| Titel: | Die Zubereitung des rothen und gelben Saffians in Astrachan. Von Professor Dr. J. C. Petri in Erfurt. | 
| Autor: | Prof. Johann Christoph Petri [GND] | 
| Fundstelle: | Band 7, Jahrgang 1822, Nr. XXIV., S. 186 | 
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                        XXIV.
                        Die Zubereitung des rothen und gelben Saffians in Astrachan. Von Professor Dr. J. C. Petri in Erfurt.
                        Petri über die Bereitung des Saffians.
                        
                     
                        
                           Astrachan gehoͤrt zu den ansehnlichsten und
                              wichtigsten Staͤdten des kolossalen russischen Reichs. Sie ist 215 deutsche
                              Meilen von St. Petersburg entfernt, von großem Umfange, hat 4000 Haͤuser und
                              gegen 50,000 Einwohner ohne die vielen Fremden, welche sich hier bloß eine Zeitlang
                              der Fischerey und des Fischhandels wegen aufhalten. Sie liegt auf einer großen Insel
                              der Wolga, 7 1/2 Meile vom Ausflusse derselben ins Kaspische Meer. Wir betrachten sie hier bloß
                              in Beziehung auf ihre Saffianmanufakturen, die wichtig
                              und eintraͤglich sind.
                           Die Stadt hat 6 Manufakturen in Saffian (oder Marroquin)
                              und Chagrin. Die rothen und
                              gelben Saffiane sind naͤchst den
                              Tuͤrkischen die schoͤnsten. Die rothen erfodern mehr Arbeit und Kosten
                              als die gelben, und sind daher auch verhaͤltnißmaͤßig theurer. Die
                              Verfertigung und Bearbeitung beider Arten, so wie der Handel mit denselben ist ein
                              sehr bedeutender Erwerbszweig der Einwohner. Es giebt zwar in mehreren
                              Staͤdten des Reichs Saffian-Gaͤrbereyen, aber keine sind so
                              betraͤchtlich und gewinnbringend als die Astrachanschen. Die Saffiane werden
                              in Astrachan auf dreierlei Farben, roth, gelb und schwarz, gefaͤrbt; aber nur in den ersten beiden
                              Farben, und besonders in der rothen, ist der
                              Astrachansche im vorzuͤglichsten Rufe, und uͤbertrifft nebst dem
                              tuͤrkischen die andere alle. Die dort verfertigten schwarzen Saffiane sind nicht besser als die in Kasan oder andern Staͤdten Rußlands zubereiteten; deshalb werden
                              auch in Astrachan davon nicht mehrere gemacht, als in der Stadt verkauft werden.
                              Hingegen vom rothen und gelben
                              Saffiane wird jaͤhrlich eine bedeutende Menge in das uͤbrige Rußland
                              und auch in andere europaͤische Laͤnder versendet, ja auch in den
                              asiatischen Handel gebracht. Gruͤne Saffiane macht
                              man noch wenigere, weil diese vorzuͤglich die Mogolen schoͤn verarbeiten, von denen man auch den noͤthigen
                              Bedarf derselben beziehet.
