| Titel: | Ueber die Fabrikation des Scheidewassers und der Salpeter-Säure in England und Frankreich. | 
| Fundstelle: | Band 10, Jahrgang 1823, Nr. LIV., S. 312 | 
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                        LIV.
                        Ueber die Fabrikation des Scheidewassers und der Salpeter-Säure in England und Frankreich.
                        Mit Abbildungen auf Tab. VI.
                        Ueber die Fabrikation des Scheidewassers und der Salpetersäure in England und Frankreich.
                        
                     
                        
                           A. Destillation des Scheidewassers in EnglandAus G. Broling's Resa i England. Stokkolm 1817. 8.
                                       III. Deelen. p. 291. frei uͤbersezt vom Hofkammerrath und
                                    Professor Dr. Blumhof in Gießen..
                           Diese Art von Salpetersaͤure, so wie sie im Handel
                              vorkommt, und zu mancherlei Behuf dient, ist gewoͤhnlich mehr oder weniger
                              mit Salzsaͤure vermischt. Die Ursache davon ist, daß der dazu angewandte
                              Salpeter mehr oder weniger mit salzsaurem Natrum (Kochsalz) vermischt ist. Die
                              Salpetersaͤure besteht aus Stikstoff, Sauerstoff und Wasser.
                              Gewoͤhnlich wird sie aus einem Gemenge von rohem Salpeter und Eisenvitriol
                              destillirt, welcher leztere vorher von seinem Krystallwasser befreit und gebrannt
                              werden muß, so daß er, wenigstens zum Theil, in schwefelsaures Eisenoxid verwandelt
                              wird.
                           Bei der Destillation findet eine wechselseitige Umtauschung der Bestandtheile dieser
                              Grundstoffe Statt. Das Kali des Salpeters verbindet sich mit der
                              Schwefelsaͤure des Eisenvitriols, und die Salpetersaͤure wird mit dem
                              Eisenoxid zu salpetersaurem Eisenoxid verbunden, welches Salz durch die Hize in der
                              Destillation zersezt wird, und seine Saͤure freigibt, welche in die Vorlage
                              uͤbergeht; in der Retorte bleibt schwefelsaures Kali oder sogenannter Tartarus vitriolatus aus Eisenoxid. In England wird die
                              Saͤure aus Salpeter und Schwefelsaͤure auf folgende Art bereitet:
                           Da man bei den Schwefelsaͤure-Werken immer Schwefelsaͤure von jeder
                              beliebigen Staͤrke vorraͤthig hat, so gibt es auch daselbst meistens
                              Vorrichtungen zur Bereitung des Scheidewassers und der Salzsaͤure. –
                              In demselben Zimmer, wo man die Concentrirung der Schwefelsaͤure vorhatte,
                              sah ich auch eine Destillirpfanne nebst Hut zur Destillation des Scheidewassers.
                              Diese Pfanne hatte
                              ungefaͤhr 2 Fuß im Durchmesser, und das Futter derselben war von quergelegten
                              Baksteinen, mithin 12 Zoll dik. (Tab. VI. Fig. 11. 12.)
                           Vom Rost bis zur obern Kante des Pfannen-Futters oder der Stelle, worauf die
                              Raͤnder der Pfanne ruhen, sind 2 Ellen. Die Hoͤhe des Rosts bis zum
                              Boden der Pfanne, welcher unbekleidet uͤber dem Feuer liegt, ist 14 Zoll,
                              wodurch die eigne Hoͤhe der Pfanne 1 Elle und 10 Zoll wird. Der Rahmen
                              fuͤr das Schuͤrloch haͤlt 12 Zoll in's Gevierte, und kann mit
                              einer Klappe verschlossen werden. Die Breite der Feuerstaͤtte betraͤgt
                              etwas mehr.
                           Das Aschenloch ist etwa 15 Zoll tief, und ligt, wie es in England gewoͤhnlich
                              ist, unter der Ebene des Bodens.
                           Die Aussenseite des Schornsteins haͤlt 18 Zoll in's Gevirte, und steht ganz
                              außerhalb der Oberflaͤche der Pfannenmauer.
                           Der bei dieser Destillation gebraͤuchliche Hut ist von Thon, und mit Salz
                              glasirt (brown stone ware). Dessen oberste Ebene
                              haͤlt 22 Zoll im Durchmesser, worauf er sich nach Unten zu etwas erweitert.
