| Titel: | Ueber Maschinen um Getreide und andere Gegenstände auf Böden und Magazine zu ziehen, oder von diesen herabzulassen; nebst der Beschreibung des von Hrn. F. Debler in Friedberg, in der Industrie-Ausstellung in Augsburg ausgestellten Modells. Von dem königl. Kreisbauinspektor Voit. | 
| Autor: | Richard Jakob August Voit [GND] | 
| Fundstelle: | Band 7, Jahrgang 1822, Nr. XVII., S. 154 | 
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                        XVII.
                        Ueber Maschinen um Getreide und andere Gegenstände auf Böden und Magazine zu ziehen, oder von diesen herabzulassen; nebst
                           der Beschreibung des von Hrn. F. Debler in Friedberg, in der Industrie-Ausstellung in Augsburg ausgestellten Modells. Von dem königl. Kreisbauinspektor Voit.
                        Mit Abbildungen auf Tab. III.
                        Voit über Maschinen zum Getreide aufziehen.
                        
                     
                        
                           Auf Kornboͤden und Getreidemagazinen befinden sich
                              Maschinen, womit Saͤke aufgezogen und herabgelassen werden koͤnnen.
                              Diese Maschinen heißen Zuͤge, und man hat sie von verschiedener Construktion
                              und Einrichtung. Die gewoͤhnlichen Zuͤge sind ganz einfach, und sie
                              bestehen aus einer senkrecht stehenden Welle (Tummelbaum) um den sich ein
                              uͤber eine Flasche gehendes Seil auf- oder abwindet. Zur Umdrehung des
                              Tummelbaums werden Stangen oder Arme in angebrachte Loͤcher auf der
                              Brusthoͤhe durch denselben gestekt, und so koͤnnen zwei, vier und mehr
                              Menschen im Zuge arbeiten, indem sie im Kreise herum gehen und an den Armen
                              schieben. Durch Leichtsinn und Nachlaͤssigkeit von Seiten der Arbeitenden,
                              kann beim Aufziehen und Niederlassen der Saͤke leicht Ungluͤk
                              geschehen, denn wenn die Arbeiter nicht aufeinander Acht haben, ungleich nachlassen,
                              und die Last Ueberwucht bekommt, so koͤnnen sie durch den Umschwung der Arme
                              beschaͤdiget werden. Diesem Uebel vorzubeugen, das heißt, ein so schnelles Sinken der Last
                              unmoͤglich zu machen, hat man schon verschiedene Vorschlaͤge
                              gehoͤrt. Eine sehr zwekmaͤßige Vorrichtung hat der geschikte
                              Eisenhammer-Schmid Meyer angegeben, und schon vor zwei Jahren, ein Modell zur
                              Kunstausstellung gebracht. Seit dem aber wurde solche wirklich ausgefuͤhrt
                              und sie hat sich als nuͤzlich bewaͤhrt.
                           Diese Vorrichtung bestehet in einem Steigrade, welches an den Tummelbaum befestiget
                              ist, und mit diesem zugleich bewegt wird. In die Zaͤhne dieses Rads greift
                              eine eiserne Spreizstange ein, so daß der Wellbaum in der Bewegung zum Aufziehen
                              nicht gehindert wird, wohl aber in der Bewegung ruͤkwaͤrts aufgehalten
                              ist. Durch diese Vorrichtung koͤnnen die im Zuge arbeitenden Menschen nicht
                              beschaͤdiget werden. Wird aber das Seil leer hinabgelassen, so hebt man die
                              Spreizstange, oder haͤngt sie allenfalls so lange auf, bis wieder ein Sak in
                              die Hoͤhe gezogen wird.
                           Ein zweiter Fehler der gewoͤhnlichen Zuͤge ist der, daß das Zugseil an
                              der Ausenseite der Gebaͤude angebracht ist, und daß dann die Saͤke auf
                              den Boden herein gelangt werden muͤssen. Ist der dazu erbaute Zugerker oder
                              Dachladen nicht gehoͤrig verwahrt, und mit einer dauerhaften Brustlehne
                              versehen, so kann ebenfalls ein Ungluͤk entstehen; auch ist uͤberdies
                              der in der Hoͤhe horizontal angebrachte Baum, der zur Flasche des Zugseils
                              dient, bestaͤndig der Witterung ausgesezt und kann unvermerkt schadhaft
                              werden. Um das gefaͤhrliche Hereinlangen der Saͤke zu erleichtern, hat
                              man Zuͤge mit beweglichen horizontalen Zugbaͤumen, welche mit den
                              Saͤken auf den Boden geschoben werden koͤnnen. Das Aufziehen der
                              Saͤke so wie das zuruͤk und vorwaͤrts Schieben des Zugbaumes
                              geschieht durch eine Maschinerie. Von der Art ist der hier im Modell stehende Zug,
                              welchen ich jezt naͤher beschreiben werde. Dazu gehoͤrt der Grundriß
                              Fig. 43.
