| Titel: | Beschreibung eines Federkreuzes für Pferde. Von Joh. Goodwin, Esqu. zweitem Clerk am K. Stalle. | 
| Fundstelle: | Band 7, Jahrgang 1822, Nr. LXVIII., S. 458 | 
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                        LXVIII.
                        Beschreibung eines Federkreuzes für Pferde. Von Joh. Goodwin, Esqu. zweitem Clerk am K. Stalle.
                        Aus den Transactions of the Society for the Encouragement of Arts, Manufactures et Commerce. Aus dem Repertory of Arts, Manufactures et Agriculture. N. CCXXXIX. April 1822.
                        Die kleine oder silberne Vulcan-Medaille wurde Hrn. Goodwin fuͤr diese Mittheilung zuerkannt.
                        Mit Abbildungen auf Tab. X.
                        Goodwin's Beschreibung eines Federkreuzes für Pferde.
                        
                     
                        
                           Da die Gesellschaft meine Verbesserungen an dem
                              Bereiter-Kreuze einer Aufnahme in ihren schaͤzbaren Baͤnden
                              werth fand, so uͤbersende ich hier einige Betrachtungen uͤber den
                              Nuzen desselben, als Huͤlfsmittel fuͤr den Bereiter, der dem jungen
                              Thiere den ersten Unterricht mit dem Zaume und Gebisse zu ertheilen hat, und, in
                              einigen Faͤllen, auch hartmaͤulig gewordene Pferde fuͤr den
                              Zaum wieder empfindlich machen soll.
                           Das sogenannte Kreuz ist eine alte, wenn auch nicht allgemein von den Bereitern in
                              dieser Hinsicht gehoͤrig benuͤzte, Erfindung. Die Methode, deren sie
                              sich gewoͤhnlich bedienen, besteht darin, den Zaum zu beiden Seiten an dem
                              Sattel mittelst einer Gurt zu befestigen, und so den Kopf des Thieres auf einem
                              gewissen Punkte fest zu halten. Um den Zaum gehoͤrig in die Hoͤhe ziehen zu
                              machen, bringt man die Nase des Thieres, den Kopf gegen die Brust geneigt, in
                              denselben, und in dieser ungeschikten gezwungenen Stellung legt sich das Follen mit
                              seinem Maule auf die Stange, lehnt sich, ohne seine Lage aͤndern zu
                              koͤnnen, eine bedeutende Zeit uͤber auf dieselbe, und wenn es auch
                              etwas nachlaͤßt, oder sich mit dem Munde bewegt, so faͤllt es in
                              wenigen Secunden in seine vorige Haltung zuruͤk. Dadurch wird nun das Maul
                              schwielig, und unempfindlich fuͤr den Zaum, der Kopf wird haͤngend,
                              und das Thier meisten Theils geneigt, mit dem Maule auf die Stange zu fallen, und
                              schwer in der Hand des Reiters oder des Kutschers zu liegen.
                           Um diese Nachtheile zu beseitigen, wendete man das Kreuz an, wodurch der Zaum in
                              jeder beliebigen Hoͤhe uͤber dem Sattel angebracht werden konnte, und
                              der Vortheil hervorging, daß man den Kopf und den Hals zu jeder erwuͤnschten
                              Hoͤhe zu bringen vermochte. Da indessen der Zaum auch an dem Kreuze immer auf
                              demselben Punkte fest gehalten wird, so nimmt das Fohlen auch hier wieder jedesmal
                              die ungeschikte Stellung der alteren Methode an. Um diesem Uebel abzuhelfen, brachte
                              man Federn an dem Kreuze au, und glaubte dadurch seinen Zwek zu erreichen, obschon
                              auch hier der Nuzen, den diese Federn gewaͤhren sollen, sehr
                              beschraͤnkt ist; in dem einzigen Falle, den ich zu beobachten Gelegenheit
                              hatte, schienen sie nur wenig fuͤr ihren Zwek berechnet. Ich versuchte daher
                              dieser Maschine eine passendere Form zu geben, und wenn man dieselbe, durch
                              Beihuͤlfe der Gesellschaft, eben so allgemein nuͤzlich finden sollte,
                              als in dem K. Stalle, so wuͤrde ich meinen Zwek fuͤr erreicht
                              halten.
                           Wenn ich indessen den Gebrauch des Federkreuzes empfehle, so will ich durchaus nicht
                              den Anschein haben, zu glauben oder glauben zu machen, daß dadurch die Kunst eines guten Bereiters
                              uͤberfluͤssig wuͤrde, indem bekanntlich nur durch seine Leitung
                              und durch zarte Fuͤhrung des Zaumes jene hochgebildete und feine
                              Empfindlichkeit des Maules an dem Pferde, jene sanfte Nachgiebigkeit und alle jene
                              reizenden Bewegungen des Koͤrpers dieses edlen Thieres hervorgebracht werden
                              koͤnnen, die man an demselben so sehr bewundert.
                           
