| Titel: | Beschreibung der großen Bandana-Gallerie, in der Türkisch-Roth Factorey der HHrn. Monteith und Comp. zu Glasgow. | 
| Fundstelle: | Band 12, Jahrgang 1823, Nr. XXI., S. 73 | 
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                        XXI.
                        Beschreibung der großen Bandana-Gallerie, in der
                           								Türkisch-Roth Factorey der HHrn. Monteith und Comp. zu Glasgow.
                        Aus dem Quaterly Journal of Science in Gill's technical
                                 										Repository. August 1823. S. 105.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									I. und einem Zusaz vom Herausgeber.
                        HH. Monteith und Comp. Beschreibung der großen
                           								Bandana-Gallerie.
                        
                     
                        
                           Die Vortheile liberaler Gesinnungen zeigen sich nirgendwo
                              									deutlicher, als in den gegenwaͤrtigen Fortschritten chemischer
                              									Kuͤnste. Noch vor 25 Jahren waren chemische Fabrikanten gewohnt, ihre
                              									Arbeiten, wie einst die Charlatane des Mittelalters, mit dem Siegel des Geheimnisses
                              									zu verschließen. Sie waͤhnten, und ganz natuͤrlich meistens ohne allen
                              									Grund, daß sie allein im Besize Wunder wirkender Recepte waͤren, deren
                              									Bekanntmachung ihnen Tod und Verderben bringen muͤßte. Die bemittelte
                              									Eigenthuͤmer chemischer Fabriken waren damals gewoͤhnlich ohne alle
                              									praktische Kenntniß in der Chemie. Sie waren daher gezwungen, von gewissen
                              									arbeitenden Adepten abzuhaͤngen, die sie sich mit schwerem Gelde miethen mußten, um ihre
                              									Fabriken zu leiten. Diese Adepten waren aber gewoͤhnlich Leute, die vorher
                              									als Handlanger in irgend einer aͤhnlichen Fabrik dienten, und sich eine
                              									oberflaͤchliche Kenntniß der Routine des Geschaͤftes erwarben: ohne
                              									alle Erziehung, ohne alle Bildung, ohne alle Kenntniß und Uebersicht des
                              									Geschaͤftes, das sie leiten sollten, hatten sie ohne Unterlaß mit
                              									unuͤbersteiglichen Schwierigkeiten zu kaͤmpfen, und fielen von Zeit zu
                              									Zeit in die verderblichsten Fehler. Die kleinsten Abweichungen in der
                              									Qualitaͤt der Materialien, die sie anwendeten, in der Mischung derselben, in
                              									der Temperatur, in der Dauer der Arbeit erzeugten die entgegengeseztesten Resultate,
                              									die sie weder vorsehen noch leiten, und denen sie noch weniger zuvorkommen konnten.
                              									Wenn auch, insofern eine Operation einmal gelang, der Gewinn bei derselben groß war,
                              									so mißlang doch diese Operation weit haͤufiger, und der Verlust war nicht
                              									selten dabei so groß, daß das ganze Gewerbe nicht wenig unsicher und kummervoll
                              									wurde. Hieraus lassen sich die Fallimente chemischer Fabriken eben so gut als ihr
                              									schnelles Emporkommen erklaͤren; die eine erhob sich eben so schnell zu
                              									unerwartetem Reichthume, als die andere in unvorgesehenes Ungluͤk
                              									stuͤrzte.
                           Endlich wurden die Besizer chemischer Fabriken des Vasallen-Zustandes muͤde,
                              									in welchem sie von ihren eigenen, eigennuͤzigen und eigensinnigen Mischlingen
                              									gehalten wurden; sie wollten sich nicht mehr laͤnger auspluͤndern
                              									lassen, und fingen an, die Grundsaͤze, worauf ihr Kunstgewerbe beruht, zu
                              									studiren, und geriethen dadurch in den Umgang wissenschaftlich gebildeter
                              									Maͤnner. Sie sahen nun zum erstenmale ein, daß sie bei ihren sogenannten
                              									chemischen Processen nur dadurch Bestimmtheit und Sparsamkeit erlangen konnten, wenn
                              									sie sich derselben Grundsaͤze bedienten, welche die Aerzte bereits lang
                              									vorher unter dem Schuze oͤffentlicher Geseze gegen die unsichere
                              									Geheimnißkraͤmerei der Apotheker mit dem gluͤklichsten Erfolge geltend
                              									machten. In dieser Ueberzeugung beriethen sie sich mit Chemikern uͤber ihre
                              									Unfaͤlle, und uͤber die Schwierigkeiten, mit welchen sie zu
                              									kaͤmpfen hatten. Winke von hoͤherer oder minderer Bedeutung wurden
                              									gegeben und befolgt, und diese fuͤhrten den Fabrikanten zu neuen Fragen, und
                              									den Chemiker zu neuen
                              									Untersuchungen. Auf diese Weise entstand eine Verbindung zwischen Theorie und
                              									Praxis, welche in wenigen Jahren viele Zweige der chemischen Kuͤnste in
                              									unserem Lande auf einen ungewoͤhnlich hohen Grad von Vollkommenheit
                              									erhob.
                           Ohne Zweifel muß es viele Faͤlle gegeben haben, in welchen Chemiker von
                              									einigem Range dem Fabrikanten einen schlechten Rath ertheilten, indem wir chemische
                              									Schriftsteller Recepte zu Verfahrungsarten herausgeben sehen, die nicht bloß sehr
                              									nachtheilig, sondern sogar absurd sind. Solche Mißleitungen sind beinahe immer die
                              									Folge von Vernachlaͤssigung gehoͤriger Versuche nach dem
                              									gehoͤrigen Maßstabe, oder von Sorglosigkeit bei Anstellung derselben, oder
                              									wohl gar von oberflaͤchlicher Kenntniß der Grundsaͤze der Wissenschaft
                              									selbst. Es ist eine Arbeit, die jeder kann, eine blendende Menge klassischer
                              									Versuche zusammen zu tragen, und daruͤber sehr beredt zu commentiren, ohne
                              									selbst philosophischer oder praktischer Chemiker zu seyn.
                           Die Verbindung zwischen Wissenschaft und Kunst, die in unserem Lande die spaͤt
                              									gereifte Frucht der Nothwendigkeit gewesen ist, war, unter dem Schuze der
                              										RegierungNapoleon's I. Siehe polytechn. Journ. B.
                                       												10. S. 510., laͤngst schon in Frankreich gediehen, und hatte eine bedeutende
                              									Ausdehnung erhalten. Der beruͤhmte Staatsminister, Colbert, der die hellsten
                              									Ansichten uͤber Staatswirthschaft besaß, die jemals einem Minister zu Theil
                              									geworden sind, gruͤndete eine wissenschaftliche Schule zur Leitung und zum
