| Titel: | Ueber verschiedene chemische Apparate zum Verschlingen und Verdichten gasförmiger und anderer flüchtiger Stoffe . | 
| Fundstelle: | Band 11, Jahrgang 1823, Nr. IX., S. 44 | 
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                        IX.
                        Ueber verschiedene chemische Apparate zum
                           Verschlingen und Verdichten gasförmiger und anderer flüchtiger StoffeEinige dieser Apparate sind zwar schon in chemischen Schriften abgebildet, aber
                                 nirgends so zwekgemaͤß beschrieben. Die Apparate Fig. 7 und 8 sind
                                 neuere Erfindungen, welche die Aufmerksamkeit der Chemiker und Fabrikanten in
                                 einem hohen Grade verdienen. D. .
                        Aus dem Dictionnaire technologique in Gill's technical
                                 Repository. N. 13 und Maͤrz 1823. S. 116 und S.
                              161.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              III.
                           
                        Ueber chemische Apparate zum Verschlingen und Verdichten
                           gasförmiger Stoffe.
                        
                     
                        
                           Wenn wir irgend eine Substanz durch eine andere zersezen, und
                              durch Aufhebung der vorigen Verbindungen neue bilden, muß nothwendig das Materiale
                              und die Form der Gefaͤße, die wir dabei anwenden, den verschiedenen
                              Koͤrpern, die sie enthalten, und den Produkten, die sie aufnehmen sollen,
                              angemessen seyn. Die Gefaͤße duͤrfen nicht bloß von den
                              Koͤrpern, welche sie enthalten sollen, nicht angegriffen werden, sondern sie
                              muͤssen so vorgerichtet seyn, daß die zu erhaltenden Produkte in denselben
                              gesammelt oder verdichtet werden koͤnnen. In dieser Hinsicht muß
                              gewoͤhnlich eine gewisse Anzahl von Gefaͤßen von verschiedener Form
                              unter einander verbunden, und zuweilen muͤssen auch noch Maschinen an
                              denselben angebracht werden.
                           
                           Diese Verbindung von Gefaͤßen oder Maschinen, die zu irgend einer Operation
                              noͤthig ist, nennt man nun, in der Chemie, Apparat, und man spricht so von einem Verdichtungs-Apparate, Destillir-Apparate, Wasser-Zersezungs-Apparate, Woulff'schen
                                 Apparate etc. Wir werden hier von solchen Apparaten sprechen, die man bei
                              mehreren verschiedenen chemischen Operationen anwenden kann. Die Entdekung
                              elastischer Fluͤssigkeiten veranlaßte eine große Veraͤnderung in der
                              Einrichtung chemischer Apparate; denn bis zu dieser Epoche ging nicht bloß ein
                              großer Theil der zu erhaltenden Producte gaͤnzlich verloren, sondern der
                              Arbeiter war auch ohne Unterlaß offenbarer Gefahr ausgesezt, waͤhrend
                              gegenwaͤrtig durchaus nichts verloren geht, und, wenn ein Unfall sich
                              ereignet, dieselbe theils der Nachlaͤßigkeit, theils der Ungeschiklichkeit
                              allein zuzuschreiben ist. Man hatte ehemals geglaubt, daß bei chemischen
                              Operationen, bei welchen man Hize angewendet, eine Menge von Daͤmpfen
                              entwikelt wird, welche sich mehr oder minder verdichten lassen, und brachte immer an
                              diesen Apparaten eine Oeffnung an, damit diese nicht zu baͤndigenden
                              Daͤmpfe durch dieselbe entweichen koͤnnten. Diese Oeffnung ward
                              entweder immer offen gelassen, waͤhrend des ganzen Verlaufes der Operation,
                              oder von Zeit zu Zeit geschlossen, um die Daͤmpfe so lang als moͤglich
                              zuruͤk zu halten, und ihre Verdichtung zu bewirken. Ließ man aber diese
                              Oeffnung zu lang geschlossen, ohne den Daͤmpfen Ausgang zu verschaffen, so
                              wurde der Arbeiter durch das Zerspringen der Gefaͤße in Kenntnis seiner
                              Nachlaͤßigkeit gesezt, und nicht selten auf die fuͤrchterlichste Weise
                              dafuͤr bestraft. Sobald man aber einsehen gelernt hat, daß diese so schwer zu
                              baͤndigenden Daͤmpfe nichts anderes als elastische
                              Fluͤssigkeiten sind, welche weder unter einem hoͤheren Druke noch bei
                              niedriger Temperatur in einem luftfoͤrmigen Zustande verharren
                              koͤnnen, so begriff man auch die Nothwendigkeit, an den bisher
                              gebraͤuchlichen Apparaten große Veraͤnderungen zu treffen. Man fand
                              bald, daß unter diesen Gasen einige im Wasser aufloͤsbar sind, andere nicht.
                              Erstere durfte man nur mit Wasser in Beruͤhrung bringen, um sich ihrer zu
                              bemaͤchtigen; die anderen aber mußte man entweder in die freie Luft
                              entweichen lassen, oder in hinlaͤnglich weiten oder hinlaͤnglich zahlreichen
                              Gefaͤße aufsammeln, deren Umfang jenem der entwikelten Gasarten entsprach.
                              Woulff erfand einen Apparat, der allen diesen Zweken entsprach, und den wir jezt beschreiben
                              wollen.
                           Der Apparat, den man ehemals brauchte, um verschiedene Substanzen der Einwirkung der
                              Hize auszusezen, bestand aus einer glaͤsernen oder irdenen Retorte, einem
                              Vorstoße, und einer Vorlage oder einem Ballon, der an der Seite mit einer kleinen
                              Oeffnung versehen war. Zuweilen war dieses Loch mit einem kleinen Stoͤpsel
                              versehen, der nach Belieben weggenommen werden konnte, und in welchem sich ein
                              kleiner Canal befand, der den Daͤmpfen zum Ausgange diente. Siehe Taf. III.
                              Fig. 1.
                              Dieser Apparat konnte hinreichen, wo das Hauptprodukt der Operation eine
                              Fluͤssigkeit war. welche durch Hize in Dampf verwandelt und spaͤter
                              verdichtet wurde; man bedient sich desselben unter aͤhnlichen
                              Umstaͤnden auch noch heut zu Tage zuweilen, nur daß man, statt wie ehevor ein
                              Loch mit der Feile zu machen, Ballons anbringt, die an der Seite mit einer
                              Tubulirung versehen sind, in welche man, mittelst eines in der Mitte durchbohrten
                              Pfropfes, eine lange Roͤhre einsezt, Fig. 1, die das Gas,
                              welches man nicht aufsammeln will, in der Luft verbreitet.Diese Vorrichtung, welche ich bei Arbeiten im Großen zuerst angewendet und
                                    spaͤter (1817. S. Buchners Repertorium der Pharmacie B 2 S. 15.)
