| Titel: | Beschreibung hängender Brüken. Von Rob. Stevenson, Esqu. F. R. S. E. bürgl. Baumeister. | 
| Fundstelle: | Band 10, Jahrgang 1823, Nr. XLV., S. 264 | 
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                        XLV.
                        Beschreibung hängender Brüken. Von Rob. Stevenson, Esqu. F. R. S. E. bürgl. Baumeister.
                        Aus dem Edinburgh Philosophical Journal. Im Repertory of Arts, Manufactures et Agriculture. N. CCXLIX. Febr. 1823. S. 153.
                        Mit Abbildungen auf Tab. VII.
                        Stevenson's Beschreibung hängender Brüken.
                        
                     
                        
                           Die Kunst, Bruͤken, oder wenigstens etwas, was
                              dieselben ersezen konnte, zu bauen, muß so alt seyn, als die fruͤheste
                              Periode der Civilisation. Die gewoͤhnliche Methode, wie man heute zu Tage in
                              Amerika und in dem Binnenlande von Hindostan uͤber Fluͤsse und
                              Graͤben gelangt, ist mittelst Seile verschiedener Art, die von einer Seite
                              zur anderen gespannt sind, und auf welchen ein Steig fuͤr den Reisenden und
                              fuͤr sein Gepaͤk angebracht ist, obschon derselbe oͤfters in
                              einen Korb gesezt, und mit seinem Gepaͤke uͤber die Seile quer
                              hinuͤbergezogen wird, waͤhrend sein Maulthier durch den Fluß schwimmt,
                              oder an den Waͤnden des Grabens hinab und hinan klettert.
                           Man kann es allerdings als eine traurige Erscheinung betrachten, daß man bei dem
                              gegenwaͤrtigen, so weit vorgeruͤkten Zustande der Kuͤnste den
                              Bewunderung erregenden Bogen von Mauerwerk mit all seiner Staͤrke und
                              Symmetrie beseitigen, und dafuͤr haͤngende Bruͤken aus
                              beweglichen Ketten, als Nachahmung der rohen und einfachen Versuche der
                              fruͤhesten Zeiten, wieder einfuͤhren will. Wir wollen wahrlich unseren
                              neuesten wissenschaftlichen Zustand nicht gering schaͤzen und
                              herabwuͤrdigen; wir wollen vielmehr dem philosophischen Geiste jenes
                              Mechanikers dankbar huldigen, der die krumme Kettenlinie zu benuͤzen, und aus
                              den Ideen der Wilden selbst in dem gebildetesten Zustande der Gesellschaft Vortheil
                              zu ziehen wußte. Wenn entweder aus oͤkonomischen Gruͤnden oder aus
                              vielen anderen Ruͤksichten eine gemauerte Bruͤke, unter gewissen
                              Verhaͤltnissen, unausfuͤhrbar ist, so muß es doch hoͤchst
                              erfreulich seyn, wenn wir durch eine solche Vorrichtung Reisende und Guͤter
                              uͤber einen Fluß, oder selbst uͤber einen Arm der See, auf eine Weise
                              foͤrdern
                              koͤnnen, die noch vor wenigen Jahren kaum moͤglich schienWir haben, wir gestehen es offen, nicht das Vertrauen auf den Geist unseres
                                    Zeitalters, auf dem festen Lande eine aͤhnliche Bruͤke auch
                                    nur uͤber das kleinste Fluͤßchen gespannt zu sehen; wir sind
                                    gewohnt, jedes Jahr nach jedem Eisgange die Einwohner des einen Ufers eines
                                    Flußes von jenen des anderen in Handel und Wandel oft Monate lang
                                    abgeschnitten zu sehen. An dem Fluße, an welchem der Uebersezer wohnt, hat
                                    der lezte Eisgang durch Wegnahme eines oder mehrerer Joche nicht weniger als
                                    18 Bruͤken auf einer Streke von einigen 20 Meilen so
                                    beschaͤdigt, daß Monate, nicht bloß Wochen, vergehen muͤßen,
                                    bis zwischen den Einwohnern des einen und des anderen Ufers Verkehr Statt
                                    haben kann. In einem an diesem Flusse gelegenen, nicht unbedeutenden
                                    Staͤdtchen, in welchem ein Landgericht, ein Rentamt, eine Post sich
                                    befindet, nahm das Eis ein Joch von der Bruͤke weg. Am
                                    fuͤnften Tage darauf hatte man fuͤr das Fortkommen der
                                    Reisenden noch so wenig gesorgt, daß nicht einmal eine Fahre zur Ueberfahrt
                                    bereit war, und Reisende, die des Nachts ankamen, und Eile hatten, in einem
                                    Fischerkahne uͤber den reißenden Fluß sich wagen mußten. Allerdings
                                    ist diese Liederlichkeit nur eine der vielen, die die loͤbl.
