| Titel: | Ueber das Verfahren, wie in Rußland die Rauchwaare gefärbt wird. Von Professor Petri in Erfurt. | 
| Autor: | Prof. Johann Christoph Petri [GND] | 
| Fundstelle: | Band 10, Jahrgang 1823, Nr. LVI., S. 332 | 
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                        LVI.
                        Ueber das Verfahren, wie in Rußland die Rauchwaare gefärbt wird. Von Professor Petri in Erfurt.
                        Petri, über das Färben der Rauchwaare.
                        
                     
                        
                           Den Lesern dieses Journals wird es von Interesse seyn,
                              diejenige Art von Faͤrberei kennen zu lernen, welche in Rußland
                              vielfaͤltig mit dem Rauchwerke vorgenommen wird, vorzuͤglich aber in Moskau, Tobolsk,
                              St. Petersburg und an der Chinesischen Grenze, im Gebrauche ist. Diese
                              kuͤnstliche, eigentlich aber betruͤgerische Pelzfaͤrberei
                              verdient um so mehr die Aufmerksamkeit des Technologen, da sie ein ganz
                              eigenthuͤmlicher Gewerbszweig der russischen Pelzhaͤndler ist, und von
                              ihnen als ein Geheimniß angesehen und ausgegeben wird. Man kann es kaum glauben, wie
                              weit die Betruͤgerei hierin geht, und daß aus dem Lande des Rauchwerks
                              unechte Waare kommen soll. Gleichwohl ist nichts gewisser und haͤufiger als
                              Betrug mit Pelzen und Thierfellen. Die ungeheure Menge Felle und Thierhaͤute,
                              welche Sibirien und andere kalte Laͤnder des russischen Reichs alle Jahre
                              liefern, werden meistens ungefaͤrbt und unzubereitet von den
                              Pelzhaͤndlern aufgekauft, welche sie nach den Staͤdten,
                              vornaͤmlich nach Tobolsk und Moskau, bringen, wo sie erst die noͤthige
                              Zubereitung bekommen. Die dortigen Kuͤrschner, besonders die in Moskau
                              wohnenden Griechen, verstehen die Kunst, die Haare auf allerlei Art zu
                              faͤrben, und vorzuͤglich den schlechten und verbleichten Zobelfellen
                              eine schoͤne schwarze Farbe zu geben. Aber auch die Russen sind in der
                              Pelzfaͤrberei nicht unerfahren, denen es manche Armenier in Astrachan
                              nachthun. Beide machen jedoch aus dieser betruͤgerischen Kunst ein Geheimniß
                              und haͤngen den Kaͤufern, die sich nicht genau auf diesen Betrug
                              verstehen, ihre falsche Waare als echte auf.
                           Die Verfahrungsart bei dieser Pelzfaͤrberei findet man, wenn sie auch nicht
                              ganz dieselbe wie bei den Russen seyn sollte, in Jakobsons
                                 technologischen Woͤrterbuche, in Hofmanns
                                 Chemie, in Pfeiffers Abhandlung uͤber
                                 Deutschlands Manufacturen, so wie in mehreren kleineren Schriften der Mitglieder der Akademie der Wissenschaften in St.
                                 Petersburg, folgendergestalt angefuͤhrt, die ich hier in der
                              Kuͤrze den Lesern mittheilen will.
                           