                                    beschrieben habe, ist vorzuͤglich bei Bereitung der concentrirten
                                    Salpetersaͤure empfehlungswuͤrdig. Der Glasroͤhre ist
                                    die Form von Fig. 2''' zu
                                    geben D. Wenn aber das Product, das man aufsammeln muß, eine elastische
                              Fluͤssigkeit ist, dann wird der Woulff'sche Apparat durchaus unentbehrlich,
                              nur fodern verschiedene Umstaͤnde verschiedene Abaͤnderungen an
                              demselben. Das erzeugte Gas ist entweder aufloͤslich, oder
                              unaufloͤslich; es wird entweder in trokenem Zustande entwikelt, oder in
                              Verbindung mit Daͤmpfen, welche sich verdichten lassen, und von welchen es
                              abgeschieden werden muß. Wenn das Gas aufloͤslich ist, muß der Apparat aus
                              einem Gefaͤße bestehen, welches die zu zersezenden Stoffe aufnimmt, und aus
                              einer Reihe von Flaschen, welche mittelst gehoͤrig gekruͤmmter
                              Roͤhren unter einander in Verbindung stehen. In jede dieser Flaschen kommt eine
                              gewisse Menge Wassers, und zwar weniger in die erste, weil diese nur bestimmt ist,
                              das Gas zu waschen, und von allem Fremdartigen, was mit demselben verbunden seyn
                              mag, zu reinigen. Man sieht in Fig. 3, daß jede dieser
                              Verbindungs-Roͤhren nur an einer Seite in jenen Theil der Flasche
                              niedersteigt, welcher mit Gas erfuͤllt ist, waͤhrend sie an der
                              anderen Seite in die Fluͤssigkeit eintaucht, woraus deutlich erhellt, daß
                              diese Verbindungs-Roͤhren nnr darum da sind, und das
                              uͤberschuͤssige Gas aus einer Flasche in die andere zu leiten, und
                              zugleich ununterbrochen durch eine Reihe von Fluͤssigkeiten
                              durchzufuͤhren. Man sieht indessen beim ersten Anblike nicht sogleich, wozu
                              die geraden Roͤhren in der mittleren Tubulirung dienen sollen, und wozu die
                              erste gekruͤmmte Roͤhre an dem ersten Gefaͤße dient. Um dieses
                              zu begreifen, muͤssen wir vorerst sehen, was in dem Apparate Fig. 2 geschieht. Es ist
                              gewiß, daß solang die Gas-Erzeugung fortwaͤhrt, kein Unfall entstehen
                              kann. Die Aufloͤsung des Gases geschieht in der ersten Flasche. Wenn die
                              Fluͤssigkeit in dieser Flasche gesaͤttigt ist, so verbreitet sich
                              jener Theil des Gases, der nicht mehr von derselben verschlungen werden kann, in dem
                              oberen Theile der Flasche, welcher bereits mit atmosphaͤrischer Luft
                              gefuͤllt ist. Sobald neues Gas zu dem vorigen hinzukommt, nimmt die
                              Elasticitaͤt desselben zu, indem es sich in einem beschraͤnkten Raume
                              befindet: es aͤußert demnach einen groͤßern Druk auf die dasselbe
                              umgebenden Waͤnde des Gefaͤßes, die nicht nachzugeben
                              vermoͤgen; auf die Oberflaͤche der Fluͤssigkeit, welche nicht
                              zuruͤktreten kann, indem, wie wir angenommen haben, die
                              Gas-Entwikelung noch fortdauert; auf die Oeffnung endlich der Roͤhre
                              A, die im Wasser getaucht ist. Die ganze Kraft des
                              Gases beschraͤnkt sich endlich auf diesen lezten Punct, und von dem
                              Augenblike an, als diese Kraft stark genug geworden ist, um den Widerstand zu
                              besiegen, den die Wassersaͤule von a bis b darbiethet, wird das Gas bei dieser Oeffnung
                              heraustretten. Diese Erscheinung wird, so wie sie in der ersten Flasche Statt hat,
                              sich in der zweiten wiederholen, so wie in allen uͤbrigen, so daß,
                              wuͤrde die Gas-Entwikelung immerfort anhalten, keine weitere
                              Vorrichtung an diesem Apparate noͤthig waͤre. Allein, es muß eine Zeit kommen, wo
                              wegen Erschoͤpfung des Vorrathes, die Gas-Entwikelung
                              aufhoͤren, und man das Feuer ausgehen lassen muß. Von diesem Augenblike an
                              entsteht eine Abkuͤhlung in dem ersten Gefaͤße, und dadurch eine
                              Verminderung der Kraft der Elasticitaͤt in demselben, die nicht langer im
                              Stande ist, dem Druke des Gases in der ersten Flasche zu widerstehen, einem Druke
                              der stark genug war, alle folgenden Druke zu uͤberwinden, und der jezt nicht
                              mehr im Stande ist, das Zuruͤktreten der Fluͤssigkeit, auf welche er
                              druͤkt, zu hindern, so daß jener Theil desselben, welcher unter den
                              Oeffnungen der Roͤhren sich befindet, allmaͤhlich uͤbergeht.
                              Wenn das Gleichgewicht im Druke auf diese Weise einmal gestoͤrt ist, so kann
                              es nur durch den ruͤkgaͤngigen Uebertritt der Fluͤssigkeit aus
                              einem Gefaͤße in das andere und endlich durch jenes der Luft bei dem offenen
                              Ende des Apparates wieder hergestellt werden, wodurch alle fruͤheren Arbeiten
                              verloren gehen. Um diese Nachtheile zu beseitigen hat Woulff gerade Zwischenroͤhren, A, B, C,
                              (Fig. 3.)