                                    Stadt-Magistrate seit der kurzen Zeit ihrer Wieder-Einfuͤhrung an die
                                    Tagesordnung bringen wollen: indessen ließe sich allen den
                                    Calamitaͤten an den vielen Bruͤken dieses Flusses bis zur
                                    Wiederherstellung derselben leicht abhelfen, wenn man fuͤr die
                                    Zwischenzeit nur so klug seyn wollte, wie die Wilden, und einstweilen Strike
                                    und Ketten von einem Joche zum anderen spannte. A. d. Ueb..
                           Bruͤken von Gußeisen. Waͤhrend des lezten
                              Krieges, wo der Preis des Bauholzes und auslaͤndischen Eisens außerordentlich
                              hoch gestiegen ist, ließ man kein Mittel unversucht, englisches Eisen
                              uͤberall, wo es nur immer moͤglich war, anzuwenden. Die Anwendung des
                              englischen Gußeisens auf Bruͤken fing bald an, bedeutend zu werden. Die erste
                              Bruͤke dieser Art wurde, wie es scheint, im Jahr 1779 uͤber die
                              Severn, in der Naͤhe der Eisenwerke von Colebrook Dale in Shropshire,
                              errichtet. Sie bestand aus einem massiven Bogen von 100 Fuß. Bald nach diesem
                              kuͤhnen Unternehmen kam eine Menge anderer eiserner Bruͤken in
                              verschiedenen Theilen der vereinigten Koͤnigreiche zum Vorscheine, von
                              welchen die uͤber den Weir bei Sunderland die bedeutendste war; sie mißt in
                              der Spannung 236 Fuß. In den neueren Zeiten erhielten wir die
                              Southwark-Bruͤke uͤber die Themse, (nach dem Plane des Hrn. Rennie) deren mittlerer Bogen nicht weniger als 240 Fuß
                              in der Spannung mißtDiese Bruͤke ist in dem Repertory, Band 19, beschrieben und
                                    abgebildet. A. d. O.. Man hat selbst vorgeschlagen. Bogen von Gußeisen von mehr dann 500 Fuß zu
                              sprengen. Diese ungeheueren Werke aus Gußeisen, die unbestreitbar das Werk
                              englischer Kuͤnstler sind, haben indessen sowohl in Hinsicht auf ihre
                              materielle Groͤße als auf die Groͤße ihrer Kosten, ihre
                              Graͤnzen. Man mußte also den Bruͤken-Baumeister in den Stand sezen,
                              unter anderen Verhaͤltnissen andere Mittel zu finden, einen dauerhaften
                              Fahrweg an die Stelle einer laͤstigen und gefaͤhrlichen Faͤhre
                              zu sezen.
                           Dieß wurde mit bewundernswerther Einfachheit und Sparsamkeit durch Anwendung der
                              krummen Kettenlinie bewirkt, deren Eigenschaften bisher von den Mathematikern nur
                              als ein Gegenstand muͤßiger Curiositaͤt betrachtet wurde. Jezt aber,
                              wo man Ketten aus geschlagenem Eisen in Form eines umgekehrten Bozens anwendet, wird
                              diese Krumme auf Haͤngebruͤken benuͤzt, und statt der
                              gewoͤhnlichen Bogen angewendet.
                           Ketten-Bruͤke zu Winch. Die aͤltesten
                              haͤngenden Bruͤken, die wir kennen, sind die chinesischen, die sehr
                              lang seyn sollen. Major Rennell beschreibt auch eine Bruͤke dieser Art
                              uͤber den Sampoo in Hindostan von ungefaͤhr 600 Fuß Laͤnge. Die
                              erste Kettenbruͤke in unserem eigenen Lande (in England) ist, wie man glaubt,
                              jene zu Winch uͤber den Fluß Tees zur Herstellung einer Verbindung zwischen
                              den Grafschaften Durham und York. Sie findet sich beschrieben und im Aufrisse
                              gezeichnet im 3ten Bande von Hutchinson's
                              Antiquities of Durham, welche zu Carlisle im Jahr 1794
                              erschienen. Seite 279 kommt hieruͤber folgende Stelle vor: „Die
                                 Gegenden um den Tees sind reich an den romantischsten und mahlerischsten
                                 Partieen, an herrlichen Wasserfaͤllen, Felsen und grottesken
                                 Hoͤhlen. Ungefaͤhr zwei Meilen uͤber Middleton, wo der Fluß
                                 in wiederholten Cascaden herabfaͤllt, ist eine Bruͤke von Ketten
                                 uͤber einen beinahe 60 Fuß tiefen Abgrund von einem Felsen zum anderen
                                 gespannt, damit Reisende, und vorzuͤglich Bergleute, uͤber
                                 denselben gelangen koͤnnen. Die Bruͤke ist 70 Fuß lang, und nicht
                                 viel mehr als 2 Fuß
                                 breit, mit einem Handgelaͤnder an einer Seite, und mit Bohlen belegt, so
                                 daß der Wanderer bei jedem Tritte die zitternde Bewegung der Kette empfindet,
                                 und sich uͤber einem brausenden Abgrunde auf einem schwankenden und
                                 schaukelnden Stege, den nur wenige Fremde zu betreten wagen, aufgehaͤngt
                                 sieht.“ Wir bedauern, daß wir nicht im Stande waren, das Jahr der
                              Erbauung dieser Bruͤke mit Bestimmtheit auszumitteln; aus guten Quellen
                              wissen wir aber, daß sie ungefaͤhr um das Jahr 1741 errichtet wurde.