                              									Beistande der Faͤrbereien in Frankreich. Aus dieser Schule, die unter der
                              									Leitung einer Reihe ausgezeichneter Chemiker fortbestand, gingen die
                              									unschaͤzbaren Untersuchungen uͤber die schoͤnste, aber zugleich
                              									auch am meisten verwikelte chemische Kunst hervor, uͤber die
                              									Faͤrberei, und diesen Untersuchungen verdankt Frankreich einen großen Theil
                              									seiner Ueberlegenheit in diesem hoͤchst eintraͤglichen Zweige seiner
                              									National-Industrie.
                           Die Manufactur der HHrn. Monteith und Comp. war schon seit vielen Jahren in der
                              									commerciellen Welt wegen der Guͤte und Schoͤnheit ihrer
                              									Baumwollen-Fabrikate beruͤhmt. Ihr Krapproth wetteifert an Glanz und Festigkeit mit jeder
                              									Adrianopel-Waare, und die weißen Zeichnungen, die uͤber ihre rothen Kattune
                              									hingestreut sind, uͤbertreffen an Reinheit, Eleganz und Schaͤrfe der
                              									Umrisse die reinsten urspruͤnglichen Bandana-Muster.
                           Die eben so reichen als aufgeklarten Eigenthuͤmer dieser Fabrik haben von
                              									jeher dafuͤr gesorgt, alles, was die neuesten Entdekungen und Fortschritte in
                              									der Chemie und Mechanik darbothen, zu ihrem Vortheile zu benuͤzen, und ihre
                              									Factorei verdient in dieser Hinsicht als eine Schule praktischer Wissenschaft
                              									studirt zu werden. Die Erlaubniß, die sie uns gewaͤhrten, ihre
                              									Entfaͤrbungs-Gallerie (discharging-gallerey) zu
                              									beschreiben, ist ein Beweis ihrer liberalen Gesinnungen sowohl als des
                              									wohlgegruͤndeten Selbstgefuͤhles, daß das auf ihre Fabrik verwendete
                              									Capital, und die Geschiklichkeit, mit welcher in derselben gearbeitet wird,
                              									sicherere Buͤrgen fuͤr den besseren Absaz sind, den ihre Waaren auf
                              									allen Marktplaͤzen von Europa finden, als die strengste
                              									Geheimnißkraͤmerei uͤber ihr Verfahren. Sie haben daher nur selten
                              									Fremden, die sich entweder durch ihren Character oder durch ihre Kenntnisse
                              									auszeichneten, die Erlaubniß versagt, ihre Manufactur zu besehen; eine
                              									Gefaͤlligkeit, die man nie ohne Vergnuͤgen und Unterricht
                              									genuͤzt haben wird.
                           Ihre neuen hydrostatischen Pressen haben sie im Jahre 1813 unter der Leitung des Hrn.
                              									Georg Ridger, des Aelteren, ihres Geschaͤftsfuͤhrers, vollendet. Sie
                              									besizen derselben sechzehn, die ungemein schoͤn gebaut sind, und in Einer
                              									Reihe dastehen, vier und vier bei einander. Die Zwischenraͤume zwischen einer
                              									jeder Partie derselben dienen den Arbeitern zum Durchgange, um leicht auf den
                              									Ruͤken der Presse gelangen zu koͤnnen. Jede Partie oder
                              									Unterabtheilung nimmt 25 Fuß ein; die ganze Laͤnge des Apparates
                              									betraͤgt demnach 100 Fuß.
                           In jeder Presse befinden sich ein paar Muster in Blei (oder wie sie es nennen, ein
                              									paar Platten (plates), deren
                              									Verfertigungsweise unten angegeben werden wird. Die eine dieser Platten ist an dem
                              									oberen Bloke der Presse befestigt, und dieser Blok ist so vorgerichtet, daß er sich
                              									an einer Art von allgemeinem Gelenke (universal joint)
                              									dreht, wodurch diese Platte sich desto genauer an die untere anlegt. Leztere ruht auf dem
                              									beweglichen Theile der Presse, gewoͤhnlich Schwelle (sill) genannt. Wenn diese in die Hoͤhe gedruͤkt wird, so
                              									passen die beiden Muster mittelst Leit-Stiften an den Eken, die mit der
                              									groͤßten Sorgfalt eingepaßt werden, hoͤchst genau auf einander.
                           Die Kraft, welche diese große hydrostatische Reihe in Bewegung sezt, befindet sich in
                              									einem besonderen Zimmer, das Maschinen-Zimmer genannt.
                              									Die Maschine besteht ans zwei Cylindern von besonderem Baue, mit genau in dieselben
                              									passen, den cylindrischen Staͤmpeln und drei kleinen Drukpumpen an jedem
                              									Cylinder, die von einer Dampfmaschine getrieben werden.
                           Der Staͤmpel des groͤßeren Cylinders hat acht Zoll im Durchmesser, und
                              									ist oben mit einem Gewichte von 5 Tonnen beladen: er kann durch einen ledernen
                              									Halsring ungefaͤhr zwei Fuß hoch aufsteigen. Der Staͤmpel des anderen
                              									Cylinders hat nur Ein Zoll im Durchmesser, und ist gleichfalls mit einem Gewichte
                              									von 5 Tonnen oben beladen, und steigt 2 Fuß hoch durch einen Halsring.
                           Wenn nun die Staͤmpel auf dem untersten Puncte stehen, so werden 4–6
                              									kleine Drukpumpen durch die Dampfmaschine in Bewegung gesezt: zwei um den
                              									groͤßeren, und zwei um den kleineren Staͤmpel zu heben. In kurzer Zeit
                              									ist so viel Wasser in die Cylinder gebracht, daß die belasteten Staͤmpel ihre
                              									hoͤchsten Puncte erreicht haben, und nun sind sie bereit auf die
                              									hydrostatischen Drukpressen zu wirken, indem der Druk des Wassers unter der Erde
                              									durch starke kupferne Roͤhren von kleinem Durchmesser aus einem Zimmer in das
                              									andere geleitet wird.
                           An jeder Presse befinden sich zwei Klappen; die eine oͤffnet eine Verbindung
                              									zwischen dem ersten großen Cylinder, und dem Cylinder der Presse; die andere
                              									zwischen dem ersten kleinen Cylinder und der Presse. Der Dienst der unteren ist kein
                              									anderer, als lediglich den unteren Blok der Presse zu heben, und in
                              									Beruͤhrung mit dem oberen zu bringen; die zweite gibt dem Stoffe den
                              									gehoͤrigen Druk. Eine dritte Klappe ist an der Presse angebracht, um das
                              									Wasser aus ihrem Cylinder zu entleeren, wenn die Presse nachlassen soll, damit man
                              									den Stoff wegnehmen oder durchziehen kann.
                           