                              Seine Hoͤhe bis zum Halse herunter, welcher in die Pfanne tritt,
                              betraͤgt 15 Zoll.
                           Dieser Hut hat 4 Ablaufsroͤhren, an den Enden von 4 1/2 Zoll Durchmesser und
                              bei'm Hute inwendig 7 Zoll weit, an welche 4 kuͤrzere Roͤhren gestekt
                              werden.
                           An den Enden dieser Roͤhren werden Recipienten oder große sphaͤrische
                              Glaͤser festgekittet, welche 24 bis 30 Zoll im Durchmesser, dabei kurze, nur
                              3 Zoll lange Haͤlse, und am Ende zwischen 5 und 6 Zoll Oeffnung haben.
                           Diese Recipienten liegen bei der Destillation auf großen Strohvolstern auf eine Art
                              eiserner Wagen mit kleinen Raͤdern, auf denen man solche nach Gefallen im
                              Zimmer umherfahren kann. Es versteht sich, daß diese eisernen Waͤgen
                              mehrmalen mit Oelfirniß uͤberzogen sind, damit sie nicht rosten.
                           Das Verkitten (Lutiren) geschieht mit einem Kitt, der aus getroknetem und gesiebten
                              Toͤpferthon und Leinoͤlfirniß als ein sehr diker Teig zusammengesezt
                              ist.
                           In der Verkittung wird jederzeit ein kleines Loch, wie eine Erbse groß, gemacht, und
                              mir einem hoͤlzernen Pflok zugestopft, damit er bei'm Troknen nicht
                              aufschwellt.
                           In die vorgedachte eiserne Pfanne legt man 212 Pfund Salpeter, besonders gelben rohen
                              ostindischen, weil dieser mehr Saͤure geben soll, als der raffinirte. Auf
                              diesen gießt man 400 Pfund Schwefelsaͤure – Wasch, welche bei diesem
                              Werke unter dem Namen Liquor vorkommt. Die hiezu gebrauchte Saͤure wurde per
                              Pinte zu 1 Pfund 6 1/2 Unzen Averdupois-Gewicht angegeben, wo 1 Pinte Wasser gerade
                              1 Pfund waͤgt, welches im spezifischen Gewicht ungefaͤhr 1,5
                              entspricht.
                           Man pflegt diese Ingredienzen in der Pfanne nicht umzuruͤhren, sondern
                              faͤngt gleich mit dem Heizen an, sobald nur der Hut verkittet ist.
                           Die Destillation dauert ungefaͤhr 18 Stunden. In den ersten 12 Stunden wird
                              schwaches Feuer gegeben, wobei der Recipient bloß lauwarm wird; nachher
                              verstaͤrkt man das Feuer allmaͤhlig. Weil man noch sehen kann, wie das
                              Scheidewasser in den Recipienten traͤufelt, so laͤßt sich auch das
                              Feuer darnach leicht einrichten. Aber am Schlusse der Destillation verdunkelt sich
                              der Recipient, und wird so heiß, daß man die Hand nicht daran halten kann, wo der
                              Feuergrad noch mehr verstaͤrkt wird. Jezt kann man nicht mehr sehen, wie
                              stark es traͤufelt; man muß also das Gehoͤr zu Huͤlfe nehmen;
                              denn so lange noch etwas Saͤure uͤbergeht, hoͤrt man im
                              Recipienten, ein schwaches Geraͤusch, wenn man das Ohr nahe daran
                              haͤlt. Sobald das Geraͤusch aufhoͤrt, vermuthet man, daß alles
                              Scheidewasser uͤbergegangen ist, und hoͤrt dann mit Heizen auf. Das
                              starke Heizen darf nur etwa 1/4 Stunde dauern. Der in der Verkittung befindliche
                              Holzpflok wird bei'm Anfange der Operation herausgezogen, und nicht eher wieder
                              eingestekt, bis wieder staͤrker geheizt wird. – Ist die Destillation
                              beendigt, so wird der Holzpflok herausgezogen, und das Loch mit Lehm verschmiert,
                              worauf dann die Pfanne kalt wird. Wenn alles kalt ist, so wird das Scheidewasser in
                              Bouteillen geklaͤrt, welche mit Thonstoͤpseln und Kitt zugemacht
                              werden.
