| Titel: | Ueber Ultramarien und die verschiedenen Methoden die Reinheit desselben zu prüfen, von R. Phillips, FRS. L. u. E. | 
| Fundstelle: | Band 12, Jahrgang 1823, Nr. LXXX., S. 433 | 
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                        LXXX.
                        Ueber Ultramarien und die verschiedenen Methoden
                           								die Reinheit desselben zu prüfen, von R. Phillips, FRS. L. u. E.
                        Aus den Annals of Philosophy, New Series. N. 31. S.
                              									31.
                        Phillips über Ultramarin.
                        
                     
                        
                           Vor MarggraffMargraff, dessen Analyse des Lapis Lazuli im J. 1768 erschien, hielt man den Faͤrbestoff dieses Fossiles
                              									fuͤr Kupfer. Nach ihm bestand, wie Klaproth
                              									(Analysen u. B. 1. S. 163) anfuͤhrt, der Lapis Lazuli aus Eisen, Oxid,
                              									Kieselerde, Kalk und Gips; von Thon, der in bedeutender Menge darin vorkommt, ist
                              									hier keine Rede, und die Verhaͤltnisse, in welchen die hier
                              									aufgezaͤhlten Bestandtheile vorkommen, sind noch nicht angegeben.
                           
                           Auch Rinmann und Cronstedt erwaͤhnten der
                              									Bestandtheile dieses Minerales; allein ihre Angaben sind so wenig genau, daß sie
                              									keiner weiteren Erwaͤhnung beduͤrfen. Nach Klaproth besteht der Lapis Lazuli aus
                           
                              
                                   46,0
                                 Kieselerde,
                                 
                              
                                   14,5
                                 Thonerde,
                                 
                              
                                   28,0
                                 kohlensaurem Kalke,
                                 
                              
                                     6,5
                                 schwefelsaurem Kalke,
                                 
                              
                                     3,0
                                 Eisen-Oxide,
                                 
                              
                                     2,0
                                 Wasser.
                                 
                              
                                 –––––
                                 
                                 
                              
                                 100,0
                                 
                                 
                              
                           In Hinsicht auf Farbe bemerkt Klaproth, daß, obschon
                              									Margraff's Analysen die vorher allgemein angenommene Meinung widerlegten, daß die
                              									blaue Farbe in dem Lapis Lazuli vom Kupfer herruͤhre, und es nun erwiesen
                              									ist, daß dieselbe bloß von dem Elsen herkoͤmmt, doch die uͤbrigen
                              									Bestandteile noch nicht mit der gehoͤrigen Genauigkeit bestimmt worden
                              									sind.
                           Da man nun weder dem Protoxide noch dem Peroxide des Eisens die blaue Farbe
                              									zuschreiben kann, so ist es sonderbar, daß Klaproth dieses Umstandes nicht
                              									erwaͤhnte, und nicht auf die Natur der Verbindung hindeutete, durch welche
                              									Elsen oder seine Oxide, mit anderen Bestandtheilen, diese blaue Farbe hervorbringen
                              									koͤnnten.
                           Die Analyse der HH. Clement und
                                 										Deformes (Annales de Chimie t. 57, p. 317) zeigt, daß, obschon der Lapis Lazuli Eisenoxid
                              									wegen des Schwefelkieses, den er enthaͤlt, darbiethen kann, das ans demselben
                              									bereitete Ultramarin vollkommen frei von allem Eisenoxide ist, und noch ehe ich
                              									wußte, daß diese Herren dieß bemerkt hatten, kam ich auf denselben Schluß, und habe
                              									mehrere ihrer Experimente wiederholt, die, soweit ich in denselben vorgedrungen bin,
                              									mit den meinigen uͤbereinstimmen.
                           Nach diesen beiden so eben angefuͤhrten Chemikern wird der Faͤrbestoff
                              									des UltramarinesUltrararines durch eine maͤßig starke Rothgluͤhhize nicht
                              									zerstoͤrt, bleibt in Ammonium unveraͤndert, und auch wenn er in
                              									Pottasche und Soda gehizt wird. Saͤuren zerstoͤren hingegen diese
                              									Farbe in wenigen Minuten, und zwar Essigsaͤure so gut als Salpeter-Kochsalz oder
                              									Schwefelsaͤure. Sie bemerken auch, und mit Recht, daß eine Aufloͤsung
                              									von geschwefelten Wasserstoffgase keine Wirkung auf die Farbe hat. Zu Folge ihrer
                              									Analyse besteht Ultramarin aus
                           
                              
                                 35,8
                                 Kieselerde,
                                 
                              
                                 34,8
                                 Thonerde,
                                 
                              
                                 23,2
                                 Soda,
                                 
                              
                                   3,1
                                 Schwefel,
                                 
                              
                                   3,1
                                 kohlensaurem Kalke.
                                 