                           Zwoͤlf bis vierzehn Stuͤke, die vorlaͤufig tuͤrkisch-roth
                              									gefaͤrbt wurden, werden durch eine besondere Maschine so parallel als
                              									moͤglich uͤber einander gestrekt, und uͤber einen
                              									hoͤlzernen Cylinder, die Trommel genannt, aufgerollt, welcher sodann auf den
                              									Ruͤken der Presse in gehoͤriger Lage aufgelegt wird. Ein Theil dieser
                              									vierzehn Lagen, so groß als die Flaͤche der Platten, wird hierauf zwischen
                              									denselben mittelst Haken, die an den beiden Enden der Stuͤke angebracht
                              									werden, durchgezogen. Wenn man nun die mit dem ersten achtzoͤlligen Cylinder
                              									verbundene Klappe oͤffnet, so tritt das Wasser in den Cylinder der Presse,
                              									und hebt augenbliklich den unteren Blok derselben, so daß die untere Platte mit dem
                              									darauf liegenden Zeuge genau an die obere angedruͤkt wird. Nun wird diese
                              									Klappe geschlossen, und die obere geoͤffnet. Der Druk von 5 Tonnen an dem
                              									einzoͤlligen ersten Cylinder wirkt nun auf den Staͤmpel der Presse von
                              									acht Zoll im Durchmesser. Die wirklich ausgeuͤbte Kraft wird also hier 5
                              									× 8² = 320 Tonnen, da die Flaͤchen der Cylinder sich
                              									verhaͤlten, wie die Quadrate ihrer Durchmesser. Der Stoff wird also zwischen
                              									die bleiernen Muster-Platten mit einem Druke von 320 Tonnen gepreßt (= 640000
                              									Pf.)
                           Nun muß die bleichende oder entfaͤrbende Fluͤssigkeit
                              									(waͤsserige Chlorine, die man erhaͤlt, wenn man Schwefelsaͤure
                              									zu einer Aufloͤsung von chlorsaurem Kalke sezt,) auf den Stoff gebracht
                              									werden. Diese Fluͤssigkeit befindet sich in einer großen Cisterne in einem
                              									nahe gelegenen Hause, aus welcher sie nach Belieben in mehrere kleinere bleierne an
                              									den Pressen angebrachte Cisternen geleitet wird. Diese Cisternen haben graduirte
                              									Weiser-Roͤhren, um die Menge Fluͤssigkeit zu bestimmen, welche zur
                              									Entfaͤrbung des bestimmten Musters noͤthig ist. Die Sperrhaͤhne
                              									an den Roͤhren und Cisternen, welche diese Fluͤssigkeit enthalten,
                              									sind alle von Glas.
                           Aus der Maß-Cisterne fließt die Fluͤssigkeit in die Hoͤhlungen der
                              									oberen Bleiplatte, und senkt sich von diesen auf den Stoff nieder, durchdringt ihn,
                              									zieht die rothe Farbe aus, und wird mittelst einer Furche in dem unteren Bloke
                              									endlich in die Abzugsroͤhre geleitet. Sobald die Chlorin-Fluͤssigkeit
                              									durch ist, wird, auf dieselbe Weise, Wasser durchgelassen, um alle Chlorine
                              									wegzuschaffen, indem sonst, wenn der Druk der Presse nachgelassen wird, die Umrisse der
                              									entfaͤrbten Figuren nicht scharf genug seyn wuͤrden. Der Durchgang der
                              									entfaͤrbenden Fluͤssigkeit durch den Stoff, so wie der des Wassers,
                              									wird durch einen pneumatischen Apparat oder durch ein Geblaͤse gelegentlich
                              									unterstuͤzt. Dieser leztere Apparat besteht aus einem großen Gasometer, aus
                              									welchem die einem maͤßigen Druke unterworfene Luft hervortritt, und in der
                              									Richtung der Fluͤssigkeit auf die Lagen des Stoffes wirkt. Durch einen
                              									gelegentlichen Rieb an dem Luft-Sperrhahne kann der Arbeiter auch die
                              									gleichfoͤrmige Vertheilung der entfaͤrbenden Fluͤssigkeit
                              									uͤber alle Hoͤhlungen der oberen Platte sichern. Wenn viele Waaren
                              									abgeliefert werden muͤssen, wird der Luft-Apparat stark gebraucht, indem der
                              									Arbeiter dadurch sein Product verdoppeln kann.
                           Die zur Entfaͤrbung noͤthige Zeit in der ersten Presse reicht hin, um
                              									die drei anderen Arbeiter die uͤbrigen fuͤnfzehn in Gang bringen zu
                              									lassen. Der Entfaͤrber (discharger) geht nun von
                              									Presse zu Presse; laͤßt Entfaͤrbungs-Fluͤssigkeit, Luft und
                              									Wasser zu, und ihm folgen in gehoͤrigen Zwischenraͤumen die
                              									Gehuͤlfen, die die Presse nachlassen, ein anderes Stuͤk von Stoffen
                              									hervorziehen, und die Pressen wieder herstellen. Sobald die Fluͤssigkeit in
                              									die sechszehnte Presse eingelassen wird, ist es Zeit die erste Presse zu
                              									oͤffnen. Auf diese Weise gehen 10 Minuten hin; d.h., 224 Saktuͤcher
                              									(16 × 14) werden in 10 Minuten nach ihrem Muster entfaͤrbt. Auf diese
                              									Art werden nach und nach die Stuͤke ganz durchgezogen und behandelt.
                           Wenn die Stoffe aus der Presse kommen, laufen sie vorne durch zwei Walzen, und kommen
                              									von diesen in einen untergesezten Trog mit Wasser, worauf sie den Waͤschern
                              									und Bleichern zur Vollendung uͤbergeben werden. Auf diese Weise werden mit 16
                              									Pressen 1600 Stuͤke, jedes zu 12 Yards (36 Fuß), oder 19,200 Yards, durch
                              									vier Arbeiter in 10 Stunden in die herrlichsten Bandanas verwandelt.
                           Die Muster oder Platten, welche in die Pressen kommen um die weißen Figuren auf den
                              									Stoffen zu bilden, werden auf folgende Weise aus Blei verfertigt. Ein Gitter-Rahmen
                              									aus Gußeisen, ein Zoll dik und die Kanten aufwaͤrts gebogen, so daß er einen
                              									Trog bildet, der etwas groͤßer ist als das Bleimuster, dient als feste
                              									Grundlage. In diesen Trog kommt eine Bleiplatte von ungefaͤhr 1/2 Zoll Dike, und
                              									wird darin mittelst von Unten aufsteigenden Schrauben-Naͤgeln gehoͤrig
                              									befestigt. An die Kanten dieser Bleiplatte werden die Enden eines Bleiblattes
                              									angeloͤthet, welches die ganze aͤußere Flaͤche des eisernen
                              									Gestelles bedekt, und auf diese Weise wird ein fester Zoll tiefer Trog gebildet. Der
                              									aufrecht stehende Rand gibt nicht nur der Platte große Staͤrke, sondern dient
                              									auch zur Aufnahme der Fluͤssigkeit. Nun wird ein duͤnnes Bleiblatt auf
                              									die dike Bleiplatte, wie Furnitur auf Toiletten-Tische, aufgelegt und an den Kanten
                              									angeloͤthet. Beide Stuͤke Blei muͤssen vorher durch
                              									Haͤmmern auf einer glatten Steinplatte vollkommen eben gemacht, und dann mit
                              									einem Hobel uͤbergangen werden. Die Oberflaͤche des duͤnnen
                              									Bleiblattes wird, nach vorlaͤufig geschehener Befestigung, mit Zeichenpapier
                              									belegt, welches darauf aufgepappt wird, und auf dieses wird das Muster gezeichnet,
                              									und dem Model-Schneider uͤbergeben. Dieser heftet nun zufoͤrderst alle
                              									Theile des Musters, welche dicht bleiben muͤssen, mit messingenen Nadeln
                              									nieder, und schneidet mit den kleinen Instrumenten, die die Modelschneider
                              									gewoͤhnlich zur Verfertigung der krummen Linien der Muster brauchen,
                              									senkrecht durch das duͤnne Blatt durch. Die auf diese Weise ausgeschnittenen
                              									Stuͤke lassen sich leicht herausheben, und bilden so die Canaͤle,
                              									durch welche die weißen Figuren auf dem rochen Stoffe entstehen. Am Grunde dieser
                              									Canaͤle wird eine hinlaͤngliche Anzahl von Oeffnungen durch die dikere
                              									Bleiplatte gemacht, damit die entfaͤrbende Fluͤssigkeit leicht ein und
                              									ausfließen kann. Wenn auf diese Weise eine Platte fertig ist, wird mit
                              									Drukerschwaͤrze in der hydrostatischen Presse ein Abdruk davon auf das Papier
                              									gemacht, womit eine zweite Platte uͤberpappt ist, und so gibt jedes paar
                              									Platten ein Muster, das nach Belieben in die Presse gethan, und herausgenommen
                              									werden kann.
                           Taf. I. Fig.
                                 										32. ist ein Aufriß einer Presse; A, der obere
                              									Theil derselben oder die Deke; BB, die
                              									Stuͤzen oder Saͤulen; C, der obere Blok,
                              									um das obere Muster daran zu befestigen; D, der untere
                              									oder bewegliche Blok; E, der Cylinder; F, die Sohle oder die Grundlage; G, der Wassertrog, in welchen der abgelassene Zeug faͤllt; aa, Roͤhren, um Wasser einzulassen; b, eine Roͤhre fuͤr die Luft; c, Hahn, um Fluͤssigkeit aus dem Behaͤlter oder
                              									Messer zufließen zu lassen; H, Behaͤlter oder Fluͤssigkeits-Messer;
                              										dd, Glasroͤhren, welche die Menge der
                              									in dem Behaͤlter enthaltenen Fluͤssigkeit anzeigen; ee, glaͤserne Sperrhaͤhne, um die
                              									Fluͤssigkeit in die Cisterne zu lassen; ff,
                              									Sperrhaͤhne, um Wasser einfließen zu lassen; gg, die Muster-Platten; nn, Schrauben,
                              									um die Muster parallel unter einander zu stellen; mm, Zapfen, die mit einem einen halben Zoll tiefen Loche durchbohrt sind.
                              									Das untere eiserne Gestell hat correspondirende Stifte, welche in diese
                              									Loͤcher passen, so daß die Muster immer genau auf einander passend erhalten
                              									werden; hh, Walzen, welche den abgelassenen Zeug
                              									aufnehmen und durchziehen, und von welchen er in den Wassertrog hinabfaͤllt;
                              										k, Sperrhahn zur Fuͤllung des Wassertroges
                              									mit Wasser; iii, Ablaufroͤhren fuͤr
                              									Wasser und Fluͤssigkeit.
                           Glasgow den 30. Mai 1823.
                           