                              angebracht, welche er Sicherheits-Roͤhren
                              nannte, indem, wenn sie nur einige Linien tief in die in den Flaschen enthaltene
                              Sicherheitsroͤhre eintauchen, alsogleich der Luft in jene Flaschen Zutritt
                              gestatten, in welchen, aus was immer fuͤr einem Grunde, zufaͤlliger
                              Weise ein leerer Raum entstand, und auf diese Weise jede Vermischung der in den
                              Flaschen enthaltenen Produkte hindern. Wenn das Gas sich mit was immer fuͤr
                              einer Schnelligkeit entwikelt, so wird das Uebermaaß desselben bei seinem Uebergange
                              in die uͤbrigen Flaschen auf die Oberflaͤche der Fluͤssigkeit
                              mit einer Kraft druͤken, welche mit dem Widerstande, der sich demselben
                              darbiethet, im Verhaͤltnisse steht, und folglich wird die Fluͤssigkeit
                              in jeder Sicherheitsroͤhre um so viel steigen, als die Summe eines jeden
                              folgenden Drukes betraͤgt. Wenn aber die Entwikelung des Gases
                              aufhoͤrt, oder einmal mehr als das andere mal davon verschlungen wird, oder
                              wenn die Temperatur vermindert wird, wird der vorige Druk gleichfalls vermindert,
                              und die in der Sicherheits-Roͤhre enthaltene Fluͤssigkeit auf
                              gleiche Hoͤhe mit jener in der Flasche befindlichen herabsinken; und, in dem
                              Verhaͤltnisse, als ein leerer Raum sich in dem Inneren bildet, wird die
                              aͤußere Luft die Fluͤssigkeit in der Roͤhre unter die Oberflaͤche der
                              Fluͤssigkeit in der Flasche hinabdruͤken, und, da die Roͤhre
                              bloß einige Linien tief in die Fluͤssigkeit eingetaucht ist, wird die Luft
                              bald diesen kleinen Widerstand uͤberwinden, und desto schneller in die
                              Flasche eindringen, als der leere Raum sich schnell erzeugt. Diese Vorrichtung
                              laͤßt sich jedoch nicht an dem ersten Gefaͤße anbringen, welches
                              gewoͤhnlich keine Fluͤssigkeit enthaͤlt: man bedient sich daher
                              einer gekruͤmmten Sicherheits-Roͤhre (Fig. 2), die aus einem
                              langen verticalen Arme und zwei anderen kuͤrzeren, mit dem laͤngeren
                              parallelen Armen besteht. Durch diese Vorrichtung wird eine geringe Menge
                              Fluͤssigkeit, die man in den ersten Arm einfuͤhrt, einen Theil des
                              zweiten Armes ausfuͤllen, und in beiden gleich hoch stehen. So lang ein
                              gleicher Druk mit der atmosphaͤrischen Luft in den Gefaͤßen vorhanden
                              ist, bleibt die Fluͤssigkeit in beiden Roͤhren gleich hoch; wenn aber
                              irgend ein Gas entwikelt wird, so erzwingt es sich einen Durchgang auf jener Seite,
                              wo es am mindesten Widerstand findet. Wenn dann die Hoͤhe des
                              laͤngeren Armes hinreicht, um eine Saͤule von Fluͤssigkeit zu
                              enthalten, deren Gewicht groͤßer ist als das Gewicht der Summe aller
                              uͤbrigen, so wird diese Fluͤssigkeit in dem ersten Arme bis auf eine
                              gewisse Hoͤhe hinaufgetrieben, und der Uebergang des Gases in die Flaschen
                              wird seinen Anfang nehmen: wenn aber eine Kuͤhlung eintritt, so hoͤrt
                              diese Kraft auf, und die Fluͤssigkeit wird in der Roͤhre wieder empor
                              steigen, weil die Luft freien Zutritt hat. Es geschieht oͤfters, daß der
                              laͤngere Arm in der gebogenen Sicherheits-Roͤhre zu kurz ist,
                              und zwar vorzuͤglich gegen das Ende der Operation, indem, in dem
                              Verhaͤltnisse als das Gas verschlungen wird, das Volumen, und folglich
                              haͤufig auch die Dichtheit der Fluͤssigkeit, zugenommen hat. Man muß
                              dann, statt des Wassers, in der Sicherheits-Roͤhre, eine dichtere
                              Fluͤssigkeit waͤhlen: concentrirte Schwefelsaure oder selbst
                              Queksilber; in jedem Falle muß matt aber dafuͤr sorgen, den Widerstand so zu
                              vermehren, daß die Luft im Falle einer Absorption, mehr Schwierigkeit findet, in die
                              Vorlage einzudringen, als durch die Fluͤssigkeiten der ersten Flasche
                              durchzudringen. Ein bedeutender Umstand hat bei den meisten Operationen dieser Art
                              Statt; naͤmlich dieser: daß, wenn irgend ein fremder Koͤrper, sey er
                              nun Saͤure, Queksilber oder auch nur Wasser, waͤhrend einer chemischen
                              Operation in den Apparat faͤllt, alsogleich eine Veraͤnderung in der
                              Temperatur, und nicht selten eine Berstung der Gefaͤße erfolgt. Diesem Uebel
                              muß, wo moͤglich, vorgebeugt werden, und dieß geschieht sehr leicht dadurch,
                              daß man in der Mitte des zweiten Armes eine Kugel anbringt, Fig. 2. Wenn nun
                              Absorption Statt hat, so tritt alle Fluͤssigkeit in den unteren Theil dieses
                              Armes und in die Kugel, und die Luft, die unter die Fluͤssigkeit kam, geht,
                              ihrer geringeren Schwere wegen, durch dieselbe. Dieser Roͤhre bedient man
                              sich auch, um was immer fuͤr eine Fluͤssigkeiten irgend einer
                              beliebigen Menge in das erste Gefaͤß zu bringen. Wenn man z.B. die Einwirkung
                              irgend einer Saͤure auf ein Salz oder auf ein Metall erneuern will, so kann
                              man durch diese Roͤhre die Saͤure auf einmal oder nach und nach
                              zusezen, ohne den Apparat oͤffnen und den Kitt abnehmen zu
                              muͤssen.