                           Amerikanische Haͤnge-Bruͤken. Aus einer
                              Abhandlung des Hrn. Thomas Pope, Architekten zu New-York,
                              welche im Jahr 1811 in dieser Stadt erschien, (Treatise on
                                 bridges) erhellt, daß in verschiedenen Gegenden Amerikas 8
                              Ketten-Bruͤken errichtet worden sind. Wir muͤßen indessen hier
                              bemerken, daß, wo es sich um das Recht der Erfindung zwischen uns und unseren
                              Freunden jenseits des Oceans handelt, die Ketten-Bruͤke uͤber den Tees
                              in Amerika bereits bekannt war, indem Pope Hutchinson's 3ten Band anfuͤhrt,
                              und eine Beschreibung der Ketten-Bruͤke zu Winch liefert. Es erhellt ferner
                              aus diesem Werke, daß die amerikanische Regierung auf Errichtung von
                              Haͤnge-Bruͤken im Jahr 1808 ein Patent ertheilte. Herr Pope beschreibt
                              eine Bruͤke dieser Art, die ungefaͤhr um das Jahr 1809 uͤber
                              den Fluß Merrimack im Staate von Massachusets errichtet wurde, und die aus einem
                              Kettenbogen von 244 Fuß Spannung besteht. Der Fahrweg uͤber diese
                              Bruͤke haͤngt zwischen zwei gemauerten Thuͤrmen, die 37 Fuß
                              hoch sind, und auf welchen Pfeiler von 35 Fuß Hoͤhe aufgezimmert sind. Ueber
                              diese sind 10 Ketten gespannt, jede von 516 Fuß Laͤnge, deren Enden auf
                              beiden Ufern in tiefe Gruben versenkt, und dort mit großen Steinen bedekt und
                              befestigt sind. Diese Bruͤke uͤber den Merrimack hat zwei Fahrwege,
                              wovon jeder 15 Fuß breit ist. In der Beschreibung wird auch von drei Ketten
                              gesprochen, die an der Seite hinlaufen, und von 4 Ketten in der Mitte oder zwischen
                              den beiden Fahrwegen. Der ganze Kosten-Betrag dieser Bruͤke wird auf 20,000
                              Dollars geschaͤzt, und die Bruͤke ist auf eine Last von 500 Tonnen
                              (1000 Zentn.) berechnet.
                           Vorgeschlagene Bruͤke zu Runcorn. Die schwierigste
                              und unsicherste Aufgabe, die vielleicht jemals einem englischen Baumeister vorgelegt wurde, war
                              der Vorschlag einiger hoͤchst patriotischen Maͤnner zu Liverpool, die
                              eine Bruͤke uͤber die Muͤndung des Mersey bei Runcorn Gap,
                              ungefaͤhr 20 Meilen von Liverpool, errichtet zu sehen wuͤnschten. Man
                              wollte, daß die Spannung dieses Werkes wenigstens 1000 Fuß halten, und nicht weniger
                              als 60 Fuß uͤber der Oberflaͤche des Wassers stehen sollte, so daß die
                              Schiffahrt auf diesem fuͤr den Handel so wichtigen Fluß dadurch nicht im
                              Mindesten gehindert werden sollte. Die Idee zu dieser Bruͤke hatte man, wo
                              ich nicht irre, im Jahr 1813, wo der Arbeitslohn außerordentlich niedrig stand, und
                              eine große Anzahl von Arbeitsleuten in Lancashire ohne Beschaͤftigung war.
                              Der Ausschuß der Ehrenmaͤnner, die an dieser großen Unternehmung Theil
                              nahmen, legte eint Menge von Planen vor, unter welchen der einer
                              Haͤnge-Bruͤke den meisten Beifall erhielt. Herr Telford, Baumeister,
                              und Capitaͤn Brown, von der koͤnigl. Flotte, sollen so ziemlich
                              uͤber die Ausfuͤhrbarkeit desselben uͤberein gekommen seyn. Hr.