                        
                           Bemerkungen uͤber obigen Aufsaz.
                           Es duͤrfte vielleicht fuͤr unsere Leser nicht uninteressant seyn, den
                              									Fortschritten der verschiedenen Methoden, Fleke oder Figuren auf seidenen oder
                              									baumwollenen Saktuͤchern zu erzeugen, bis zu der oben beschriebenen
                              									hoͤchsten Vervollkommnung derselben nachzuspuͤren. Wir erinnern uns
                              									noch der Zelt, wo die Faͤrber eine Menge von Weibern und Kindern dazu
                              									verwendeten, kleine vierekige Stellen des ungefaͤrbten Stoffes in
                              									regelmaͤßige Figuren zusammen zu binden, damit sie von der Farbe nicht
                              									angegriffen wuͤrden, und weiße oder gelbe vierekige Fleken auf dem Saktuche
                              									zum Vorscheine kaͤmen. Der erste Schritt, den die Kunst in diesem Zweige der
                              									Industrie vorwaͤrts that, war die Anwendung der Entfaͤrbungs-Methode,
                              									die man in Rees's
                              									New Cyclopaͤdia unter dem Suchworte
                              											„Discharging“
                              									erklaͤrt findet. Wir geben hieraus folgenden AuszugEs ist, um einen gelinden Ausdruk zu gebrauchen, eine Schande, daß die
                                    											wenigsten deutschen Universitaͤts- und Hofbibliotheken dieses von uns
                                    											schon so oft empfohlene Werk besizen, dessen Ausfuhr aus England man sogar
                                    											durch eine Parliaments-Acte verbiethen wollte, weil darin die Geheimnisse
                                    											der englischen Industrie aufgedekt sind. Man wird nicht verlangen
                                    											koͤnnen, daß Privatleute sich ein Werk beilegen, das uͤber 600
                                    											fl. kostet; man kann aber von Bibliothekaren fodern, daß sie, statt der
                                    											gelehrten Albernheiten, mit welchen sie ihre Bibliotheken vollpfropfen,
                                    											Werke zum oͤffentlichen Gebrauche beischaffen, die von dem
                                    											entschiedensten Nuzen fuͤr jedes Land und von dem
                                    											wohlthaͤtigsten Einflusse auf dasselbe, die also wahres
                                    											Staatsbeduͤrfniß sind. A. d. U..
                           