                           Das Scheidewasser haͤlt man fuͤr ordinair, wenn die Pinte 1 Pfund 4 1/2
                              Unzen waͤgt, fuͤr sehr gut hingegen, wenn das Gewicht bis auf 1 Pfund
                              4 3/4 Unzen geht.
                           
                        
                           
                           B. Fabrikation der Salpetersaͤure in FrankreichAus dem Dictionnaire Technologique. In Th. Gill's
                                          technical Repository. September 1822. S. 172..
                           Salpeter-Saͤure, Scheide-Wasser, Salpeter-Geist wurde von Raymund Lully
                              entdekt, welcher eine Mischung von Salpeter mit Thonerde destillirte. Cavendish
                              zeigte zuerst die Bestandtheile derselben; Gay-Lussac, Davy und Dalton studierten
                              ihre Eigenschaften, welche durch ihre haͤufigen Anwendungen in den
                              Kuͤnsten und bei chemischen Arbeiten allgemein bekannt waren. Da diese
                              Saͤure bei Weiten die wichtigste Verbindung des Stikstoffes mit dem
                              Sauerstoffe ist, wollen wir unseren Aufsaz mit einigen Bemerkungen uͤber, die
                              drei Hauptverbindungen derselben beginnen, indem die Kenntniß derselben zur
                              Erklaͤrung einiger Erscheinungen dient, welche ihre leichten Verwandlungen
                              darbiethen, obschon sie keine unmittelbare Anwendung auf die Kuͤnste
                              erlaubenWas bis jezt war, wird nicht immer so seyn, und die gruͤndlichste
                                    Kenntniß der Bestandtheile einer Sache, die man taͤglich braucht,
                                    wird nicht bloß nuͤzlich, sondern unerlaͤßlich seyn, wenn man
                                    nicht immer im Finsteren tappen und auf Gerathewohl arbeiten will. A. d.
                                    Ueb..
                           Das Protoxid des Stikstoffes, dessen Entdekung man Priestley'n verdankt, ist weiß und farbenlos, und weder Sauerstoff Gas
                              noch atmosphaͤrische Luft wirken auf dasselbe: durch Beihuͤlfe der
                              Hize tritt es seinen Sauerstoff leicht an trennbare Koͤrper ab, und der
                              Stikstoff desselben wird frei. Es unterstuͤzt die Verbrennung besser, als die
                              gemeine Luft, und entzuͤndet eine Kerze in dem Augenblike ihres
                              Verloͤschens neuerdings, wenn nur ein Puͤnctchen noch an derselben
                              gluͤhend ist. Wasser loͤst bei einer Temperatur von 10° die
                              Haͤlfte seines Volumens auf, und bei der Siedhize entwikelt es dasselbe
                              gaͤnzlich. Ein Maß Stikstoff, und etwas mehr als ein halbes Maß Sauerstoff
                              geben, verdichtet. Ein Maß dieses Gases, oder, dem Gewichte nach, 100 Theile
                              Stikstoff und 56 Theile Sauerstoff. Man nannte dieses Gas Lust- oder Erheiterungs-Gas wegen der
                              angenehmen Empfindungen, die man bei dem Einathmen desselben wahrnimmt, und die die
                              englischen Chemiker zuerst entdekten. Andere Chemiker empfanden jedoch das
                              Gegentheil, und fielen beinahe dadurch in Asphyxie, was jedoch der Beimischung von etwas salpeterigem
                              Gase zuzuschreiben war, in welcher Hinsicht man empfahl, dasselbe durch eine
                              Aufloͤsung von Pottasche durchziehen zu lassen, um, ehe man es einathmet,
                              dasselbe vollkommen rein zu erhalten. Auch das Deuteroxid des Stikstoffes ward von
                              Priestley entdekt, der den groͤßten Theil der
                              Eigenschaften desselben angab, welche spaͤter von Davy,
                                 Gay-Lussac etc. genauer untersucht wurden. Dieses Deuteroxid bleibt unter
                              allen Temperaturen gasfoͤrmig, farbenlos, und wirkt nicht auf die blauen
                              Pflanzen-Farben; es loͤscht die Flamme aus, und erzeugt Asphyxie an den
                              Thieren; es verschlingt den Sauerstoff aus der Luft (Ein Maß-Theil), und besteht aus
                              2 Maßen Sauerstoff und Einem Maße Stikstoff; es wird roth und undurchsichtig, und