                           Welter er hatte die gluͤckliche Idee die
                              Verbindungs-Roͤhren so einzurichten, daß sie zugleich als
                              Sicherheits-Roͤhren dienen koͤnnen, und fuͤhrte diese
                              Idee auf eine eben so sinnreiche als elegante Weise aus. (Siehe Fig. 2'''). Die bloße
                              Ansicht dieser Figur reicht hin, uns in den Stand zu sezen, die Einrichtung dieser
                              Roͤhren, zu begreifen. Wir sehen, daß, wenn wir was immer fuͤr eine
                              Fluͤssigkeit durch den aufsteigenden Arm A
                              eingießen, diese Fluͤssigkeit in der Kugel und in dem unteren Theile des
                              Armes ihr Niveau finden wird, so lang naͤmlich, als ein Gleichgewicht
                              zwischen dem Druke der Atmosphaͤre und der in den Gefaͤßen enthaltenen
                              Gasarten Statt hat. Von dem Augenblike an aber, wo dieses Gleichgewicht
                              gestoͤrt wird, wird wenn die Kraft der Atmosphaͤre groͤßer ist,
                              die Fluͤssigkeit augenbliklich von dem oberen Theile der groͤßern
                              Roͤhre in den unteren hinabgedruͤkt, und die aͤußere Luft, die
                              unter die in der Kugel enthaltene Fluͤssigkeit hinabzieht, wird, Blase um
                              Blase, so lang durchziehen, bis das Gleichgewicht wieder hergestellt ist. Wenn, im
                              Gegentheile der Druk der Gase in den Gefaͤßen groͤßer ist, wie in dem
                              Falle der Gas-Entwikelung, dann wird die Fluͤssigkeit aus der Kugel in
                              den senkrechten Arm getrieben, und das Niveau erleidet eine Differenz, die der Summe
                              aller Druke gleich ist, welche das Gas zu uͤberwaͤltigen hat, wenn die
                              Fluͤssigkeit durchaus dieselbe waͤre. Diese Roͤhren haben
                              keinen anderen Fehler, als daß sie leicht zerbrechlich und schwer zu verfertigen
                              sind. Deparcieux bedient sich einer einfacheren Roͤhre, die in vielen
                              Faͤllen dasselbe leistet. Statt die zweite Roͤhre mit dem oberen und
                              mittleren Theile zu verbinden, verbindet er dieselbe mit dem unteren, und nachdem er
                              sie einen oder zwei Zoll tief niedersteigen ließ, biegt er sie elbogenfoͤrmig
                              wieder senkrecht aufrecht, so daß diese leztere Roͤhre an dem horizontalen
                              Arme anliegt. (Siehe Fig. 2''''). In den
                              gebogenen Theil wird eine hinlaͤgliche Menge Queksilber gegossen, um jeden
                              Verlust des entwikelten Gases zu vermeiden, und der aͤußeren Luft, wenn es
                              nothwendig ist, Zugang zu verschaffen. Diese Roͤhre, die sich sehr leicht
                              verfertigen laßt, kann uͤberall angewendet werden, wo das Queksilber von den
                              elastischen Fluͤssigkeiten, die sich entwikeln, nicht angegriffen wird. Man
                              braucht indessen diese Roͤhren selten, weil sie doch immer einige besondere
                              Geschiklichkeit in der Behandlung vor der Lampe fodern, waͤhrend bei dem
                              urspruͤnglich Woulff'schen Apparate nichts anderes noͤthig ist, als
                              die Roͤhren uͤber einem Kohlenfeuer zu biegen, was jeder Arbeiter sehr
                              leicht kann. Wir wollen jedoch einige Bemerkungen fuͤr diejenigen hier
                              beifuͤgen, die sich nur auf die einfachsten Glas-Arbeiten verstehen,
                              indem es noch eine bessere Methode gibt, diese Roͤhren zu verfertigen. Wenn
                              die Arbeit gelingen soll, so muͤssen die Biegungen regelmaͤßig
                              zugerundet werden, ohne sich zu drehen oder winden, denn sonst sind sie nicht stark
                              genug, und man muß vor Allem dafuͤr sorgen, daß das Glas nicht zu
                              duͤnn ist, indem die Roͤhre sonst zu schwach wird, und bei der
                              mindesten Hize springt; endlich muß auch noch das Feuer stark und
                              gleichmaͤßig unterhalten werden. Man darf nur zu dieser Arbeit Holzkohlen in
                              einem tragbaren Windofen so einlegen, daß sie eine Art von Canal bilden, in welchem
                              man die Roͤhre bewegen kann, ohne daß das Feuer dadurch in Unordnung gebracht
                              wird: die Roͤhre wird mit beiden Haͤnden gehalten, und jener Theil
                              derselben, der gebogen werden soll, wird in der M tre dieses Canales gebracht,
                              hierauf zwischen den Fingern gedreht, und auch, waͤhrend sie
                              ruͤkwaͤrts und vorwaͤrts bewegt wird, lacht gezogen. Wenn man
                              findet, daß sie hinlaͤnglich erweicht ist, um unter dem Ziehen nachzugeben, muß man sie aus dem
                              Feuer nehmen, und so sacht als moͤglich biegen, um alles Springen und jede
                              Unregelmaͤßigkeit zu vermeiden. Gelingt dieß nicht beim erstenmal, so bringt
                              man die Roͤhre wieder in das Feuer, und hizt sie mit gleicher Vorsicht, wie
                              das erstemal, wohl beachtend, daß sie uͤber und unter dem bereits gebogenen
                              Theile neuerdings erweicht wird. Wenn die Roͤhre zwei Arme haben soll, so ist
                              es schwieriger die zweite Beugung, als die erste, zu bilden, oder vielmehr dieselbe
                              so zuzurichten, daß die beiden Arme vollkommen parallel werden: es gelang uns
                              indessen immer so ziemlich wohl, wenn wir die Roͤhre, nachdem sie erweicht
                              war, so bogen, daß beide Arme gebildet wurden, und den zuerst gebogenen Arm am
                              weitesten entfernten und als Richtschnur fuͤr den zweiten dienen ließen. Man
                              weiß, daß Verbindungs-Roͤhren, deren senkrechte Arme nicht vollkommen
                              parallel sind, bei Anwendung derselben alsogleich brechen. Was die gebogene
                              Sicherheits-Roͤhre betrifft, so kann auch diese uͤber den
                              Kohlen gehizt werden; es ist aber außerordentlich schwer sie regelmaͤßig zu
                              bilden, so daß die Arme derselben vollkommen parallel werden; indessen ist dieß auch
                              nicht von Belang: das Wesentliche an derselben sind ihre
                              verhaͤltnißmaͤßigen Dimensionen, so daß die Fluͤssigkeit weder
                              zuruͤkkehren kann, noch zu schnell vorwaͤrts getrieben wird.Die Besizer des 2. Bd. des „neuen Journals fuͤr die
                                       Druk-, Faͤrbe- und Bleichkunde“ finden
                                    S. 323. u. f. in der Abhandlung „Darstellung verschiedener Arten,
                                       das Glas und andere Gegenstaͤnde mit dem Loͤthrohre vor
                                       der Lampe zu bearbeiten, Glas zu bohren u.s.w.“ von A. F.
                                    Pruͤkner und Dr. Dingler, mit Abbildungen, alles hierher
                                    Gehoͤrige deutlich beschrieben. D.
                              
                           Wir finden nun noch einige praktische Beobachtungen uͤber die Weise, diese
                              Roͤhren in die Flaschen einzusezen und die verschiedenen Theile des Apparates
                              vorzurichten, hier nothwendig. Das Gelingen einer Operation haͤngt nicht
                              selten von der Sorgfalt ab, mit welcher die zur Verbindung der verschiedene Theile
                              des Apparates nothwendigen, Pfropfen angebracht und befestigt werden.