                           Zum aͤchten Saffian werden keine andere als
                              Bok- und Ziegenfelle genommen; die geringeren macht man von Schaaffellen, die
                              aber wenig Absaz finden und daher nur in kleinen Vorraͤthen verfertiget
                              werden. Die Zubereitung fuͤr jede der erwaͤhnten zwei beliebten Farben
                              ist etwas
                              verschieden. Die rothen Saffiane erfodern mehr Arbeit und
                              Kosten als die gelben und sind folglich auch theurer. Das
                              Verfahren bei ihrer Zubereitung ist folgendes:
                           Zuerst legt man die rohen Haͤute in große Kufen und gießt Flußwasser
                              daruͤber, in welchem man sie dreimal 24 Stunden, oder nach Beschaffenheit
                              etwas laͤnger, weichen laͤßt. Dann werden sie herausgenommen; man
                              laͤßt das Wasser von jeder Haut abtriefen, druͤkt sie rein aus und
                              beschabt darauf eine nach der andern auf der Strekbank mit einem Schabeisen ganz
                              gelinde auf der Fleischseite, theils um die groͤbsten Unreinigkeiten
                              wegzunehmen, theils und vornaͤmlich aber, um die Haut zu eroͤffnen und
                              zu der folgenden Bearbeitung geschmeidiger zu machen. Nunmehr ist das vornehmste
                              Geschaͤft, die Haare recht rein abzupuzen, welches durch Kalk bewerkstelliget
                              wird. Man ruͤhrt naͤmlich auf 100 Haͤute ungefaͤhr 2
                              Mezen (à 23 Noͤsel) ungeloͤschten Kalk in Kufen mit Flußwasser
                              wohl unter einander und legt die Haͤute so hinein, daß der Kalk allenthalben
                              gleich vertheilt wird. In dieser Kalklauge lassen die Astrachanschen Gerber (welche
                              meistens Tataren sind) die Felle oft 3 Wochen lang liegen. Dieß ist aber nicht gut,
                              denn dadurch werden die Saffiane so muͤrbe, bruͤchig, sproͤde
                              und ganz verbrannt, daß sie fast zu nichts taugen und die Kaͤufer damit
                              betrogen werden. Es ist schon hinreichend, wenn man sie 12–14 Tage in dieser
                              Beize liegen laͤßt.
                           Nach dieser Zeit nimmt man die Felle wieder heraus, schwemmt sie rein ab und schabt
                              das erweichte und muͤrbe gewordene Haar mit Schabeisen vorsichtig herunter.
                              Es geschiehet nicht selten, daß von der ersten Kalklauge die Haare nicht alle
                              losweichen, sondern noch viele kleine Haͤrchen und Stoppeln zuruͤk
                              bleiben. In diesem Falle muͤssen die Haͤute wieder in eine frische
                              Kalklauge gelegt und oft noch 14 Tage darin gelassen werden, bis alle Haare rein
                              abgehen, die Haut recht
                              glatt wird und ein schoͤnes, helles, weißes Ansehen bekommt, zumal auf der
                              Haarseite. Eine natuͤrliche Folge dieser Kalkbeize ist aber, wie gesagt,
                              diese, daß die Felle sehr muͤrbe werden und die Saffiane, in Vergleichung mit
                              andern Lederarten, wenig Dauer und Festigkeit haben. Die zweite Vorrichtung, welche
                              man nun mit den Haͤuten vornimmt, ist, daß man den Kalk wieder herausbringt.
                              Hierzu bedient man sich der so hizigen Hunde-Exkremente, oder des weißen
                              Enzian, welche in der Absicht fleißig gesammelt werden. Man zerstoͤßt diese
                              Exkremente, schuͤttet sie in eine enge, nicht gar zu große Kufe, gieset
                              warmes Wasser darauf, ruͤhrt die Mischung wohl unter einander, und pakt die
                              gesaͤuberten Haͤute damit in eine andere Kufe, so daß man den
                              aufgeweichten Hundemist uͤber jede Haut einstreut und gleich verbreitet. Mit
                              dieser Zuthat muͤssen die Haͤute nun abermals 24 Stunden, oder bei
                              wenigeren Exkrementen, etwas laͤnger liegen. Das Verhaͤltniß
                              laͤßt sich nicht ganz genau bestimmen, weil sich die Saffianmacher in der
                              Regel bloß nach dem Augenmaße richten und nur dahin sehen, daß das Wasser recht dik
                              und truͤbe und folglich scharf genug sey. Die Haͤute kommen aus dieser
                              Beize viel geschmeidiger, weicher und duͤnner, als sie vorher waren, und sind
                              nunmehr von der aͤzenden Schaͤrfe des Kalks gaͤnzlich befreit.