                              
                           Es ist merkwuͤrdig, daß auch die HH. Clement und Deformes keine Vermuthung uͤber den
                              									faͤrbenden Stoff aͤusserten; diesen aufzufinden, war die erste
                              									Veranlassung zu meiner Untersuchung dieses Fossiles.
                           Obschon ich im Verfolge meines Zwekes gaͤnzlich verungluͤkte, halte ich
                              									es doch nicht fuͤr nuzlos, die Versuche, die ich anstellte, hier
                              									aufzufuͤhren, vorzuͤglich weil diese Farbe ausserordentlich theuer
                              									ist, und daher, leicht verfaͤlscht werden kann, ich aber im Stande bin zu
                              									zeigen, wie man auf eine leichte Art die Reinheit desselben erkennen und jede
                              									Verfaͤlschung leicht entdeken kann.
                           Nach den Resultaten der Versuche der Hrn. Clement und Deformes und meiner eigenen bin
                              									ich geneigt zu glauben, daß der Faͤrbestoff des Ultramarines ein eigener
                              									Stoff ist. Ich muß es indessen wiederholen, daß ich keinen direkten Beweis
                              									fuͤr Diese Behauptung zu liefern im Stande bin. Hr. Thenard, aus die Analyse der HH. Clement und Deformes anspielend, sagt in seinem Traite de Chimie
                              									T. II. p. 805: „Da
                                 										sie bei ihrer Analyse einen Verlust von 0,8 hatten, muß man nothwendig
                                 										schließen, daß ihnen etwas entgangen ist. Und spielt dieß vielleicht nicht eine
                                 										wichtige Rolle bei der Faͤrbung des Lazulites? „Diese Meinung
                                    											erhaͤlt einige: Wahrscheinlichkeit wenn man bedenkt, daß alle andere
                                    											Steine ihre Farbe einem Faͤrbestoffe verdanken. Man koͤnnte
                                    											zwar behaupten daß die Kieselerde, Thonerde, Kalkerde, Soda, obschon sie an
                                    											und fuͤr sich farbenlos sind, im Stande sind, eine farbige
                                    											Composition zu bilden; man wird aber auch gestehen muͤssen, daß es
                                    											nur eine Composition dieser Art unter den Steinen geben sollte, und doch
                                    											muͤßte dieß so seyn, wenn man annehmen wollte, daß der Azurit keinen
                                    												eigenen
                                    											Faͤrbestoff haͤtte: wirklich glaubt auch Hr. Vauquelin, daß
                                    											dieser Stein Eisen-Oxid enthaͤlt.
                                 									
                           Obschon auch Hr. Guyton im 34sten Bande der Annales de
                              									Chemie die Farbe des Ultramarines dem Eisen zuschreibt, finde ich es doch kaum
                              									noͤthig zu bemerken, daß, Ultramarin kein Eisen-Oxid enthaͤlt, und
                              									daher kann man die Meinung der lezterwaͤhnten Chemiker, obschon sie die
                              									hoͤchste Aufmerksamkeit verdient, nicht als gegruͤndet betrachten.
                              									Wirklich hielt auch der von Klaproth untersuchte Lapis Lazuli nur 5 per Cent.
                              									Eisen-Oxid, und diese geringe Menge, wenn man auch annimmt, daß sie eine blaue Farbe
                              									hervorrufen kann, wird doch kaum als die Ursache des satten Blaues des Lapis Lazuli
                              									gelten koͤnnen.
                           Wenn irgend ein erdiger Stoff eine Farbe zeigt, so ist die erste und
                              									natuͤrlichste Vermuthung diese, daß diese Farbe der Gegenwart irgend eines
                              									Metall-Oxides zuzuschreiben ist. Indessen hat auch diese Annahme ihre
                              									Schwierigkeiten; denn, wenn die Farbe durch eine Saͤure zerstoͤrt
                              									wird, so kann man annehmen, daß der Verlust der Farbe bloß das Resultat des
                              									Aufloͤsungs-Actes ist; so erhaͤlt man z. V. eine farbenlose
                              									Aufloͤsung, wenn man Queksilber-Peroxid in Salpeter- oder
                              									Kochsalzsaͤure aufloͤst. Dieß ist jedoch schwerlich der Fall bei dem
                              									Faͤrbestoffe des Ultramarines; denn, wenn man hier wieder Pottasche zusezt,
                              									so erhaͤlt man die blaue Farbe nicht wieder, waͤhrend das
                              									Queksilber-Oxid aus Queksilber-Pernitrat auf diese Weise niedergeschlagen seine
                              									urspruͤngliche Farbe wieder erhaͤlt.
                           Man kann annehmen, daß die Aufloͤsung des Ultramarines in Saͤuren mit
                              									Entwikelung des Sauerstoffes verbunden ist, und daß dadurch die Farbe verloren geht;
                              									allein in diesem Falle muͤßte entweder 1tens: der Sauerstoff als Gas
                              									entwikelt werden, wie wenn Braunstein-Peroxid mit Schwefelsaͤure gehizt wird;
                              									oder es muͤßte, 2tens, Kohlensaͤure gebildet und unter Aufbrausen
                              									entwikelt werden, wie wenn Braunstein-Peroxid zersezt und in Pottasche-Binoxalate
                              									Aufgelder wird; oder es muͤßte 3tens, Chlorin entwikelt werden, wenn man es
                              									in Kochsalzsaͤure bringt: allein, es ist soviel gewiß, daß keiner dieser drei
                              									Faͤlle hier Statt hat.
                           
