| Titel: | Bemerkungen über Erfahrungen bei der Bereitung harter Seifen. Von Hrn. Colin . | 
| Fundstelle: | Band 11, Jahrgang 1823, Nr. LXXI., S. 437 | 
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                        LXXI.
                        Bemerkungen über Erfahrungen bei der Bereitung
                           harter Seifen. Von Hrn. Colin
                           Wegen der Vollstaͤndigkeit dieses wichtigen Gegenstandes, lassen wir hier
                                 noch die beiden Abhandlungen des Hrn. Colin folgen. D.. 
                        Aus den Annales de Chimie et de Physique T. XVI.
                              Janvier 1821. S. 97.
                        Colin's Bemerkungen bei Bereitung harter Seifen.
                        
                     
                        
                           Ich habe in meinen vorhergehenden Erfahrungen bemerkt, daß
                              sich unter allen Seifen, welche ich auf directe Weise erzeugte, keine einzige
                              befand, welche im Wasser untergesunken waͤre, wenn man sie in dieser Fluͤssigkeit
                              sich selbst uͤberließ. Es ward mir wahrscheinlich, daß dieß von einem Fehler
                              in meinem Verfahren herruͤhren muͤsse, und ich hatte bald Gelegenheit,
                              mich hievon zu uͤberzeugen; denn, da ich Oele mit ein wenig Glaͤtte
                              behandelte, und sie in der Folge mit Soda verband, erhielt ich nur eine
                              roͤthliche Seife, die nach Salbe roch, uͤbrigens aber außerordentlich
                              leicht war. Sie bildete uͤberdieß nur einen Schaum als ich sie goß, was man
                              der zu geringen Concentration der lezten Laugen zuschreiben muß, und was auch ihre
                              große Leichtigkeit gut erklaͤrt. Ich konnte mich dieser Erklaͤrungen
                              um so mehr bedienen, als im Verlaufe meiner Erfahrungen sich oͤfters
                              Gelegenheit zu dieser Beobachtung darboth, und auf eine aͤhnliche Weise,
                              naͤmlich durch ein etwas starkes Treiben am Ende des Sudes der Handseife (savon de toilette) ihre Leichtigkeit gegeben wird;
                              indessen will ich nicht behaupten, daß es unmoͤglich waͤre eine Seife
                              zu finden, die diese Eigenschaft an und fuͤr sich besizt. Es ist daher, die
                              Sache mag sich wie immer verhalten, nicht gleichguͤltig, ob man den Sud mit
                              der staͤrksten lauge endet, oder nicht, um so mehr, als man selbst kalt, wie
                              man sagt, mit sehr stark zugesottenen Laugen Seife erhalten kann.
                           Kalt bereitete Seife gibt uͤberhaupt, wie Baumé es am Buchen-
                              und Repsoͤle etc. gezeigt hat, bessere Waare; dieß bestimmte mich auch, nach
                              ihm, einige Versuche dieser Art anzustellen.
                           Ich nahm vier Unzen Nußoͤl, und machte dasselbe mit einer starken Lauge aus
                              vier Unzen unterkohlensaurer kristallisirter Soda zur Seife. Diese Lauge wurde von
                              einer halben Pinte durch schnelles Abrauchen auf ein Zwoͤlftel Pinte
                              zuruͤkgebracht, und dann kalt mit den vier Unzen Nußoͤl
                              geruͤttelt; man erhielt dadurch 6 Unzen 3 Quentchen schoͤner weißer
                              recht fester und anfangs beinahe geruchloser Seift; dieß ist beinahe alles, was man
                              bei der gelungensten Operation haͤtte erhalten koͤnnen, wo man heiß
                              gearbeitet haͤtte; denn 3 Pfund Oel geben, heiß gearbeitet, 5 Pfund
                              kaͤufliche Seife. Diese Seife roch wohl nach Nußoͤl, und verlor, in
                              einem Jahre, 6 Quentchen.
                           Es ist mir beinahe eben so gut mit Mohnoͤl gelungen; Leinoͤl hingegen
                              gab mir unter gleicher Behandlung eine rothe Seife, die in der Kaͤlte nicht fest wurde. In einem
                              Jahre verloren 6 Unzen Seife 7 Quentchen; sie roch stark nach
                              Leinsamen-Mehle, und hatte die Farbe eines etwas dunklen Milchkaffees; mit
                              einem Worte, dieser Versuch gab eine schlechte Seife.
