlfte, doch braucht man
                                    eine desto groͤßere Anzahl von Wagen. Man kann aber auch eine
                                    einfache Bahn so einrichten, daß die sich begegnenden Wagen auf besondern
                                    kurzen Nebenbahnen, welche in bestimmten Entfernungen voneinander angebracht
                                    werden, und mit der Hauptbahn von der Seite in Verbindung stehen, sich
                                    ungehindert ausweichen koͤnnen, wie in der Folge dieses Werkes
                                    gezeigt werden wird. Doch ist mit dieser Anordnung ein bedeutender
                                    Zeitverlust verbunden, weil ein Zug immer so lange warten muß, bis der
                                    andere an der selben Stelle angekommen und voruͤber ist.,
                              so giebt die Berechnung, unter denselben Voraussezungen, die Kosten der Anlage, wie
                              folgt:
                           
                              
                                 1)
                                 Da der Straßendamm nur 10 Fuß breit werden darf, auch die Graͤben zu beiden Seiten nicht so groß wie bei einer Chaussee zu seyn brauchen, so sind 6 Morgen Grund fuͤr jede Stundenlaͤnge hinreichend, folglich kostet der Ankauf des Grundes 6 × 250 =
                                   1500 fl.
                                 
                              
                                 2)
                                 Die noͤthigen Erdarbeiten
                                   5000 fl.
                                 
                              
                                 3)
                                 Da der Damm nicht unmittelbar von Wagen befahren, nur von Pferden (und zwar weit weniger als eine gewoͤhnliche Straße) betreten wird, so bedarf derselbe keiner ordentlichen Chaussirung, und braucht nur als Trottoir oder Zieh-Pfad zugerichtet zu werden, wofuͤr man auf die Stunde rechnen kann
                                   5000 fl.
                                 
                              
                                 
                                    
                                    
                                 
                                 
                                 
                              
                                 4)
                                 Mauerarbeiten koͤnnen betragen
                                   2000 fl.
                                 
                              
                                 5)
                                 Wenn die steinernen Unterlagen fuͤr die eisernen Schienen von 3 zu 3 Fuß angebracht werden, so braucht man fuͤr jede Laͤnge von 3 Fuß 4 kubische Steinbloͤke, also fuͤr die Laͤnge einer Stunde 19936 solcher Bloͤke oder Wuͤrfel von 12 Zoll. Unter der angenommenen Voraussezung, daß hiezu taugliche Sand-, Kalk- oder andere Steinarten in einer maͤßigen Entfernung gebrochen werden, kann ein solcher Blok, rauh behauen, und nur auf seiner obern Flaͤche glatt gemeisselt, fuͤr 30 Kreuzer an Ort und Stelle geliefert, und fuͤr 6 Kreuzer eingegraben und in seiner gehoͤrigen Lage befestigt werden. Demnach kosten saͤmmtliche Unterlagen
                                 10161 fl. 36 kr.Wo die
                                          Steine noch hoͤher zu stehen kommen, da koͤnnen
                                          Grund-Schwellen von Eichenholz, nach der auf der ersten
                                          Kupfertafel angezeigten Weise, zur Unterlage fuͤr die
                                          eisernen Schienen gelegt werden, welche Unterlager zwar nicht so
                                          dauerhaft als Steine, aber in den meisten Gegenden ungleich
                                          wohlfeiler sind. 
                                 
                              
                                 6)
                                 Wenn auf der Eisenbahn Wagen mit 36 bis 40 Zentner beladen gefuͤhrt werden sollen, und das Gußeisen von guter Beschaffenheit ist, so ist fuͤr die Starke und Sicherheit hinlaͤnglich gesorgt, wenn jede einzelne Schiene von 3 Fuß Laͤnge 48 Pfund (baier. Maaß und Gewicht) wiegtIn
                                          England, wo das Fußmaß groͤßer und das Gewicht kleiner ist,
                                          wiegt eine 3 Fuß lange Schiene (Tram-plate) von der staͤrksten Art
                                          gewoͤhnlich 56 Pfund (s. 9.). Da nun zu einer doppelten Eisenbahn vier Reihen von solchen Schienen nebeneinander gelegt werden muͤssen, welche zusammen fuͤr eine Stunde Weges eine Laͤnge von 50812 Fuß haben, so werden 16938 Schienen erfordert, deren gesammtes Gewicht 8140 Zentner betraͤgt. Rechnet man, nach unsern Mittelpreisen, den Zentner Gußwaaren dieser Art, mit Transport, zu 8 fl., so kosten die Schienen fuͤr eine Stunde
                                 65120 fl.
                                 
                              
                                 7)
                                 Fuͤr das Zurichten, Legen und Befestigen der Schienen, mit Einschluß der hiezu erforderlichen eisernen Naͤgel, deren 5 bis 6 auf ein Pfund gehen, kann man auf jede Stunde rechnen
                                   2500 fl.
                                 
                              
                           Die Zusammenstellung aller dieser Kosten giebt die Summe von 81120 fl. 36 kr.
                              fuͤr eine Stunde oder halbe deutsche MeileDaß dieser
                                    Kostenanschlag den oben (11.) fuͤr die englischen Eisenbahnen
                                    angegebenen merklich uͤbersteigt, ruͤhrt daher, daß das in
                                    England mit Coaks erzeugte Gußeisen weit wohlfeiler ist, indem die Tonne zu
                                    20 Zentner nur 10 Pfund Sterling oder 110 fl. also der Zentner 5 1/2 fl.
                                    kostet, und daß dort fuͤr den Ankauf des Grundes Nichts angesezt
                                    ist., folglich fuͤr die ganze Anlage von 10 Stunden 811200
                              fl.
                           Hiezu koͤmmt noch die Beischaffung von 50 besondern Wagen mit Raͤdern
                              von Gußeisen und Achsen von geschmiedetem Eisen, jeder zu 250 fl. gerechnet, mit
                              12500 fl. und sohin ergiebt sich die ganze Auslage fuͤr den Bau und die
                              Zurichtung dieser Eisenbahn mit einer Totalsumme von 823700 fl. 36 kr.
                           Die jaͤhrlichen Auslagen bestehen nunmehr
                           
                              
                                 a) in den Zinsen des auf die Anlage verwendeten Kapitals zu 5 pro Cent 
                                 41185 fl.
                                 
                              
                                 b) in den Kosten der Unterhaltung (1/2 pro Cent desselben Kapitals)
                                   4118 1/2 fl.
                                 
                              
                                 c) im Unterhalte der Pferde und Knechte, oder in den eigentlichen Bespannungskosten. –
                                 
                                 
                              