                           Auf der anderen Seite ist es moͤglich, daß der besondere Faͤrbestoff
                              									des Ultramarines waͤhrend der Aufloͤsung Sauerstoff erhalten, und
                              									dadurch sein natuͤrliches Aussehen verlieren kann. Dieser Annahme
                              									widerspricht aber geradezu folgender Versuch. Schwefelige Saͤure, die den
                              									Sauerstoff leicht verschlingt, und nicht fahren laͤßt, zerstoͤrt die
                              									Farbe des Ultramarines eben so gut, als Salpetersaͤure, von der man annehmen
                              									koͤnnte, daß sie dieselbe oxidirt.
                           Wenn man Salpetersaͤure auf Ultramarin gießt, so wird die Farbe schnell
                              									zerstoͤrt, und man nimmt einen leichten Geruch nach Schwefel-Wasserstoffgas
                              									gewahr: man sollte daher vermuthen, daß der Faͤrbestoff eine
                              									Schwefel-Verbindung (sulfuretum) irgend eines besonderen
                              									Metalles ist. Um zu sehen, ob die Farbe nach dieser Hypothese wieder hergestellt
                              									werden kann, sezte ich geschwefelten Wasserstoff sowohl der Aufloͤsung als
                              									dem farblosen Ruͤkstande zu; allein, ich konnte weder auf diese noch auf
                              									irgend eine andere mir denkbare Weise die Farbe wieder herstellen. Die einzige
                              									Hypothese, die in Ruͤcksicht auf die metallische Natur dieses Farbestoffes
                              									noch uͤbrig bleibt, ist die Moͤglichkeit, daß dieser
                              									Faͤrbestoff sich im metallischen Zustande befinden mag, was aber kaum der
                              									Fall seyn kann; denn, wenn die Farbe durch Oxidation mit Essigsaͤure verloren
                              									geht, muß Wasserstoff aus dem zersezten Wasser entwikelt werden; was nicht
                              									geschieht.
                           Obschon es moͤglich ist, daß, wie Thenard behauptet, farbenlose Koͤrper
                              									durch gewisse Verbindungen eine farbige Composition geben koͤnnen, so muß ich
                              									doch gestehen, daß ich ehe der Meinung bin, daß Lapis Lazuli seine Farbe einer
                              									besonderen, nicht metallischen, Substanz verdankt, und ich empfehle diesen
                              									Gegenstand der Aufmerksamkeit der ChemikerEs scheint dem Uebersezer, daß uͤber Farben der Physiker mehr als der
                                    											Chemiker Aufklaͤrung geben kann. Die Fluͤgel einiger
                                    											Schmetterlinge, die Federn einiger Voͤgel prangen mit dem
                                    											lebhaftesten Ultramarin: der Staub der ersteren laͤßt sich sogar als
                                    											Mahlerfarbe benuͤzen. Wer wird hier einen besonderen
                                    											Faͤrbestoff vermuthen! Es ist die Stellung der kleinen Prismen, die
                                    											die azurblauen Lichtstrahlen allein, und keine anderen, zuruͤkwirft.
                                    											Was immer die Theilchen der Oberflaͤche eines Koͤrpers
                                    											so zu stellen vermag, daß sie eine bestimmte Farbe zuruͤkwerfen,
                                    											faͤrbt sie so, und nicht anders, und Alles, was diese Stellung
                                    											aͤndert, aͤndert die Farbe. Wer wird den Faͤrbestoff
                                    											des Prisma analysiren! A. d. Ueb..
                           