                              Telford hat hieruͤber ausfuͤhrlichen Bericht erstattet, und die
                              Auslage, nach seinem Plane, zwischen 63,000 und 85,000 Pfund angeschlagen, je
                              nachdem naͤmlich derselbe auf diese oder jene Art ausgefuͤhrt
                              wuͤrde. Obschon bisher wenig fuͤr die Ausfuͤhrung dieses Planes
                              geschehen ist, so ist doch die Neuheit und Groͤße eines Bozens von 1000 Fuß
                              in der Weite ein Gegenstand von so hohem Interesse, daß wir es noͤthig
                              fanden, desselben hier wenigstens zu erwaͤhnen.
                           Ketten-Bruͤke zu Menai. Die Engen, welche die
                              Insel Anglesea von Caernarvonshire trennen, haben auf der Straße von London nach
                              Dublin uͤber Holyhead, wo man die laͤstige Faͤhre von Bangor
                              vermeidet, laͤngst schon ein trauriges Hinderniß gebildet. Man hat mehrere
                              Plane zur Beseitigung derselben entworfen, vorzuͤglich mittelst Anwendung von
                              Gußeisen, und Ueberschlaͤge von 128,000 Pfund bis auf 268,000 Pfund
                              entworfen; derjenige, den man jezt ausfuͤhrt, ist eine
                              Haͤnge-Bruͤke nach der Ketten-Krummen, die, zwischen ihren Pfeilern,
                              560 Fuß mißt, und nur auf 70,000 Pfund angeschlagen ist. Viele haben an dem Gelingen
                              dieses Werkes gezweifelt: allein die Unions-Bruͤke uͤber den Tweed,
                              die 361 Fuß lang ist, wurde nach diesem Plane, wie wir unten sehen werden, bereits
                              gluͤklich ausgefuͤhrt. Wir wollen indessen fortfahren, eine allgemeine
                              Uebersicht
                              uͤber die Fortschritte, die der Bruͤkenbau mit geschlagenem Eisen in
                              Schottland gemacht hat, zu liefern, indem in diesem Lande zuerst diese Kunst eine
                              bedeutende Ausdehnung erhielt.
                           Galashiel's Draht-Bruͤke. Wir haben bereits von
                              den großen Planen zu Ketten-Bruͤken uͤber den Fluß Mersey und
                              uͤber die Engen von Menai gesprochen. Das erste Beispiel eines solchen
                              gluͤklich ausgefuͤhrten Planes war die Bruͤke uͤber den
                              Tees. Die auf diese zunaͤchst gefolgten Bruͤken aus geschlagenem
                              Eisen, die wir in diesem Lande kennen, sind jene uͤber den Fluß Tweed, und
                              die in denselben sich ergießenden Gala und Etterick. Herr Richard Lees, welcher eine
                              sehr große Tuch-Fabrik zu Galashiel besizt, deren verschiedene Werke dieß- und
                              jenseits des Gala-Wassers gelegen sind, hatte zuerst die Idee, einen Steg aus
                              duͤnnem Eisen-Drahte uͤber dieses Wasser zu bauen, um mit Leichtigkeit
                              zu allen Abtheilungen seiner Fabrik zu gelangen. Dieser Steg wurde im November 1816
                              erbaut, ist 111 Fuß lang, und kostet ungefaͤhr 40 Pfund. Obschon er nur auf
                              kurze Zeit und auf eine sehr unvollkommene Weise erbaut ist, so verdient er doch als
                              die erste in Groß-Brittannien erbaute Draht-Bruͤke unsere Aufmerksamkeit,
                              indem er zugleich ein praktisches Beispiel der Zaͤhheit des zu
                              aͤhnlichen Zweken angewendeten Eisens, und des Nuzens desselben unter
                              verschiedenen Verhaͤltnissen, vorzuͤglich aber in einer solchen
                              Gegend, wie das Tweed-Thal, gewaͤhrt, in welchem das Fortschaffen von Lasten,
                              die einen großen Raum einnehmen, aͤußerst kostbar ist.
                           Draht-Bruͤke zu King's Meadows. Auf obige
                              Draht-Bruͤke kam die Ketten-Bruͤke von Dryburgh; wir wollen aber
                              zuerst die Draht-Bruͤke zu King's Meadows, auf dem Gute des Baronet Sir John
                              Hay, beschreiben, von welcher wir Fig. 1 Tab. III. eine
                              Zeichnung liefern. Dieser Steg, der etwas unter Peebles uͤber den Tweed geht,
                              ist 110 Fuß lang, 4 Fuß breit, und mit einem artigen Landhause geziert, das in der
                              Zeichnung angedeutet ist. Die HHn. Redpath und Brown zu Edinburgh haben den Bau in
                              Contract genommen, und im Sommer 1817 fuͤr 160 Pfund ausgefuͤhrt.