                              Gewoͤhnlich bedient man sich hiezu der Pfropfen aus Kork: ist dieser Kork
                              sehr poroͤs, so ist es, bei aller angewendeten Sorgfalt unmoͤglich, daß
                              die Verschließung der Tubulirung vollkommen gelinge: in dieser Hinsicht sollte also
                              nur der feinste Kork gebraucht werden. Ein anderer, nicht minder wesentlicher,
                              Umstand ist der, daß man gewoͤhnlich auf das gehoͤrige Zurunden dieser
                              Pfropfen ihrer ganzen Laͤnge nach, so daß sie naͤmlich beinahe
                              vollkommene Cylinder bilden, zu wenig Ruͤksicht nimmt; man kann sich nie auf
                              einen Pfropfen, so wie er aus der Hand des Korkschneiders kommt, verlassen; er muß
                              immer mit einer feinen Raspel oder Feile zugerundet werden, und die Durchmesser der
                              beiden Enden desselben muͤssen beinahe gleich seyn; denn die Haͤlse
                              der Flaschen, oder die Tubulirungen, sind walzenfoͤrmig, und wuͤrde
                              man sie mit kegelfoͤrmigen Pfropfen schließen, so wuͤrden sie nur in
                              einem, mehr oder minder breiten, Guͤrtel passen, und der Propfen, der, wo er
                              kegelfoͤrmig ist, nur einen Keil bildet, wuͤrde, in Folge der
                              Elasticitaͤt des Korkes, und der immer fortwirkenden Kraft, die von Außen und
                              von Innen auf ihn wirkt, sehr bald aus dem Halse der Flasche herausgedruͤkt
                              werden. Um den Pfropfen gehoͤrig zuzurunden, muß die Feile so sacht als
                              moͤglich uͤber den Kork gefuͤhrt, und die beiden Haͤnde,
                              deren eine den Kork, die andere die Feile haͤlt, muͤssen immer in
                              entgegesezter Richtung im Kreise umher gefuͤhrt werden. Wenn die Feile nur
                              eine Art von Tangente laͤngs der Oberflaͤche des Korkes bildet, so
                              erzeugt sie vielmehr eine vielflaͤchige, als eine gleichfoͤrmig
                              zugerundete Oberflaͤche. Um den Pfropfen, durch welchen eine Roͤhre
                              durchgezogen werden soll, zu durchbohren, nimmt man eine spizige,
                              rothgluͤhende Eisenstange, die man an beiden Enden des Pfropfens einsticht,
                              und so von einem Ende desselben nach dem anderen durchfuͤhrt. Diese
                              Durchbohrung muß genau in dem Mittelpuncte der beiden Endflaͤchen geschehen,
                              und gewoͤhnlich gelingt sie am beßten, wenn man sie auf zweimal vollendet,
                              einmal zur Haͤlfte von dem einen Ende aus, das anderemal zur Haͤlfte
                              von dem anderen. Ist die Oeffnung einmal gemacht, so muß sie die gehoͤrige
                              Weite erhalten, was am beßten mittest einer duͤnnen runden Feile
                              (Rattenschwanz-Feile) geschieht, wobei man fleißig von Zeit zu Zeit die
                              Einfuͤhrung der Roͤhre versuchen muß, damit diese Oeffnung nicht zu
                              weit ausfaͤllt.
                           
                           Nachdem die Pfropfen mit aller gehoͤrigen Vorsicht zubereitet wurden, kommt es
                              nur mehr darauf an, den Apparat so herzurichten, daß alle Theile desselben genau in
                              einander passen, und damit dieß mit Leichtigkeit geschieht, muͤssen die
                              durchbohrten Pfropfen sowohl innenwendig wie auswendig, mit Talg bestrichen werden.
                              Hiedurch werden nicht bloß die Poren des Pfropfens verstopft, sondern, da die
                              Pfropfen beinahe luftdicht in und an das Glas passen muͤssen, diese selbst
                              mit groͤßerer Leichtigkeit eingebracht. Wenn ein Arbeiter in der Herstellung
                              eines solchen Apparates einmal eingeuͤbt ist, und genau dabei
                              verfaͤhrt, so reichen die Pfropfen allein zur vollkommenen Schließung des
                              Apparates hin; da man aber diese Arbeit gewoͤhnlich den Anfaͤngern
                              uͤberlaͤßt, so muß man, der groͤßeren Sicherheit wegen, die
                              Pfropfen mit Kitt bedeken, der auf folgende Weise angewendet werden muß. Wenn man
                              fetten Kitt braucht, so muß das Glas, auf welches man denselben anwendet, vorher
                              wohl abgetroknet werden; dann bringt oder treibt man etwas Weniges von diesem Kitte
                              mittelst der Spize eines Messers zwischen den Kork und das Glas, und bedekt beide
                              mit einer groͤßeren Masse desselben Kittes, so daß diese die Gestalt eines
                              regelmaͤßigen Kegels erhaͤlt, in dessen Spize die Roͤhre stekt,
                              und dessen Basis der Hals der Flasche bildet. (Siehe Fig. 3'.) Wenn die Spize
                              des Kegels etwas zugerundet oder abgestuzt ist, statt sich gehoͤrig
                              zuzuspizen, so geht der Kitt gewoͤhnlich los. Man muß den Kitt, um demselben
                              mehr Staͤrke und Widerstand zu geben, wohl zusammendruͤken, und, wenn
                              es ein fetter Kitt ist, die Oberflaͤche desselben mit etwas Oel ebenen: wenn
                              man aber Wasserkitt braucht, der entweder aus Mandel- oder
                              Leinsamen-Mehl des sieht, so muß man, damit er bei dem Troknen nicht
                              abspringt, ihn mit Papier-Streifen uͤberziehen: je duͤnner das
                              Papier ist, desto besser taugt es hiezu, weil es sich dann genauer anlegt. Die
                              Streifen muͤssen hiezu abgerissen, und nicht mit der Schere abgeschnitten
                              werden, indem die unebenen Enden sich genauer anschmiegen. Das aufgeklebte Papier
                              muß endlich vollkommen getroknet seyn, ehe man den Apparat brauchen kann. Wo man
                              bloß mit geringen Quantitaͤten zu thun hat, ist es leicht, alle hier
                              empfohlene Vorsicht anzuwenden; allein im Großen ist es beinahe unmoͤglich, so viele Sorgfalt
                              zu gebrauchen, und gluͤklicher Weise ist diese in solchen Faͤllen
                              groͤßten Theils uͤberfluͤssig, indem die aͤlteren
                              Chemiker hauptsaͤchlich einen hinlaͤnglichen Widerstand gegen den in
                              dem Innern der Gefaͤße befindlichen Druk bezwekten; dieser Druk laͤßt
                              sich aber uͤberall vermeiden. Wenn wir, z.B., ein Gas mit Wasser verbinden
                              wollen, welches in demselben aufloͤsbar ist, und diese Aufloͤsung
                              dichter ist, als das Wasser selbst, so ist es darob durchaus nicht noͤthig,
                              die Roͤhren in das Wasser selbst einzusenken, wodurch viel Druk vermieden
                              wird. Wir verfahren bei Erzengung der Hydrochlor-Saͤure durchaus auf
                              diese leztere Weise: wir begnuͤgen uns, das Gas bis auf die
                              Oberflaͤche des Wassers gelangen zu lassen, und so wie dieses
                              gesaͤttigt wird, faͤllt die Aufloͤsung zu Boden. Dieß ist aber
                              nicht uͤberall so moͤglich: bei Erzeugung des Ammoniums hat gerade das
                              Entgegengesezte Statt; und selbst die Chlorine ist so wenig aufloͤsbar, daß
                              wir die Beruͤhrungspunkte derselben bedeutend vermehren muͤssen, um
                              eine gesaͤttigte Aufloͤsung zu erhalten. Die Faͤlle, in welchen
                              man den Woulff'schen Apparat im Großen anwenden kann, sind also etwas selten.