                              „. Man nimmt zur Toͤdung 2 Loth
                                 Silberglaͤtte, 1 1/2 Loth Kupferasche, 1 Loth Salmiak, eine Hand voll
                                 Asche von hartem Holze, 1/2 Pfund Kalk und Menschen-Urin, mischt alles in einem
                                 Gefaͤße wohl durch einander, bepinselt damit kalt das Haar zweimal hinter
                                 einander, troknet und klopft es aus. Hierauf roͤstet man ungefaͤhr
                                 1/2 Pfund kleine GallaͤpfelGalaͤpfel, mit einem
                                 paar Fingerhuͤten voll gelaͤuterten Baumoͤls besprengt, in
                                 einem verklebten Topfe so lange, bis sie bei zunehmender Hize und nach
                                 oͤfterem Schwenken des Topfes anfangen, hohl zu klingen; dann
                                 laͤßt man den Topf von selbst erkalten. Das inwendige Korn darf nicht von
                                 der Roͤstschwaͤrze durchdrungen seyn. Zu diesen gepulverten GallaͤpfelnGalaͤpfeln kommt noch 1 Loth englisches Kupferwasser, 3/4 Loth roͤmischer
                                 Alaun, 1/2 Loth Kupferasche, 2 Loth Silberglatte, 1 Loth Gruͤnspan, 1/2
                                 Loth Salmiak, 1 Loth durchgesiebter Schmak, 1 Loth Spießglas und 1 Kanne
                                 Regenwasser. Hat man alles dieses, ohne Beihuͤlfe des Feuers und ohne
                                 Zusaz mehreren Wassers, wohl durch einander gerieben, so wechselt man mit dieser
                                 Gruͤndung und der vorhergehenden Toͤdung gleichsam schichtweise
                                 ab, nachdem man jeden Anstrich vorher hat troken werden lassen. So laͤßt
                                 man das gefaͤrbte Haar, einwaͤrts gekehrt, 6 Stunden lang die
                                 Beize der Toͤdung ausstehen, worauf die Farbe zum leztenmal aufgepinselt
                                 und getroknet wird. Ueber der Abwechselung der Farbenanstriche wird das Fell
                                 allemal, so wie nach dem Faͤrben, mit Fuͤßen getreten und
                                 gewendet, ganz zulezt aber das Pelzwerk mit Saͤgespaͤnen wieder
                                 haarig gerieben.“
                              
                           Soviel dem Hr. Professor Petri waͤhrend seines Aufenthalts in Rußland bekannt
                              geworden ist, beobachten die Moskauischen Pelzfaͤrber bei der Behandlung des
                              Rauchwerks, in's Besondere der Zobelfelle, ein weniger kuͤnstliches und
                              einfacheres Verfahren, und ihr Farbestoff ist nicht so zusammen gesezt, als ihn die
                              obige Vorschrift angibt. Gruͤner Vitriol, Silberglaͤtte,
                              Gallaͤpfel und Alaun sind vielleicht, wenigstens nach der Versicherung der
                              dortigen deutschen Kuͤrschner, die einzigen Ingredienzen ihres
                              Faͤrberrezeptes. Die chinesischen
                              gefaͤrbten Zobel, welche man in Tobolsk,
                                 Kiaͤta und Zuruchaitu
                              Die beiden leztern Orte sind die einzigen Stapelplaͤze des Handels
                                    zwischen Rußland und China, und liegen an der chinesischen Grenze., so wie uͤberhaupt in Sibirien, zuweilen suchet, sind jedoch ungleich
                              schoͤner und dauerhafter als die Russischen. Beide sind so kuͤnstlich
                              gefaͤrbt, daß man sie kaum von den natuͤrlichen und echten
                              unterscheiden kann. Auch die weißen Eisfuͤchse
                              werden schon seit Jahren in Moskau uͤberaus schoͤn schwarz
                              und glaͤnzend
                              gefaͤrbt, daß sie dem Nichtkenner oft fuͤr echte schwarze Felle verkauft werden. Sogar die herrlichen blauen Fuchsbaͤlge hat man seit einiger Zeit nachzumachen gelernt.
                              Man thut daher am beßten, wenn man beim Einkauf der Pelze von russischen
                              Pelzhaͤndlern, einen erfahrnen deutschen Kuͤrschner, oder sonst einen
                              Kunst- oder Sachverstaͤndigen mitnimmt, wenn man nicht betrogen werden will,
                              was der schlaue Russe auch in andern Faͤllen meisterhaft versteht.