                           Dieser Steg besteht aus zwei hohlen Roͤhren aus Gußeisen, die an beiden Ufern
                              vier Fuß von einander errichtet sind, und in deren jede eine Stange von geschlagenem Eisen paßt, an
                              welcher die Haͤnge-Draͤhte und Bolzen mittelst Schrauben-Bolzen
                              befestigt sind. Die unteren Enden der hohlen Roͤhren, welche die Pfeiler
                              bilden, sind unter der Erde, nach Hrn. Turnbull's, Architekten zu Peebles, Plane,
                              mittelst eines hoͤlzernen Rostes befestigt, wie a
                              in Fig. 1
                              darstellt. Unter dem Fahrwege werden sie von Strebe-Hoͤlzern oder diagonalen
                              Pfosten gestuͤzt, die gegen die Last des Gewichtes und die Bewegung des
                              aufgehaͤngten Steges wirken. Die oben erwaͤhnten aufgerichteten
                              Stangen bilden die Thore oder Eingange zu dem Stege, und an ihnen sind die
                              Haͤnge-Draͤhte und Arme befestigt. Die verschiedenen Laͤngen
                              derselben sind nach Belieben mittelst Schrauben-Bolzen befestigt. Diese hohlen
                              Roͤhren von Gußeisen messen 9 Fuß in der Hoͤhe, halten 8 Zoll im
                              Durchmesser, und 3/4 Zoll in der Metall-Dike. Die geschlagenen Eisenstangen, die in
                              diesen hohlen Roͤhren eingefuͤgt sind, bilden die
                              Aufhaͤngepuncte, sind 10 Fuß hoch, und 2 1/2 Zoll im Gevierte.
                           Der Geheweg ist aus Rahmen von geschlagenem Eisen gebildet, worauf Dielen von 6 Zoll
                              Breite und 1 1/2 Zoll Dike mit Schrauben-Bolzen befestigt sind. Die
                              Seiten-Gelaͤnder sind nett mit Stabeisen ausgemacht, auf welchem eine
                              hoͤlzerne Lehne befestigt ist. Der Geheweg haͤngt hier an diagonalen
                              Drahten, nach einem anderen Systeme als jenem der Ketten-Krummen, wie bei
                              Vergleichung von Fig. 1 mit Fig. 2 und 3 erhellt. Die
                              Staͤrke der Drahte, an welchen in Fig. 1 die Ketten
                              haͤngen, ist den Kuͤnstlern als Nr. 1 unter den Drahtsorten bekannt:
                              ein solcher Draht haͤlt ungefaͤhr 3/10 Zoll im Durchmesser.
                           Die Ruͤken- oder Land-Arme sind aus Bolzen-Eisen, 3/4 Zoll im Durchmesser, und
                              in Gelenke von 5–6 Fuß Laͤnge getheilt. Die Schrauben-Bolzen haben
                              einen Zoll im Durchmesser, und sind in allem 42, wodurch alle die
                              Haͤnge-Staͤbe und Drahte gespannt, und nach Belieben aufgezogen werden
                              koͤnnen. Eine Haͤnge-Bruͤke mit solchen Armen schwankt beinahe
                              gar nicht, und zittert nur so, daß sie dadurch vielmehr die Idee von Festigkeit und
                              Sicherheit erregt. Einen Beweis der Festigkeit dieser Bruͤke gibt der
                              Umstand, daß sie, sogleich nach ihrer Vollendung, ganz und gar mit Menschen
                              angefuͤllt war, ohne daß sie dadurch auch nur im Mindesten gelitten
                              haͤtte.
                           
                           Draht-Bruͤke zu Thirlstane. Die einzige
                              Draht-Bruͤke, die wir hier noch bemerken wollen, ist die des Hrn.
                              Capitaͤns Napier uͤber den Etterick bei Thirlstane-Castle. Ehevor war
                              bloß ein Steg an Seilen hier uͤber den Fluß gespannt; gegenwaͤrtig ist
                              aber eine Draht-Bruͤke daselbst, die 125 Fuß in der Spannung
                              haͤlt.
                           Ketten-Bruͤke zu Dryburgh. Die oben beschriebenen
                              Draht-Bruͤken zu Galashiels, King's-Meadows und Thirlstane haͤngen,
                              wie Fig. 1
                              zeigt, an diagonalen Armen. Derselbe Plan wurde auch an der bei Dryburgh Abbey
                              zuerst erbauten Bruͤke befolgt, wo die Haͤnge- oder Trag-Stangen
                              gleichfalls von ihren Haͤngepuncten zu beiden Zeiten strahlenfoͤrmig
                              gegen den Mittelpunkt der Bruͤke ausfahren; denn bis jezt ward die
                              Ketten-Krumme auf dem Tweed noch nicht angewendet. Die Bruͤke zu Dryburgh war
                              260 Fuß lang (von ihren Haͤnge-Puncten aus gemessen), und 4 Fuß breit. Sie
                              wurde von den HH. Joh. und Wilh. Smith, Baumeistern und Architekten bei Melrose, auf
                              Kosten des Earl of Buchan gebaut, der Eigenthuͤmer der Fahre daselbst ist,
                              und kostete demselben mit Allem und Allem ungefaͤhr 720 Pfund. Die
                              Bruͤke war fuͤr Fußgaͤnger und Saum-Rosse. Ihr Bau wurde am 13.