                           
                              „Dieses Verfahren wird haͤufig von Faͤrbern angewendet, um
                                 										auf gefaͤrbten Stoffen besondere Muster hervorzubringen. Eine Fabrik
                                 										dieser Art wurde neulich in West-Scotland errichtet, und sie erhielt sehr bald
                                 										eine bedeutende Ausdehnung. Sie erzeugt Bandana-Saktuͤcher nach Art der
                                 										Indischen. Das Materials ihrer Waare ist Baumwolle, die bald zweidraͤhtig
                                 										bald einfach gewoben wird. Die Grundfarbe dieser Saktuͤcher ist das feste
                                 										Tuͤrkisch-Roth, und diese Farbe wird stellenweise wieder vernichtet, so
                                 										daß eine Menge weißer Fleken auf rothem Grunde entstehen. Das Verfahren bei
                                 										Bildung dieser Fleken ist nichts weniger als complicirt; da die Manufactur aber
                                 										neu und nur auf die Gegend beschraͤnkt ist, wo sie entstand, und da man
                                 										sie allgemein bewundert, so kann eine Nachricht uͤber die bei derselben
                                 										gebrauchte Maschine, so wie uͤber das Verfahren, dessen man sich daselbst
                                 										bedient, vielleicht einiger Aufmerksamkeit werth seyn. An den indischen Bandanas
                                 										stehen die weißen Fleken meistens in Haufen in Diagonaler- oder Demant-Richtung
                                 										bei einander, und diese Form hat man auch meistens bei den nachgeahmten Bandanas
                                 										beibehalten. Die Fleken sind bald rund, bald vierekig, und zuweilen, obschon
                                 										selten, dreiekig. Vor Entdekung und Einfuͤhrung des
                                 										Entfaͤrbungs-Processes hat man die Bandanas mittelst des
                                 										gewoͤhnlichen Calico-Drukes nachgeahmt; allein, außer dem, daß die Farbe
                                 										nicht so lebhaft und glaͤnzend war, schoß sie auch sehr bald ab, so daß
                                 										diese Methode, bei der Guͤte der entfaͤrbten Bandanas und der
                                 										Nachfrage nach denselben, bald gaͤnzlich wird aufgegeben werden
                                 										muͤssen.“
                              
                           
                              „Die Maschine, deren man sich bedient, ist eine sehr starke
                                 										Schraubenpresse, deren ganzes Gestell Gußeisen ist. Jeder Theil dieser Presse
                                 										muß nothwendig so stark seyn, daß er, ohne irgendwo nachzugeben, den
                                 										staͤrksten Druk ertragen kann.“
                              
                           
                              „Das Muster, welches man zu geben verlangt, wird auf zwei flache Tafeln
                                 										geschnitten, die genau aufeinander passen. Sie sind gewoͤhnlich von
                                 										Gußeisen, und die untere Tafel ist oben mit Kupfer oder mit irgend einem anderen
                                 										Metalle uͤberzogen, welches zugleich eine feine Politur annimmt, und
                                 										einiger Massen im Stande ist, der aͤzenden Kraft der entfaͤrbenden
                                 										Fluͤssigkeit zu widerstehen, welche aus oxigenirt-kochsalzsaurem Kalke
                                 										mit Wasser verduͤnnt besteht. In der unteren Platte, die vollkommen glatt
                                 										und eben seyn muß, ist fuͤr jede Stelle, die entfaͤrbt werden
                                 										soll, ein Loch ausgeschnitten. In der oberen Platte oder in dem Dekel der Presse
                                 										wird jeder Flek durch eine hohle Roͤhre von Messing oder Kupfer gebildet,
                                 										die in einem in der Platte angebrachten Loche luftdicht befestigt, und mit einem
                                 										Kitte aus Bleiweiß und Oel oder mit irgend einem anderen Kitte so eingekittet
                                 										ist, daß die entfaͤrbende Fluͤssigkeit bei keiner anderen
                                 										Oeffnung, als durch diese Roͤhren entweichen kann.“
                              
                           
                              „Um die obere Platte oder um den Dekel ist ein Ranft, welcher das Ablaufen
                                 										der entfaͤrbenden Fluͤssigkeit hindert, und an jeder Eke derselben
                                 										ist ein rundes Loch zur Aufnahme eines Stiftes, der in der unteren Platte oder
                                 										Sohle der Presse angebracht ist, um den unteren Theil der hohlen Roͤhren
                                 										genau senkrecht uͤber die Loͤcher der unteren Platte zu bringen.
                                 										Ausser diesen Leitern sind noch zwei Kerben angebracht, welche die aufrechten
                                 										Stuͤzen der Presse umfassen, so daß die obere Platte bei ihrem Steigen
                                 										und Fallen an sechs verschiedenen Stellen geleitet wird. Das Heben und
                                 										Niederdruͤken des Dekels geschieht mittelst einer Schraube, die man durch
                                 										ein auf derselben befindliches Rad mit senkrechten Speichen um dasselbe, durch
                                 										welche man, wie bei anderen großen Preßen, einen Hebel stekt, dreht, und so den
                                 										Dekel auf oder niederschraubt. Die Sohle oder der Boden der Presse muß
                                 										vollkommen horizontal seyn, und wird von sechs starken eisernen senkrechten
                                 										Fuͤssen getragen: an jeder Eke steht naͤmlich einer, und einer in
                                 										der Mitte zu jeder Seite unter den zwei aufrechten Preß-Pfeilern. Der zu
                                 										entfaͤrbende Stoff kommt zwischen den Dekel und die Sohle.“
                              
                           
                              „Der mechanische Theil bei dieser Arbeit kommt beinahe in jeder Hinsicht
                                 										dem Verfahren der Tuchbereiter, Buchbinder und anderer Arbeiter, welche große
                                 										Schrauben-Pressen noͤthig haben, gleich. Genauigkeit bei der Arbeit und
                                 										Staͤrke sind alles, was man zum Gelingen der Arbeit noͤthig hat:
                                 										beide sind aberaher auch unerlaͤßliche Bedingungen hiezu. Die Presse muß so
                                 										befestigt werden, daß sowohl der Dekel als die Sohle vollkommen horizontale
                                 										Ebenen bilden. Die Sohle muß vollkommen eben seyn, und die hohlen Roͤhren
                                 										in dem Dekel muͤssen alle den Boden bei gleichem Druke genau
                                 										beruͤhren. Die Oeffnung der Roͤhren muß ferner genau mit den
                                 										Loͤchern oder Oeffnungen in der Sohle correspondiren; und die Leiter
                                 										muͤssen so befestigt seyn, daß sie leicht spielen, zugleich aber auch
                                 										jede Abweichung des Dekels beim Steigen und Fallen unmoͤglich machen. Da
                                 										ein gewaltiger Druk entsteht, wenn der Dekel niedergeschraubt wird, so muß man
                                 										sehr dafuͤr sorgen, daß alle Stuͤzen der Presse so genau
                                 										senkrecht, als moͤglich, stehen, und die einmal gehoͤrig gestellte
                                 										Presse muß stark befestiget werden.“
                              