                              Tab. III. der Laͤngendurchschnitt Fig. 44., der
                              Durchschnitt von der schmalen Seite Fig. 45., die im
                              vergroͤßerten Maasstabe aufgetragene Zeichnung Fig. 46. und die Ansicht
                              des Zugbalkens Fig.
                                 47.
                           Um einen solchen Zug anzubringen muß ein geraͤumiger so genannter Zugerker
                              errichtet werden, und zwar auf den lezten oder hoͤchsten Bodenraum, auf
                              welchen Getreide geschuͤttet werden soll. Die Pfosten dieses Zugerkers,
                              welche von Eichenholz sein sollen, sind in dem Grundriß Fig. 43. und in den
                              beiden Durchschnitten Fig. 44 und 45. mit abc bezeichnet. Diese sind mit Rahmen zusammen
                              verbunden, und darauf liegen die Querhoͤlzer dd etc. Zuerst kommt der oben horizontal liegende Zugbaum, welcher vor und
                              ruͤkwaͤrts beweglich ist in Betrachtung. Dieser ist im Grundriß und
                              Durchschnitt mit ef bezeichnet. An die
                              Querhoͤlzer Fig. 43, 44 und 45. dd, ist ein aus zwei Stuͤken
                              bestehender Laufbalken gh mit Schrauben 1. 2. 3
                              und 4. befestiget. In diesem Laufbalken bewegt sich der Zugbalken ef wie in einem Falz vor und
                              ruͤkwaͤrts. Damit sich derselbe leichter bewege sind bei i Raͤdchen von Messing angebracht. Bei k ist eine Flasche, um welche sich das Zugseil auf und
                              nieder bewegt, und damit es sich nicht reibe, wenn es den Zugbalken verlaͤßt
                              und um die Welle x aufgewikelt wird, so ist bei l eine bewegliche Walze angebracht.
                           Wenn die Kurbel bei m umgedreht wird, so wird dadurch
                              eine Walze mit einer Schraube ohne Ende n in Bewegung
                              gesezt. Diese Schraube greift in die Spindeln des Kumpfes o und mit diesem bewegt sich die Walze x,
                              welche das Zugseil aufnimmt. Auf diese Art wird der Sak aufgezogen oder
                              niedergelassen.
                           Waͤhrend dem wird der Zugbalken q mit dem eisernen
                              Zapfen t in die Hoͤhe gehalten. Wird aber auf den
                              Fußtrit der an der Seite angebrachten eisernen Stange r
                              getreten, so schiebt der Winkel u die Feder v und den Haken t
                              zuruͤk, und der Zugbalken kann mit dem Haken s
                              niedergedruͤkt werden. Soll demnach der Zugbalken hinaus oder herein geschoben werden, so muß man
                              solchen niederdruͤken, damit die Zaͤhne desselben q
                              Fig. 46. in
                              den Kumpf p eingreifen koͤnnen. Dieses geschieht
                              auf folgende Art: Man tritt auf den Fußtritt, der an der Seite angebrachten eisernen
                              Stange r. An dieser Stange ist oben bei s der Haken, welcher den Zugbalken, sammt den
                              Zaͤhnen q niederdruͤkt, so daß der
                              Zugbalken mittelst den Zahnen, von dem Kumpf p geschoben
                              werden kann.
                           Der Zugbalken hat bei ww
                              Fig. 44.
                              Einschnitte ohngefaͤhr 1 Zoll tief und 1 1/2 Zoll breit, und oben ist
                              zwischen den Pfosten eine kleine eiserne Stange, oder ein Zapfen y
                              Fig. 46.
                              angebracht. Kommt nun der Zugbalken beim vor- oder ruͤkwaͤrts
                              Schieben mit einem dieser Einschnitte an den Zapfen y,
                              so wird er durch die Schwere des Saks, der am Seil uͤber die aͤußere
                              Flasche haͤngt, hinten gehoben, und der Zapfen schnappt in die Vertiefung
                              ein. Dann geht die Maschine wieder ohne den Zugbalken und der Sak kann alleine
                              niedergelassen oder aufgezogen werden.
                           Dieser Zug hat, ungeachtet er ziemlich zusammengesezt ist, doch viel Gutes und er
                              kann unter gewissen Umstaͤnden mit Vortheil angewendet werden, zumal dann,
                              wenn man genoͤthiget ist, das Zugseil an einer Außenseite herabgehen zu
                              lassen.