                           Die Versuche mit Leinoͤle brachten mich uͤberhaupt auf die Idee, daß
                              eine zu große Menge Schleimes der Seifenbildung nachtheilig ist. Sie zeigten
                              deutlich, daß unter allen von mir angewandten Oelen das Leinoͤl dasjenige
                              ist, das am wenigsten, sowohl kalt als heiß, zur Seifenbildung taugt,
                              waͤhrend das Nußoͤl wenigstens gleichen Schritt mit dem
                              Mohnoͤle haͤlt; indessen haben Pelletier,
                                 Lelievre und d'Arcet in dieser Hinsicht das
                              Nußoͤl neben dem Leinoͤle
                              aufgefuͤhrt; ich vermuthe, daß das Nußoͤl, dessen sie sich bedienten,
                              unrein war.
                           Wir haben gesehen, daß, wenn man die Seife, wie es gewoͤhnlich geschieht, heiß
                              bereitet, man Gefahr laͤuft, sie zu leicht zu erhalten, wenn die lezte Lauge
                              nicht stark genug ist, man laͤuft selbst Gefahr, sie zu verbrennen; denn man
                              muß dann das Abdampfen in einer zu dichten Fluͤssigkeit fortsezen. Da diese
                              Nachtheile sich sehr leicht vermeiden lassen, so koͤnnen sie keinen
                              Gegeneinwurf begruͤnden. Dagegen muß man aber bemerken, daß bei kalter
                              Seifenbereitung, wo diese Zufaͤlle nicht zu besorgen sind, und man sehr oft
                              eine schoͤnere Seife erhaͤlt, die Kosten viel groͤßer sind. Die
                              kalte Seifenbereitung fodert allerdings eine staͤrkere Concentration der
                              kaustischen Lauge, und daher eine staͤrkere Verduͤnstung als die
                              heiße, weil man hier die Mutterlauge verduͤnsten muß, die bei warmer
                              Seifenbereitung nach dem Stoken derselben von selbst abstießt Zuweilen sondert sich auch bei kalt bereiteten Gelsen Wasser ab, aber bei
                                    weitem nicht st viel, als wenn man sie auf andere Art bereitet. A. d. O. . Ich uͤbergehe noch die mechanische Kraft, die man bei kalter
                              Seifenbereitung anwenden muß, um das Oel und die Lauge unter einander zu mengen und
                              abzuschlagen, obschon man dieselbe in oͤkonomischer Hinsicht in Rechnung
                              bringen soll. Man ist also bei kalter Seifenbereitung weit entfernt an
                              Brennmaterials zu ersparen, und dieses Verfahren koͤnnte im Großen nur bei jenen Oelen
                              angewendet werden, deren Preise sehr niedrig stehen, und die dadurch, und auf keine
                              andere Weise, eine Seife von vorzuͤglicher Guͤte geben
                              koͤnnten.
                           Es ist leicht einzusehen, wie man mit Basen, die noch mehr zur Seifenbildung geeignet
                              sind, als die Soda, Oele in harte Seife verwandeln kann, die sonst keine geben
                              wuͤrden, wenn man sie, auf die gewoͤhnliche Weise, Annales de Chimie et Phys. T. III. Expériences
                                       8-9 relatives à la fabrication des savons durs. A. d.
                                    O. geradezu mit Soda behandelt; denn wenn z.B. die Pottasche einmal hier die
                              Bildung der Fett- und Oelsaͤure (acides
                                 margarique et
                              oléique) veranlaßte, so handelt es sich nur mehr
                              darum, durch ein Soda-Salz die fett- und oelsaure Pottasche, (margarete et oléate de potasse) zu zersezen.
                           Man sieht auch, wie dieselbe Soda, die mit einer großen Anzahl von Oelen keine harte
                              Seife gibt, wenn sie hinlaͤnglich concentrirt ist, kalt mit denselben harte
                              Seifen erzeugen kann, wie Baumé es zuerst erwies,
                              weil sie dann mit mehr Masse auf jene Theile wirkt, die sie beruͤhrt.
                           Es ist aber nicht so leicht sich daruͤber Rechenschaft zu geben, wie es kommt,
                              daß ein wenig Kalkwasser einen Theil Lewat-Oel (l'hile
                                 de Colza) zur Seifenbereitung bestimmt, waͤhrend die concentrirte
                              Soda dasselbe nicht dazu zu bringen vermag Ann. d. Ch. l. c. Exper. 3. 5. A. d. O. . Man kann aber doch annehmen, daß das Kalkwasser das Gleichgewicht der
                              Urbestandtheile hier bricht, und daß, wenn dieses einmal gebrochen ist, die
                              Staͤrke der Soda dann hinreicht, um die Seife zu vollenden. Hr.