                              April 1817 angefangen, und am 1. August desselben Jahres wurde sie dem Publicum
                              eroͤffnet, so daß der ganze Bau dieser Bruͤke wenig mehr als vier
                              Monate erfoderte.
                           Hr. Joh. Smith, einer der oben erwaͤhnten
                              Baumeister, bemerkte, daß, als diese erste Bruͤke nach dem Grundsaze der
                              Diagonalen erbaut war, wie Fig. 2, sie eine sanfte
                              schwingende Bewegung hatte, die man deutlich fuͤhlte, wo man uͤber
                              dieselbe ging. Der Hauptfehler bei diesem Baue war die zu lose Spannung der
                              Diagonal-Ketten, welche, in Verhaͤltniß zu ihrer Laͤnge, Segmente der
                              Ketten-Krummen von verschiedenem Halbmesser bildeten. Die Bewegungen dieser Ketten
                              waren noch uͤberdieß einer solchen Beschleunigung faͤhig, daß drei
                              oder vier Personen, die auf eine sehr wenig geeignete Weise sich mit dem Versuche
                              unterhielten, wie weit diese Beschleunigung getrieben werden kann, eine solche
                              Erschuͤtterung an allen Theilen der Bruͤke hervorbrachten, daß eine
                              der laͤngsten Diagonal-Ketten nahe an dem Haͤngepuncte derselben
                              brach. Bei einer anderen Gelegenheit riß, waͤhrend eines sehr starken Windes, eine
                              der horizontal unter den Dielen der Bruͤke hingespannten Ketten, und am 15.
                              Jaͤner 1818, also 6 Monate nach der Erbauung derselben, schwankte die
                              Bruͤke waͤhrend eines aͤußerst heftigen Windes so sehr, daß die
                              laͤngsten Ketten wieder rissen, die Plattform hinabgeweht, und die ganze
                              Bruͤke zerstoͤrt wurde. Ungluͤklicher Weise waren die HH. Smith
                              damals vom Hause abwesend; aus den Aussagen der vielen Augenzeugen, die die
                              Bruͤke stuͤrzen sahen, ergab sich aber, daß die verticale Bewegung vor
                              dem Falle der Bruͤke beinahe eben so groß war, als die Seitenbewegung
                              derselben, so daß sie jeden, der auf derselben gegangen waͤre, in den Fluß
                              geschleudert haben wuͤrde.
                           Die Augen an dem einen Ende der Staͤbe oder Ketten-Glieder der Ketten dieser
                              Bruͤke waren geschweißt; das andere Ende war bloß umgebogen, und mit einem
                              Halsbande versehen, wie b in Fig. 2 zeigt. Es verdient
                              wohl besonders bemerkt zu werden, daß, nachdem die Bruͤke stuͤrzte,
                              und man die Staͤbe oder Glieder der Kette genau untersuchte, man nur ein oder
                              zwei Stuͤke fand, die an dem geschweißten Ende gebrochen waren; dafuͤr
                              waren aber die offenen Augen, die nicht geschweißt waren, beinahe alle gebrochen,
                              wie die Figur
                                 2 in bb zeigt. Indessen wurde diese Art
                              von Kettenfuͤgung den HH. Smith von einem sehr erfahrnen Schmiede
                              empfohlen.
                           Die ploͤzliche Zerstoͤrung dieser Bruͤke erregte so großen
                              Antheil durch das ganze Land, und ward fuͤr die Errichtung der
                              Ketten-Bruͤken uͤberhaupt so wichtig erachtet, daß mehrere von jenen
                              Herren zu Liverpool, die sich fuͤr die vorgeschlagene Bruͤke zu
                              Runcorn interessirten, die Reise nach Schottland unternahmen, bloß um die
                              Umstaͤnde dieses Unfalles genauer kennen zu lernen. Die HH. Smith hatten sich
                              gegen den Earl of Buchan verpflichtet, diese Ketten-Bruͤke fuͤr etwas
                              weniger als 500 Pfund zu bauen, und hatten nur fuͤr alle Zufaͤlle
                              waͤhrend der Errichtung derselben zu sorgen, so daß der ganze Schaden auf
                              Lord Buchan fiel.
