| Titel: | Neu erfundener Wellenbrecher oder schwimmender Hafen, worauf Joh. White, Baumeister in Middlesex, New-Road, Parish of St. Mary-le-Bone, sich am 15ten Jäner 1824 ein Patent geben ließ. | 
| Fundstelle: | Band 15, Jahrgang 1824, Nr. II., S. 5 | 
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                        II.
                        Neu erfundener Wellenbrecher oder schwimmender
                           Hafen, worauf Joh.
                              White, Baumeister in Middlesex, New-Road, Parish of St. Mary-le-Bone,
                           sich am 15ten Jäner 1824 ein Patent geben
                           ließ.
                        Aus dem London Journal of Arts and Sciences. Mai 1824.
                              S. 232.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              II.
                        White's neu erfundener Wellenbrecher oder schwimmender
                           Hafen.
                        
                     
                        
                           Dieser schwimmende Wellenbrecher oder schwimmende Hafen
                              besteht aus einer Reihe vierekiger Rahmen von Zimmerholz, welche unter einander
                              verbunden und durch Ankertaue oder Ketten an Ankern oder Bloͤken befestigt
                              sind. Sie werden in krummen Linien oder in Winkeln angelegt, so daß sie einen Wall
                              oder Damm gegen die See bilden, hinter welchem Raum genug zur Aufnahme der Schiffe bleibt,
                              wo diese gegen alle Wogen und Brandung gesichert von Anker liegen
                              koͤnnen.
                           Auf Tab. II. ist diese Vorrichtung dargestellt. Fig. 8 ist eine
                              horizontale Ansicht eines solchen vierekigen Rahmens, der aus mehreren
                              Stuͤken Zimmerholz zusammengebolzt ist. Fig. 9 ist eine
                              Seiten-Ansicht oder ein Durchschnitt von A bis B. Fig. 10 ein Durchschnitt
                              von C bis D. Je leichter das
                              Holz, und je laͤnger dasselbe dem Salzwasser widersteht, desto besser ist es
                              zu diesem Zweke: die gelbe Quebecker Fichte (Quebec yellow
                                 pine,PinusvariabilisLamb. PinusmitîsMichaux.A. d. Ueb.) taugt hier am besten. Die Holzstaͤmme zur Verfertigung dieser Rahmen
                              muͤssen vierekig, oder beinahe vierekig seyn, und 18–20 Zoll in der
                              Dike bei 30 bis 50 Fuß in der Laͤnge halten. Wenn die Staͤmme in ihrer
                              Form etwas unregelmaͤßig sind, so koͤnnen sie eingehauen und so
                              zusammengefuͤgt werden, daß man sie mit eisernen oder kupfernen Bolzen
                              gehoͤrig verbolzen kann. Diese Bolzen sind Staͤbe oder Stangen von 2
                              1/2 Zoll Staͤrke und werden durch die Staͤmme durchgezogen, und mit
                              Nieten und Koͤpfen gehoͤrig befestigt. Die Enden der Staͤmme
                              werden zu gehoͤriger Befestigung mit Eisenbaͤndern von 1 1/2 Zoll Dike
                              und 3 1/2 – 4 Zoll Breite beschlagen: diese Dimensionen aͤndern sich
                              jedoch nach Umstaͤnden. Der Patenttraͤger findet es besser eine
                              groͤßere Anzahl von diesen Rahmen anzuwenden, so daß ihre Dimensionen
                              uͤber 50 und 60 Fuß in der Breite betragen.
                           Man kann diese Rahmen in irgend eine erforderliche Figur reihen und auf der
                              Oberflaͤche des Wassers schwimmen lassen, so daß sie, wie in Fig. 11, einen Hafen
                              fuͤr eine Zeit uͤber bilden. Die Rahmen werden durch Taue oder Ketten,
                              die um die Staͤmme gewunden und gebunden werden, und durch starke Ketten oder
                              Taue, welche an Ankern oder Bloͤken, wie man es nach Umstaͤnden besser
                              finden mag, befestigt sind, fest unter einander verbunden. Immer wird die breitere
                              Seite des Rahmens den staͤrksten Antriebe der See, wo sie durch Winde oder
                              Stroͤmungen am heftigsten aufgeruͤhrt wird, bloß gestellt.
                           
                           Wann und wo es die Gewalt der Wogen fordert, kann die Hoͤhe dieser Rahmen nach
                              Umstaͤnden vergroͤßert werden, indem man oben auf dieselben andere
                              aͤhnliche Staͤmme legt, die aber nicht fuͤnf Drittel der
                              verticalen Hoͤhe uͤbersteigen duͤrfen. Auf diese Weise wird die
                              den Wogen Widerstand leistende Oberflaͤche mehr erhoͤht, und die Wogen
                              werden desto sicherer gebrochen. Wenn es die Umstaͤnde fordern sollten, kann
                              man, um irgend einen Punct besonders zu sichern und zu vertheidigen, und hinter
                              demselben ruhiges Wasser zu bilden, mehrere Reihen dieser Rahmen hinter einander
                              anbringen, und zwar in derjenigen Lage und Entfernung von dem Ufer und von einander,
                              in welcher man es noͤthig findet, indem diese Rahmen die Wogen auffangen und
                              ihr Fortschreiten hindern, da leztere sich an den Staͤmmen brechen, welche
                              Brechung an diesen schwimmenden Wogenbrechern weit zwekmaͤßiger geschieht,
                              als an steinernen.
                           