                           
                              „Wenn nun dieser Apparat gehoͤrig vorgerichtet und befestiget ist,
                                 										so ist das uͤbrige weitere Verfahren sehr einfach. Die Stoffe sind in der
                                 										natuͤrlichen Baumwollen-Farbe gewoben, und werden dadurch schoͤner
                                 										und wohlfeiler als die sogenannten Pullicate-Saktuͤcher und andere
                                 										Nachahmungen indischer Waaren, wo die Muster auf dem Stuhle verfertigt und die
                                 										Wolle als Garn gefaͤrbt wird. Man mag noch so sehr Acht geben, daß das
                                 										Garn bei den langweiligen und oft zu wiederholenden Prozessen der
                                 										Tuͤrkischroth-Faͤrberei keinen Schaden nimmt, so wird jeder, der
                                 										mit Verarbeitung von gefaͤrbtem Garne bekannt ist, gestehen, daß die
                                 										Veraͤnderung, welche das Garn unter der Hand des Faͤrbers erlitt,
                                 										alle folgende Arbeiten, die zur Verwebung desselben noͤthig sind, sehr
                                 										erschwert; und was von gefaͤrbtem Garne uͤberhaupt gilt, gilt, der
                                 										Natur der Faͤrberei nach, vielleicht von keinem mehr, als vom sogenannten
                                 										Tuͤrkischgarne. Man muͤßte folglich den Arbeitslohn, den die
                                 										Winder, Spuhler und Weber erhalten, in dem Verhaͤltnisse erhoͤhen,
                                 										als sie mit mehr Hindernissen zu kaͤmpfen haͤtten, und bei aller
                                 										angewendeten Muͤhe, weniger an Arbeit liefern koͤnnten. Uebrigens
                                 										ist jedes Muster, das man den Saktuͤchern auf dem Stuhle geben kann,
                                 										immer nur eine Art von Quadrillirung (checking), und
                                 										alle verschiedene Farben koͤnnen, wenn man anders die Muster nicht zu
                                 										sehr zusammengesezt und folglich außerordentlich theuer machen will, nur
                                 										parallel oder unter rechten Winkeln eingetragen werden. Die Zeit, die man mit dem Wechseln
                                 										der Farbe bei dem Eintragen verliert, hindert gleichfalls die Beschleunigung der
                                 										Arbeit nicht wenig, und so macht sowohl der Zustand und die Natur des zu
                                 										verwebenden Stoffes, als der Mechanismus des Webens selbst, den Lohn fuͤr
                                 										die Arbeit in dem Verhaͤltnisse der Menge, die er hievon erzeugt,
                                 										nothwendig hoͤher.“
                              
                           
                              „Da aber die Bandanas einfach, ganz wie Caloco, Kammertuch etc. gewoben
                                 										werden, so hat man hier mit keinem Hindernisse dieser Art zu kaͤmpfen,
                                 										und die ganze weitere Arbeit und Auslage ist fuͤr die Presse.“
                              
                           
                              „Die auf obige Weise gewobenen Stoffe werden von allen Unreinigkeiten
                                 										gesaͤubert, und Tuͤrkisch-Roth, so wie das gewoͤhnliche
                                 										Tuͤrkischgarn, gefaͤrbt. Wenn sie nun entfaͤrbt werden
                                 										sollen, werden sie sorgfaͤltig in Quadrate 10–12fach
                                 										zusammengelegt, und auf die Sohle der Presse gebracht, von welcher der Dekel
                                 										vorlaͤufig gehoben wurde, jezt aber wieder auf dieselbe fest
                                 										niedergeschraubt wird, so daß die Stoffe zwischen Dekel und Sohle so stark als
                                 										moͤglich gepreßt werden. Der untere Theil einer jeden hohlen
                                 										Roͤhre druͤkt nun stark auf die obere Flaͤche des Stoffes,
                                 										und da er, wie oben bemerkt wurde, senkrecht auf den Loͤchern der unteren
                                 										Platte steht, so kann kein Theil der entfaͤrbenden Fluͤssigkeit
                                 										entweichen, außer durch jene Oeffnungen, welche die Muster bilden. Wenn nun die
                                 										Presse niedergeschraubt ist, so wird die entfaͤrbende Fluͤssigkeit
                                 										auf den Dekel gegossen, und, da der Ranft sie nicht abfließen laͤßt, so
                                 										laͤuft sie durch die Oeffnungen der Roͤhren, und entfaͤrbt
                                 										die Stellen des Stoffes, durch welche sie laͤuft; denn die Gewalt der
                                 										Presse hindert sie, sich uͤber irgend einen anderen Theil zu verbreiten.
                                 										Die entfaͤrbende Fluͤssigkeit wird in einem Troge aufgenommen, der
                                 										unter der unteren Platte der Presse angebracht ist. Aus diesem Troge wird sie
                                 										mittelst eines Spundes in Gefaͤße geleitet, die zu ihrer Aufnahme
                                 										bestimmt sind, und darin aufbewahrt; denn, obschon sie waͤhrend ihres
                                 										Durchganges durch den Stoff und durch das Entfaͤrben desselben viel von
                                 										ihren chemischen Eigenschaften verloren hat, so behaͤlt sie doch noch
                                 										genug von den lezteren, um bei weniger wichtigen Operationen des Reinigens und
                                 										Bleichens mit Vortheil angewendet werden zu koͤnnen. Die Entfaͤrbung
                                 										geschieht mittelst dieser Fluͤssigkeit in ungefaͤhr 8 bis 10
                                 										Minuten. Nachdem die Fluͤssigkeit durch den Stoff durchgedrungen ist,
                                 										wird der Dekel gehoben, und der Stoff herausgenommen, hierauf ein neues
                                 										Stuͤk eingelegt, und mit demselben wieder auf dieselbe Weise
                                 										verfahren.“
                              
                           
                              „Wenn zwei fleißige Leute zum Zusammenlegen des Stoffes, zur Bedienung der
                                 										Presse und zur Anwendung der Fluͤssigkeit verwendet werden, so wird ein
                                 										Stuͤk von 12 Saktuͤchern in 15 Minuten fertig; folglich
                                 										koͤnnen 2 Personen in einem Tage, bei 12 stuͤndiger Arbeit,
                                 										48–50 Duzend Saktuͤcher liefern.“
                              