                           
                           Wenn ein Pferd 60, also zwei Pferde 120 Zentner ziehen, so sind zu dem
                              jaͤhrlichen Transporte von 600000 Zentner 5000 zweispaͤnnige Fuhren
                              noͤthig. Jede dieser Fuhren kann leicht in einem Tage gemacht werden, und,
                              wenn man, mit Abzug der Sonn- und Feyertage, 300 Arbeitstage im Jahr annimmt,
                              so muͤssen taͤglich 16 2/3, oder 17 solcher Fuhren den Weg
                              zuruͤklegen, welche zu ihrer Bespannung 34 Pferde und 17 Knechte erfordern.
                              Hier zu Lande kostet die Unterhaltung von ein Paar starken Zugpferden (bei Mittlern
                              Haber- und Heupreisen) jaͤhrlich 550 fl., und die Loͤhnung
                              eines Fuhrknechtes betraͤgt 360 fl. des Jahres. Folglich kommen die
                              jaͤhrlichen Bespannungskosten auf
                           17 × 910 = 15470 fl.
                           und die ganze jaͤhrliche Auslage ist 60773 fl.
                           Wird diese Summe auf die jaͤhrlich verfuͤhrten 600000 Zentner
                              vertheilt, so ergiebt sich die Fracht fuͤr einen Zentner mit 6,077 Kreuzer,
                              also um 6,501 Kreuzer (d.i. mehr als die Haͤlfte) wohlfeiler als auf einer
                              gewoͤhnlichen Landstraße.
                           Aus dieser vergleichenden Berechnung geht also hervor, daß zwar die erste Auslage
                              fuͤr den Bau einer doppelten (englischen) Eisenbahn mit Einschluß der Wagen,
                              im angenommenen Falle, ohngefaͤhr 2 1/4 Mal so viel als fuͤr eine
                              Chaussee von gleicher Laͤnge betraͤgt, die eigentlichen Frachtkosten
                              aber dennoch um 53 pr. Cent geringer sind, indem die Summe der jaͤhrlichen
                              Auslagen um die Haͤlfte weniger betraͤgt. In dem hier angenommenen
                              Falle zeigt sich schon ein Unterschied von jaͤhrlich 76136 fi.; und da diese
                              Ersparniß ganz allein von der so betraͤchtlichen Verminderung der
                              Bespannungskosten herruͤhrt, so muß der Vortheil zu Gunsten der Eisenbahnen
                              desto bedeutender ausfallen, je groͤßer die Quantitaͤt der auf derselben jaͤhrlich
                              transportirten Waaren und Produkte ist.
                           19. Außer diesen mechanischen und oͤkonomischen Vortheilen haben die
                              Eisenbahnen noch zwei besondere, fuͤr die Bequemlichkeit, Sicherheit und
                              Beschleunigung jeder Spedition hoͤchst wichtige und schaͤzbare,
                              Vorzuͤge vor den gewoͤhnlichen Straßen:
                           
                              1) Gewaͤhren diese Bahnen die vollkommenste Sicherheit vor
                                 allen Ungluͤksfaͤllen durch Umwerfen, Erschuͤtterung oder
                                 Beschaͤdigung der geladenen Waaren, indem die Wagen in ihren Geleisen,
                                 wie in einer Coulisse, so eingesperrt laufen, daß sie, selbst wenn die
                                 Fuͤhrer und die Pferde es geflissentlich darauf anlegen wollten, diese
                                 Geleise weder verlassen, noch auf denselben umgeworfen werden koͤnnen.
                                 Die Bewegung selbst ist, wenn die Fugen der Schienen genau aneinander gepasset
                                 sind, auch bei schnellerm Zuge, so sanft, daß die zerbrechlichsten
                                 Gegenstaͤnde, z.B. Glas, Porzellan, Flaschen, u. d. gl. ohne besondere
                                 Vorsicht gepakt, hundert Meilen weit mit der vollkommensten Sicherheit
                                 gefuͤhrt werden koͤnnten.
                              2) Kann eben darum der Transport auf den Eisenbahnen bei jeder
                                 Witterung und zu jeder Jahreszeit (bei sehr tiefem Schnee ausgenommen, wo man
                                 aber auch mit dem gewoͤhnlichen Fuhrwerke nicht fortkoͤmmt)
                                 ununterbrochen, und, wenn es die Umstaͤnde erfordern, Tag und Nacht mit
                                 der groͤßten Sicherheit fortgehen, wenn man naͤmlich von Station
                                 zu Station frische Pferde vorspannt; und auf diese Art kann die Spedition aller
                                 Waaren und Kaufmannsguͤter mit der Schnelligkeit der gewoͤhnlichen
                                 Diligencen betrieben werden. –
                              
                           20. Es wuͤrde mich zu weit von meinem Ziele abfuͤhren, wenn ich zur
                              Vergleichung der englischen Eisenbahnen mit schiffbaren Kanaͤlen hier auch uͤber die
                              Baukosten dieser leztern eine ausfuͤhrliche Berechnung aufstellen wollte, und
                              ich muß daher meine Leser bitten, sich zu diesem Behufe gegenwaͤrtig mit
                              einer uͤberhauptigen Angabe, als dem Resultat eines detaillirten
                              Kostenanschlages zu begnuͤgen, welchen jeder mit diesem Zweige der
                              Wasserbaukunst hinlaͤnglich bekannte Ingenieur selbst nachrechnen kann, und
                              welchen ich auch auf Verlangen Jedem vorzulegen erboͤthig bin. Nach diesem
                              Anschlage duͤrfte in einer ziemlich flachen Gegend, und unter allen
                              uͤbrigen, oben (§. 17.) vorausgesezten, Umstaͤnden (wo nur drei
                              Schleusten auf jede Meile noͤthig sind, und die Zuleitung des erforderlichen
                              Wassers an die hoͤchsten oder Theilungspunkte keine außerordentlichen
                              Schwierigkeiten leidet, wo keine Schiffahrt unter der Erde durch gewoͤlbte
                              Stollen, noch uͤber der Erde auf Kanal-Bruͤken oder Aquedukten
                              vorkoͤmmt) jede Stundenlaͤnge eines Kanals von den in England
                              gewoͤhnlichen kleinen Dimensionen fuͤr Barken von 400–500
                              Zentner Ladung, mit dem Ankaufe des hiezu erforderlichen Grundes, mit verschiedenen
                              Entschaͤdigungen an Muͤller u.a., und mit allen zugehoͤrigen
                              Arbeiten und Vorrichtungen wenigstens 150000 fl., folglich der ganze Kanal von der
                              angenommenen Laͤnge von 10 Stunden 1 1/2 Millionen Gulden kostenDieser
                                    Anschlag ist gewiß sehr gering. In England wuͤrde ein solcher Kanal
                                    von der wohlfeilsten Bauart nach Herrn Rennie (§. 5. Bd. 6. S. 326.)
                                    230000 Pfund Sterling = 2530000 fl. kosten, da fuͤnf deutsche Meilen
                                    23 englischen gleich sind..
                           Was die Unterhaltung eines solches Kanals betrifft, so laͤßt sich
                              daruͤber zwar im Allgemeinen mit Genauigkeit Nichts bestimmen, doch darf man
                              im Durchschnitte fuͤr die gewoͤhnliche Unterhaltung und Aufsicht, und
                              fuͤr die von Zeit zu Zeit vorfallenden groͤßern Reparaturen wenigstens
                              5 pr. Cent vom
                              Anlagkapital rechnen. (Hr. v. Gerstner nimmt 10 pr. Cent an). –
                           Wenn ein Pferd auf einem solchen Kanale eine Barke mit 500 Zentnern beladen ziehen
                              soll, so kann es nur in sehr langsamen Schritte gehen, weil in einem so
                              beschraͤnkten Raume der Widerstand des vor dem Schiffe sich anstauenden
                              Wassers beinahe im kubischen Verhaͤltnisse der Geschwindigkeit zunimmt. Da
                              uͤberdieß der Durchgang durch jede Schleußt (es mag auf- oder
                              abwaͤrts geben eine betraͤchtliche Zeit erfordert, so wird eine
                              beladene Barks, welche 15 Schleußen zu passiven hat, in einem Tage hoͤchstens
                              fuͤnf Stunden Weges zuruͤk legen, folglich von einem Ende zum andern
                              zwei volle Tage brauchen, welches so viel ist, als wenn durch einen Zug
                              taͤglich 250 Zentner an ihre Bestimmung gebracht wuͤrden. Fuͤr
                              den ganzen Transport von 600000 Zentner wird man demnach 2400 Fuhren, und
                              fuͤr jede Fuhr ein Pferd, einen Fuhrknecht, einen Steuermann und einen
                              Schiffsjungen auf der Barke brauchen. Die taͤgliche Unterhaltung dieses
                              Pferdes mit drei Personen kann, wenn fuͤr das Oeffnen und Schließen der
                              Schleußen keine besondere Bezahlung entrichtet werden darf, 4 fl. kosten. Sohin
                              belaͤuft sich das ganze Fuhrwerk jaͤhrlich auf – 9600 fl.
                           Wir haben also folgende bestaͤndige jaͤhrliche Ausgaben:
                           
                              
                                 1) Die Zinsen von 1 1/2 Millionen zu 5 vom Hundert
                                   75000 fl.
                                 