                              Man muß aber auch diese Beize unverzuͤglich herauszubringen suchen, damit die
                              Haͤute davon nicht noch mehr als von der Kalklauge leiden. Die meisten Gerber
                              sind auch fleißig darauf bedacht, daß die Haͤute in der lezten Beize nicht zu
                              lange liegen bleiben, welches sie aus dem aͤußern Ansehen, der
                              Verduͤnnung und Geschmeidigkeit derselben zu beurtheilen verstehen. Sobald
                              die Haͤute herausgenommen sind, wird die unreine Feuchtigkeit wohl
                              ausgedruͤkt und ausgepreßt. Unmittelbar darauf legt man sie in eine Kufe,
                              worin Weizenkleien zu einem ziemlich diken Brey mit warmen Wasser angeruͤhrt
                              worden ist, und laͤßt sie dreimal 24 Stunden darin liegen, bis alle
                              Unreinigkeiten ausgezogen und die Haute gehoͤrig aufgequollen sind.
                           Nach der Saͤuberung von Haaren beginnt nunmehr die eigentliche Zubereitung der
                              Haͤute. Sie werden aus dem Weizenbrey herausgenommen und mit Honig folgendergestalt zurechte gemacht. Man nimmt auf 80
                              Haͤute ungefaͤhr 25 Pfund rohen HonigIn mehreren
                                    Gegenden bedient man sich statt des Honigs der Feigen. Man kann sich statt
                                    dessen auch des Rohzukers, oder des Staͤrke-Syrup bedienen.
                                    D., kocht denselben in einem Kessel, gießt so viel Wasser dazu,
                              als zur gehoͤrigen Verduͤnnung noͤthig ist und ruͤhrt
                              ihn waͤhrend des Siedens fleißig um. Darauf laͤßt man den Kessel so
                              lange kuͤhlen, bis das Honigwasser gut warm ist, oder hoͤchstens noch
                              so heiß daß man die Hand darin leiden kann. Nun gießt man dasselbe auf die einzelnen
                              in kleine Troͤge ausgebreiteten Haͤute mit Kellen aus, bis es von
                              ihnen ganz eingesogen wird. Sind alle Haͤute von der Honigmischung
                              gehoͤrig eingetraͤnkt, so pakt man sie in eine trokene Kufe dicht
                              uͤber einander zusammen, legt einen Dekel von Bretern und Gewichte darauf und
                              bedekt die ganze Kufe oben mit Filzdeken, Teppichen oder Pelzen, damit der Dunst
                              waͤhrend der Gaͤhrung nicht verfliege. In dieser Gaͤhrung
                              muͤssen die Haͤute dreimal 24 Stunden liegen, wodurch sie den Kern bekommen. Aus der Honigkufe spuͤlt man sie in
                              lauem Wasser rein, ringt sie so troken als moͤglich aus und trankt sie
                              alsbald in einer maͤßig starken, mit reinem Kochsalz versezten Lake oder
                              Sole, worin man sie 5–6 Tage liegen laͤßt. Nachher werden die
                              Haͤute auf reinen Stangen ausgehaͤngt, damit die Sole austriefe, weil
                              es fuͤr nachtheilig gehalten wird, sie mit den Haͤnden auszuringen, oder
                              auszupressen. Jezt haben sie auch ihre ganze Zubereitung erhalten, und
                              koͤnnen nunmehr roth, aber nicht gelb,
                              gefaͤrbt werden. Zu den gelben Saffianen ist die Zubereitung, wie wir bald
                              sehen werden, eine andere.