                              geht leicht in den Zustand von salpetriger Saͤure uͤber. Diese
                              Eigenschaft bildet einen Haupt-Charakter desselben, und dadurch spielt es auch bei
                              Erzeugung der Schwefel-Saͤure eine so wichtige RolleSeine Verbindung mit dieser concentrirten Saͤure geschieht
                                    augenbliklich, und krystallisirt: Wasser zersezt es. A. d. O.. Die Leichtigkeit seiner Verwandlung in salpeterige Saͤure macht es
                              so heftig auf die thierische Oekonomie wirken. Man erhaͤlt es durch
                              Aufloͤsung von Kupfer oder Queksilber in Salpetersaͤure, mit welcher
                              es die Deutero-Nitrate dieser Metalle bildet; der Sauerstoff, welcher hier aus einem
                              Theile der Salpetersaͤure frei wird, liefert eine
                              verhaͤltnißmaͤßige Menge Stikstoff-Deuteroxid. Man erhaͤlt es
                              auch durch Einwirkung der Salpeter-Saͤure auf Syrup, Zuker, Gummi,
                              Staͤrkmehl und andere brennbare KoͤrperVergl. den Aufsaz uͤber Sauerklee- und
                                    Schwefelsaͤure-Bereitung. A. d. O., welchen es bald einen Theil seines Sauerstoffes mittheilt. Das reinste ist
                              indessen dasjenige, welches durch Aufloͤsung des Queksilbers in
                              verduͤnnter Salpeter-Saͤure erzeugt wird: es besteht aus einem Maße
                              Sauerstoff und einem Maße Stikstoff.
                           Die salpeterige Saͤure, welche aus 2 Maßen Sauerstoff und Einem Maße Stikstoff
                              besteht, also nicht mit lezterer Gasart gesaͤttigt ist (und daher auch
                              schwefelsauren Braunstein entfaͤrbt, indem es denselben entsaͤuert),
                              ist wasserfrei und bei der gewoͤhnlichen Temperatur tropfbar fluͤßig;
                              20° unter Null ist sie farbenlos, bei Null Grad bernsteingelb, und bei 15 bis
                              28° pomeranzengelb. Bei dieser Temperatur siedet sie, und verwandelt sich in
                              rothe Daͤmpfe, und verbindet sich mit Salpeter-Saͤure, welche sie
                              gruͤngelb pomeranzenfarbig oder roͤthlich braun faͤrbt, je
                              nachdem sie naͤmlich concentrirt ist. Die salpeterige Saͤure wird
                              unmittelbar in den Kuͤnsten nicht angewendet.
                           Die lezte Verbindung des Stikstoffes mit dem Sauerstoffe ist endlich jene, welche in
                              dem Verhaͤltnisse von Einem Maße des Ersteren mit 2 1/2 Maße des Lezteren
                              Statt hat, oder, dem Gewichte nach, 35,12 Stikstoff und 100 Sauerstoff. Diese
                              Verbindung (welche man nach dem neuen Systeme der Nomenklatur Stikstoff-Saͤure, Acidum azoticum
                                 , nennen muͤßte) kommt unter dem Namen Salpeter-Saͤure vor.
                           Bereitungsart. Diese Saͤure kann man durch
                              Zersezung des Salpeters mittelst Thonerde in irdenen Retorten, die man cuines nennt, erhalten: der Ruͤkstand kann
                              auf Alaunsiedereien benuͤzt werden, indem er, als dreifaches Salz, zwei
                              Bestandtheile des Alaunes, Pottasche und Thonerde, enthaͤlt. Spaͤter
                              zersezte man den Salpeter in denselben Retorten mittelst Schwefel-Saͤure; in
                              den neueren Zeiten nahm man, statt dieser, Guß-Eisen, und gab den Kesseln die Form
                              von Retorten.
                           Wir werden wenig uͤber diesen Apparat sprechen, weil er heute zu Tage kaum
                              mehr gebraucht wird. Er besteht aus 6 Kesseln, die in doppelter Reihe auf 6
                              Feuerherden in demselben Ofen stehen: sie sind geschlossen, verkittet, und stehen
                              mittelst irdener Roͤhren mit einer Reihe von 7–8 irdenen
                              Gefaͤßen oder Vorlagen in Verbindung, wovon die beiden ersteren bis auf die
                              Mitte in einem Wassertrage eingetaucht sindEin aͤhnlicher Apparat ist in der Bereitung der
                                    Hydrochlorsaͤure in Frankreich beschrieben. A. d. O. (Hier auf Tab.