                              
                                 2) Unterhaltung und Aufsicht, eben so viel
                                   75000 fl.
                                 
                              
                                 3) Fuhrwerk
                                     9600 fl.
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––
                                 
                              
                                 
                                 159600 fl.
                                 
                              
                           welche Summe auf die jaͤhrlich transportirten 600000
                              Zentner vertheilt, die Kosten der Fracht fuͤr einen Zentner zu 15,95 oder
                              beinahe 16 Kreuzer auswirft, also fast 2 3/4 Mal so viel als auf der Eisenbahn.
                           
                           21. Hieraus ergibt sich, daß unter den angenommenen Umstaͤnden und
                              Verhaͤltnissen der Transport auf dem Kanale um fast ein Viertel theurer als
                              auf der gewoͤhnlichen Landstraße, und beinahe dreimal theurer als auf einer
                              englischen Eisenbahn seyn wuͤrde, und daß also in einem solchen Falle die
                              leztere die vortheilhafteste und im eigentlichen Sinne wohlfeilste Anlage
                              waͤre.
                           In einer gebuͤrgigten Gegend, wo die Anlage eines gegrabenen Kanals noch weit
                              groͤßere Kosten verursachen, und wo zugleich die Fahrt auf demselben noch
                              mehr erschwert und verzoͤgert wuͤrde, muͤßte begreiflichermaßen
                              dieser Unterschied zu Gunsten der Eisenbahnen noch um Vieles bedeutender
                              erscheinen.
                           Dahingegen kann aber auch, bei einem außerordentlich starken Verkehre, und in einer
                              Lage, wo der Bau eines Kanals mit geringen Kosten verbunden ist, die Ersparniß an
                              Bespannungskosten, worinn der Wassertransport den Transport zu Lande, auf den
                              (gewoͤhnlichen englischen) Eisenbahnen, weit uͤbertrift, so
                              uͤberwiegend werden, daß die Anlage eines Kanals der Vorrichtung einer
                              solchen Eisenbahn in oͤkonomischer Hinsicht vorgezogen zu werden verdient; so
                              wie auch in den meisten Faͤllen, wo kein starker Transport Statt findet, (aus
                              demselben Grunde) der Bau einer gewoͤhnlichen Chaussee vortheilhafter als die
                              Anlage einer Eisenbahn sich bewaͤhren kann, so lange man es nicht dahin
                              gegebracht hat, Eisenbahnen so wohlfeil als gewoͤhnliche Landstraßen zu
                              bauen.
                           Ueberhaupt wird man nicht irren, wenn man nach des Herrn Ritters von Gerstner (des
                              einzigen Schriftstellers, welcher bis jezt diesen wichtigen Gegenstand einer
                              gruͤndlichen Untersuchung gewuͤrdigt hat) Berechnungen, welche mit den
                              meinigen ziemlich nahe uͤbereintreffen, fuͤr die erwaͤhnten
                              drei Arten von Transport
                              in oͤkonomischem Bezuge folgende allgemeine Regel annimmt:
                           Wo auf einer gegebenen Linie uͤber zwei Millionen Zentner jaͤhrlich zu
                              verfuͤhren sind, und die Ausfuͤhrung eines gegrabenen Kanals mit
                              keinen besondern oͤrtlichen Schwierigkeiten und außerordentlichen Kosten
                              verknuͤpft ist, gebuͤhrt diesem vor allen andern bisher bekannten
                              Mitteln zur Erleichterung des Transportes der Vorzug.
                           Bei jedem Fracht-Quantum, welches nicht uͤber zwei Millionen, und nicht
                              unter 150000 Zentner jaͤhrlich betraͤgt, ist der TransportTrasport auf den englischen Eisenbahnen vortheilhafter als auf einem Kanale.
                           Wo hingegen nicht bedeutend mehr als 150000 Zentner jaͤhrlich zu transportiren
                              sind, da kann weder ein Kanal noch eine (englische) Eisenbahn, sondern nur eine
                              gemachte gewoͤhnliche Straße mit Vortheil bestehenMan sehe: Zwei
                                    Abhandlungen uͤber Frachtwaͤgen und Straßen, und uͤber
                                    die Frage, ob, und in welchen Faͤllen der Bau schiffbarer
                                    Kanaͤle, Eisenwege oder gemachter Straßen vorzuziehen sey u.s.w. von
                                    Franz Ritter von Gerstner, k. k. Professor und Wasserbau-Direktor
                                    etc. Prag. 1813. – Der wuͤrdige Herr Verfasser zeigt in diesem
                                    kleinen, doch sehr gehaltvollen, Werke (S. 134.) daß auf dem zwischen
                                    Hohenfurt und Linz zur Verbindung der Moldau mit der Donau projektirten
                                    Kanale von fuͤnf Meilen Laͤnge nicht weniger als vierzehn
                                    Millionen Zentner jaͤhrlich verfuͤhrt werden muͤßten,
                                    um die Frachtkosten nur so weit herab zu bringen, als selbe auf einer
                                    Eisenbahn von derselben Laͤnge und in derselben Richtung sich ergeben
                                    wuͤrden. In diesem Falle wuͤrde jedoch, wie er dabei sehr
                                    richtig bemerkt, noch Jedermann dieselben Vortheile lieber mit einem
                                    Aufwande von 800000 fl. auf dem Eisenweg als mit 5 Millionen Gulden auf dem
                                    Kanale zu erzielen suchen. –.
                           Es koͤnnen aber auch, wie sich von selbst versteht, im ersten und dritten
                              Falle, d.i. wenn das jaͤhrliche Fracht-Quantum weit uͤber 2 Millionen,
                              oder unter 150000 Zentner betraͤgt, Verhaͤltnisse eintreten, wobei die
                              Eisenbahnen doch den entschiedendsten Vorzug behaupten, wenn naͤmlich in
                              einer Gegend, welche groͤßere Schwierigkeiten darbietet, der Bau eines Kanals
                              viel mehr als 150000 fl., oder die Anlage einer Chausee bedeutend mehr als 36000 fl.
                              fuͤr jede halbe deutsche Meile kosten sollte, welches haͤufig genug
                              der Fall seyn duͤrfteWie z.B. bei
                                    dem Kanale von Languedoc, dessen Bau mehr als 236000 fl. fuͤr jede
                                    halbe deutsche Meile gekostet hat, (s. Bd. 6. S. 327.) und wo also auch die
                                    Anlage einer Eisenbahn vortheilhafter gewesen waͤre..
                           22. Die geringern Transportkosten sind aber nicht die einzigen Vorzuͤge, durch
                              welche die bisher beschriebenen Eisenbahnen sich, in den meisten Faͤllen, vor
                              den schiffbaren Kanaͤlen auszeichnen. Sie empfehlen sich noch durch
                              verschiedene andere wesentliche Vortheile, welche den Kanaͤlen mangeln, und
                              sind von vielen Nachtheilen und Unbequemlichkeiten frey, welchen leztere
                              uͤberall unterworfen sind.
                           
