| Titel: | Analysen des Kaolin. Von Hrn. P. Berthier, Markscheider au Corps royal des Mines. | 
| Fundstelle: | Band 12, Jahrgang 1823, Nr. LXI., S. 361 | 
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                        LXI.
                        Analysen des KaolinKaolin ist bei den Franzosen, was bei den deutschen
                                 										Mineralogen bisher Porzellanerde hieß. Der
                                 										beruͤhmte chemische Analytiker und Mineralog, Hofrath und Professor
                                 										Fuchs, gegenwaͤrtig zu großem Verlurste der Universitaͤt Landshut
                                 										Custos des Mineralien-Cabinettes der Muͤnchner Academie, hat in einer
                                 										sehr lehrreichen Abhandlung (uͤber die Entstehung
                                    											der Porzellanerde. 4to. 24. S.) erwiesen, daß die Porzellanerde nicht, wie man bisher glaubte, verwitterter Feldspath, sondern ein Fossil eigener Art ist, das er
                                 											Porzellan-Spath nennt.
                                 											Hr. Berthier, der die Abhandlung des Hrn. Hofrath Fuchs nicht kennt, bestaͤtigt in gegenwaͤrtiger, fuͤr Porzellan-Fabriken so
                                 										wichtigen, Abhandlung die Richtigkeit der Ansichten desselben. A. d. Ueb.. Von Hrn. P.
                              									Berthier, Markscheider au Corps royal des Mines.
                        Aus den Annales de Chimie. September 1823. S.
                              									107.
                        Berthier's Analysen des Kaolin.
                        
                     
                        
                           Man glaubt allgemein, daß der Kaolin urspruͤnglich
                              									dichter Feldspath war, und diese Meinung gruͤndet sich auf eine Menge
                              									mineralogischer und geologischer Beobachtungen, die unbestreitbar zu seyn scheinen.
                              									Man glaubte zuerst, daß der Feldspath, um sich in Kaolin zu verwandeln, nur eines
                              									Zerfallens bedarf, wodurch er zu feinem Staube wird; allein, die von Vauquelin (Bul. phil. Nro. 60) und von Rose
                                 										(Karsten's Tabellen S. 57) gegebenen Analysen bewiesen die Verschiedenheit
                              									der Bestandtheile derselben, und zwangen das Gestaͤndniß ab, daß der
                              									Feldspath bei dieser Verwandlung maͤchtig veraͤndert worden seyn
                              									mußte. Die meisten Mineralogen sagen heut zu Tage, daß der Kaolin ein Feldspath ist,
                              									der auf was immer fuͤr eine Weist seine Pottasche verloren hat. Ich werde
                              									hier durch Vergleichung mehrerer Abarten von Kaolin mit dem Feldspathe zeigen, daß
                              									diese Idee nicht Stich haͤlt, und dann untersuchen, worin die Unterschiede
                              									dieser beiden Koͤrper bestehen.
                           Folgende Resultate hat die Analyse gegeben:
                           
                           
                              
                                 
                                 St. YriezKaolin de St. Yriez (Haute Vienne), durch
                                          													Schlaͤmmen an der Porzellan-Fabrik zu Sevres bereitet, und
                                          													getroknet. Er ist vollkommen weiß. Ungebrannt wird er von starken
                                          													Saͤuren angegriffen, unter anderen auch von concentrirter
                                          													Schwefelsaͤure, wodurch man sich leicht reine schwefelsaure
                                          													Thonerde verschaffen kann. Der von der Saͤure nicht
                                          													angegriffene, gut gewaschene und gebrannte Theil hielt 0,693Kieselerde;0,267Thonerde;0,030Pottasche;0,010Bittererde.––––––1,000.A. d. O..
                                 SchneebergKaolin von Schneeberg. Er ist etwas roͤthlich. Man hat die
                                          													steinigen Theile, mit welchen er gemengt ist, durch
                                          													Schlaͤmmen weggeschafft. Der Teig enthaͤlt das Alkali,
                                          													dessen Gegenwart man erwiesen hat, dessen Menge man aber nicht
                                          													bestimmt angeben konnte. A. d. O..
                                 MeissenKaolin von Meissen. Man sagt, daß er aus einer Porphyrart gewonnen
                                          													wird. Er ist schoͤn weiß, aber sehr mit Quarz gemengt. Er
                                          													ward durch Schlaͤmmen gereinigt. Der getroknete Teig verliert
                                          													durch das Brennen 0,10 Wasser. A. d. O..
                                 St. TropezKaolin de la Gardo Freynet, pres St.
                                          													Tropez (Var.) Er bildet ein Lager von 12 bis 14 Metres
                                          													Maͤchtigkeit, und kommt in Begleitung von Schrift-Granit
                                          													mitten im Glimmerschiefer vor, und ist mit blaͤttrigem
                                          													Feldspathe und Glimmer gemengt. Er haͤlt nur die
                                          													Haͤlfte wahren, im Wasser vertheilbaren Kaolin, und ist sehr
                                          													merklich roth gefaͤrbt. A. d. O..
                                 MendeKaolin des Toweches, près Mende
                                          													(Lozére). Er ist mit einer bedeutenden Menge sehr
                                          													grobkoͤrnigen Feldspath-Sandes gemengt, und etwas
                                          													roͤthlich. A. d. O..
                                 NormandieKaolin de Normandie. Er ist von Eisen-Oxid stark gefaͤrbt;
                                          													enthaͤlt aber doch nicht soviel Eisen, als oben in der
                                          													Tabelle angegeben ist, weil dieses Oxid noch immer viel Thonerde
                                          													enthaͤlt. A. d. O..
                                 
