| Titel: | Ueber veredelten ungarischen Saflor (flores carthami Preysiana) und dessen vortheilhafte Anwendung in der Baumwollen-, Leinen- und Seidenfärberei. Von Dr. Wilhelm Heinrich v. Kurrer. | 
| Autor: | Dr. Wilhelm Heinrich Kurrer [GND] | 
| Fundstelle: | Band 12, Jahrgang 1823, Nr. LVIII., S. 334 | 
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                        LVIII.
                        Ueber veredelten ungarischen Saflor (flores carthami Preysiana) und dessen vortheilhafte
                           								Anwendung in der Baumwollen-, Leinen- und Seidenfärberei. Von Dr. Wilhelm Heinrich v.
                              								Kurrer.
                        v. Kurrer, über veredelten ungarischen Saflor.
                        
                     
                        
                           Seitdem Mohamed Aly, Vicekoͤnig von Aegypten, sich den
                              									Alleinhandel der aegyptischen Saflorerzeugung ausschließlich vorbehalten, und
                              									uͤberdieß einige mißrathene Ernten dieses Natur-Product im Handel
                              									verringerten, stieg der Preis desselben in unserem deutschen Vaterlande zu einer
                              									uͤbernatuͤrlichen Hoͤhe.
                           Diese Preiserhoͤhung wurde seit einigen Jahren in Deutschland um so fuͤhlbarer durch
                              									den Aufschwung, den die Carthaminfabriken des suͤdlichen Frankreichs
                              									erreichten, welche alljaͤhrlich einer großen Quantitaͤt dieser
                              									Farbepflanze zur Erzeugung des sogenannten Pflanzenroth (Rose
                                 										vegetal, reinen rothen Farbestoff des Saflors) benoͤthigt warenVergleiche:
                                    											uͤber Darstellung des Carthamin; Verhalten desselben gegen chemische
                                    											Agentien und Anwendung in den technischen Gewerben, von W. H. v. Kurrer im
                                    											3ten Bande dieses Journals S. 303–326. A. d. V..
                           Durch die natuͤrliche Lage und Handelsverbindung war es ohnehin den Franzosen
                              									leichter, den aegyptischen Saflor vortheilhafter aus der ersten Quelle zu beziehen,
                              									als uns diese Mittel zu Gebote stunden.
                           Zur damaligen Zeit war die Ausscheidung des rothen Pigments und die Darstellung des
                              									Carthamins fuͤr die Seiden-Baumwollen und Leinen-Manufacturen Frankreichs,
                              									der Schweiz und Deutschlands von wesentlichem Nuzen. Man bediente sich in den
                              									Faͤrbereien dieser kostbaren Farbe zum Rothfaͤrben der feinen
                              									Fabrikate, aus Mangel des orientalischen und feinen spanischen Saflors, und der
                              									billige Preis (35 Franken fuͤr die Unze) bot bei dem Verbrauche in
                              									oͤkonomischer Hinsicht groͤßere Vortheile dar, als man durch
                              									italienisches, oder ungarisches Naturgut zu erzielen vermochte. Anders verhielt es
                              									sich in der Folge durch eine doppelte ja dreifache Preiserhoͤhung des Rose vegetal, wodurch der Manufakturist diesem
                              									kostspieligen Fabrikate entsagen, und seine Zuflucht wieder zu geringern
                              									Saflorgattungen zu nehmen gezwungen ward.
                           Auf den Grundsaz gestuͤzt, daß die Guͤte des orientalischen Saflors
                              									mehr in der Zubereitung, als in der Natur der Pflanze selbst zu suchen sey, indem
                              									das loche Pigment in dem orientalischen, spanischen, italienischen, ungarischen und
                              									deutschen Saflor in qualitativer Hinsicht stets analog, und nur im qualnativen
                              									Verhaͤltnisse wesentlich verschieden istUeber den Saflor und dessen Anwendung in der Druk- und Faͤrbekunst,
                                    											befindet sich eine vollstaͤndige Abhandlung von mir, in Dinglers
                                    											neuem Journal fuͤr die Druk-, Faͤrbe- und Bleichkunst, 2ten
                                    											Band S. 355–396. Augsburg und Leipzig in der von Jenisch- und
                                    											Stage'schen Buchhandlung. Diese Abhandlung, mit Zuziehung der uͤber
                                    												Carthamin im 3ten Bande dieses polytechnischen Journals, beleuchtet den
                                    											fraglichen Gegenstand von allen Seiten. Ich beziehe mich daher in dieser
                                    											Abhandlung stets auf jene Arbeiten, um nicht in Wiederholungen und
                                    											Weitlaͤufigkeiten zu fallen. A. d. V., war es dem Großhaͤndler, Herrn Joseph Andreas Preys zu Pest in Ungarn, gelungen,
                              									den inlaͤndischen Saflor durch eine sehr zwekmaͤßige Zubereitung nicht
                              									nur dem beßten alexandrinischen Saflor gleich zu sezen, sondern noch an
                              									Ausgiebigkeit an rothen Faͤrbestoff bedeutend zu uͤbertreffen, das er
                              									unter der Benennung flores carthami Preysiana in den
                              									Handel brachteCommissions-Lager des veredelten Saflors halten in Augsburg die Herren Jacob
                                    											Hillenbrand's Erben; in Leipzig Hammer und Schmidt; in Wien Benvenuti und
                                    											Comp. Die naͤher gelegenen Abnehmer, koͤnnen sich auch direkt
                                    											an die Großhandlung I. A. Preys in Pest wenden, wo stets
                                    											betraͤchtliche Vorraͤthe lagern. A. d. V..
                           Um mich von dem Verhalten dieses veredelten ungarischen Naturproducts zu den feinsten
                              									orientalischen und roͤmischen Sorten in der Anwendung der
                              									Baumwollen-Faͤrberei zu uͤberzeugen, unternahm ich eine Reihe
                              									vergleichender Versuche, deren Resultate folgende sind.
                           