                           Zur rothen Farbe bedient man sich der Kochenille auf
                              folgende Art. Man kocht zuerst eine Quantitaͤt von dem in den Astrachanischen
                              Steppen haͤufig wachsenden Kraute Tschagan (Salsola ericoides nach Pallas) und nimmt davon auf 4 Eimer Wasser etwas weniger als ein Pfund. Man
                              laͤßt es eine Stunde sieden, wodurch das Wasser eine dunkelgruͤne
                              Farbe bekommt, aber keinen scharfen Geschmak annimmt. Die Saffianmacher geben dabei
                              genau Acht, daß das Wasser nicht zu sehr gefaͤrbt werde, sondern, auf den
                              Nagel getroͤpfelt, eine kaum merklich hellgruͤne Farbe zeige. Im Fall
                              es zu viele gruͤne Theilchen angenommen hat, schoͤpfen sie einen Theil
                              aus und gießen frisches Wasser hinzu, womit das Kraut nochmals sieden muß, bis das
                              Wasser den rechten Grad der Saturation erhaͤlt. Alsdann wird das Kraut mit
                              einer Schaufel rein aus dem Kessel genommen und nun die zuvor gepuͤlverte
                              Kochenille (auf einen Kessel von 4 Eimern etwa ein halb Pfund)
                              hineingeschuͤttet, wohl umgeruͤhrt und starkes Feuer gehalten, wobei
                              man aber wohl Acht zu geben hat, daß der rothe Schaum, welcher sich im Sieden oben
                              zeigt, nicht uͤbersiede, daher man bestaͤndig etwas abschoͤpft
                              und wieder zugießt, um durch diese Kuͤhlung das Uebersieden zu verhindern und
                              den Schaum zu daͤmpfen.
                           Nach ungefaͤhr anderthalb Stunden Siedens hat das Wasser eine schoͤne
                              hochrothe Farbe bekommen. Weil aber viel davon eingekocht ist, so fuͤllet man
                              den Kessel wieder mit dem ruͤkstaͤndigen Decokte des Krautes Tschagan
                              auf, und kocht die also verduͤnten Farben aufs neue, bis man wahrnimmt, daß sich die
                              Kochenille recht aufgeloͤßt hat und die Farbe sehr lebhaft geworden ist.
                              Darauf wird 2 Loth gestoßener und gebrannter Alaun in den Kessel geworfen, den man
                              mit der Farbe noch eine Viertel Stunde aufsieden laͤßt, worauf man das Feuer
                              abgehen laßt und bloß die Kohlen beibehaͤlt, so daß die Farbe einen solchen
                              Waͤrmegrad behalte, daß man die Hand darin leiden kann.
                           Nunmehr nimmt man die zum Faͤrben bereiteten Haͤute, gießt die Farbe
                              kellenweise in Mulden aus, faltet eine Haut nach der andern mit der Haarseite
                              auswaͤrts zusammen und durchwirkt sie in ihrer Portion Farbe so lange, bis
                              sie alle faͤrbenden Theile gleich stark eingesogen hat, und nur etwas von
                              bleicher Feuchtigkeit uͤbrig ist. Nach dieser ersten Faͤrbung
                              druͤkt man die Haͤute sanft aus, haͤngt sie einzeln
                              uͤber Stangen, und wenn man mit allen fertig ist, schreitet man auf dieselbe
                              Art zur zweiten, dritten und vierten Faͤrbung, so daß auf jede Haut 4 Kellen
                              voll von der Farbe kommen. Aus der vierten Farbe werden die Haͤute nicht mehr
                              ausgedruͤkt, sondern ganz naß zum allmaͤhligen Ausluͤften und
                              Troknen uͤber Stangen gehaͤngt.
                           Nach der Farbe giebt man den Haͤuten noch eine Gaͤrbe mit den
                              Blaͤttern des Gaͤrberbaums (Rhus continus
                              nach Pallas), den die Armenier Belge nennen. Die zermalmten oder zerstampften trokenen Blaͤtter,
                              welche die Astrachanschen Saffiangaͤrber vom Terek am Kaukasus bekommen,
                              werden in breiten Troͤgen zu einem diken Brei mit Flußwasser
                              angeruͤhrt und die gefaͤrbten Haͤute dergestalt darein gelegt,
                              daß sie ganz ausgebreitet sind, und zwischen einer jeden hinlaͤngliche
                              Blaͤtterlohe bleibet, worauf man die uͤber einander geschichteten
                              Haͤute mit bloßen Fuͤßen in die Troͤge eintritt. In dieser
                              Gaͤrbe oder Saͤuerung (die Russen nennen es Quas) liegen die Saffiane 8 Tage und 8 Naͤchte, doch so, daß allemal
                              uͤber den andern Tag frische Lohe gegeben wird; so daß demnach 4 Lohen
                              noͤthig sind.