                              
                                 Kieselerde
                                 0,468.
                                 0,436.
                                 0,586.
                                 0,558.
                                 0,635.
                                 0,500.
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 0,373.
                                 0,377.
                                 0,346.
                                 0,260.
                                 0,280.
                                 0,250.
                                 
                              
                                 Pottasche
                                 0,025.
                                     –
                                 0,024.
                                 0,082.
                                 0,010.
                                 0,022.
                                 
                              
                                 Bittererde
                                 Spuren
                                     –
                                 0,018.
                                 0,005.
                                 0,080.
                                 0,007.
                                 
                              
                                 Kalk
                                     –
                                     –
                                     –
                                     –
                                     –
                                 0,055.
                                 
                              
                                 Eisenoxid
                                     –
                                     –
                                     –
                                 0,018.
                                     –
                                 0,085.
                                 
                              
                                 Wasser
                                 0,130.
                                 0,126.
                                     –
                                 0,072.
                                     –
                                 0,095.
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 ––––––––––––
                                 ––––––––––––
                                 ––––––––––––
                                 ––––––––––––
                                 ––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 0,996.
                                 0,954.
                                 0,976.
                                 0,990.
                                 1,005.
                                 1,014.
                                 
                              
                           Man ersieht aus diesen Analysen, daß die Bestandtheile des Kaolin wandelbar sind. Es
                              									scheint mir dieser Umstand von zwei Ursachen abzuhaͤngen; erstlich davon, daß es
                              									beinahe unmoͤglich ist, denselben durch das Schlaͤmmen gehoͤrig
                              									zu reinigen, indem immer kleine Quarz- und Feldspaththeilchen im Wasser schwebend
                              									erhalten werden, und dann auch davon, daß der Feldspath sich wahrscheinlich nur nach
                              									und nach zersezt, und eine Menge von Zustaͤnden durchlaͤuft, ehe er
                              									sich in vollkommen reine Porzellanerde verwandelt. Man hat allen Grund zu glauben,
                              									daß diese durchaus keine Pottasche enthaͤlt.
                           Man muß bemerken, daß die Thonerde in allen Arten von Kaolin im Verhaͤltnisse
                              									zur Kieselerde in weit groͤßerer Menge vorkommt, als im Feldspathe. Hieraus
                              									folgt, daß lezterer nicht bloß feine Pottasche verliert, wenn er sich in Kaolin
                              									verwandelt, wie man geglaubt hat, sondern daß dieselbe Ursache, die ihn verwandelt,
                              									ihm auch eine große Menge Kieselerde entzieht. Wenn man zugibt, daß die im Kaolin
                              									vorkommende Pottasche von einem Theile noch unzersezten Feldspathes
                              									herruͤhrt, so sieht man leicht ein, daß im Kaolin von St. Yriez, denselben
                              									vollkommen rein angenommen, die Kieselerde sich zur Thonerde ungefaͤhr wie 52
                              									zu 48 verhalten muͤßte. Dieß ist aber das Verhaͤltniß der kieselsauren
                              									Thonerde (silicate d'Alumine); und da die Formel
                              									fuͤr den Feldspath KA³S¹² ist, so folgt unter unserer
                              									Voraussezung, daß dieses Fossil die kieselsaure Pottasche KS³ fahren laͤßt, und folglich zwei Drittel seines Gewichtes
                              									verliert, wenn es in Kaolin uͤbergeht. Und dieß scheint mir wirklich die
                              									chemische Veraͤnderung, welche der Feldspath durch die langsame Zersezung
                              									erleidet, der er im Schoße der Erde ausgesezt ist. Die Ursache dieser
                              									außerordentlichen Veraͤnderung ist durchaus unbekannt, und es ist um so
                              									schwerer sich einen Begriff von derselben zu machen, als das Wasser, dem man
                              									dieselben zuzuschreiben in Versuchung gerathen koͤnnte, ohne Wirkung auf das
                              									kieselsaure Alkali mit maͤchtigem. Saͤure-Ueberschusse KS9 zu seyn scheint.
                           Rose hat einen Kaolin untersucht, der beinahe dieselben Bestandtheile zeigt, auf
                              									welche ich durch Induction geleitet wurde, indem er
                           
                              
                                 0,5200
                                 Kieselerde,
                                 
                              
                                 0,4700
                                 Thonerde,
                                 
                              
                                 0,0033
                                 Eisen-Oxid
                                 
                              
                                 ––––––
                                 
                                 
                              
                                 0,9933
                                 
                                 
                              
                           fand.
                           
                           Der Kaolin von Schneeberg scheint sehr wenig von jenem von St. Yriez verschieden. An
                              									jenem von St. Tropez ist der Feldspath nur zur Haͤlfte zersezt.
                           Man weiß gegenwaͤrtig, daß es Feldspathe mit Pottasche, mit Soda und mit
                              									Bittererde als Basis derselben gibt, und daß diese 3 Arten sich unter allen
                              									Verhaͤltnissen mit einander verbinden koͤnnen. Es ist hoͤchst
                              									wahrscheinlich, daß die Meißner Kaoline von einem etwas bittererdigen Feldspathe
                              									herkommen, und daß der von Mende durch eine theilweise Zersezung eines Feldspathes
                              									entstand, in welchem die Bittererde vorwaltet.
                           Was den Kaolin aus der Normandie betrifft, so ist dieser sehr unrein, und ich weiß
                              									nicht, ob der Kalk darin zufaͤllig ist, oder ob er das Daseyn eines
                              									Feldspathes verkuͤndet, in welchem diese Erde zum Theile die Stelle des
                              									Alkali vertritt.