                                    VI. abgebildet.).
                           
                           Da dieser Apparat indessen noch immer in einigen Fabriken angewendet wird, so wollen
                              wir hier die vorzuͤglichsten Nachtheile desselben anzeigen.
                              Schwefel-Saͤure, Salpeter-Saͤure, Salz- oder Hydrochlor-Saͤure
                              wirkt am wenigsten auf Guß-Eisen, wenn sie sehr stark erhizt ist; die Dekel und die
                              oberen Theile der Kessel, welche außer dem Bereiche des Feuers stehen, werden
                              leichter angegriffen, und dadurch entsteht ein doppelter Nachtheil fuͤr den
                              Fabrikanten. Die Gefaͤße leiden bedeutend und gehen zu Grunde, und die
                              Salpeter-Saͤure, die das Eisen angreift, wird zersezt und in salpeterige
                              Saͤure verwandelt. Durch diese Zersezung entsteht aber nicht bloß ein Verlust
                              an Salpeter-Saͤure, sondern die Rectificirung, durch welche die verdichtete
                              salpeterige Saͤure abgetrieben werden muß, die die Salpeter-Saͤure
                              gelb oder roth faͤrbt, verursacht gleichfalls noch hoͤhere Auslagen.
                              Da die Hize nicht hinlaͤnglich, oder wenigstens nicht gleichfoͤrmig
                              genug, erhoͤht wird, so wird die salpetersaure Pottasche nicht so
                              gehoͤrig zersezt, wie in dem sogleich zu beschreibenden Verfahren; der
                              Ruͤkstand enthaͤlt noch Salpeter-Saͤure, und haͤngt
                              uͤberdies so sehr an dem Boden der Kessel fest, daß die Arbeiter ihn nur mit
                              der groͤßten Muͤhe los machen koͤnnen, und dabei Gefahr laufen,
                              die eisernen Gefaͤße durch die wiederholten Schlaͤge auf den Meißel zu
                              zertruͤmmern. Diese Arbeit wird fuͤr die Handlanger noch
                              beschwerlicher durch die Hize, welche sie bei derselben, zumal wenn, wie
                              gewoͤhnlich, die Operationen schnell auf einander folgen, zu erfahren haben:
                              denn diese Hize ist viel groͤßer, als bei den Cylindern. Endlich dauert auch
                              die Operation selbst viel laͤnger, fodert mehr Brennmateriale, und zersezt
                              doch weniger, als wenn Cylinder angewendet werden.
                           Dieser Cylinder-Apparat, dem wir den Vorzug geben, besteht gewoͤhnlich aus 4
                              Cylindern in Einem Ofen, welche mittelst Roͤhren mit 3–4 Reihen
                              irdener Gefaͤße in Verbindung stehen, wovon die beiden ersteren in Wasser
                              eingetaucht sindEin aͤhnlicher Apparat ist gleichfalls bei der Bereitung der
                                    Hydrochlorsaͤure in Frankreich beschrieben. A. d. O. (Hier auf Tab.
                                    VI.). Die Roͤhren, welche unmittelbar mit den Cylindern in Verbindung stehen,
                              sind von GlasDa wo das Gußeisen mit den glaͤsernen Roͤhren verbunden wird,
                                    muß ein Stuͤk einer irdenen Roͤhre, gewoͤhnlich
                                    12–15 Centimetres lang, angebracht werden, um das Glas gegen die zu
                                    große Hize zu schuͤzen. A. d. O., damit man die Farbe des durch dieselben durchziehenden Gases bemerken kann,
                              indem dadurch der Verlauf der Operation angezeigt wird. Man bedient sich hier, mit
                              einem Worte, desselben Verfahrens, wie bei Erzeugung der Hydrochlor-Saͤure.
                              Torf, Holz- oder Steinkohlen, je nachdem man diese oder jene sich leichter
                              verschaffen kann, sind das Brennmateriale. Torf gibt weniger Hize, nimmt also mehr
                              Raum ein als Steinkohlen, und zersezt, indem er weniger Kohlenstoff
                              verfluͤchtigt, als Steinkohlen, weniger atmosphaͤrische Luft: Holz
                              fodert weniger Zug.