                           Nach dem ausgestellten Modell kann der Zugbaum um 2 Fuß geschoben werden; wenn man
                              aber wuͤnscht, den Sak weiter in den Boden zuruͤkzubringen, so darf
                              man nur dem Zugbaum einige Zaͤhne mehr geben, was unter allen
                              Ruͤksichten geschehen kann. Das Aufziehen der Saͤke gehet dabei eben
                              so schnell, als bei den gewoͤhnlichen Zuͤgen, aber viel sicherer, und
                              die Arbeit kann von einem oder zwei Menschen versehen werden. Sind zwei Personen zum
                              Aufziehen bestimmt, welche sich im Umdrehen der Kurbel abloͤsen, so kann die eine auf den
                              Sak sehen, und den Fußtritt der eisernen Stange zur rechten Zeit
                              niederdruͤken oder loslassen.
                           Bei jedem Umtrieb der Kurbel steigt der Sak einen Fuß; bei einem gewoͤhnlichen
                              Zug wird bei jedem Umtrieb des Wellbaums der Sak drei Fuß gehoben. Nun aber wird die
                              Kurbel drei mal umgetrieben, bis der stehende Tummelbaum ein mal, und mithin wirken
                              beide Maschinen in Hinsicht der Geschwindigkeit gleich. Wenn man aber bedenkt, daß
                              bei dem ausgestellten Modell, zum Aufziehen eines Sakes nur zwei Personen
                              noͤthig sind, waͤhrend in gleicher Zeit bei dem Zuge mit einem
                              Tummelbaum vier Menschen ihre Kraft anwenden muͤssen, so erwaͤchst
                              daraus ein wesentlicher Vortheil, welcher allgemeine Beruͤksichtigung
                              verdient. –
                           Nach dem Modell ist die Kurbel so hoch angebracht, daß es der Person, welche die
                              Maschine treiben soll, unmoͤglich wird, ihre volle Kraft anzuwenden. Dieser
                              Umstand aber kann sehr leicht verbessert werden, wenn man einen beweglichen Auftritt
                              anbringt, worauf sich der Arbeiter stellt. Dieser Auftritt darf hoͤchstens 1
                              Fuß hoch werden, und nimmt uͤbrigens nur einen ganz kleinen Plaz ein.
                           Eine vorzuͤglich gute Eigenschaft des bisher beschriebenen Zuges ist die, daß
                              wenn man die Kurbel los laͤßt, waͤhrend der Sak aufgezogen in der Luft
                              schwebt, nie so viel Kraft aͤußern kann, daß dadurch die Kurbel schnell
                              herumgedreht wird, und einen Arbeiter beschaͤdiget. In der Hinsicht ist also
                              keine Gefahr damit verbunden, und die Vorrichtung ist auch dann zu empfehlen, wenn
                              man sie ohne den Zugbaum, der vor- und ruͤkwaͤrts geschoben
                              werden kann, anbringen will.
                           Da jedesmal, wenn das Aufziehen der Saͤke voruͤber ist, der Zugbaum
                              zuruͤkgeschoben wird, so ist dieser auch nicht der Einwirkung des Regens
                              ausgesezt.
                           
                           Aus der bisherigen Beschreibung wird hervor gehen, daß dieser Zug, ungeachtet er
                              nicht als eine neue Erfindung anzusehen ist, doch wesentliche Verbesserungen
                              enthaͤlt, und daher alle Aufmerksamkeit verdient. Der Aussteller erhielt von
                              dem polytechnischen Vereine ein Ermunterungsdiplom.
                           Es ist nicht zu laͤugnen, daß Getreidzuͤge mit beweglichen
                              Zugbaͤumen Vortheile gewaͤhren; allein wenn ein
                              Getreide-Magazin aus mehreren Boͤden uͤbereinander besteht und
                              der Zug wie billig auf dem obersten Boden angebracht ist, so trift der Vortheil des
                              beweglichen Baumes nur den obersten Boden; bei den uͤbrigen muͤssen
                              die Saͤke ebenfalls herein gelangt werden. Und doch sind die untersten
                              Boͤden diejenigen, auf welchen das meiste Getreid geschuͤttet
                              wird.
                           Auf alle Faͤlle sind Zuͤge im Innern der Gebaͤude, welche auf
                              dem obersten Boden stehen und mit allen uͤbrigen Boͤden und Stokwerken
                              in Verbindung sind, mehr zu empfehlen, als solche, deren Zugseil an der Außenseite
                              angebracht ist.
                           Bei innern Getreidezuͤgen koͤnnen alle die Fehler leicht vermieden
                              werden, welche bei gewoͤhnlichen nur sehr schwer zu verbessern und zu
                              vermeiden sind. Alle große Speicher und Getreidmagazine sollten daher auf eine
                              solche Art eingerichtet werden, daß die Getreidwaͤgen ins Gebaͤude,
                              oder nur in einen Vorsprung desselben, worauf sich der Zug befindet fahren und
                              troken stehen koͤnnen, waͤhrend ab- oder aufgeladen wird.
                           Zu einer solchen Einrichtung ist es dann leicht eine einfache Maschine anzugeben,
                              welche allen Forderungen entspricht.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