                           Hierbei ist noch zu bemerken, daß manche Armenier, welche in Astrachan sowohl, als in
                              ihrem Lande, Saffiane bereiten, zur vorzuͤglichen Guͤte der rothen
                              Farbe ihre Saffiane, auf ein 1/2 Pfund Kochenille noch 2–2 1/2 Loth Orseille (sie nennen es Luͤter) in den Farbekessel thun, die aber die meisten andere
                              Saffianmacher, Russen und Tataren, des theuren Preises wegen, weglassen. Dieß ist
                              die Ursache, daß die tuͤrkischen rothen Saffiane die Astrachanschen an
                              Schoͤnheit der Farbe in der Regel noch uͤbertreffenBancroft sagt
                                    in seinem Handbuch der Faͤrbekunst (deutsche Ausgabe von Dingler und
                                    Kurrer, zweite Auflage, Nuͤrnberg Schrag Bd. 1. S. 709.)
                                    „Seitdem die Bereitung des Maroccoleder (Saffian) in England
                                       eingefuͤhrt worden, benuzt man die Kochenille, um die
                                       schoͤne Farbe jenem Leder mitzutheilen, welches man rothes
                                       Marocco heißt; obgleich in Persien, Armenien, der Barbarey und den
                                       griechischen Inseln diese Farbe urspruͤnglich entweder mit Kermes
                                       oder mit Lak hervorgebracht wurde. Um dem Faͤrbestoffe der
                                       Kochenille eine Basis zu geben, werden die Ziegenhaͤute, welche
                                       von ihren Haaren durch Kalkwasser befreit und gehoͤrig gereinigt
                                       wurden, auf der sogenannten Haarseite mit einer gesaͤttigten
                                       Alaunaufloͤsung getraͤnkt, welche man mittelst eines
                                       Schwammes oͤfter und gleichfoͤrmig auftraͤgt. Nach
                                       einer Zwischenzeit von drei oder vier Tagen wird ein Absud von
                                       Kochenille, den man geseihet hat, ebenfalls mit einem Schwamme auf
                                       dieselbe Seite etwas waͤrmer als blutwarm aufgetragen; doch soll
                                       er nicht viel waͤrmer seyn, um nicht das Leder zu krispeln. Diese
                                       Auftragung wird von Zeit zu Zeit wiederholt, bis eine
                                       hinlaͤnglich volle und gleiche Farbe dargestellt worden. Hernach
                                       werden die Haͤute in Kleienwasser eingeweicht, und mit einem
                                       Absud entweder von Gallaͤpfeln oder von Sumach oder von einer
                                       Mischung von beiden gelohet. Ich fand, daß wenn man verduͤntes
                                       schwefelsalzsaures Zinn statt der Alaunaufloͤsung nahm, oder eine
                                       Mischung von beiden auf Ziegenhaͤute, welche gehoͤrig zubereitet
                                       worden waren, auftrug, die in der Folge darauf gestellte Farbe merklich
                                       verbessert wurde, und wenigstens an Lebhaftigkeit gewann.“
                                    Statt der schwefelsalzsauren Zinnaufloͤsung kann ich die
                                    salpetersalzsaure, wie man sie zum Scharlachfaͤrben anwendet, aus
                                    Erfahrung empfehlen; auch kann man sich zum Lohen des Querzitronrinde
                                    Absudes bedienen, wodurch man das schoͤnste roth erhaͤlt. Daß
                                    man sich schon laͤngst mit gutem Erfolge zum Faͤrben des
                                    Marroquin des Lak bediente, bestaͤtigt nachstehende Abhandlung
                                    uͤber dieses Farbematerial. Lebhafter wird die Farbe wenn man die bis
