| Titel: | Ueber das Blau-Anlaufen des Stahles. | 
| Fundstelle: | Band 12, Jahrgang 1823, Nr. LXIII., S. 367 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        LXIII.
                        Ueber das Blau-Anlaufen des Stahles.
                        Aus dem Dictionnaire
                              									technologique in Gill's technical Repository October 1823. S.
                              									263.
                        Ueber das Blau-Anlaufen des Stahles.
                        
                     
                        
                           Eisen- und Stahlwaaren koͤnnen, nachdem ihre
                              									Oberflaͤchen entweder bloß mit der Feile oder durch Abreiben mit Schmergel,
                              									oder Zinn-Asche (putty of tin) etc. polirt wurden, durch
                              									Waͤrme eine blaue Farbe erhalten, die desto schoͤner oder tiefer wird,
                              									je vollkommener die Politur an der Oberflaͤche ist, und je
                              									sorgfaͤltiger man bei dem Anlaufen verfuhr.
                           Jeder Eisen- und Stahlarbeiter glaubt seine Waare gehoͤrig anlaufen lassen zu
                              									koͤnnen, allein nur wenigen gelingt diese Arbeit vollkommen. Einige hingegen
                              									sind durch lange Erfahrung Meister in diesem Zweige der Stahlarbeit geworden, den
                              									man beinahe als eine eigene Kunst betrachten kann. Den Uhrfeder-Fabrikanten,
                              									vorzuͤglich den Taschen-Uhrfedermachern, gelingt das Anlaufen so ziemlich;
                              									den hoͤchsten Grad von Vollkommenheit haben aber die Stahl-Uhrzeigermacher
                              									hierin erreicht.
                           Durch Hize bekommt der Stahl nach und nach eine Reihe von Regenbogen-Farben, und zwar
                              									in folgender Ordnung: strohfarben, pomeranzenfarben, roth, taubenhaͤlsig,
                              									violett, blau, und grau. Eisen nimmt dieselben Farben an, aber nicht so lebhaft, wie
                              									der Stahl. Nachdem der Stahl gehaͤrtet wurde, muß er erst angelassen
                              									(temperirt) werden, ehe er polirt werden kann, und, je nachdem der daraus
                              									verfertigte Gegenstand mehr oder minder hart seyn muß, muß er mehr oder minder weich
                              									gemacht werden. In einigen Faͤllen ist es nicht noͤthig, der Waare
                              									durchaus eine gleiche Farbe zu geben, indem dieselbe durch die nachfolgenden
                              									Operationen haͤufig wieder weggeschafft wird. Indessen muß die Farbe jedes
                              									Mahl so gleichfoͤrmig, als moͤglich, gegeben werden, damit die Waare
                              									auch uͤberall gleiche Haͤrte bekommt, und, wenn die Waare bereits
                              									polirt ist, und die blaue Farbe auf derselben bleiben soll, wie z.B. auf den
                              									Uhrzeigern, damit sie ein schoͤnes und gefaͤlliges Aussehen
                              									erhaͤlt.
                           Folgende Methode, die wir zu Genf und in anderen Oertern der Schweiz, wo man diese Kunst
                              									in einem hohen Grade von Vollkommenheit besizt, und auch zu Paris anwenden sahen,
                              									scheint uns die beste. Man gibt in eine Art von Ofen aus Eisenblech Ziegel aus
                              									Gaͤrberlohe oder Gaͤrberstaub, und bedekt sie mit angezuͤndetem
                              									Holzkohlen-Gestuͤbe. Das Feuer theilt sich bald den Ziegeln mit, und wenn
                              									diese brennen, so legt man die Stuͤke, die blau anlaufen sollen, auf
                              									dieselben, wohl beachtend, daß sie nicht von der Asche bedekt werden, damit man die
                              									Farbe sehen kann, die sie annehmen. Man muß sehr dafuͤr sorgen, daß die Hize
                              									immer gleichfoͤrmig und auf demselben Grade unterhaͤlten bleibt, ohne
                              									daß sie jemahls zu stark wird, denn sonst wuͤrde das Anlaufen
                              									gaͤnzlich mißlingen, die blaue Farbe verschwinden, und die Waare grau werden;
                              									sie wuͤrde zugleich ihre Haͤrte verlieren, muͤßte neuerdings
                              									gehaͤrtet werden, und es staͤnde sehr zu besorgen, daß sie
                              									uͤberhizt werden muͤßte. Es ist also besser, ein weniger heftiges
                              									Feuer zu waͤhlen, und die Hize nach und nach einwirken zu lassen. Wenn der
                              									gut polirte Stahl roth wird, und man bemerkt, daß diese Roͤthe nicht
                              									uͤberall gleichfoͤrmig ist, so muß die groͤßte Hize auf jenen
                              									Theil hingerichtet werden, der am wenigsten geroͤthet ist, was mittelst des
                              									Anblasens des Feuers, dort wo es diesem Theile zunaͤchst liegt, mit dem Munde
                              									geschehen kann. Auf diese Weise wird, durch Sorgfalt und Geduld, eine schoͤne
                              									gleichfoͤrmige und tiefe blaue Farbe hervorgebracht.
                           NachdemRachdem die Waare roth geworden ist, ist es, wo sich Wolken auf derselben zeigen
                              									sollten, besser, die ganze Arbeit aufzugeben, und die Waare neuerdings zu poliren,
                              									entweder mit Schmergel, Trippel, Eisen-Safran, oder mit Zinnasche etc. und die ganze
                              									Arbeit von vorne anzufangen, als daß man die Waare zu weich werden ließe. Es lassen
                              									sich hier nur Regeln im Allgemeinen angeben; denn in jeder Kunst gibt es eine
                              									gewisse Geschiklichkeit, die man allein durch Uebung zu erlangen vermag.
                           Nachdem die Waare die verlangte Farbe erhalten hat, wird sie aus dem Feuer genommen,
                              									langsam abgekuͤhlt, und mit einem reinen trokenen Tuche abgewischt. Man muß
                              									sich wohl huͤthen, die Waare mit fetten oder feuchten Fingern zu
                              									beruͤhren, oder gar in Oehl einzutauchen, wodurch sie matt werden und den Glanz verlieren
                              									wuͤrde, in welchem ihre Schoͤnheit besteht. Diese blaue Farbe dauert
                              									zwar lang, veraͤndert sich aber doch mit der Zeit, und kann nur dadurch
                              									wieder hergestellt werden, daß man die Waare neuerdings polirt, und derselben
                              									Operation unterzieht.
                           Eisen wird nie so schoͤn blau, wie Stahl, indem es sich nie so gut poliren
                              									laͤßt, weil es nie so hart wird. Wahrscheinlich hat der in dem Stahle
                              									enthaltene Kohlenstoff einigen Einfluß auf dieses Anlaufen.
                           L.