                           Verhaͤltnisse. Salpetersaͤure Pottasche
                              (Salpeter) 100, Schwefelsaͤure von 60° oder 1845 specifische Schwere:
                              60; wenn man nicht concentrirte Schwefel-Saͤure von 55° anwendet (wie
                              dieß in Fabriken der Fall ist, wo man nicht so reine Salpeter-Saͤure erzeugt)
                              muß man statt 60 Theilen 80 Theile nehmen. Schwefel-Saͤure von diesem Grade
                              kostet allerdings weniger; allein diese Ersparung ist nur eine Taͤuschung;
                              denn die dadurch erhaltene Salpeter-Saͤure ist weniger rein, und
                              enthaͤlt weniger wirkliche Saͤure; die Cylinder leiden mehr durch
                              dieselbe, und uͤberdieß ist dann auch mehr Brennmaterials noͤthig, um
                              das Wasser in derselben zu verfluͤchtigen: so daß diese Nachtheile das
                              Ersparniß reichlich aufwiegen.
                           Ehe man die salpetersaure Pottasche (Salpeter) anwendet, muß man von der Reinheit
                              derselben uͤberzeugt seyn: Auswahl und Preis des im Handel vorkommenden
                              Salpeters wird darnach bestimmt. Der Salpeter enthaͤlt immer, in allen seinen
                              Zustaͤnden, fremdartige Salze beigemengt, vorzuͤglich salzsaure
                              Pottasche, salzsauren Kalk und salzsaure Bittererde, welche durch die
                              Schwefel-Saͤure zersezt werden, und Chlorine und salpeterige Saͤure
                              bilden. Um den Salpeter so viel als moͤglich von diesen Salzen zu befreien,
                              muß derselbe nothwendig
                              dreimal nach einander in wenig Wasser (courte eau, d.i.
                              ungefaͤhr vier Hundertel seines Gewichtes im Ganzen) gewaschen werden. Dieses
                              Wasser wird tropfenweise in einer Art von Gicht aufgegossenDiese Gicht, oder dieser Trichter, hat die Gestalt einer umgekehrten
                                    vierseitigen Pyramide. Man hat deren drei noͤthig, so daß das
                                    Waschwasser aus einem in den anderen tropfenweise gelangen, und sich ganz
                                    mit den fremden Salzen saͤttigen kann: reines Wasser wird zulezt
                                    gebraucht. Man muß den Salpeter reinigen, und so wenig als moͤglich
                                    davon aufloͤsen. Das Absuͤßwasser, welches dreimal durch den
                                    Salpeter durchging, muß besonders behandelt werden. A. d. O., und nachdem der Salpeter auf diese Art gehoͤrig behandelt wurde,
                              nimmt man zwei Drittel des darin enthaltenen Salpeters von Oben ab, und bewahrt das
                              untere Drittel zur ferneren neuen Behandlung. In jeden Cylinder kommen 85 Kilogramme
                              salpetersaure Pottasche, und 50 Kilogramme Schwefel-Saͤure von 66°.
                              Alle Fugen des Apparates werden mit Toͤpferthon verstrichen, der mit
                              Pferdemist gemengtem Lehmen gedekt wird: ersterer, oder die Thonerde, wird von der
                              Saͤure nicht angegangen, und lezterer umhuͤllt diese, erhaͤlt
                              sie feucht, und der Pferdemist sichert sie vor dem Abspringen. Die Hize muß, wie wir
                              oben bemerkt haben, gleich foͤrmig angewendet, und das Feuer langsam geleitet
                              werden. Sobald die Daͤmpfe roth werden, ist die Operation im Aufsteigen, und
                              sie hat ihr Ende erreicht, wenn man keine Daͤmpfe mehr wahrnimmt. Gegen das
                              Ende macht man ein starkes Feuer, um alles Gas zu entwikeln: die schwefelsaure
                              Pottasche wird, nach Abnahme des Kittes, mit eisernen Zangen herausgenommen. Die in
                              den Flaschen der ersten Reihe verdichtete Saͤure ist am wenigsten rein, sie
                              kann aber, ohne alle weitere Reinigung, in den Schwefel-Saͤure-Fabriken
                              angewendet werden. Die Flaschen in der zweiten, und ein Theil der Flaschen in der
                              dritten Reihe enthalten nur salpeterige Saͤure. Diese wird durch Kochen in
                              glaͤsernen Retorten weggeschaft, wo aber das Sieden allmaͤhlig
                              unterbrochen wird, sobald die Saͤure weiß wird. In diesem Zustande wird sie
                              in den Handel gebracht, und soll sie 36° an Beaumé's Araͤometer
                              zeigen. Alle schwaͤchere, in den lezten Gefaͤßen verdichtete, Saͤure
                              kommt wieder in die Flaschen der ersten und zweiten Reihe, um bei den folgenden
                              Operationen statt Wasser zu dienen. Wasser kommt nur in die lezte Reihe der
                              Flaschen, um die Verdichtung zu vollenden.