                              Gay-Lussac war der Erste, der eine Erscheinung dieser Art auf diese Weise
                              andeutete und erklaͤrte, indem er zeigte, daß Traubenmost und jede
                              gaͤhrungsfaͤhige Materie uͤberhaupt nie in Gaͤhrung
                              geraͤth, außer wenn sie mit der Luft oder mit dem Sauerstoffe in
                              Beruͤhrung gelangt; daß aber das kleinste Blaͤschen des einen oder des
                              anderen hinreicht, um die Gaͤhrung in Thaͤtigkeit zu sezen, die sich
                              dann von sich selbst und ohne Beitrit einer neuen Menge Luft oder Sauerstoffes
                              weiter fortpflanzt. Indessen ist es doch nicht gerade eben so mit dem Kalkwasser,
                              weil seine Menge, die
                              nur sehr gering ist, sich nach den Mengen der beigemischten Materien richten
                              muß.
                           Ich will mit einigen Bemerkungen schließen, die mir mitgetheilt wurden.
                           Man bereitet in dem Districte von Buenos-Ayres, und wahrscheinlich im ganzen
                              spanischen America eine gute Seife mit amerikanischer Pottasche, Talg und Harz. Bei
                              einer gewissen Epoche der Bereitung sezt man das Harz gepulvert zu, und zuweilen in
                              so großer Menge, daß die Seife davon Farbe und Geruch erhaͤlt. Wozu dieser
                              Zusaz von Harz, da es doch so leicht waͤre, eine Seife aus Talg und Pottasche
                              hart zu machen, wenn man sie mit einer gehoͤrigen Menge Kochsalz zersezte,
                              wodurch man Seife vom ersten Range erhalten koͤnnte? Es koͤnnte
                              vielleicht seyn, daß die americanischen Spanier diese doppelte Zersezung in der That
                              nicht kennten, und daß das zugesezte Harz nur ein Mittel waͤre, einer weichen
                              Seife Haͤrte zu geben. Vielleicht geschieht es auch aus Oekonomie, oder
                              vielleicht besizt diese Composition besondere Eigenschaften Es fragt sich hier; ob dieses Harz auch wirklich Harz, oder nicht vielmehr
                                    ein sehr alkalischer Pflanzensaft ist, der, wie manche andere alkalische
                                    Pflanzensafte der heißen Laͤnder, denen uͤbrigens auch harzige
                                    Bestandtheile beigemengt sind, fuͤr Harz gilt, ohne es eigentlich zu
                                    seyn? Braucht man doch in America bei den Zukersiedereien die animalisch
                                    stinkenden Arum-Arten, wie wir in Europa in unseren Raffinerien
                                    faules Ochsenblut. A. d. Ueb. .
                           Man hat mir auch gesagt, daß man in den Tuchfabriken zu Reuen, Elboeuf etc. eine
                              schwarze sehr stinkende, gewoͤhnlich harte, aber bei heißer Witterung an
                              ihrer Oberflaͤche klebrig werdende Seife hat. Der Theil der Seife, der auf
                              diese Weise seine Festigkeit verlor, ist so durchscheinend, wie weiche Seife. Die
                              Tuchfabrikanten behaupten, daß diese Seife ihnen weit mehr zusagt, als Marseiller
                              Seife, und daß sie aus Fett bereitet ist; es waͤre aber auch moͤglich,
                              daß sie aus thierischen Resten, die, wie Chaptal es
                              lehrte, mit Alkali behandelt wurden, bereitet worden ist Der Uebersezer hoͤrte von Leuten, die diese
                                    Seife sahen, daß sie Thranseife, aus Thran
                                    bereitet, seyn soll. A. d. Ueb. .
                           
                           Man sagt endlich, daß die sogenannten Marseiller-Seife Fabricanten zur Ersparung eine gewisse Menge
                              Mohn-Oel in das Baumoͤl schuͤtten, welches sie zur
                              Seifenbereitung bestimmen, und dieß ohne allen Nachtheil fuͤr diese Seife.
                              Die Erfahrungen der Hrn. Pelletier, Leliévre und
                              d'Arcet sprechen fuͤr die Guͤte dieser
                              Methode, die sie uͤbrigens auch empfehlen.