                              Fuͤrs 1ste geht der Transport, wie ich bereits erwaͤhnt habe,
                                 weit schneller als auf den Kanaͤlen, wo der Widerstand des Fluidums keine
                                 betraͤchtliche Geschwindigkeit zulaͤßt, wo jede Schleuße einen
                                 Aufenthalt von 8 bis 30 Minuten verursacht, und wo besonders die Fahrt durch
                                 unterirdische Kanaͤle und uͤber die sogenannten
                                 Kanalbruͤken (Ponds-aqueducs) welche
                                 zur Fortsezung des Niveau's an vielen Stellen uͤber Baͤche oder
                                 Thaͤler gebaut werden, aͤußerst langsam und beschwerlich ist, weil
                                 diesen unterirdischen Streken und diesen Kanalbruͤken, zur Verminderung
                                 der Baukosten, meistens nur eine solche Breite gegeben wird, daß ein Schiff
                                 gerade durchkommen kann – lauter Hindernisse und Verzoͤgerungen,
                                 welche bei den
                                 Eisenbahnen nicht vorkommen, auf welchen, da der Widerstand der Reibung durch
                                 groͤßere Geschwindigkeit der Bewegung nicht vermehrt wird, im
                                 staͤrksten Schritte und noͤthigen Falls im Trabbe gefahren werden
                                 kann.
                              2) Da die Eisenbahnen, wenn sie auch doppelt nebeneinander
                                 angelegt werden, nur einen schmalen Strich Landes erfordern, welcher in der
                                 Breite kaum den sechsten Theil derjenigen Flaͤche betraͤgt, den
                                 der kleinste Kanal mit seinen Ziehwegen, Daͤmmen und Boͤschungen
                                 ein nimmt, und da eine Eisenbahn zwischen zweien gegebenen Punkten meistens auch
                                 kuͤrzer ausfaͤllt als ein Kanal, welcher oft durch große Umwege
                                 gefuͤhrt werden muß, so entziehen selbe dem Akerbau nur sehr wenig, und,
                                 wo solche auf einer schon gemachten Straße, oder auf den Fußsteigen an den
                                 Seiten derselben vorgerichtet werden koͤnnen, gar Nichts von Feld-
                                 oder Wiesengruͤnden.
                              3) Die Eisenbahnen sind das ganze Jahr hindurch bei jeder
                                 Witterung zu befahren, da hingegen die Kanaͤle oft Monate lang
                                 eingefroren oder vertroknet sind. Bei sehr tiefem Schnee, welcher den Transport
                                 auf den Erstern eine kurze Zeit hindurch hemmen, jedoch bald wieder abgekehrt
                                 werden kann, sind auch die Kanaͤle mit ihren Ziehwegen voͤllig und
                                 auf laͤngere Zeit unbrauchbar.
                              4) Die Anlage der Eisenbahnen ist nicht so vielen Schwierigkeiten
                                 des Terrains unterworfen, und von unzaͤhligen Hindernissen frey, welche
                                 den Bau eines schiffbaren Kanals oft außerordentlich erschweren, an manchen
                                 Orten ganz unmoͤglich, oder nur mit dem ungeheuersten Aufwande
                                 ausfuͤhrbar machen. Anhoͤhen, welche bei einem Kanalbau mit den
                                 betraͤchtlichsten Kosten durchschnitten, oder mittelst unterirdischer
                                 gewoͤlbter Gaͤnge (Stolln) durchgegraben, oder mit langen Umwegen
                                 vermieden werden
                                 muͤssen; Thaͤler, uͤber welche, zur Fortsezung eines Kanals
                                 im gehoͤrigen Niveau, hohe, breite und kostbare Steindaͤmme, oder
                                 noch kostbarere Kanalbruͤken (ponds-aqueducs) erbaut werden muͤssen, koͤnnen
                                 mit einer Eisenbahn, bei einer schicklichen Vertheilung des Steigens und
                                 Fallens, in der kuͤrzesten Richtung uͤber fahren werden, und wenn
                                 auch hie und da einige Erdarbeiten, Durchschnitte oder Erhoͤhungen
                                 noͤthig werden, sind solche doch bei Weitem nicht so bedenkend und
                                 kostbar wie bei der Anlage eines Kanals.
                              5) Die an den Eisenbahnen vorfallenden Reparaturen sind
                                 aͤußerst unbedeutend, und wenn auch zuweilen eine eiserne Schiene entzwei
                                 springt oder bricht, so bleibt doch immer der volle Werth des Materials, und es
                                 ist nur der unbedeutende Gießerlohn verloren; die gebrochene Schiene kann durch
                                 eine neue von demselben Guße (deren ein hinlaͤnglicher Vorrath
                                 bestaͤndig bereit liegen muß) auf der Stelle ersezt werden, und der
                                 Transport wird keine Minute aufgehalten, da man der beschaͤdigten Stelle
                                 leicht ausweichen kann. Ganz anders verhaͤlt sich dies bei
                                 Kanaͤlen, wo an den Daͤmmen, an den Schleußen und ihren
                                 Fallthuͤren, an den Wasserleitungen u. d. gl. haͤufige, kostbare
                                 und zeitraubende Reparaturen und Arbeiten vorfallen, wo wegen einer einzigen
                                 beschaͤdigten Stelle sogleich die Fahrt auf dem ganzen Kanale eingestellt
                                 werden muß, und wo die von Zeit zu Zeit noͤthige Raͤumung und das
                                 Ausschlagen des sich anhaͤufenden Schlammes, das Ausrotten von Schilf und
                                 Unkraut u. d. gl. oft Wochen lange Unterbrechungen verursachen.
                              6) An den schiffbaren Kanaͤlen wird gewoͤhnlich als
                                 ihr groͤßter Vorzug geruͤhmt, daß die beladenen Barken in den
                                 Schleußen ohne alles Zuthun einer thierischen Kraft vom Wasser selbst gehoben
                                 werden, und daß sohin zum Aufwaͤrtsschaffen der bedeutendsten Lasten von
                                 einem tiefen zu einem hoͤhern Niveau, welches sowohl auf
                                 gewoͤhnlichen Straßen als auf Eisenbahnen immer eine außerordentliche
                                 Kraftanstrengung und kostspielige Vorspannungen erfordert, gar keine Pferde
                                 noͤthig sind; und in der That sind diese Schleußen eine hoͤchst
                                 wichtige, nuͤzliche und unentbehrliche Erfindung fuͤr die
                                 Kanal-Schifffahrt, ohne welche diese nur auf ganz wagrechte
                                 Flaͤchen, also auf sehr wenige und kurze Streken beschraͤnkt
                                 waͤre.
                              