                                    zum Faͤrben vorbereitete Haͤute, statt des Alaun, mit
                                    schwefelsalzsaurer Zinnaufloͤsung traͤnkt, und dann das in
                                    fluͤßigem schwefelsalzsauren Zinn aufgeloͤste Lak dann zum
                                    Faͤrben auftragt, und die Gaͤrbung mit Querzitronrinden Absud
                                    bezwekt. So gefaͤrbter Marroquin ist sehr aͤcht und die
                                    schoͤne Farbe wird weder durch amoniakalische Ausduͤnstungen
                                    noch durch andere Einfluͤße, wie dieses mit den mit Kochenille
                                    gefaͤrbten der Fall ist, veraͤndert. D.. Auch hat
                              man die Bemerkung gemacht, daß die zerstosene Gallaͤpfel den Saffianen eine bessere
                              Gaͤrbe geben. Die Farbe soll dadurch so dauerhaft werden, daß sie nicht eher
                              als mit dem Leder vergeht, da hingegen die mit dem Gaͤrberbaum bereiteten
                              Saffiane zu verschießen anfangen. Die Gallaͤpfel sind aber in Astrachan zu
                              theuer, als daß sie die Saffianmacher haͤufig anwenden koͤnnen. Die
                              Tataren in Kasan faͤrben ihre Saffiane statt der
                              theuren Kochenille mit Rothholz und gaͤrben sie mit Mehlbeerstrauch (Uva ursi). Dieß sind aber eben daher auch die
                              schlechtesten Saffiane, welche sehr bald die Farbe verschießen lassen. Derselbe Fall
                              ist es bei den mit TscherwezTscherwez (polnische Kochenille) ist ein der
                                       amerikanischen Kochenille aͤhnliches Insekt, das sich an die
                                       Wurzeln der Walderdbeere, des Roggens, des Fuͤnffingerkrautes
                                       u.a.m. haͤngt, oder als kleine rothe Koͤrner gefunden
                                       wird, besonders in sandigen Gegenden, in Polen, in der Ukraͤne,
                                       an der Samara und in andern Theilen des russischen Reichs, wo man es zum
                                       Rothfaͤrben auch anderer Sachen braucht. Es hat zwar nicht
                                       den hellen schoͤnen Glanz der indischen Kochenille, aber
                                       gehoͤrig behandelt, gibt es doch eine schoͤne und
                                       dauerhafte Farbe. gefaͤrbten, die sogleich in der
                              Luft und Sonne die Farbe verlieren.
                           
                           Sind die Saffiane aus der Gaͤrbe genommen, so ist nun noch die lezte Arbeit
                              uͤbrig. Man laͤßt sie naͤmlich erst eine Zeitlang an der Luft
                              troknen, schabt sie alsdann auf der Strekbank mit scharfen Schabeeisen an der
                              Fleischseite recht glatt und rein, waͤscht sie drauf in Flußwasser, spannt
                              jedes Fell gehoͤrig mit Pfloͤken am ganzen Rande herum aus und
                              laͤßt sie so troken werden. Hierauf muͤssen die Haͤute nochmals
                              mit einem hoͤlzernen Stabe an der Haarseite geglaͤttet werden, und
                              zulezt legt man sie auf einen diken Filz, wo man mit einer eisernen Hechel, welche
                              stumpfe Spizen hat, diejenigen Gruͤbchen, welche die Saffiane
                              gewoͤhnlich haben, auf eben dieser Seite eindruͤkt. So sind sie auch
                              zum Verkauf voͤllig fertig, ohne daß man sie, wie Gmeliu in seiner Reise sagt, erst mit Leinoͤl einschmieren sollte,
                              welches sie unfehlbar verderben wuͤrde. Ein rothes Saffianfell kostet, wegen
                              der theuern Farbe, auf der Stelle 2 1/2 bis 3 Rubel.