                           
                              „Diese ganze Arbeit fodert nichts, als Sorgfalt und Aufmerksamkeit; denn,
                                 										wo die Presse gehoͤrig vorgerichtet ist, ist nichts anderes mehr
                                 										noͤthig, als die Saktuͤcher gehoͤrig zusammen zu legen,
                                 										vierekig auf die untere Platte der Presse zu legen, und zu sorgen, daß der Dekel
                                 										so fest als moͤglich niedergeschraubt wird, ehe man die
                                 										entfaͤrbende Fluͤssigkeit einwirken laͤßt. Bei dem
                                 										Herausnehmen aus der Presse sehen die entfaͤrbten Stellen nicht weiß,
                                 										sondern matt strohfarben aus. Die gewoͤhnliche Verfahrungsart bei dem
                                 										sogenannten Klaͤren gibt aber sehr bald diesen Fleken eine schoͤne
                                 										weiße Farbe, und erhoͤbt den Glanz des Tuͤrkisch-Rothes. Leute,
                                 										die lange Zeit mit dieser Presse umgegangen sind, halten den Kitt, mittelst
                                 										welchem die Roͤhren mit dem Dekel verbunden sind, fuͤr eine
                                 										hoͤchst wichtige Sache. Man muß allerdings oͤfters und
                                 										sorgfaͤltig dabei nachsehen; denn, wenn nur etwas Fluͤssigkeit
                                 										entweichen kann, so hat der Grund dieser Saktuͤcher dadurch wesentlich
                                 										gelitten. Da diese Erfindung noch neu ist, und die praktische Chemie
                                 										gegenwaͤrtig aͤußerst schnell fortschreitet, so ist es nicht
                                 										unwahrscheinlich, daß irgend eine Composition von hoͤherer Wirksamkeit
                                 										(als die bisher gewoͤhnlich gebrauchte Aufloͤsung von
                                 										uͤbersaurem kochsalzsaurem Kalke) bald entdekt werden mag. Der bisher
                                 										gebrauchte Kitt dient so ziemlich gut zu diesem Zweke, fodert aber die
                                 										hoͤchste Aufmerksamkeit von Seite derjenigen, welchen die Bedienung der
                                 										Pressen anvertraut ist.“
                              
                           
                              „Die Methode der Bereitung der entfaͤrbenden Fluͤssigkeit
                                 										wurde zuerst von Karl Tennant, Esqu., St. Rollocks bei Glasgow, erfunden und
                                 										praktisch angewendet; gegenwaͤrtig befinde sich dieselbe in den
                                 										Haͤnden aller Fabrikanten. Folgende Bemerkungen uͤber die praktische
                                 										Anwendung dieser Fluͤssigkeit wurden dem Verfasser dieses Artikels von
                                 										Hrn. Esqu. Tennant selbst gefaͤlligst mitgetheilt, und er gibt sie hier
                                 										mit dessen eigenen Worten:“
                              
                           
                              „Nach meinen Erfahrungen ist eine Aufloͤsung von oxigenirt
                                 										kochsalzsaurem Kalke von 1,010 specif. Schwere, der mit 1/100 seines Gewichtes
                                 										Schwefelsaͤure von 1,846 specif. Schwere (wie die gewoͤhnliche
                                 										kaͤufliche Schwefelsaͤure meistens hat) zersezt wurde, die
                                 										vortheilhafteste Composition zur Entfaͤrbung des Tuͤrkisch-Roth,
                                 										und ich glaube sie wird in unserer Gegend ziemlich allgemein so
                                 										gebraucht.“
                              
                           
                              „Da die oxigenirte Kochsalzsaͤure, wenn sie aus ihrer Verbindung
                                 										mit dem Kalke entwikelt wird, nur wenig im Wasser aufloͤsbar ist, so
                                 										wirkt sie desto besser, je schneller sie nach ihrer Ausscheidung mit der
                                 										Schwefelsaͤure gebraucht wird; und dieß geschieht am beßten dadurch, daß
                                 										man die Model (types, Hr. Tennant meint hier die Roͤhren oben im Dekel der Presse) bloß
                                 										mit der Aufloͤsung fuͤllt, und dieselbe so viele Minuten lang
                                 										darin stehen laͤßt, als zur Entfaͤrbung nothwendig
                                 										ist.“
                              
                           
                              „Nachdem diese Entfaͤrbung geschehen ist, muß die saure
                                 										Fluͤssigkeit sorgfaͤltig aus den Modeln ausgewaschen werden, ehe
                                 										man diese von den Stoffen wegnimmt.“
                              
                           
                              „Man hat seit Kurzem einige Veraͤnderungen an der Presse in einigen
                                 										Manufacturen vorgenommen. Der Hauptunterschied besteht darin, daß man statt, der
                                 										Schraube ein großes Gewicht auf den Dekel druͤken laͤßt. Man hat
                                 										sich hiezu vorzuͤglich des Wassers bedient, und dieses mittelst einer
                                 										Drukpumpe in einen auf dem Dekel befindlichen Trog hinaufgehoben. Allerdings mag
                                 										dieß einen mehr gleichfoͤrmigen Druk auf die ganze Oberflaͤche des
                                 										Dekels hervorbringen, als eine Schraube, die nur auf einen Punct wirkt, und in
                                 										dieser Hinsicht mag diese Abaͤnderung als Verbesserung gelten. Man hat
                                 										bisher nur wenige solche Pressen; diejenigen aber, die solche besizen,
                                 										versichern, daß sie entsprechend wirken.“
                              
                           
                        