                           Wenn man aber dagegen in Erwaͤgung zieht, daß die Pferde die ganze Zeit
                              uͤber muͤssig und unbenuͤzt stehen, waͤhrend das Schiff
                              sich in der Schleuße aufhaͤlt, und daß dieser Aufenthalt ein reiner Verlust
                              an ihrem Tagwerke ist, da sie doch den ganzen Tag unterhalten, oder fuͤr den
                              ganzen Tag bezahlt werden muͤssen, so wird man sich bei einer genauen
                              Berechnung uͤberzeugen, daß dieser Verlust in den meisten Faͤllen so
                              viel betraͤgt als diejenigen Vorspannkosten, welche auf einer sanft
                              ansteigenden Eisenbahn noͤthig waͤren, die beladenen Wagen auf
                              dieselbe Hoͤhe zu bringen, und daß sohin der ganze Vortheil der Schleußen
                              eigentlich nur darin besteht, daß der Transport zu Wasser auf denselben Fahrzeugen,
                              ohne umladen zu duͤrfen, ununterbrochen fortgesezt werden kann. Man
                              koͤnnte vielleicht bemerken, daß jener Zeitverlust in den Schleußen dadurch
                              wieder ersezt werde, daß die Pferde, nachdem sie ausgeruhet haben, ihren weiten Weg
                              mit desto groͤßerer Kraft und Geschwindigkeit fortsezen koͤnnen.
                              Allein auch dieser schwache Anschein eines Vortheils verschwindet, wenn man bedenkt,
                              daß, fuͤrs Erste, bei jeder Schleuße schon der Eintritt und Austritt durch
                              einen Raum, welcher so eng ist, daß ein Schiff gerade durchkommen kann, und wo
                              folglich der Widerstand ungleich groͤßer ist als auf dem uͤbrigen
                              weitern Kanale, die außerordentlichste Anstrengung der Pferde erfordert, welche ihre durch eine kurze
                              Ruhe gesammelten Kraͤfte vollends erschoͤpft, und zweitens, daß es
                              uͤberhaupt mit der Beschleunigung bei dem Wassertransporte eine ganz andere
                              Bewandtniß hat als bei dem Landfuhrwerke, indem der Widerstand des Wassers in einem
                              so beschrankten Raume bei einer doppelt schnellern Bewegung nicht etwa nur
                              verdoppelt, sondern ohngefaͤhr achtmal groͤßer wird, so daß z.B. an
                              einer Barke, welche von einem Pferde in einer Stunde eine halbe deutsche Meile weit
                              gezogen wird, noch sechs bis sieben Pferde vorgespannt werden muͤßten, wenn
                              sie denselben Weg in einer halben Stunde zuruͤk legen sollte. – Herr
                              Ritter von Gerstner hat in seiner angefuͤhrten Abhandlung (S. 67 bis 68.)
                              durch eine eben so scharfsinnige als einleuchtende allgemeine Berechnung dargethan,
                              daß die Kosten der Vorspannpferde, welche die Landfracht zur Ersteigung der
                              Gebuͤrge noͤthig hat, nicht mehr betragen als die Kosten des
                              Aufenthaltes der Schiffzugpferde bei den Schleusten. Es ist aber auch leicht zu
                              beweisen, daß zu demselben Zweke auf einer Eisenbahn bei gehoͤriger Anordnung
                              nicht Einmal Vorspannpferde noͤthig sind, und daß dieselben Anhoͤhen
                              mit denselben Pferden in derselben Zeit erstiegen werden koͤnnen, in welcher
                              sie auf einem Kanale mittelst einer oder mehrerer aufeinander folgenden Schleußen
                              erreicht werden.
                           Es sey z.B. auf einem Kanale die Entfernung von einer Schleuße zur andern 1000 Fuß,
                              das Gefaͤlle jeder Schleuße, wie gewoͤhnlich, 8 Fuß, und man nehme an,
                              daß, bei einem hinlaͤnglichen Wasserzuflusse von Oben, das Fuͤllen
                              einer Schleuße, also die Hebung einer geladenen Barke auf das obere Niveau, das
                              Oeffnen und Schließen der Fallthuͤren mit dem Ein- und Austritte der
                              Barke nicht mehr als acht Minuten Zeit erfordern, welches gewiß der schnellste
                              Durchgang ist, den man unter den vortheilhaftesten Umstaͤnden nur immer
                              erwarten kann. Und nun denke man sich an derselben Stelle eine Eisenbahn
                              vorgerichtet, welche bei derselben Laͤnge von 1000 Fuß zur Hoͤhe von 8
                              Fuß gleichfoͤrmig ansteigt, so wird fuͤr ein auf dieser Bahn
                              aufwaͤrts gezogenes Fuhrwerk, dessen gesammte Last durch M ausgedruͤkt ist, der von der Schwere allein
                              herruͤhrende Widerstand = 0,008. M seyn. Hiezu
                              koͤmmt aber noch der Widerstand der Reibung, welcher ohne merklichen Fehler
                              eben so groß angenommen werden kann, als er auf derselben Bahn in ganz horizontaler
                              Lage waͤre, und welcher nach §. 16) = 1/77,45 M = 0,0129. M ist. Die ganze erforderliche
                              Kraft P fuͤr den Zug aufwaͤrts wird
                              demnach = (0,008 + 0,0129) M = 0,0209. M seyn. Es bestehe nun die Ladung in 140 Zentnern, auf
                              vier Wagen vertheilt, deren jeder fuͤr sich selbst 10 Zentner wiegt, so
                              betraͤgt die ganze Last 180 Zentner, also M =
                              18000 Pfund, und P = 0,0209 × 18000 = 376,2 Pfund
                              fuͤr den Zug aufwaͤrts, folglich um 144,2 Pfund mehr als auf der
                              Ebene, wo der ganze Widerstand nur 0,0129 × 18000 = 232 Pfund waͤre,
                              und es muͤßten also, wenn auf der Ebene zwei Pferde hinreichen, zum
                              Berganfahren drei vorgespannt werden. Nun theile man aber die Last so, daß nur die
                              Haͤlfte, naͤmlich zwei Wagen mit 70 Zentner Ladung, miteinander
                              hinaufgezogen werden, so wird M = 9000 Pfund, und P = 0,0209 × 9000 = 188 Pfund, und sohin werden
                              zwei Pferde die Haͤlfte der Last diesen Weg aufwaͤrts noch merklich
                              leichter ziehen, als sie die ganze Last auf der Ebene fortgeschafft haben. Da die
                              Geschwindigkeit der Pferde bei einem so leichten Zuge wenigstens zu 4 Fuß in jeder
                              Sekunde angenommen werden darf, so werden selbe zum Aufwaͤrtsziehen der
                              beiden ersten Wagen auf der 1000 Fuß langen Eisenbahn 250 Sekunden, oder 4 Minuten
                              und 10 Sekunden brauchen. Werden sie dann sogleich ledig wieder
                              zuruͤkgefuͤhrt (welches in drei Minuten leicht geschehen kann) um das
                              Unten zuruͤkgelassene Paar Wagen zu holen, so brauchen sie zum
                              Aufwaͤrtsschaffen desselben wieder 4 Minuten 10 Sekunden, folglich im Ganzen
                              11 Minuten 20 Sekunden, oder, mit Einrechnung der zum Umspannen erforderlichen Zeit,
                              hoͤchstens 12 Minuten, um alle vier Wagen auf die Hoͤhe von 8 Fuß, und
                              1000 Fuß weit zu bringen. Da hingegen brauchen die an der Barke gespannten Pferde,
                              bei derselben Geschwindigkeit, zuerst 4 Minuten 10 Sekunden zum horizontalen Zuge
                              auf der Kanalstreke von 1000 Fuß bis an die obere Schleuße; dann bedarf die Barke in
                              der Schleuße 8 Minuten zu ihrem Steigen auf die bestimmte Hoͤhe. Folglich
                              geht auf die ganze Operation eine Zeit von 12 Minuten und 10 Sekunden mehr hin, als
                              bei dem Land-Transporte auf der Eisenbahn.
                           23. Gesezt aber auch, daß die Schleußen beim Aufwaͤrtsfahren wirklich einigen
                              Vortheil oder einige Ersparniß an Zeit und an Zugkraͤften im Vergleiche gegen
                              den Land-Transport auf den Eisenbahnen gewaͤhrten, so geht doch
                              offenbar dieser Vortheil beim Abwaͤrtsfahren in doppeltem Maße wieder
                              verloren; und hier ist es eben, wo die Eisenbahnen vor den Kanaͤlen einen
                              ganz entschiedenen Vorzug behaupten. Denn eine Barke braucht zum Herabgehen durch
                              eine Schleuße eben so viele Zeit als zum Steigen in derselben; ihre Fahrt auf dem
                              Kanale von einer obern zur naͤchsten tiefern Schleuße geht um Nichts
                              schneller als in der entgegen gesezten Richtung, und da der Zug immer horizontal
                              ist, so werden auch die Pferde nicht im geringsten erleichtert, sondern
                              muͤssen mit derselben Anstrengung arbeiten, wie beim Steigen. So wird also
                              beim Abwaͤrtsfahren weder an Zeit, noch an Kraftaufwand gegen das
                              Aufwaͤrtsfahren das Geringste gewonnen, und ein betraͤchtlicher Vortheil, welchen bei
                              diesen Gelegenheiten die Natur selbst darbietet, geht gaͤnzlich verloren. Da
                              hingegen fuͤhlen die Pferde auf einer Eisenbahn bei dem kleinsten, fast
                              unmerklichen, Gefaͤlle schon eine so bedeutende Erleichterung, daß sie mit
                              derselben Last, welche sie auf der Ebene im Schritte ziehen, trabben, oder eine
                              doppelte Ladung ziehen koͤnnen; und bei einer Etwas staͤrkern Neigung,
                              wie z.B. in dem vorhin angenommenen Falle bei einem Gefaͤlle von 8 Fuß auf
                              1000 (also von einem Schleußen-Punkte zum andern) laufen die Wagen (wenn die
                              Bahn gut gebaut ist, und vorzuͤglich bei Regenwetter) von selbst fort, und
                              brauchen nur einen Mann, welcher die zu große Beschleinigung ihres Laufes durch die
                              angebrachte Premsung maͤßigt, indeß die losgespannten Pferde ganz ledig
                              nachgefuͤhrt werden. Hier wird demnach wirklich an Zeit und Kraft zugleich
                              bedeutend gewonnen, der Transport beschleunigt, und den Zugpferden, ohne daß sie auf
                              einer Stelle unnuͤz verweilen, eine wirkliche Erleichterung verschafft,
                              welche sie in Stand sezt, den vermehrten Widerstand bei der naͤchst kommenden
                              kleinen Anhoͤhe mit erneuerten Kraͤften desto leichter zu
                              uͤberwinden.
                           24. Bei so vielen wichtigen und auffallenden Vortheilen und Vorzuͤgen, durch
                              welche die Eisenbahnen in Hinsicht auf leichtern, bequemern, schnellern und
                              wohlfeilern Transport sich nicht nur vor den gewoͤhnlichen Landstraßen,
                              sondern auch vor den schiffbaren Kanaͤlen auszeichnen, und welche sich durch
                              die Erfahrung von einem halben Jahrhundert immer mehr bewaͤhrt haben, ist es
                              denn kein Wunder, daß diese Bahnen in England in den neuesten Zeiten immer
                              haͤufiger geworden sind, und wirklich schon angefangen haben, die schiffbaren
                              Kanale in einigen Gegenden zu verdraͤngenBei meinem
                                    lezten Aufenthalte in England in den Jahren 1815–1816 fand ich
                                    mehrere eiserne Straßen neben altern Kanaͤlen mit Vortheil angelegt
                                    und benuͤzt. So z.B. existirt neben dem Kanal, welcher von den großen
                                    Eisenwerken zu Merthyr Tydvil in Glamorganshire im suͤdlichen Wales
                                    nach dem Seehafen Cardiff gefuͤhrt ist, eine neue, 27 englische
                                    Meilen lange, Eisenbahn, auf welcher der Transport bereits lebhafter und
                                    wohlfeiler ist als auf dem Kanale. Auf diesem betraͤgt das Weggeld 5
                                    Pence (17 3/4 Kreuzer) von einer Tonne fuͤr jede Meile, auf der
                                    Eisenbahn hingegen nur 1 1/2 Pence (4,125 Kreuzer). Dasselbe
                                    Verhaͤltniß findet bei einer englische Meilen langen Straße in
                                    Monmouthshire statt, welche von Trudygar bis an den Seehafen Newport in
                                    paralleler Richtung mit dem dortigen Kanale angelegt ist.. Es
                              scheint vielmehr nur unbegreiflich, daß eine so nuͤzliche, schon so lange bekannte und
                              erprobte Erfindung bis jezt auf unserm festen Lande noch gar nicht, und selbst in
                              England nur an besondern Stellen und zu besondern Zweken (vorzuͤglich in der
                              Naͤhe großer Steinkohlen-Bergwerke und Schmelzhuͤtten)
                              eingefuͤhrt ist, und daß man sich uͤberhaupt noch immer mit dem
                              schweren, kostbaren, beschwerlichen und langsamen Transporte auf unsern Kies-
                              und Schuttstraßen fortschleppen mag, da uns ein so leichtes, einfaches und sicheres
                              Mittel zu Gebote stehet, nicht nur die Kosten der Bespannung auf den siebenten oder
                              achten Theil herab zu sezen, sondern noch uͤberdies an der Unterhaltung der
                              Landstraßen selbst, welche alsdann nur noch von dem leichten und schnellen Fuhrwerke
                              benuͤzt werden duͤrften, unermeßliche Summen jaͤhrlich zu
                              ersparen. –
                           Die Ursachen, aus welchen eine so unbegreifliche Vernachlaͤßigung
                              herruͤhren mag, liegen (außer der gewoͤhnlichen Traͤgheit des
                              menschlichen Geistes und dem Widerstreben der großen Menge gegen alle wichtigen
                              Neuerungen, vorzuͤglich in Gegenstaͤnden des gemeinsten
                              alltaͤglichen Verkehrs) ohne Zweifel in folgenden, der englischen Erfindung
                              selbst noch anklebenden Unvollkommenheiten.
                           