                           Die auf diese Weise erhaltene und in den Handel gebrachte Saͤure ist nicht zu
                              allen Arbeiten rein genug; sie enthaͤlt immer etwas salpetrige Saͤure
                              und Chlorine, als Beweis, daß die Zersezung des in dem Salpeter enthaltenen
                              Kochsalzes etc. nicht vollstaͤndig war; sie enthaͤlt auch zuweilen
                              Schwefelsaͤure. Um sie zu reinigen, muß sie aus glaͤsernen
                              Gefaͤßen destillirt, und die Producte muͤßen sorgfaͤltig
                              geschieden werden. Das, was zuerst sich verfluͤchtigt, ist Chlorine und
                              salpetrige Saͤure: man scheidet diese ab, wenn die in den Retorten enthaltene
                              Fluͤßigkeit weiß oder licht bernsteingelb geworden ist, oder man nimmt auch
                              die reine Salpetersaͤure, ohne zu warten, bis sie weiß geworden ist, sobald
                              sie etwas gesotten hat, ab. Die Destillation muß sorgfaͤltig
                              fortgefuͤhrt werden, bis neun Zehntel der in der Retorte vorhandenen
                              Saͤure verfluͤchtigt sind, wo sie sodann unterbrochen werden muß, denn
                              sonst wuͤrde man nur mehr Schwefelsaͤure erhalten. Die auf diese Weise
                              erhaltene Salpeter-Saͤure ist zur Pruͤfung der edlen Metalle noch
                              nicht rein genug.
                           Gebrauch. Die Salpeter-Saͤure wird zur Gewinnung
                              der Schwefel- und Sauerklee-Saͤure und anderer Saͤuren verwendet. Man
                              braucht sie zur Queksilber-Aufloͤsung, mit welcher die Hutmacher das Haar von
                              den Fellen abbeizen (secretage); zur Aufloͤsung der Metalle, wie bei'm Aezen der Kupferplatten;
                              zur Erzeugung der Hydrochlor-Salpeter-Saͤure oder des Koͤnigs-Wassers;
                              in den Fabriken, in welchen man rothen Queksilber-Praͤcipitat oder das
                              Queksilber-Deuteroxid verfertigt; zum Faͤrben, Vergolden, Probieren der
                              Muͤnzen, Abscheiden des Goldes; 38 Theile 36 graͤdiger
                              Salpeter-Saͤure, oder von 1335 specif. Schwere, und 2 Theile Hydrochlor- oder
                              Kochsalz-Saͤure von 24 Graden oder 1200 specifische Schwere, und 25 Theile
                              Wasser geben jene
                              Fluͤßigkeit, mit welcher die Juweliere ihre Proben auf dem Wezsteine
                              vornehmen.
                           Eigenschaften. Theorie. Wir kennen die
                              Salpeter-Saͤure im reinen Zustande nicht: sie kommt nicht wasserfrei vor. Mit
                              Beihuͤlfe des Wassers verdichtet, ist sie weiß, sehr sauer, hat einen starken
                              Geruch, und wirkt sehr heftig auf die thierische Oekonomie. Ein Tropfen derselben,
                              der auf die Haut faͤllt, zerstoͤrt den Organismus des Hautgebildes,
                              und faͤrbt die Haut gelb: dadurch wird diese Saͤure ein
                              Zerstoͤrungs-Mittel der Warzen. Sie ist ein sehr starkes Gift. Im
                              concentrirten Zustande, so wie auch, wenn sie sehr schwach ist, ist ihr Siedepunct
                              86°. Sie wird durch Einwirkung des Lichtes zersezt, und erzeugt salpetrige
                              Saͤure, von welcher sie roth oder braunroth gefaͤrbt wird, und
                              Sauerstoff. In feuchter Luft stoͤßt sie weiße Daͤmpfe aus, die beinahe
                              alle Metalle angreifen, mit Ausnahme von Gold, Platinna, Iridium, Tungstenium,
                              Columbium, Cerium, Titanium, Rhodium und Osmium, loͤst aber doch ein
                              Metall-Gemenge von 12 Theilen Silber und 1 Theile Platinna auf. Wenn sie
                              hoͤchst concentrirt ist, wird sie durch Waͤrme schwaͤcher, und
                              wenn sie schwach ist, wird sie durch Waͤrme concentrirt: in der ersten
                              Periode ihrer Concentration, nimmt sie allmaͤhlig an Staͤrke zu, wird
                              aber gegen das Ende derselben wieder schwacher, bis sie ihren Culminations-Punct bei