                           Zusaz des Herausgebers.
                           Die vorstehende Beschreibung des Verfahrens, das Fabrikat Bandanas darzustellen, ist
                              									meiner fruͤhern Erfahrung zu Folge richtig. Indessen muͤssen die Herrn
                              									Mittheiler dieser Verfahrungsweise ihr Verfahren, weiße Stellen in tuͤrkischroth
                              									gefaͤrbten Baumwollengeweben hervorzubringen, fruͤher sehr geheim
                              									gehalten haben, weil selbst Hr. Bancroft im Jahr 1816
                              									noch keine Kenntniß davon hatte. Er sagt in seinem Faͤrbe-Buch (deutsche
                              									Uebersezung Bd. 2. S. 346.) in einer Anmerkung: „noch bis vor wenig Jahren
                                 										wurde das Tuͤrkischroth ausschließlich auf gesponnene nicht auf gewebte
                                 										Baumwolle gefaͤrbt; jedoch seit Herrn Arkwright's Erfindung (welcher zu Folge, wie Herr Wilson bemerkt, die
                                 										Baumwolle nach der Laͤnge der Faͤßer kartaͤtscht und
                                 										gestrichen, und so versponnen wird), wird der Zwirn oder das Garn viel
                                 										staͤrker und also auch gleicher gemacht, so daß die daraus gewebten
                                 										Musseline mit Anwendung der gehoͤrigen Sorgfalt faͤhig werden, das
                                 										Tuͤrkischroth zu empfangen und sogar durch Vorbehaltung weißer Stellen bunt gemacht zu werden. Lezteres
                                 										geschieht, indem man den Musselin, nachdem er in den oͤligten und andern
                                 										Tunken eingeweicht worden, durch Cylinder laufen laͤßt (damit die Tunken
                                 										gleichfoͤrmig ausgepreßt werden, wie dieß bei andern ganzen
                                 										Stuͤken, die nur eine einzelne Beize bekommen haben, geschieht),
                                 										denselben sodann troknet, und endlich vor der Faͤrbeoperation auf die
                                 										Stellen, welche weiß bleiben sollen, eine starke Reservage von Sauerklee- oder Citronensaͤure drukt.“
                              									Zu dem Anhang der Adrianopel-Rothfaͤrberei fuͤgten die Herausgeber der
                              									deutschen Uebersezung desselben Faͤrbebuchs (Dingler und Kurrer) einen Zusaz
                              									uͤber die Merinosfabrikation bei, wo Bd. 2. S. 472. gesagt wird:
                              										„wir wollen, ehe wir zur Beschreibung dieses Fabrikars
                                 										uͤbergehen, die Darstellung der Bandanas beschreiben, was Herr Bancroft,
                                 										da er doch einmal diesen Gegenstand zur Sprache brachte, aus uns unbekannten
                                 										Gruͤnden unterließ. Die in jenen Bemerkungen des Herrn Verfassers mit
                                 										Saͤure, welche angewendet wird, um die Thonerde aufzuloͤsen und
                                 										wegzuschaffen, bedrukte Waare wird nach geschehenem Aufdruk und Troknung
                                 										gehoͤrig gereinigt, wie gewoͤhnlich mit Krapp gefaͤrbt, und
                                 										nach dem Faͤrben einmal geschoͤnt. Nach dem Schoͤnen wird
                                 										die Waare in einem oxydirt salzsauren Kalibad, wobei das Kali vorwalten muß, so
                                 										lange behandelt, bis die vorher mit der sauren Aezreservage bedrukt gewesenen
                                 										Stellen vollkommen weiß zum Vorschein kommen.“
                           
                           
                              „Dieses Fabrikat, welches bloß aus einzelnen weißen Objecten besteht,
                                 										laͤßt sich nach Dinglers Erfahrung auch gut
                                 										darstellen, wenn die Objecte der zu entfaͤrbenden Stellen durch zwei gut
                                 										auf einander geschliffene bleierne Platten durchgearbeitet werden. Diese Platten
                                 										werden durch einen noch zu beschreibenden Kitt auf mehrere uͤber Hirn
                                 										verbundene Bretter, von 4 bis 5 Zoll Durchmesser, befestigt. Der obere
                                 										hoͤlzerne Theil wird da, wo die Objecte in dem Blei durchgebrochen sind,
                                 										durchbohrt, um der Fluͤssigkeit einen Ablauf zu verschaffen. Diese
                                 										Vorrichtung kommt auf einen starken vierekigten Rahmen, der mit vier starken
                                 										Fuͤßen versehen ist, zu liegen, wo unterhalb eine bleierne Vorrichtung
                                 										zum Einsammeln und zum weitern Benuͤzen der Fluͤssigkeit
                                 										angebracht ist.“
                              
                           
                              „Zwischen diese beide Bleiplatten werden nun 8 bis 12 roth
                                 										gefaͤrbte Tuͤcher, die gehoͤrig ausgebreitet sind, gelegt.
                                 										Die auf dem Holz befestigten Bleiplatten werden durch mehrere starke Schrauben
                                 										moͤglichst fest auf einander geschraubt. In die oben erweiterte Oeffnung
                                 										in dem Holze schuͤttet man schwache oxidirte Salzsaͤure, oder auch
                                 										eine gut gesaͤttigte Verbindung der oxidirten Salzsaͤure mit Kali
                                 										und laͤßt solche durchtropfen, wo in kurzer Zeit die weiß darzustellenden
                                 										Objecte entfaͤrbt werden, und der starken Pressung wegen nicht aus der
                                 										Kontur treten koͤnnen. Die Schrauben werden nun schnell aufgemacht, die
                                 										Platten hervorgezogen, die obere aufgehoben, und die Tuͤcher sogleich ins
                                 										Wasser geworfen, damit die Konturen rein stehen bleiben. Um sich von dem
                                 										Gesagten durch einen kleinen nicht kostspieligen Versuch zu uͤberzeugen,
                                 										darf man nur zwei gut auf einander passende Brettstuͤkchen in der Mitte
                                 										durchbohren, dazwischen 5 bis 6fach auf einander liegenden,
                                 										tuͤrkischroth-gefaͤrbten Kattun legen, die beiden
                                 										Brettstuͤkchen durch vier Schrauben fest verbinden, und in eine Oeffnung
                                 										oxidirte Salzsaͤure gießen, nach deren Durchlaufung die Stellen des
                                 										Kattuns, durch welche die oxidirte Salzsaͤure lief, vollkommen weiß
                                 										erscheinen werden; vorausgesezt, daß der zu diesem Versuch gewaͤhlte
                                 										Kattun vor dem Faͤrben weiß gebleicht war.“
                              
                           Weiter als bis auf dieses mechanische oͤrtliche Entfaͤrben haben es bis
                              									jezt die sonst so industrioͤsen Englaͤnder nicht gebracht, und nur
                              									einige deutsche und franzoͤsische Fabriken sind es, die bis jezt
                              									ausschließlich in
                              									Adrianopelroth gefaͤrbten baumwollen Geweben die buntesten
                              									Gegenstaͤnde in den geschmakvollsten Desseins mit Erfolg hervorbringen.
                              									Unterm 11. April 1818 ließen sich zwar die Callicodruker Gilbert Lang und Robert
                              									Schmith zu Parkholm, bei Glasgow, in der Grafschaft Lanark ein Patent auf Erzeugung
                              									des neuen Schweizer Hoch- und Blaß-Rothes (!) durch oͤrtliche Beize und eines
                              									blaß blauen Anfluges auf diesem Roth ertheilen; die in dem Patente beschriebene
                              									Angabe ihrer Verfahrungsweise, die allem Anschein nach von einem Schweizer oder
                              									Muͤhlhauser Farben-Receptenhaͤndler herruͤhrt, ist aber so
                              									zwekwidrig, daß nach derselben kein Productions-Resultat hervorgehen kann. Das
                              									Geschichtliche der Erfindung dieses Fabrikats nebst dem Verfahren der Darstellung
                              									ist als Anhang der Tuͤrkischrothfaͤrberei in der deutschen Ausgabe des
                              									Baucroft'schen Faͤrbebuch (Nuͤrnberg bei Schrag) Bd. 2. S. 471 u. f.
                              									vollstaͤndig beschrieben. Wir werden in der Folge natuͤrliche Muster
                              									der neuern Erzeugnisse von diesem Fabrikate mittheilen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