                           
                              1) Sind die Kosten der Anlage dieser Eisenbahnen fuͤr die
                                 meisten Laͤnder und Gegenden, besonders wo keine Eisenhuͤtten in
                                 der Naͤhe sich befinden, und wo nur ein mittelmaßig starker Verkehr statt
                                 findet, noch immer zu betraͤchtlich, und obwohl dieser Aufwand nur Einmal
                                 zu machen ist, und in der Folge (bei einem hinlaͤnglich starken
                                 Transporte) sich reichlich verzinset und verguͤtet, so werden doch viele
                                 Regierungen, Gemeinden, Gesellschaften und Individuen von einer Unternehmung
                                 abgeschrekt, welche so bedeutende Vorauslagen auf der Stelle erfordert. Auch
                                 fehlt es hiezu oft an den noͤthigen finanziellen Mitteln, an
                                 hinreichenden Fonds oder Kredit, ohne welche man ja uͤberall auch auf die
                                 anerkannt nuͤzlichsten Unternehmungen, auf die erwiesen vortheihaftesten
                                 sogenannten Spekulationen Verzicht leisten muß.
                              2) Nehmen die englischen Eisenbahnen, wenn solche, zur
                                 Verminderung der Kosten, auf einer schon vorhandenen Landstraße doppelt
                                 (nebeneinander oder an beiden Seiten) gelegt werden sollen, wenigstens zwei
                                 Drittel von der Breite dieser Straße ein, so daß fuͤr das
                                 gewoͤhnliche Fuhrwerk, welches sich der eisernen Geleise weder der
                                 Laͤnge nach bedienen, noch quer daruͤber gehen kann, nebenher kein
                                 hinlaͤnglicher Raum mehr uͤbrig bleibt.
                              3. Weil auf den eisernen Schienen nur besonders hiezu gebaute
                                 Wagen mit kleinen eisernen Raͤdern gehen, diese aber wieder auf keiner
                                 gewoͤhnlichen Straße fortkommen koͤnnen, so beschraͤnkt
                                 sich der bisherige Gebrauch dieser Eisenbahnen eigentlich nur auf solche
                                 ununterbrochene Linien, auf welchen keine Stadt, kein Dorf, keine engen
                                 Hohlwege, keine schmalen Bruͤken, keine breiten, die Linie
                                 durchschneidenden, Seitenstraßen sich befinden, durch, und uͤber welche
                                 die eisernen Geleise nicht fortgesezt, und folglich auch die Wagen nicht
                                 fortgebracht werden
                                 koͤnnen. Solche Hindernisse zu umgehen, ist oft nicht moͤglich,
                                 und selten vortheilhaft; das Umladen der Wagen ist beschwerlich, zeitverderbend
                                 und kostbar. Gewoͤhnlich dienen daher gegenwaͤrtig diese
                                 Eisenbahnen in England nur zur unmittelbaren Verbindung großer Berg- und
                                 Huͤttenwerke, großer Fabriken und Manufakturen auf eine maͤßige
                                 Entfernung untereinander oder mit dem naͤchsten schiffbaren Kanale oder
                                 Seehafen.
                              4) Da die Wagen auf der eisernen Bahn eingeschlossen (en Coulisse) gehen, und daher entweder die
                                 Raͤder (auf den Rail-roads) oder die
                                 Geleise (auf den Tram-roads) mit einem
                                 vorstehenden Rande versehen werden muͤssen (wie selbe §.
                                 6–9. beschrieben, und auf der 1ten und 2ten Kupfertafel abgebildet sind)
                                 so entsteht in beiden Faͤllen eine betraͤchtliche Seitenreibung,
                                 welche (da sie nicht von der rollenden, sondern schleppenden Art ist) wenn der
                                 Zug der Pferde nur Etwas Seitswaͤrts gerichtet ist, oder die beiden
                                 Geleise der Bahn nicht uͤberall auf das genaueste in derselben
                                 horizontalen Flaͤche gelegt sind, oder die Unterlager auf der einen Seite
                                 nur ein Wenig nachgegeben haben, sehr bedeutend werden, und die Wirkung gar sehr
                                 vermindern kann. Dieser Widerstand wird bei den Tram-roads noch dadurch um Vieles vermehrt, daß sich in den
                                 Eken oder Winkeln der flach auf der Erde liegenden Schienen oder Platten durch
                                 das unvermeidliche Aufwerfen der zwischen denselben gehenden Pferde
                                 bestaͤndig so viel Koth und Sand anhaͤuft, daß, wenn solche nicht
                                 taͤglich auf das sorgfaͤltigste gereinigt werden, die
                                 Wagenraͤder oft eben so viel Widerstand leiden als auf den
                                 gewoͤhnlichen StraßenIch habe
                                       dergleichen Eisenbahnen in England gesehen, welche an einzelnen Stellen
                                       mit Koth ganz ausgefuͤllt und so bedekt waren, daß man von den
                                       aufstehenden Raͤndern der Schienen kaum Etwas herfuͤrragen
                                       sah. – Wirklich muß es jedem Fremden, der nach England
                                       koͤmmt, auffallen, mit welcher Vernachlaͤßigung (man
                                       duͤrfte wohl sagen: Liederlichkeit) diese so wichtige
                                       Vorrichtungen dort an vielen Orten behandelt werden, wo man doch auf
                                       alle andere Arten von Maschinen die groͤßte Aufmerksamkeit
                                       verwendet, und weder Muͤhe noch Kosten scheut, um ihnen den
                                       hoͤchstmoͤglichen Grad von Vollkommenheit zu geben, und
                                       die moͤglich groͤßte und vortheilhafteste Wirkung durch
                                       dieselben zu erhalten. Aeußerst schlecht aneinander gepassete, nicht
                                       parallel, in ungleicher Hoͤhe, und schief liegende
                                       Tram-schienen, mit vorragenden Nagelkoͤpfen und
                                       aufstehenden Enden, und Wagen mit diken, nicht abgedrehten, Achsen von
                                       geschmiedetem, oder noch dikern und rauhern Achsen von gegossenem Eisen,
                                       kann man dort haͤufig antreffen. Ueberhaupt scheint dieser
                                       Gegenstand in jenem Lande noch groͤßtentheils der
                                       Willkuͤhr, dem Eigensinne und den beschraͤnkten Einsichten
                                       der gemeinsten Arbeiter und der unwissensten Fuhrknechte
                                       uͤberlassen zu seyn, und die großen Mechaniker scheinen es unter
                                       ihrer Wuͤrde zu halten, ihre Kenntnisse und Talente auf die
                                       Straße zu werfen. –. Aus diesem Grunde, und zugleich
                                 um die sehr starke
                                 Seitenreibungen der Raͤder an den aufstehenden Raͤndern
                                 moͤglichst zu vermeiden, gibt man auch diesen Tramschienen eine so
                                 betraͤchtliche Breite, von 4–4 1/2 Zoll im Lichten, da doch die
                                 Felgen der Raͤder an ihrem Umfange gewoͤhnlich nicht uͤber
                                 1/2 Zoll dik sind. Ich fragte einst einen Werkmeister in
                                 Suͤd-Wales, welcher mit der Anlage solcher Eisenbahnen sich
                                 vorzuͤglich beschaͤftigte, warum sie ihren Raͤdern keine
                                 groͤßere Breite geben, oder ihre Schienen-Platten nicht
                                 schmaͤler machten, und ich erhielt zur Antwort: Dieß muͤsse so
                                 seyn, damit die Raͤder einen hinlaͤnglichen Spielraum
                                 haͤtten, und nicht bestaͤndig an den Seitenraͤndern
                                 anstreiften, und damit selbe den Koth leichter durchschneiden koͤnnten!
                                 – Bei den erhabenen Rails, auf welchen der Koth sich nicht so leicht
                                 ansezen kann, findet zwar dieses Hinderniß weniger statt; dagegen ist aber die
                                 bestaͤndige Seitenreibung der Raͤder an den Schienen desto bedeutender.
                              5) Ein anderes wesentliches Gebrechen dieser Eisenbahnen (der Tram-roads)
                                 bestehet darin, daß die Naͤgel, durch welche uͤberall die Enden
                                 zweier Schienen zusammen auf den steinernen Unterlagen befestigt und verbunden
                                 werden, wenn selbe gleich anfaͤnglich mit der Oberflaͤche dieser
                                 Schienen ganz eben (buͤndig) eingeschlagen und flach gehaͤmmert