                              „An einem steinernen Damme schlagen die Wogen auf eine feste
                                 Flaͤche, und es folgt ein vergroͤßerter Aufruhr derselben; an
                                 jeder Seite des Vorsprunges bildet sich eine neue Stroͤmung. Der
                                 schwimmende Damm hingegen biethet eine nachgebende und eine Reihe von
                                 nachgebenden Flaͤchen dar; ein Theil der Wogen oder der Stroͤmung
                                 geht unter demselben durch, und auf diese Weise kommt das Wasser unter der
                                 Windseite schneller in's Gleichgewicht. Die Art, wie dieses geschieht, ist
                                 folgende: die Woge bricht sich zuerst an der aͤußeren breiten Seite des
                                 Rahmens; da der Rahmen flottet, so wird sehr wenig von der Woge
                                 zuruͤkgeschlagen: ein Theil davon geht uͤber den Rahmen, ein
                                 anderer unter demselben weg; in diesem gebrochenen Zustande schlaͤgt die
                                 Woge an einen zweiten Damm, wo es ihr ebenso ergeht, u.s.f. an einen dritten und
                                 vierten, bis endlich der Schwall so schwach wird, daß er am Ende ganz
                                 gebaͤndigt ist. Wirklich erreicht auch nur ein sehr kleiner Theil der
                                 schwersten Wogen die Seite hinter dem Rahmen, die gegen den Wind
                                 geschuͤzt ist.“
                              
                           Zuweilen kann es, theils der Lage, theils des Holzes, theils des See-Tanges wegen
                              vortheilhaft seyn, den Wogenbrecher hoͤher flotten zu machen. In diesem Falle
                              duͤrfen nur leere Faͤsser oder Kisten oder andere leichte
                              Gegenstaͤnde, wie es Ort und Umstaͤnde erfordern, an den Rahmen
                              angebracht werden.
                           Die Kosten eines solchen schwimmenden Dammes oder Wogenbrechers betragen kaum den
                              zwanzigsten Theil derjenigen, die ein feststehender erfordert. Es ist bei demselben
                              kein Hinterwasser noͤthig, um das faule Hafenwasser wegzuschaffen, welches
                              die stehenden Daͤmme immer erzeugen. Man kann sich bei Fluth, wie bei Ebbe,
                              demselben gleich gut naͤhern; denn, wenn er gehoͤrig vor Anker liegt,
                              so steigt und faͤllt er immer mit der See. Er laͤßt sich leichter und
                              wohlfeiler ausbessern, als ein steinerner Damm, und sehr leicht zu jeder Zeit von
                              einem Orte auf das andere schaffen: Vortheile, die wichtig genug sind. Wenn durch
                              Abnahme des Handels an irgend einem Orte solche schwimmende Daͤmme
                              uͤberfluͤßig werden, oder wenn im Kriege durch dieselben Landungen
                              beguͤnstigt wuͤrden, so kann man sie augenbliklich beseitigen, und
                              anderswo anwenden, ohne daß es noͤthig wird kostbares Mauerwerk mit vieler
                              Muͤhe und mit großen Auslagen abzubrechen. Vorzuͤglich wichtig sind
                              diese Wogenbrecher an Kisten, wo starker Fischfang getrieben wird, und wo die starke
                              Brandung oͤfters die Bothe am Landen hindert; wo also auch der Markt nicht
                              gehoͤrig mit Fischen versehen werden kann, und die armen Fischer an Absaz und
                              Verdienst leiden muͤssen. Auch fuͤr Badeplaͤze taugt diese
                              Vorrichtung trefflich, indem sowohl Kraͤnkliche als Gesunde sehr oft durch
                              eine zu rauhe See an dem Genusse des Bades gehindert werden, und diese Wogenbrecher
                              immer ruhiges Wasser geben.
                           Ein Zeugniß von 5 Hafenmaͤnnern zu Deal unterzeichnet, wo Hr. White einen
                              solchen schwimmenden Hafen vor Anker legte, beurkundet die Guͤte und
                              Brauchbarkeit desselben selbst bei einer furchtbaren (tremendous) SeeMoͤchten alle englische Patente mit solchen Zeugnissen erprobter
                                    Brauchbarkeit versehen seyn! Wir koͤnnen die Bemerkung nicht
                                    unterdruͤken, daß aͤhnliche schwimmende Hafen oder
                                    Wellenbrecher sich an mehreren deutschen Alpenseen wie am Koͤnigs-See
                                    bei Berchtesgaden, am Gmuͤndner-See bei Ebensee seit undenklichen
                                    Zeiten sich befinden, und daß sie dort, obschon nur zum Auffangen des in
                                    diese Seen von den Waldbaͤchen hingetriften Holzes bestimmt, bei
                                    Stuͤrmen gleichfalls die beste Wirkung gegen die Gewalt der Wogen
                                    aͤußern. Aehnliche Vorrichtungen koͤnnten auch am Bodensee
                                    hier und da noch benuͤzt werden, und selbst an manchen Stellen des
                                    Leches und der Isar dem Einstuͤrzen der Ufer bei hohem Wasserstande
                                    und heftiger Stroͤmung vorbeugen. A. d. Ueb..
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