                              Indessen ist auch das neue von Eduard Adam erfundene Destillations-Sistem
                              eigentlich nur eine Anwendung dieses Apparates im Großen; man sah aber gar bald, daß
                              der bei derselben Statt habende Druk eine ununterbrochen fortwirkende Ursache der
                              Zerstoͤrung der Gefaͤße war, und erst durch die Verbesserung, die
                              dieser Apparat gegenwaͤrtig besizt, sind alle diese Nachtheile an demselben
                              beseitigt.
                           Man glaubt allgemein, das kraͤftigste Mittel zur Foͤrderung der
                              Aufloͤsung des Gases waͤre ein starker Druk, den man dadurch zu
                              bewirken sucht, daß man es in bedeutender Tiefe durch die aufloͤsende
                              Fluͤssigkeit leitet, es laͤßt sich aber leicht beweisen, daß dieß
                              nicht nothwendig ist. Nach dem von Dalton aufgestellten Geseze steht, bei gleichem
                              Volumen, die Menge Gases, welche bei einem bestimmten Druke aufgeloͤst wird,
                              mit dem Gewichte, welche dasselbe zu ertragen hat, im Verhaͤltnisse. Sezt
                              man, nach diesem Geseze, die Hoͤhe der Saͤule der Fluͤssigkeit,
                              unter welcher das Gas wegzulaufen hat, gleich 1 M, 60, und nimmt man an, daß
                              waͤhrend dieses Durchganges das Gas vollkommen aufgeloͤset wird, so
                              ist der Druk an der Oberflaͤche = 0.
                           
                           Hieraus folgt, daß der Druk gleich ist 1 M. 60/2 = 0 M,80. Nun ist aber der Druk der
                              Atmosphaͤre gleich dem Druke einer Wassersaͤule von 10 M, 40, der, zu
                              0 M, 80 addirt, einen Total-Druk von 11 M, 20 gibt. Da nun die
                              Aufloͤsbarkeit mit dem Gewichte im Verhaͤltnisse steht, so folgt, daß
                              dieser vermeinte große Druk nur 1 M, 60, oder 1/14 ist.
                           Aus diesem erhellt, daß der Druk, welchem ein Gas ausgesezt werden muß, wenn die
                              Aufloͤsung oder Verschlingung desselben gefoͤrdert werden soll, mit
                              einigen Schwierigkeiten verknuͤpft ist, indem es naͤmlich schwer ist,
                              einen Apparat aufzufinden, der demselben zu widerstehen vermag: man kann also von
                              dem Druke wenig Vortheil fuͤr die Vermehrung der Aufloͤsbarkeit des
                              Gases gewinnen. Diese Aufloͤsbarkeit haͤngt, wie wir wissen, 1tens von
                              dem Druke, 2tens von der Groͤße der Oberflaͤche der Beruͤhrung,
                              3tens von der Dauer dieser Beruͤhrung ab, so daß die Menge des verschlungenen
                              Gases stets mit dem Druke, mit der Oberflaͤche der Beruͤhrung und mit
                              der Dauer der Beruͤhrung im Verhaͤltniß steht, und folglich, wenn wir
                              diese 3 Factoren durch Zahlen ausdruͤken, das genaue Maß der absorbirenden
                              oder verschlingenden Kraft eines Apparates durch das Product dieser 3 Zahlen
                              ausgedruͤkt wird.
                           Zu Folge obiger Beobachtungen biethet der eine dieser Factoren, der Druk
                              naͤmlich, mehr Schwierigkeiten als Vortheile dar. Es ist daher besser, diesen
                              zu vermindern, und die zwei anderen zu vergroͤßern: naͤmlich die
                              Oberflaͤche der Beruͤhrung weiter auszudehnen und die Dauer derselben
                              zu verlaͤngern. In dieser Hinsicht bedient man sich mehrerer
                              Faͤßer-Apparate, z.B. des Ruͤhr-Fasses, des Fasses mit
                              der Schlangenroͤhre, auch der schiefen Flaͤche, und endlich des
                              neulich von Hrn. Cle'ment erfundenen Apparates, welchem
                              dieser geschikte Professor den Namen des chemischen Wasserfalles (cascade chimique) gegeben hat. Wir wollen nur Einiges
                              uͤber die beiden ersteren Verbesserungen hier bemerken. An dem Apparate mit
                              der Schlangenroͤhre (Fig. 7) tritt das Gas
                              unten an dem Boden eines großen Faßes ein, und erfaͤhrt folglich den Druk der
                              ganzen Hoͤhe der in diesem Fasse befindlichen Fluͤssigkeit. Statt daß
                              ferner das Gas in gerader Linie aufsteigt, noͤthigt man dasselbe nach und nach unter einer Menge
                              umgekehrter und ausgehoͤhlter Holzbloͤke durchzuziehen: jeder dieser
                              Bloͤke, A, B, C, hat eine Rinne quer durch an
                              einer Seite so tief als es die Dike desselben erlaubt, und einen Ausschnitt am Ende
                              (sieh Fig.
                                 7'). Diese Bloͤke werden so uͤber einander gelegt, daß die
                              Ausschnitte an den Enden der Rinnen abwechselnd rechts und links zu liegen kommen.
                              Das Resultat dieser Einrichtung ist, daß, nachdem die Rinne in dem ersten Bloke mit
                              Gas gefuͤllt ist, die uͤberschuͤssige Menge desselben
                              aufsteigt, durch den Ausschnitt entweicht, und in die naͤchste Rinne
                              uͤbergeht, und so fort durch alle uͤbrigen. Auf diese Weise wird das
                              Gas mit einer großen Flaͤche von Fluͤssigkeit in Beruͤhrung
                              gebracht, und, da man die Entwikelung des Gases nach Belieben reguliren kann,
                              befindet dasselbe sich unter sehr guͤnstigen Umstaͤnden,
                              naͤmlich unter einem sehr maͤßigen Druke, unter einer großen
                              Ausdehnung der Oberflaͤche und unter langer Dauer der Beruͤhrung.