                                 sind, allmaͤhlig loker werden, und mit ihren Koͤpfen hervorragen,
                                 da dann die Wagenraͤder gegen dieselben stossen, und daruͤber
                                 holpern muͤssen, wodurch nicht nur ein neuer betraͤchtlicher
                                 Widerstand entsteht, sondern oͤfters auch Bruͤche an den
                                 Raͤdern und Schienen verursacht werden. –
                              6) Da der wesentlichste Vorzug aller Eisenbahnen in der
                                 Verminderung der Reibung bestehet, so sind solche in ihrem bisherigen Zustande
                                 eigentlich nur auf ganz ebenen, oder auf einem unmerklich steigenden oder
                                 abhaͤngigen Grunde, wo naͤmlich der Widerstand der Schwere ganz
                                 und gar nicht, oder nur in sehr geringem Maße entgegen wirkt, oder der
                                 bewegenden Kraft selbst zu Huͤlfe koͤmmt, mit großem Vortheile
                                 gegen gewoͤhnliche Straßen anwendbar. Bei betraͤchtlich steilen
                                 und zugleich langen Anhoͤhen hingegen verschwindet dieser Vorzug in dem
                                 Verhaͤltnisse, als der Widerstand der Schwere jenen der Reibung
                                 uͤbertrifft, und, obwohl der gesammte Widerstand zwar allemal kleiner ist
                                 als auf einer gewoͤhnlichen, unter demselben Neigungswinkel ansteigenden,
                                 Straße, so wird doch der Unterschied zwischen beiden Arten von Fuhrwerk desto
                                 geringer, je groͤßer dieser Winkel ist, und daher muß beim Berganfahren
                                 auf einer Eisenbahn die Bespannung in einem viel groͤßern
                                 Verhaͤltnisse zu jener auf der Ebene vermehrt werden, als auf einer
                                 gewoͤhnlichen gemachten Straße. So z.B. erfordert ein
                                 gewoͤhnliches Fuhrwerk, welches mit 72 Zentner beladen auf flachem Lande
                                 von sechs Pferden gezogen wird, wenn dasselbe uͤber eine Anhoͤhe
                                 hinauf geschafft werden soll, deren Steigen 1 Fuß auf 12 Fuß Ausladung
                                 betraͤgt, noch eine Vorspann von 6 Pferden, deren jedes mit einer Kraft
                                 von 100 Pfund Berganziehen muß, und es ist also des Berges wegen eine doppelte
                                 Bespannung (von 12 Pferden) noͤthig. Da nun die Schwere auf einer
                                 Eisenbahn eben so stark entgegen wirkt, so wird auf dieser ein mit 72 Zentner
                                 beladenes Fuhrwerk, welches auf horizontaler Ebene (wo nur die Reibung allein zu
                                 uͤberwinden ist, von einem Pferde gezogen wird, denselben Berg hinan noch
                                 sechs andere Pferde brauchen, und die ganze Bespannung (welche zwar noch immer
                                 um fuͤnf Pferde geringer als auf der Landstraße bleibt) sieben mal
                                 groͤßer als auf der Ebene seyn. Auf dieser verhaͤlt sich die
                                 noͤthige Bespannung im Vergleiche gegen das gewoͤhnliche Fuhrwerk
                                 wie 1 zu 6, Bergaufwaͤrts hingegen wie 7 zu 12, oder wie 3 1/2 zu 6.
                                 – Aus dieser Ursache werden auch die Eisenbahnen in England bis jezt nur
                                 in ganz flachen, oder in solchen Gegenden ausgefuͤhrt, wo das
                                 Gefaͤlle entweder schon von selbst mit einem gleichfoͤrmigen
                                 sanften Abhange so vertheilt ist, oder durch die Kunst, mittelst einiger
                                 Durchschnitt oder Erhoͤhungen, so vertheilt werden kann, daß das
                                 Aufwaͤrtsfahren hoͤchstens zweimal so viel Kraft als das
                                 Abwaͤrtsfahren erfordert, oder (wo der Transport nur in einer Richtung
                                 von hoͤhern zu einem liefern Punkte geht, und nur wenige oder keine
                                 Ruͤkfracht statt findet) daß die beladenen Wagen abwaͤrts
                                 ohngefaͤhr denselben Widerstand verursachen, und keine groͤßere
                                 Kraftanstrengung erfordern als das Zuruͤkbringen der leeren Wagen
                                 AufwaͤrtsWenn diese
                                       Bedingniß erfuͤllt werden soll, so muß das Gewicht der Ladung zum
                                       Gewichte der Wagen ein gewisses Verhaͤltniß haben, welches
                                       fuͤr jeden Neigungswinkel der Bahn, welcher kleiner als der
                                       Friktionswinkel ist, allgemein auf folgende Art bestimmt wird.Es sey das Gewicht der
                                             LadungM;Es sey das Gewicht der
                                             WagenW;Es sey der Neigungswinkel der
                                             Eisenbahna;Es sey der Widerstand der
                                             Reibung beim Abwaͤrtsfahren der beladenen WagenF;Es sey der Widerstand der
                                             Reibung beim Aufwaͤrtsfahren der leeren Wagenf;Es sey die noͤthige
                                             Kraft zum AbwaͤrtsfahrenP;Es sey die noͤthige
                                             Kraft zum AufwaͤrtsfahrenR;So wird fuͤrs
                                             ErsteP = F – sin
                                                a (M + W) undK = f + sin a.
                                                W seyn.Soll nun K = P werden, so muß F – sin a (M +
                                          W) = f + sin a, also F – f = sin a (M + 2W) seyn. Nun sey der
                                       Coeffizent der Reibung, oder das Verhaͤltniß der Reibung zum
                                       Druke l: n, so
                                       wirdF = 1/n (M + W) und f =
                                       1/n W; folglich F
                                          – f = 1/nM = sin a (M + 2W)und Textabbildung Bd. 7, S. 50Wenn L die Laͤnge, und h das Steigen der Bahn ausdruͤkt, so
                                       ist L/h = sin a, und die lezte Formel
                                       verwandelt sich in folgende:Textabbildung Bd. 7, S. 51sich ergiebt. Es sey z.B. 1/n = 1/80; L = 1120; h = 10; so findet manTextabbildung Bd. 7, S. 51Wenn also das Gewicht eines Wagens 8 Zentner waͤre, so
                                       muͤßte derselbe mit 40 Zentner beladen werden. Beim
                                       Abwaͤrtsziehen waͤre dann die erforderliche KraftP = 1/80. 4800 – 1/112. 4800 = 60
                                       – 42,857 = 17,14 Pfund, und beim Aufwaͤrtsziehen R = 1/80. 800 + 1/112. 800 = 10 + 7,14 =
                                       17,14 Pfund, also P = R, wie zu erweisen war. Mit einer Kraft von 172 Pfund
                                       koͤnnte also ein Pferd auf einer solchen Eisenbahn zehn solche
                                       Wagen, zusammen mit 400 Zentner beladen abwaͤrts, und mit
                                       derselben Anstrengung die zehn leeren Wagen zuruͤk
                                       aufwaͤrts ziehen.. In bergigen oder huͤgeligen
                                 Gegenden, wo eine solche gleichfoͤrmige Vertheilung des Gefaͤlles
                                 auf die ganze Laͤnge einer Eisenbahn nicht thunlich ist, fuͤhrt
                                 man diese, so lang es angeht, ganz wagrecht, oder mit einem geringen
                                 Gefaͤlle bis an solche Stellen fort, wo das Terrain auf einmal sehr
                                 bedeutend faͤllt; an diesen Stellen werden sodann schiefe Flaͤchen
                                 (inclined planes) vorgerichtet mit doppelt und
                                 parallel nebeneinander liegenden Geleisen, auf welchen mittelst eines langen, um
                                 ein großes, mit einer Premsung versehenes, Rad geschlungenen Seiles oder Kette durch die
                                 beladenen abwaͤrts gehenden Wagen die zuruͤkkommenden leeren
                                 heraufgezogen werden. Diese (zwar einfache) Vorrichtung hat indessen, ausser der
                                 Unbequemlichkeit, daß eine Reihe (oder Train) von Wagen immer auf die andere
                                 warten muß, den Fehler, daß sie nur an solchen Stellen anwendbar ist, wo aller
                                 Transport abwaͤrts geschieht, im umgekehrten Falle hingegen gar nicht
                                 gebraucht werden kann. Man findet daher diese schiefen Rollflachen auch
                                 groͤßtentheils nur bei betraͤchtlichenbebetraͤchtlichen Steinkohlen-Bergwerken vorgerichtet, wo die Kohlen nach dem
                                 niedrigen flachen Lande, nach einem Kanale oder Seehafen herabgefuͤhrt
                                 werden, und die Wagen leer zuruͤk gehen.
                              