                        
                           Erklaͤrung der Figuren.
                           Fig. 8. Tab.
                              X. stellt das Federkreuz von vorne dar. Fig. 9. von der Seite.
                              Fig. 10.
                              von oben oder im Vogel-Perspektive. aa sind
                              die oberen Arme des Kreuzes, in der Mitte mit Oeffnungen, um dem Zaume, welcher
                              durch dieselben zu den Federn cc laͤuft,
                              freies Spiel zu gestatten. bb Leiter, durch welche
                              der untere Theil des Zaumes (die Trense) zu den Federn dd laͤuft. e, eine Centralfeder, mit
                              einem Leitungsbiegel f, um den Tragzaum zu halten. gg die unteren Enden des Kreuzes, an welchen die
                              Bauchgurten befestigt sind. Fig. 11. ist ein
                              Durchschnitt der Arme, um zu zeigen, wie die inneren Seiten der Oeffnung gebildet
                              sind, damit der Zaum sich nicht abwezen kann. Fig. 12. zeigt dieses
                              Kreuz auf dem Pferde selbst angebracht; es ist offenbar, daß, waͤhrend das
                              Pferd seinen Kopf frei nach allen Seiten bewegen kann, es jedoch nur in jener Lage
                              desselben mit Behaglichkeit weilen kann, in welcher man will, daß es denselben
                              tragen sollWaͤhrend wir der Regierung des Vaters des baierischen Volkes,
                                    Maximilian Joseph, die Wohlthat veredelter Pferde-Raçen
                                    verdanken, und jezt auf unseren Doͤrfern Pferde finden, die jeder
                                    Fuͤrst und jeder Koͤnig mit Ehren reiten koͤnnte, ist
                                    nur dieß zu bedauern, daß unsere Landleute in Wartung und Pflege der edleren
                                    Pferde zu wenig unterrichtet sind. Wenn irgend ein Enkel des edlen alten
                                    Augsburger Herrn von Fugger, der vor bald 300
                                    Jahren ein noch bis jezt unuͤbertroffenes Werk uͤber Wartung
                                    und Pflege der Pferde schrieb, dasselbe in einer neuen Auflage dem
                                    baierischen Volke schenken wuͤrde, er wuͤrde dadurch mehr
                                    Nuzen stiften, mehr Wunder wirken, als mancher Fuͤrst mit einem auf
                                    fuͤrstliche Kosten uͤber Mirakel gedrukten Werke gestiftet
                                    hat. Die alte deutsche treuherzige Sprache, in welcher Hr. v. Fugger vor fast 300
                                    Jahren schrieb, wuͤrde unsere Baiern mehr ansprechen, als die heutige
                                    fade Suͤßlichkeit so vieler Volks-Schriftsteller. Vielleicht
                                    thut dieß noch jener Enkel des edlen alten Fugger, dessen Reitkunst den
                                    Koͤnig von Großbritannien im vorigen Jahre so sehr erfreute, daß er
                                    ihn mit dem Commandeurkreuz des Guelphen-Ordens zierte. Anm. d.
                                    Uebers..
                           
                        
                     
                  
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