                           Beinahe dasselbe Resultat erhaͤlt man auch durch das Ruͤhrfaß, nur auf
                              eine minder bequeme Weise. Das Wasser wird in demselben mittelst eines
                              Ruͤhrers, der an einer senkrechten oder horizontalen Achse befestigt ist, und
                              mittelst einer Kurbel gedreht wird, bestaͤndig mit dem Gase gemengt.Bei dem Ruͤhrfaß kommt es vorzuͤglich auf eine
                                    zwekmaͤßige Einrichtung desselben an. Ich bediene mich jezt solcher
                                    Einrichtungen zu Bereitung meines großen Bedarfs von fluͤßigem
                                    chlorsaurem Kalk, wo das weite Faß zu 2/3, mit fluͤßigem Kalkhydrat
                                    gefuͤllt ist, in das die Gasleitungsroͤhre nur anderthalb
                                    Schuh tief ragt. In der Mitte geht eine Roͤhre bis beinahe auf den
                                    Boden des Faßes, durch die horizontal ein oben mit einer Kurbe versehener
                                    Stab geht, der unten mit einem Querholz, das noch mit einigen aufrechten
                                    Steften versehen ist, welches die Bewegung der Fluͤssigkeit sehr
                                    beguͤnstigt. Die Kurbe wird durch ein Federwerk in Bewegung gesezt,
                                    wodurch die Verbindung des Chlorgas mit der Kalkfluͤßigkeit ungemein
                                    leicht und ohne alle persoͤnliche Unterstuͤzung vor sich geht.
                                    D. Eine andere Form eines Fasses mit einer Schlangenroͤhre ist folgende:
                              die Roͤhre, welche das Gas an den Grund des Gefaͤßes leitet, ist an
                              einer Spiralroͤhre angebracht, welche ihrer ganzen Laͤnge nach, von
                              einer großen Menge kleiner Loͤcher durchbohrt ist, um das Gas uͤberall
                              zu verbreiten, und die Beruͤhrungs-Flaͤchen zu
                              vervielfaͤltigen.
                           
                           Allein es ist wahrscheinlich, daß die Beruͤhrung hier nicht lang genug
                              dauert.
                           Bei dem Apparate mit der schiefen Flaͤche beseitigt man den Druk
                              gaͤnzlich, und die uͤbrigen Umstaͤnde sind nicht so
                              vortheilhaft, als bei den vorhergehenden Vorrichtungen. Bei diesem Apparate wird
                              eine lange Rinne von Ziegelsteinen gebaut, welcher man einen schwachen Fall gibt.
                              Das Gas wird an dem unteren Ende dieses Canales eingeleitet, und mittelst eines
                              Behaͤlters, der mit dem entgegengesezten Ende desselben in Verbindung steht,
                              wird ein Wasserstrom in entgegengesezter Richtung mit jener des Gases in Bewegung
                              gesezt: das Wasser darf nur langsam und sehr seicht fließen.
                           Aus Gill's
                                    techn. Repos. Maͤrz 1823, S. 161. Hr. Cle'ment hat in dem von ihm vorgeschlagenen
                              Apparate, den er statt aller obigen gebraucht, alle Vortheile derselben vereinigt.
                              Das Gas hat in demselben nicht nur keinen Druk zu erleiden, sondern seine
                              Beruͤhrungs-Flaͤchen mit der Fluͤssigkeit sind
                              ausserordentlich vervielfaͤltigt. Die Form dieses Apparates ist in Fig. 9
                              dargestellt. Die große Saͤule, AB, wird mit
                              einer Menge kleiner Kugeln von Glas oder Porzellan gefuͤllt, deren jede
                              ungefaͤhr ein Centimeter im Durchmesser hat. Diese Saͤule ist in einer
                              andern von groͤßerem Durchmesser eingeschlossen, in welcher sich eine
                              Hoͤhlung C befindet, die mit dem unteren Theile
                              der Saͤule correspondirt, und mit zwei kleinen Roͤhren in Verbindung
                              steht, D und E, deren eine
                              zur Einfuͤhrung des Gases, und wovon die andere zur Entleerung der
                              Fluͤssigkeit bestimmt ist.
                           Aus dem Behaͤlter F geht eine Roͤhre G, welche Wasser zufuͤhrt, dessen Menge durch
                              einen Hahn nach Belieben bestimmt werden kann. Dieses Wasser befeuchtet auf seinem
                              Durchgange nach den unteren Theilen nach und nach alle diese kleinen Kugeln, und da
                              es von demselben waͤhrend des Niedersteigens aufgehalten wird, braucht es
                              eine betraͤchtlich lange Zeit bis es hinab kommt. Auf der anderen Seite wird
                              das eingefuͤhrte Gas, indem es alle leeren Zwischenraͤume
                              ausfuͤllt, beinahe bis in das Unendliche zertheilt, und da es durch die
                              Zwischenraͤume nur sehr langsam durchdringen kann, wird die Dauer der
                              Beruͤhrung verlaͤngert, und die ganze Vorrichtung zur vollkommenen
                              Aufloͤsung des Gases so vorteilhaft, wie moͤglich.
                           Hr. Clement fand bei Bestimmung der absorbirenden Kraft
                              dieses neuen Apparates im Vergleiche mit jener des gewoͤhnlichen Fasses von 1
                              M, 60 Tiefe, in welchem das Gas waͤhrend des Aufsteigens in gerader Linie
                              einen mittleren Druk von 0 M, 80 zu erleiden hat, bei gleicher Menge des entwikelten
                              Gases waͤhrend einer gegebenen Zeit, und mit Ruͤksicht auf die
                              Dimensionen desselben und auf die Zahl und Groͤße der Kugeln, mit einem
                              Worte, alle darauf einwirkenden Ursachen wohl erwogen und in beiden Faͤllen
                              gleich gesezt, die absorbirende Kraft dieser beiden Apparate waͤhrend
                              derselben Zeit in dem Verhaͤltnisse wie 1:322. Es ist zwar richtig, daß Hr.
                              Clement bei dieser Vergleichung den am wenigsten
                              vortheilhaften Fall bei dem gewoͤhnlichen Fasse angenommen hat,
                              naͤmlich den, wo das Gas in gerader Linie aufsteigt; es ist aber dessen
                              ungeachtet ein so großes Mißverhaͤltniß zwischen diesen beiden
                              Faͤllen, daß, selbst wenn man den aͤlteren Apparat unter den
                              guͤnstigsten Umstaͤnden sich denkt, immer noch Vortheil genug auf der
                              Seite des neuern bleibt.
                           An diesem so eben beschriebenen Apparate, den sein Erfinder, Hr. Clement, den verschlingenden
                                 Wasserfall (Cascade absorbante) nannte, hat
                              derselbe einen zweiten den erzeugenden Wasserfall (Cascade productive) angebracht. Dieser zweite Apparat
                              soll eine bedeutende Zeit uͤber Gas erzeugen, und zwar auf eine bequemere und
                              minder kostbare Weise, als bisher moͤglich war. Wenn wir z.B. Chlorine
                              bereiten, fuͤllen wir ein weites Gefaͤß, H
                              (Fig. 8),
                              welches mit 4 Tubulirungen versehen ist, mit grob zerschlagenem Braunstein Oxide,
                              und bringen die Tubulirung, I, mit dem bleiernen
                              Gefaͤße, k, in Verbindung, in welchem Kochsalz
                              und Schwefelsaͤure enthalten ist. Durch die Tubulirug, L, laͤßt man einen sehr kleinen Strom Wasser aus dem
                              Behaͤlter, M, niederfallen, welcher den
                              Braunstein nur etwas befeuchtet, und dadurch dem Hydrochlor Gase das Angreifen und
                              Aufloͤsen desselben erleichtert. Die auf diese Weise gebildete Chlorine wird
                              durch die Roͤhre. N, in den verschlingenden
                              Wasserfall geleitet, waͤhrend der hydrochlorsaure Braunstein, so wie er sich
                              bildet, bei der unteren
                              Tubulirung, O, in den Behaͤlter, P, abfließt. Aus diese Weise erspart man das
                              Puͤlvern des Braunsteines, und die damit verbundenen Auslagen, und, da man
                              auf große Mengen auf einmal hier einwirken kann, so ist es nicht noͤthig, den
                              Apparat so oft abzunehmen, was ein neuer großer Vortheil ist.