                           25. Aus dem bisher gesagten geht demnach zur Ueberzeugung herfuͤr, daß die
                              Eisenbahnen in ihrem gegenwaͤrtigen gen Zustande noch weit von jenem Grade
                              mechanischer Vollkommenheit entfernt sind, dessen sie ihrem Prinzip nach
                              faͤhig waͤren, und daß besonders der Transport uͤber die
                              Anhoͤhen bei der bisherigen Anordnung denselben Hindernissen und Gebrechen
                              unterworfen ist, welche wir (Bd. 6. S. 341.
                              §. 16.) einen der vorzuͤglichsten Fehler des gemeinen Fuhrwerkes auf
                              gewoͤhnlichen Straßen bemerkt haben. Diese wichtige Erfindung bedarf daher
                              noch großer Verbesserungen, um selbe gemeinnuͤziger, auf laͤngere
                              Entfernungen, und vorzuͤglich auch auf unserm festen Lande mit Vortheil
                              anwendbar zu machen. Eine Aufgabe, welche freilich zu den schwersten in der
                              ausuͤbenden Mechanik gehoͤrt, da hier durchaus nur die einfachsten
                              Vorrichtungen anwendbar sind, und der Erfinder auf wenige Mittel und Elemente zu
                              neuen Combinationen beschraͤnkt ist, und auf die sinnreichsten Ideen, welche
                              ihm zu Gebote stuͤnden, verzichten muß. – In welchem Grade es mir nun
                              gelungen ist, diese schwere Aufgabe zu loͤsen, moͤgen unbefangene und
                              gruͤndliche Sachverstaͤndige in folgenden Blaͤttern
                              beurtheilen.
                           
                        
                     
                  
               
