| Titel: | Ueber ein neues Material zu Stroh-Geflechten. Von Frau Sophia Wells, von Weathersfield in Connecticut in den vereinigten Staaten. | 
| Fundstelle: | Band 11, Jahrgang 1823, Nr. II., S. 15 | 
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                        II.
                        Ueber ein neues Material zu Stroh-Geflechten. Von Frau Sophia Wells, von
                           Weathersfield in Connecticut in den vereinigten
                           Staaten.
                        Aus dem XL. B. der Transactions of the Society for the
                                 Encouragement of Arts Manufactures et Commerce, in Gill's technical
                                 Repository, Maͤrz 1823. S. 383 im Auszuge.
                        Frau S. Wells erhielt
                           von der Gesellschaft die Silber-Medaille und zwanzig Guineen fuͤr diese
                           Mittheilung.
                        Wells Material zu Stroh-Geflechten.
                        
                     
                        
                           Der lezte Krieg erschwerte die Einfuhr der Florentiner
                              Huͤte (Leghorn plat) in England außerordentlich,
                              und wekte die Industrie der Landleute in Bedfordshire Hertfordshire, Buckinghamshire
                              aͤhnliche Sroharbeit zu versuchen: man lernte das Stroh besser
                              auswaͤhlen, spalten (vorher brauchte man immer nur ganze Halme) und bleichen,
                              und verfertigte bereits ziemlich schoͤne Waare, als, mit der Wiederkehr des
                              Friedens, alles in das alte Geleise zuruͤk trat, und der Markt wieder mit
                              Florentiner-Huͤten uͤberfuͤhrt wurde. Das Florentiner
                              Stroh ist duͤnner und biegsamer als das englische, und laͤßt sich
                              daher ebener flechten, und gibt feinere, und da seine Farbe schoͤner ist und
                              es nie gespalten werden darf, auch schoͤnere und dauerhaftere Waare. Ein anderer
                              Vorzug des Florentiner Stroh-Geflechtes besteht darin, daß es sich in den
                              Spiralen, welche den Hut bilden, zusammen knitten laͤßt, waͤhrend das
                              Englische Stroh-Geflecht zusammengenaͤhet und uͤberschlagen
                              werden muß, wodurch die Oberflaͤche ungleich, holperig und rauh wird,
                              waͤhrend die Florentiner-Huͤte ganz flach und eben sind.
                              Ueberdieß ist der Arbeitslohn auf dem festen Lande ungleich wohlfeiler als in
                              England. Man schikt gegenwaͤrtig das schoͤnste Hertfordshirer Stroh in
                              die Schweiz, und laͤßt es dort flechten, zahlt bei Wiedereinfuhr der
                              geflochtenen Waare 17 Shilling (beinahe 9 Gulden) per ℔ Mauth, und kommt dann
                              doch noch um 25 p. C. wohlfeiler davon, als wenn man das
                              Stroh in England haͤtte flechten lassen.
                           Frau Wells, Tochter eines Paͤchters zu
                              Weathersfield in Connecticut, legte der Gesellschaft einen auf
                              Florentiner-Art geflochtenen Hut aus einer nordamerikanischen Grasart vor,
                              das man in Connecticut Ficklemoth nenntWir haben vergebens in Pursch und Nuttal
                                    nachgesehen, was Fickle-moth fuͤr
                                    ein Gras ist, und es ist sehr zu bedauern, daß die verehrliche Gesellschaft,
                                    welche Exemplare von diesem Grase besizt, dieselben nicht durch Hr. J. Smith; botanisch
                                    bestimmen ließ. A. d. Ueb.). Die Modehaͤndler selbst erklaͤrten diesen Hut in Hinsicht
                              auf Feinheit des Materiales und Schoͤnheit der Farbe fuͤr besser als
                              die beßte Florentiner Waare. Die Gesellschaft erkannte obige Belohnung fuͤr
                              die Frau Wells, unter der Bedingung, daß sie Samen dieser
                              Grasart schiken (sie hatte nur getroknete Exemplare beigelegt) und ihre Methode die
                              Halme zu bleichen angeben soll.
                           Sie sandte einigen Samen, der, in England und Irrland vertheilt, sowohl im Freien als
                              in Glashaͤuser und sehr gut gedieh. Schon im ersten Sommer (1822) bildete er,
                              wo er gesaͤet wurde, eine dichte Rasendeke uͤber die Erde.
                              Wahrscheinlich ist dieses Gras, da es im ersten Jahre nicht bluͤhte,
                              ausdauernd (Hr. Gill bemerkt in einer Note, daß es
                              wirklich ausdauernd ist,) und wird auch, ein gutes Futtergras gewaͤhren.
                           
                           Frau Wells bemerkte in der Sendung, die sie an den
                              verlangten Halmen machte, daß sie dieselben so sende, wie sie bei Ihr wachsen, ohne
                              dieselben vorlaͤufig sortirt zu haben (einige waren bereits zum Flechten
                              zugerichtet); daß sie nicht muͤßte, wie man dieses Gras baut, indem dasselbe
                              haͤufig bei ihr wild wuͤchse; daß Gips und Duͤnger dasselbe
                              zerstoͤre; daß man keinen Samen davon sammle, und sie daher nur wenig senden
                              koͤnne.
                           „Ich habe“ sagt sie in ihrem Berichte uͤber die Weise
                              diese Halme zuzubereiten, „diese Halme von der Bluͤthe an bis zur
                                 Samenreife schneiden lassen. Man kann nur jenen Theil des Halmes brauchen, der
                                 von dem obersten Knoten desselben bis an die Ripse reicht. Diesen Theil lege ich
                                 in siedendes Wasser, und trokne ihn dann in der Sonne: ich wiederholte diese
                                 Operation ein oder zweimal, bis die Blaͤtter sammt ihrer Scheide abgehen.
                                 Hierauf bleiche ich die Halme auf folgende einfache Weise: ich nehme zuerst
                                 Seife und Wasser, in welchem ich soviel Perl-Asche aufloͤse, bis
                                 das Wasser nach derselben schmekt. Mit dieser Aufloͤsung befeuchte ich
                                 das Gras, und stelle es sodann auf dem Boden eines Kuͤbels aufrecht, und
                                 zuͤnde in diesem Kuͤbel in einem kleinen Gefaͤße oder auf
                                 einer Schale Schwefel an, worauf ich denselben mit Brettchen zudeke, so daß der
                                 Rauch darin eingeschlossen bleibt. Diese Schwefelraͤucherung wiederhole
                                 ich so lang, bis das mit Perl-Asche-Aufloͤsung
                                 angefeuchtete Gras troken wird, was in ungefaͤhr 2 Stunden geschehen ist,
                                 waͤhrend welcher Zeit das Gefaͤß zwei oder dreimal mit Kohlen
                                 gefuͤllt werden muß. Nun ist das Gras zum Flechten fertig. Nachdem der
                                 Hut geflochten und zusammengenaͤht ist, schwefele ich denselben noch
                                 einmal auf obige Weise, dafuͤr sorgend, daß die Schwefeldaͤmpfe
                                 denselben gehoͤrig durchziehen, worauf er dann mit einem
                                 gewoͤhnlichen nicht zu stark gehizten Plaͤtteisen
                                 geplaͤttert wird.“