| Titel: | Ueber Kultur der Birnbäume. Von Th. Andreas Knight, Esqu. F. R. S. | 
| Fundstelle: | Band 7, Jahrgang 1822, Nr. XXXIV., S. 228 | 
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                        XXXIV.
                        Ueber Kultur der Birnbäume. Von Th. Andreas Knight, Esqu. F. R. S.
                        Aus den Transactions of the London Horticultural Society. Im Repertory of Arts, Manufactures et Agriculture. N. CCXXXV. Februar 1822.
                        Knight über die Kultur der Birnbäume.
                        
                     
                        
                           Die Birnbaͤume uͤben ihre Pflanzer weit
                              laͤnger in der Geduld, ehe sie Fruͤchte tragen, als irgend eine andere
                              Obstart, die man in unseren Gaͤrten durch Pfropfen ziehen kann; und, obschon
                              sie in der Folge sehr alt werden, hoͤren sie doch gewoͤhnlich, wenn
                              man sie an einer Wand zieht, in wenigen Jahren auf Fruͤchte zu bringen, und
                              tragen nur noch an den Enden ihrer Seitenzweige. Diese beiden Fehler sind indessen,
                              wie ich aus guten Gruͤnden glaube, bloß das Resultat einer nicht
                              gehoͤrigen Wartung: denn es gelang mir neulich vollkommen, meine alten Baͤume beinahe auf jedem Aste wieder
                              fruchtbar zu machen, und meine juͤngeren haben
                              beinahe immer schon im zweiten Jahre nach dem Pfropfen getragen; keiner blieb mir
                              uͤber das dritte Jahr ohne Frucht.
                           Um die von mir befolgte Methode im Schnitte und in der Kultur anschaulicher im Detail
                              zu zeigen, will ich mit aller Genauigkeit die Wartung und Pflege eines alten und
                              eines jungen Baumes hier beschreiben.
                           Ein alter unechter St. Germain-Birnbaum wurde faͤcherfoͤrmig an
                              einer Nordwestwand in meinem Garten aufgezogen. Die mittleren Aeste hatten, wie es
                              an alten so gezogenen Baͤumen gewoͤhnlich zu geschehen pflegt,
                              laͤngst schon das oberste Ende der Wand erreicht, und zu tragen
                              aufgehoͤrt.
                           
                           Die uͤbrigen Aeste brachten nur wenig Fruͤchte, und auch diese gediehen
                              nie zur vollen Reife, gaben also keinen Ertrag; es ward daher nothwendig, diese
                              Sorte aufzugeben und den Baum zugleich mehr tragbar zu machen.
                           In dieser Hinsicht wurde jeder Ast, dem nicht wenigstens zwanzig Grade zur
                              senkrechten Richtung fehlten, an seiner Basis abgeworfen, und die Nebenzweige an
                              jedem Aste, den ich beibehalten wollte, wurden mit Saͤge und Messer genau
                              abgenommen. In diese Aeste pfropfte ich, bei ihren Verzweigungen, in verschiedener
                              Entfernung von den Wurzeln, und selbst hier und da an den Enden der Aeste, so daß
                              der Baum im Herbste nach dem Pfropfen sich eben so weit ausbreitete, als im Jahre
                              vorher. Die Pfropfreiser wurden auch so gestellt, daß jeder Theil des Raumes, den
                              der Baum vorher bedekte, gleichmaͤßig stark mit jungem Holze versehen
                              war.
                           Sobald im nachfolgenden Sommer die jungen Triebe die gehoͤrige Laͤnge
                              erreicht hatten, wurden sie zwischen den staͤrkeren Aesten und der Wand, an
                              welcher sie angenagelt wurden, beinahe senkrecht abwaͤrts gebogen. Der zu
                              jeder Seite am meisten senkrechte Ast unter den noch uͤbrig gebliebenen
                              wurden ungefaͤhr vier Fuß tief unter dem oberen Ende der Wand, die 12 Fuß
                              hoch war, gepfropft, und die jungen Schoͤßlinge, welche die Pfropfreiser an
                              dieser Stelle trieben, wurden einwaͤrts gezogen und niedergebogen, um den
                              Raum auszufuͤllen, aus welchem die alten in der Mitte stehenden Aeste
                              weggenommen wurden. Auf diese Weise blieb am Ende des ersten Herbstes nur wenig
                              leerer Raum mehr uͤbrig. Im folgenden Fruͤhjahre hatten mehrere
                              Pfropfreiser bereits einige Bluͤthen, aber keine Fruͤchte getragen; im
                              naͤchsten Jahre hingegen und in den folgenden Jahren harte ich reichliche
                              Ernte: jeder Ast des Baumes trug gleichfoͤrmig, und ich habe kaum noch eine
                              solche Fuͤlle von Bluͤthen gesehen, wie dieser Baum im gegenwaͤrtigen
                              Fruͤhjahre (1813) mir darbiethet. Ich habe acht verschiedene Sorten von
                              Birnen auf ihn gepfropft, und alle brachten Fruͤchte, und beinahe in gleichem
                              Ueberflusse. Bei dieser Art den Baum an die Wand zu ziehen koͤnnen die
                              Tragreiser, da sie klein und kurz sind, alle drei oder vier Jahre gewechselt werden
                              bis der Baum ungefaͤhr hundert Jahre alt wird, und dieß ohne Verlust eines
                              Jahres Ertrages: der mittlere Theil des Baumes, der bei jeder anderen Methode nichts
                              traͤgt, wird hier der fruchtbarste. Nachdem ein auf diese Weise gezogener
                              Baum die ganze Wand vollkommen bedekte, wird er beinahe die von mir in den Horticultural Transactions fuͤr das Jahr 1808
                              empfohlene Form erhalten haben, außer daß die kleineren Zweige nothwendig hinter den
                              groͤßeren herabsteigen muͤssen.
                           Ich gehe nun zur Behandlung der jungen Birnbaͤume uͤber. Ein junger
                              Birnstamm mit zwei Seitenaͤsten zu jeder Seite, und ungefaͤhr 6 Fuß
                              hoch wurde zeitlich im Fruͤhjahre 1810 an eine Wand gepflanzt, und auf jedem
                              seiner Seitenaͤste, wovon zwei ungefaͤhr vier Fuß uͤber dem
                              Boden aus dem Stamme, die zwei oberen nahe an seinem Gipfel entsprangen, im
                              folgenden Jahre gepfropft. Die Schoͤßlinge, welche aus diesen Pfropfreisern
                              entstanden, wurden, nachdem sie ungefaͤhr einen Fuß lang geworden waren, wie
                              in dem obigen Versuche, abwaͤrts gebogen, die untersten beinahe senkrecht,
                              die obersten etwas unter der horizontalen, und so von einander entfernt, daß die
                              Blaͤtter des einen Triebes die des anderen durchaus nicht beschatten konnten.
                              Im folgenden Jahre wurde dieselbe Methode bei dem Aufbinden befolgt, und im dritten,
                              d.i. im vorigen Jahre erhielt ich eine reichliche Ernte an Fruͤchten.
                              Gegenwaͤrtig steht der Baum wieder reich mit Bluͤthen beladen vor
                              mir.
                           Diese Methode versuchte ich zuerst an der Aston-Town Birne, die selten vor dem
                              sechsten oder siebenten Jahre nach dem Pfropfen Fruͤchte traͤgt. Von dieser
                              Sorte und von der Colmar erhielt ich auch nicht ehe Fruͤchte, als bis die
                              Pfropfreiser drei Jahre alt waren.