                           Hr. Welter, dessen Erfindungen alle den Stempel des Genies
                              an sich tragen, hat einen sehr bequemen und in vielen Faͤllen ungemein
                              nuͤzlichen Apparat ausgedacht, um gesaͤttigte kohlensaure Verbindungen
                              zu bereiten, die man auch zu verschiedenen anderen Zweken anwenden kann. Wenn dieser
                              Apparat einmal vorgerichtet ist, so geht die Arbeit fort, ohne daß man irgend eine
                              andere Aufmerksamkeit auf dieselbe zu verwenden haͤtte, als zuzusehen, daß
                              das Material bei derselben nicht ausgeht, und der Apparat wird, ohne allen Verlust,
                              regelmaͤssig mit Gas versehen werden. Die Flasche E, Fig.
                                 7, die mit drei Tubulirungen versehen ist, zwei oberen und einer unteren,
                              wird mit Bruchstuͤken von Marmor vollgefuͤllt, und an jeder Oeffnung
                              derselben werden, wie die Figur zeigt, gekruͤmmte Roͤhren angebracht.
                              Die Roͤhre Nr. 1 leitet das kohlensaure Gas an den Boden des Apparates, der
                              aus einem mit hohlen Holzbloͤken versehenen Fasse besteht, welches mit einer
                              gesaͤttigten Aufloͤsung von kohlensaurer Pottasche gefuͤllt
                              ist. Die Roͤhre N. 2 dient zur Einfuͤhrung der Saͤure, die
                              durch ihr schmaͤleres Ende, G, dieselbe auf den
                              kohlensauren Kalk fallen laͤßt. Die Roͤhre N. 3, die einen
                              gehoͤrigen Grad von Neigung erhalten muß, dient zur Ausleerung des
                              kochsalzsauren Kalkes, sobald dieser bis auf eine gewisse Hoͤhe gestiegen
                              ist. In eine Flasche mit zwei Haͤlsen, F, gießt
                              man Hydrochlorsaͤure, (Salzsaͤure) welche mit beinahe gleichen Theilen
                              Wasser verduͤnnt ist. Diese Vorsicht ist nothwendig, um zu hindern, daß das
                              Hydrochlor-Gas sich nicht mit dem kohlensauren Gase vermengt, und auf diese
                              Weise die gesaͤttigte kohlensaure Verbindung verdirbt. In einem Halfe dieser
                              Flasche, F, bringt man einen Heber, in dem anderen eine
                              gerade Roͤhre an. Wenn nun der Blok-Apparat in dem Fasse durch das
                              Zapfenholz, H, unter welchem sich in dem oberen Bloke
                              ein Zapfen befindet, gestuͤzt ist, bringt man in die, zur Flasche E gehoͤrige, Roͤhre N. 2 verduͤnnte
                              Kochsalzsaͤure.
                           
                           Diese entwikelt die Kohlensaͤure, welche die Hoͤhlungen in den
                              Bloͤken ausfuͤllt, und macht zugleich das Niveau der Aufloͤsung
                              in dem Fasse in die Hoͤhe steigen. Dieses Emporsteigen des Niveaus der
                              Aufloͤsung muß aber beschraͤnkt werden, und darf nie uͤber das
                              Faß hinaus reichen, wenn alle Bloͤke mit Gas gefuͤllt sind. Wenn die
                              Entwikelung des kohlensauren Gases aufgehoͤrt hat, so bleibt die
                              Fluͤssigkeit fuͤr einen Augenblik in der Roͤhre. Wir wollen
                              annehmen, ihr Niveau sey bei A. Man bringt dann in die
                              Roͤhren N. 2 den Heber, I, dessen
                              duͤnneres Ende bis an den Boden der Flasche hinabgetaucht werden muß. Wenn
                              dann das Ende der geraden Roͤhre, D, zwischen den
                              Punct A, oder das Niveau der Fluͤssigkeit, und
                              den Punct C, oder das Ende des Hebers kommt, so
                              blaͤst man durch die gerade Roͤhre so lang Luft, bis der Heber voll
                              Saͤure ist. Das Fließen dauert, so lang als die Luft in der Flasche
                              zusammengedruͤkt ist, fort; sobald diese aber sich ausdehnt, hoͤrt die
                              Fluͤssigkeit auf zu fließen, und steigt in der geraden Roͤhre um eine
                              oder zwei Linien. So wie das Gas in der Roͤhre absorbirt wird, steigt das
                              Niveau der Fluͤssigkeit, welche sie enthaͤlt, hinab, und faͤllt
                              auch folglich gleicher Massen in dem großen Arme der Roͤhre N. 2. Ist das
                              Niveau bei B, oder gleich hoch mit D; dann wird die Luft blasenweise zuruͤkkehren;
                              eine neue Menge von Fluͤssigkeit fließt aus dem Heber, und diese Vermehrung
                              des Drukes wird wieder etwas Salzsaͤure mehr auf den Marmor einwirken lassen.
                              Man sieht, daß auf diese Weise, die Saͤure nur in dem Verhaͤltnisse
                              auf den Marmor einwirken kann, als die Kohlensaͤure von der Pottasche
                              verschlungen wird, und folglich nicht verloren gehen kann.
                           Fig. 4, 5, 6 zeigen
                              verschiedene Abaͤnderungen die unter verschiedenen Umstaͤnden sich
                              anwenden lassen.
                           Fig. 9 zeigt
                              einen Apparat, der gar keines Kittes bedarf. Eine Roͤhre von
                              hinlaͤnglicher Weite umschließt die Verbindungs-Roͤhre: der
                              Zwischenraum wird mit Queksilber ausgefuͤllt, und in dieses eine dritte von
                              mittlerem Durchmesser eingesezt, welche, mittelst gehoͤriger
                              Kruͤmmung, diese Tubulirung mit jener einer anderen Flasche verbindet. Die
                              Luft kann nur durch das Queksilber Eingang finden, und die
                              Sicherheits-Roͤhren sind bei dieser Art von Apparat
                              uͤberfluͤssig.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