                        
                           A) Aeußerliches Ansehen. Farbe.
                           Die flores carthami Preysiana sind schoͤn
                              									ponceauroth, die Prima Sorte des orientalischen Saflors ist dagegen heller und mit
                              									gelben Bluͤthen untermischt. Die beßte roͤmische Sorte, ist
                              									braͤunlich roth von Farbe. Die Farbe des neuen Products zeichnet sich demnach
                              									im Aeußern schon vortheilhafter vor den anderen Saflorsorten aus.
                           
                        
                           B) Ausziehung des gelben in Wasser aufloͤsbaren
                              									Pigments.
                           Die Ausscheidung des gelben Pigments der vorher in gleicher Temperatur gut
                              									abgetrokneten Saflorsorten geschah auf die gewoͤhnliche Art, vermittelst
                              									wiederholtem sorgfaͤltigen Auswaschen und Treten in feinen Beuteln in
                              									fließendem Wasser. Die vom gelben Faͤrbestoff vollkommen befreiten
                              									Saflorblumen wurden hierauf in einer gleichen Temperatur getroknet, und gaben
                              									folgende Gewichtsresultate:
                           4 Pfund der angewendeten flores carthami Preysiana
                              									wogen
                           2 Pf. 28 Loth. Verlust 1 Pf. 4 Loth.
                           
                              
                                 4 Pf. aegyptischer Saflor, Prima
                                    											Sorte
                                 2 Pf. 12 Loth. Verlust 1 Pf. 20 Loth.
                                 
                              
                                 4 Pf. roͤmischer Saflor
                                 1 Pf. 28 Loth. Verlust 2 Pf. 4 Loth.
                                 
                              
                           
                        
                           