                           Ich will nun in Kuͤrze die Methoden angeben, wodurch man die verschiedenen
                              									Koͤrper entdeken kann, mit welchen das Ultramarin verfaͤlscht
                              									wird.
                           Obschon man fast immer es wagen darf ein Ultramarin fuͤr Acht zu halten, das,
                              									in Saͤuren geschuͤttet, in wenigen Minuten seine Farbe verliert, eine
                              									unaufloͤsliche schmuzig weiße Materie zuruͤklaͤßt, und eine
                              									farbenlose Aufloͤsung bildet, so will ich doch gewisse Koͤrper Hieb
                              									anfuͤhren, welche dem Ultramarine beigemengt werden, und die Art angehen,
                              									durch welche man das Daseyn derselben entdeken kann.
                           Bergblau oder blaues
                                 										Berggruͤn (blue Verditer). Wenn dieses
                              									kohlensaure Kupfer dem Ultramarine beigemengt ist, so darf man die
                              									verdaͤchtige Farbe nur auf einem Silber- oder Platinna-Blaͤttchen
                              									uͤber einer Weingeist-Lampe erhizen. Ist nur etwas Bergblau in derselben
                              									vorhanden, so wird die Mischung beinahe augenbliklich gruͤnlich, und endlich
                              									schwarz Werden, und diese Veraͤnderung in der Farbe wird desto
                              									staͤrker seyn, je mehr davon zugesezt ist.
                           Echtes Ultramarin verliert seine Farbe gaͤnzlich, wenn man es in eine
                              									Saͤure wirft; es hat kein Aufbrausen Statt, und es bleibt ein schmuzig weißer
                              									Niederschlag; die farbenlose Aufloͤsung, die man erhaͤlt, gibt nur
                              									einen unbedeutenden und farbenlosen Niederschlag mit Ammonium, so daß man Bergblau
                              									oder irgend eine andere Kupferbeimischung gleichfalls dadurch entdeken kann, daß man
                              									die Farbe in Saͤure wirft: Wenn naͤmlich dadurch eine blaue oder
                              									gruͤne Aufloͤsung entsteht, und Ammonium, im Ueberfluß zugegossen, die
                              									Aufloͤsung tief dunkelblau faͤrbt, oder wenn ein Tropfen dieser sauren
                              									Aufloͤsung auf Eisen einen Kupferflek bildet, so ist irgend ein
                              									Kupfer-Praͤparat der Farbe beigemengt, und, waͤre viel kohlensaures
                              									Kupfer der Farbe beigemischt, so wuͤrde sogar Kohlensaͤure unter
                              									Aufbrausung sich entwikeln.
                           Berliner-Blau. – Echtes Ultramarin leidet durch
                              										Erhizung keine
                              									Veraͤnderung; wenn aber Berliner-Blau demselben beigemengt ist, so wird die
                              									Farbe durch die Hize um Vieles dunkler. Wenn man ferner echtes Ultramarin in einer
                              									Pottasche-Aufloͤsung siedet, so wird der Glanz und die Hoͤhe der Farbe
                              									dadurch vielmehr erhoͤht, waͤhrend diese, mit Pottasche gekocht,
                              									brauner wird, wenn Berliner-Blau beigemengt ist. Wenn die Aufloͤsung nicht zu
                              									sehr alkalisch war, so gibt sie durch zugegossene Eisen-Aufloͤsung einen
                              									blauen Niederschlag.
                           Indigo. – Wenn Indigo beigemischt ist, so steigt
                              									er in Gestalt purpurfarbener Daͤmpfe davon, sobald man die Mischung
                              									uͤber einer Weingeist-Lampe erhizt. Schwefelsaͤure zerstoͤrt,
                              									selbst im concentrirten Zustande, die Farbe nicht; so daß man auf diese Weise leicht
                              									das Daseyn des Indigo erkennen kann.
                           Schmalte. – Die Farbe der Schmalte kommt mit dem
                              									Ultramarine darin uͤberein, daß sie der Einwirkung der Hize widersteht; da
                              									sie aber durch keine Saͤure zerstoͤrt wird, und dieß bei dem echten
                              									Ultramarine jederzeit durch jede Saͤure geschieht, so laͤßt sich jede
                              									Beimischung von Schmalte leicht entdeken.
                           Blaue Farbe aus Kobal-Oxid und Thonerde. – Diese
                              									Composition, die dem Ultramarine dem Anscheine nach sehr aͤhnlich ist,
                              									obschon die Farbe nie so glaͤnzend und gesaͤttigt ausfaͤllt,
                              									laͤßt sich leicht dadurch von Ultramarin unterscheiden, daß sie, wie die
                              									Schmalte, von Saͤuren nicht veraͤndert wird. Hize veraͤndert
                              									diese Farbe nicht leicht; wenn man aber nur einen Tropfen kohlensaurer
                              									Pottasche-Aufloͤsung derselben zusezt, und sie auf einem
                              									Platinna-Blaͤttchen uͤber die Flamme einer Weingeist-Lampe
                              									haͤlt, so wird sie schnell schwaͤrzlich; was bei Ultramarin niemahls
                              									der Fall ist.