                           Die Nuͤzlichkeit der Bruͤke von Dryburgh, verglichen mit der
                              Muͤhseligkeit einer Faͤhre, zeigte sich selbst waͤhrend der
                              kurzen Zeit von 6 Monaten auf eine so entschiedene Weise, daß Lord Buchan ohne
                              Anstand auf der Stelle die Wiederherstellung der Bruͤke befahl. Diese geschah auch alsogleich
                              nach einem besseren Plane mit einem Zuschusse von 200 Pfund, und in weniger denn
                              drei Monaten ward die Bruͤke wieder dem Publicum geoͤffnet. Diese
                              Bruͤke ist jezt nach dem Grundsaze der Ketten-Krummen erbaut (Vergl. Fig. 2), und
                              haͤngt an senkrechten Eisenstangen und Hauptketten (main-or catenarian chains). Die vorzuͤglichsten
                              Abaͤnderungen, die man an dem vorigen Plane machte, bestanden darin, daß man
                              beide Augen oder Enden der Glieder zusammen schweißte, statt daß man das eine bloß
                              umbog, und mit einem Halsbande befestigte; der Weg uͤber die Bruͤke
                              wurde durch ein starkes hoͤlzernes Gelaͤnder verstaͤrkt, das
                              als Brustwehr diente, und dessen gute Wirkung man schon waͤhrend des Baues
                              der Bruͤke wahrnahm. Ein starker Wind, der, ehe dieses Gelaͤnder
                              errichtet war, entstand, hob das eine Ende der Platt-Form uͤber das Niveau
                              des Bruͤken-Weges, und die wellenfoͤrmige Bewegung, die dadurch
                              entstand, glich jener einer Woge auf der See; diese Bewegung pflanzte sich durch die
                              ganze Bruͤke der Laͤnge nach fort, und endete sich mit einer stoßenden
                              Bewegung an dem entfernteren Ende. So bald aber die Seiten-Gelaͤnder
                              aufgesezt wurden, ward dieser vertikalen Bewegung Einhalt gethan, und sie ist nun um
                              Vieles vermindert. Die neu erbaute Bruͤke erhielt auch noch Aufhalt- oder
                              Anker-Ketten, welche aus eisernen Stangen bestehen, die an Pfaͤhlen an beiden
                              Ufern befestigt sind. Diese Ketten sind an den Pfosten des Bruͤken-Weges
                              angeheftet, wie man an dem zu Fig. 2 gehoͤrigen
                              Grundrisse sieht. Man versichert, daß diese diagonalen Aufhalt-Ketten die Bewegung
                              der Bruͤke bei starkem Winde etwas vermindern, was uns indessen, als wir im
                              Jahr 1820 dieselbe untersuchten, durchaus nicht so vorkam.
                           Wir haben bereits bemerkt, daß diese Bruͤke zu Dryburgh nach dem Grundsaze der
                              Ketten-Krummen erbaut ist. Sie hat ferner vier Hauptketten, welche paarweise
                              zwischen den Aufhaͤnge-Puncten horizontal gegen einander aufgehaͤngt
                              sind, wie Fig.
                                 2 zeigt. Die Glieder der Haupt-Ketten, (catenarian
                                 chains) sind aus Stangen von Stab-Eisen verfertigt, die drei Achtel-Zoll im
                              Durchmesser halten, und ungefaͤhr 10 Fuß lang sind. Die Augen an jedem Ende
                              dieser Stangen sind durch kurze ovale Glieder verbunden, deren jedes ungefaͤhr 9 Zoll lang ist. Die
                              Plattform oder der Bruͤkenweg haͤngt an senkrechten Stangen, die einen
                              halben Zoll im Durchmesser halten, von den Hauptketten herab, und diese Stangen sind
                              an ihren oberen Enden an den oben erwaͤhnten kurzen Gliedern mittelst eines
                              Querkopfes befestigt, waͤhrend ihre unteren Enden einen Schrauben-Bolzen
                              bilden, durch die Seiten-Baͤume der Plattform laufen, und mittelst
                              Schrauben-Nieten daran festgehalten werden, die auf eigenen Eisen-Plaͤttchen
                              (sogenannten Waschern) ruhen.