                              122 Graden erreicht.
                           Die Theorie des Verfahrens, durch welches die Salpeter-Saͤure aus der
                              salpetersauren Pottasche gewonnen wird, ist hoͤchst einfach. Die
                              Schwefel-Saͤure, welche sich mit der Pottasche verbindet, entbindet die
                              Salpeter-Saͤure, welche bis auf 20 Hundertel Wasser, welches sie enthielt,
                              frei wird. Die Hize, unter welcher sie entwikelt wird, verbindet sie mit dem Wasser,
                              ohne welches sie zersezt werden wuͤrde: dieses Wasser ist aber hinreichend,
                              um sie in tropfbar fluͤßigem Zustande zu erhalten: sie haͤlt auch das
                              Krystallisations-Wasser. Die Hize, unter welcher sie sich verfluͤchtigt, wird
                              spaͤter in dem Abkuͤhlungs-Apparate erhoͤht, und das Wasser,
                              welches sie daselbst antrifft, zieht sie an, und vollendet die Verdichtung
                              derselben. Die rothen Daͤmpfe, welche im Anfange und gegen das Ende der Operation
                              deutlicher sind, im Verlaufe der Operation aber verschwinden, entstehen durch
                              Zersezung der Salpeter-Saͤure, welche vorzuͤglich durch Abwesenheit
                              des Wassers veranlaßt wird. So lang 1tens die in den Cylindern enthaltene Mischung
                              nicht vollkommen fluͤßig geworden ist, und so lang einige Theile der
                              Salpeter-Saͤure, ohne Wasser zu treffen, entwikelt werden, werden sie
                              augenbliklich in salpetrige Saͤure und in Sauerstoff zersezt. 2tens dieselbe
                              Zersezung geschieht durch jene Theilung der Mischung, welche mit einem Ueberschusse
                              von Schwefel-Saͤure in Beruͤhrung stehen, welche das Wasser der
                              gebildeten Salpeter-Saͤure vertreibt, und die im Anfange der Operation
                              bemerkbaren rothen Daͤmpfe erzeugt: wenn die Operation schon ihrem Ende nahe
                              ist, wird die damals entwikelte Salpeter-Saͤure durch die starke auf sie
                              einwirkende Hize wieder in salpetriges Gas und Sauerstoff zersezt, und dadurch
                              entstehen neuerdings die rothen Daͤmpfe.
                           
                        
                           Beschreibung der Abbildung des franzoͤsischen Apparates zur Bereitung der Salpeter- und Hydrochlorsaͤure.
                           Herr Gill erhielt jezt erst die Abbildungen zu den
                              fruͤher von ihm (und auch von uns B. 9. S.
                                 420) gelieferten Beschreibungen des Cylinder-Apparates, und theilt im
                              November 1822 S. 353 dieselben mit.
                           Fig. 9, Tab.
                              VI. ist der Durchschnitt eines Cylinders und Feuerherdes, und zweier Vorlagen. Fig. 10 stellt
                              die drei Feuerherde mit ihren Cylindern von ihrem Ende gesehen dar.
                           AA etc. Cylinder aus Gußeisen.
                           BB Platten aus Gußeisen, welche in die Cylinder
                              passen, und die Enden derselben verschließen.
                           CC Verbindungs-Roͤhren.
                           DD irdene Flaschen mit drei Tubulirungen.
                           E Ofenthuͤre.
                           FF Rost.
                           GG Aschengrube.
                           H der Schornstein des Ofens. (H fehlt im Originale).
                           III Platten von Gußeisen, welche nach der ganzen
                              Laͤnge des Cylinders hinlaufen.
                           
                           K Abkuͤhler, in welchem alle Flaschen der ersten
                              Reihe stehen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