                           Gelbe und gruͤne
                              Saffiane werden in Astrachan nur wenige gemacht, weil der Absaz derselben sehr
                              gering ist, und es nur wenige Saffianmacher giebt, die sich damit
                              beschaͤftigen. Die Farbe dazu geben gewisse Beeren von einer Art Rhamnus
                              (vielleicht licioides), welche unter dem Namen Uloschar aus Persien kommen und wovon das Pud (à
                              40 Pfund) 9–10 Rubel kostet. Die kasanschen Tataren faͤrben ihre
                              schlechten gelben Saffiane mit den Blumen der gelben Kamille (Anthemis tinctoria) welche eine sehr vergaͤngliche Farbe giebt, die
                              auch nicht gut ins Auge faͤllt.
                           In Astrachan beobachtet man bei der Verfertigung der gelben Saffiane folgenden Unterschied in der Behandlung gegen die rothen: 1) Man bedient
                              sich des Honigs bei der Vorbereitung gar nicht. 2) Man bringt die Haͤute in
                              keine Salzsole. 3) Statt der Honigbereitung und des Poͤkels legt man die
                              Haͤute vor der Farbe in die obengedachte Lohe von den Blaͤttern des
                              kislarschen Gaͤrberbaums, und laͤßt sie 8 Tage lang darin beizen. 4)
                              Die Farbe zu bereiten, hat man das Kraut Tschagan nicht einmal noͤthig;
                              sondern man kocht in klarem Wasser die bloßen Beeren vom Rhamnus, wovon auf 4 Eimer
                              Wasser etwa 10 Pfund genommen werden, und erhoͤhet nachher die Farbe mit 3
                              Loth Alaun auf jedes Pfund Beeren. Das Faͤrben geschieht uͤbrigens auf
                              dieselbe Art wie bei den rothen Saffianen, doch ohne Kochenille. Nach dem
                              Faͤrben duͤrfen aber die gelben Saffiane nicht erst noch in
                              Gaͤrberlohe gelegt werden, weil sie diese schon vorher erhielten. Man darf
                              sie nur gehoͤrig saͤubern, abkrazen, durchwirken, glaͤtten und
                              abpuzen.
                           Die gelben Saffiane sind aus begreiflichen Ursachen weit wohlfeiler im Preise als die
                              rothen, wegen der wenigern Muͤhe und Zusaͤze. In Astrachan kostet eine
                              gelbe Haut zur Stelle selten mehr als 1 1/2 Rubel. Von den Tuͤrkischen werden
                              sie auch in dieser Farbe uͤbertroffen.
                           Naͤchst der Fabrikation des Saffians ist die Zubereitung des Schagrins eine der vornehmsten Beschaͤftigung der
                              Armenier in Astrachan. Er wird nirgends besser als in dieser Stadt verfertiget und
                              sowohl in Rußland selbst an die Tataren, das Stuͤk fuͤr 1 1/2 –
                              2 Rubel, als auch nach Persien und an die kaukasischen Voͤlkerschaften
                              verkauft.
                           Noch koͤnnte sich Astrachan einen wichtigen Erwerbs- und Handelszweig
                              durch die Zubereitung der Sode verschaffen. Keine Gegend
                              des Erdbodens hat vielleicht mehr Sodepflanzen als die an der unteren Wolga, an den
                              Kuͤsten des Kaspischen Meeres, in den Steppen zwischen dem Uralfluß, der
                              Wolga und Kuma. Da das Salz, welches die Sodapflanzen liefern, bei Fabriken,
                              Manufakturen, in Faͤrbereien u.s.w. auf eine sehr manichfache Weise gebraucht
                              wird, so wuͤrde die Gewinnung dieses Materials gewiß einen bedeutenden
                              Gegenstand des Handels ausmachen und fuͤr die ganze Gegend ein neuer Artikel
                              des Geldverdienstes werden.