                           Die Haͤnge-Puncte dieser Bruͤke ruhen auf aufrechten Pfeilern 28 Fuß
                              uͤber dem Niveau des Bruͤken-Weges auf beiden Ufern. Die Hauptketten
                              laufen uͤber diese aufrechten Pfeiler, die aus Pfosten von Memelholz von 14
                              Zoll im Gevierte paarweise aufgerichtet sind, wie die zu Fig. 2 gehoͤrige
                              Zeichnung zur Linken unter der Aufschrift „Eingang zu Fig. 2“
                              zeigt. Dieses Geruͤst laͤßt einen Raum von 9 Fuß offen, der als
                              Eingang zu dem Bruͤken-Wege dient. Oben sind die Seiten-Pfeiler mittelst des
                              Querbalkens verbunden, auf welchem die Hauptketten ruhen, und von dort steigen sie,
                              wie die Figur zeigt, in krummer Linie herab. Jedes Kettenpaar liegt auf diesem
                              Eingange zur Bruͤke 12 Fuß weit von dem anderen entfernt; beide Paare
                              naͤhern sich aber einander gegen den Mittelpunct der Bruͤke hin, wo
                              sie an den Seiten-Balken befestigt sind, und stehen nur 4 1/2 Fuß voneinander
                              entfernt, was naͤmlich die Breite des Bruͤken-Weges selbst ist. Durch
                              diese Annaͤherung vertreten diese Ketten gewißer Maßen in Stelle von
                              Aufhaͤltern fuͤr den Bruͤkenweg. Es ist indessen noch eine
                              Frage, in wie fern es rathsam ist, den Haupt-Ketten eine schiefe Richtung zu geben;
                              und wir sind vielmehr geneigt anzunehmen, daß es besser ist, den Haupt-Ketten eine
                              mit ihrer Spannung oder Last parallele Lage zu geben.
                           Die Plattform oder der Bruͤkenweg der Dryburgher Bruͤke steht
                              ungefaͤhr 18 Fuß uͤber der Oberflaͤche des Flußes im
                              Sommerwasser. Sie besteht aus zwei Balken von Foͤhrenholz, die der
                              Laͤnge der Bruͤke nach hinlaufen, und unter einander mittelst
                              Querriegeln oder hoͤlzernen Querbalken verbunden sind, die in dieselben
                              eingezapft sind. Die Seiten-Gelaͤnder, die zugleich als Handlehnen dienen,
                              werden von Diagonal-Armen und Querstuͤken gebildet. Der Bruͤkenweg
                              wird mit einer Bekleidung von Brettern vollendet, die quer uͤber denselben
                              laufen, und Oeffnungen von ungefaͤhr drei Viertelzoll zwischen sich lassen,
                              damit bei nasser Witterung das Wasser durch dieselben abfließen kann. Unter der
                              Plattform sind zwei Ketten aus kreisfoͤrmigen Stangen und von einem Zolle im
                              Durchmesser unter den Balken hingespannt, und mit dem Mauerwerke an jedem Ende der
                              Bruͤke zu groͤßerer Sicherheit verbunden.
                           Die Hinteren Arme oder Landketten, welche zur Aufrechthaltung der senkrechten Pfeiler
                              und als Gegengewicht gegen die Schwere der Bruͤke dienen, sind aus Stabeisen,
                              einen Zoll dik, und auf eine bedeutende Tiefe in die Erde versenkt, wo sie durch
                              große flache Steine laufen, die mit einer Masse von Mauerwerk beschwert sind,
                              welches in bogenfoͤrmiger Gestalt aufgefuͤhrt ist, und als Ballast
                              wirkt, wie Fig.
                                 2 zeigt.
                           Waͤhrend der Errichtung dieser Bruͤke zeigte sich ein Umstand, der
                              besondere Aufmerksamkeit verdient. Man bemerkte naͤmlich, daß die
                              Ketten-Krumme nicht dieselbe war, wenn die Haupt-Ketten bloß in ihrer eigenen
                              Schwere herabhingen, und wenn sie mit der Last des Bruͤken-Weges beschwert
                              wurden. An den Enden der Kette zu jeder Seite, und in dem Mittel-Puncte der
                              Bruͤke, blieben die Anhaͤnge-Puncte, nachdem die Haupt-Ketten beladen
                              wurden, unverruͤkt: zwischen dem Mittel-Puncte, und jedem Eingange bildete
                              der Bruͤkenweg aber zwei verschiedene Krummen, deren Sinus-versus
                              ungefaͤhr 7 Zoll betrug. Diesem Nachtheile ward bald dadurch abgeholfen, daß
                              die Haͤnge-Ketten verkuͤrzt wurden. Indessen zeigt dieser Umstand, daß
                              die Ketten-Krumme einer Veraͤnderung unterliegt, wenn sie in der Richtung der
                              horizontalen Flaͤche, welche der Bruͤkenweg bildet, beladen wird.
                           Das Publicum ist nun dem Earl of Buchan zu nicht geringem Danke verbunden, daß er
                              demselben fuͤr eine kleine, wenig eintraͤgliche Faͤhre eine
                              Bruͤke schenkte, und die Architekten derselben haben sich durch die Art, wie
                              sie den Plan ausfuͤhrten, alle Ehre verdient.
                           
                              (Die Fortsezung im naͤchsten Hefte.)
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