                           C) Ausziehung des rothen Pigments.
                           Die eben bezeichneten Saflorsorten, wurden jede einzeln mit einer gleichen
                              									Wassermenge zu einem Brei angeruͤhrt, und jeder derselben 22 Loth fein
                              									gestoßenes kristallisirtes kohlengesaͤuertes Natrum zugesezt, 3 Stunden
                              									stehen gelassen, hierauf ausgepreßt, und der Ruͤkstand so oft mit Wasser
                              									ausgezogen bis die Fluͤssigkeit wasserklar blieb. Den verschiedenen
                              									Saflorauszuͤgen sezte ich gleiche Mengen in Wasser geloͤste
                              									Weinsteinsaͤure zu, und entfaͤrbte solche mit weißgebleichten
                              									baumwollenen Geweben von gleicher Qualitaͤt im Gespinste, welche das Pigment
                              									vollkommen aufnahmen. Es ergaben sich in der Quantitaͤt des rothen Pigments
                              									der drei verschiedenen Saflorbaͤder folgende Resultate:
                           Die des Preys'schen faͤrbte das doppelte Gewicht mehr baumwollenes Gewebe
                              									rosenroth, als der alexandrinische Saflor, und der roͤmische stund dem
                              									veredelten ungarischen an Gehalt von rothem Faͤrbestoff uͤber viermal nach. Gegen ganz feine spanische Prima Sorte
                              									behauptet der Saflor des Herrn Preys einen Vortheil von 40–45 ProcentHerr Johann Schuster, Professor der Chemie an der koͤnigl. ung.
                                    											Universitaͤt, untersuchte im vorigen Jahre den Saflor auf den Gehalt
                                    											an rothen Pigment. Das Ergebniß seiner Versuche war folgendes: 1tens, acht
                                    											Loth des ihm von Trieft zugekommenen alexandrinischen Saflors gaben ein
                                    											Quent festen rothen Faͤrbestoff, der, auf Baumwollenzeug aufgetragen,
                                    											nur sehr blaßroth faͤrbte, auf Seide angewendet, zeigte sich
                                    											aͤußerst wenig Faͤrbung; 2tens, acht Loth des Preys'schen, auf
                                    											gleiche Art behandelt, gaben vier Quent oder ein Loth festen Farbestoff, der
                                    											auf Baumwollenzeug aufgetragen ein sehr gesaͤttigtes Roth
                                    											faͤrbte. Auf Seide erschien die Farbe blaß und hochrosa bis ins
                                    											schoͤnste Incarnat.Nach dieser Untersuchung zeigte der veredelte Saflor eine Ergiebigkeit an
                                    											rothem Pigment, welche den alexandrinischen bis viermal uͤbertrifft. In diesem, durch Herrn Professor
                                    											Schuster angegebenen, Verhaͤltniß scheint ein Irrthum zu liegen,
                                    											indem ich nach spaͤtern Vergleichsarbeiten im Großen den Saflor des
                                    											Herrn Preys von doppelter Faͤrbestoffergiebigkeit gegen aegyptische
                                    											Prima Sorte gefunden habe. A. d. V..
                           Von der mit den drei verschiedenen Sorten hochrosa gefaͤrbten Baumwollenwaare
                              									wurden zum gegenseitigen Vergleiche der Farbe schmale Streifen unter ausgeschnittenes dunkelgraues
                              									Papier gelegt, und gegeneinander verglichen, und in Hinsicht der Nuͤance zu
                              									einander ganz uͤbereinstimmend gefunden.
                           Wenn man den Gewichtsverlust zwischen dem veredelten ungarischen und dem feinen
                              									orientalischen Saflor durch Versuch B) in Consideration
                              									zieht, sollte man geneigt werden zu glauben, daß beide Sorten nicht so different
                              									hinsichtlich ihres Gehalts an rothem Pigment von einander abstechen und doch ist es
                              									so, wie Versuch C) deutlich beweist.
                           
                        
                           D) Anwendung des veredelten ungarischen Saflors in der
                              									Baumwollen-Faͤrberei. Verbrauch desselben fuͤr
                              									Carthamin-Bereitung.
                           Vermoͤge seines reichen Gehalts an rothem Pigment eignet sich dieser Saflor
                              									ganz vortheilhaft fuͤr das Faͤrben der Baumwollen-Fabrikate so wie zur
                              									Bereitung des Carthamin. Wir verweisen den Leser uͤber die Art und Weise der
                              									Faͤrberei auf die in den Anmerkungen bezeichnete ausfuͤhrliche
                              									Abhandlungen dieser Gegenstaͤnde. Besondere vergleichende Versuche gaben auf
                              									Seide und Leinen gleich vortheilhafte ResultateDie von mir mit dem Saflor des Hrn. Preys angestellten Versuche und deren
                                    											Anwendung in der Baumwollenfaͤrberei lieferten dieselben Resultate.
                                    											Versuche die ich damit in einer Seidenfaͤrberei veranlaßte, gaben auf
                                    											Seide die verschiedensten Farbennuͤancen, welche den mit dem feinsten
                                    											Carthamin gleichzeitlich erzeugten Farben ganz gleich kamen. Das Product des
                                    											Hrn. Preys verdient demnach von Seiten der HHrn. Faͤrbereibesizer
                                    											alle Beachtung. D..