| Titel: | Ueber Reinigung des Colsat und Rübsenöhles, mit Untersuchung der dabei sich ausscheidenden Stoffe. Von Bartol. Bizio. | 
| Fundstelle: | Band 15, Jahrgang 1824, Nr. XLV., S. 243 | 
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                        XLV.
                        Ueber Reinigung des Colsat und RübsenöhlesMoͤchte sie doch auch in andern Staaten gewekt werden. Wie kann sie aber
                                 dieß, da man das Studium der Naturgeschichte auf einigen Universitaͤten
                                 durch Beschraͤnkung der Beduͤrfnisse der botanischen
                                 Gaͤrten etc. auf alle moͤgliche Weise hindert? A. d. Ueb., mit Untersuchung der dabei sich ausscheidenden Stoffe. Von Bartol. Bizio.
                        Aus dem Giornale di Fisica. Dec. II. T. VII. p.
                              301.
                           
                        Bizio, über Reinigung Colsat und Rübsenöhles.
                        
                     
                        
                           Der geringe Preis aller Getreidesorten in den lezteren Jahren
                              werde die Industrie unserer Oekonomen andere Pflanzen aufzufinden, die, sparsamer
                              auf den Getreide-Ackern gebaut, theils durch Verminderung der Getreide-Menge, theils
                              durch Ausfuhr des neuen Produktes in die benachbarten Staaten eine neue Quelle des
                              Ertrages fuͤr sie werden koͤnntenColsat ist Brassica
                                    campestris.; Ruͤbsen Brassica
                                    Napus L. Vergl. Boͤhmer techn. Gesch. d. Pfl. 1. Th.. Der kostbare Oehlbaum, fuͤr welchen es im Venezianischen zuweilen zu
                              kalt ist, und der nur in einigen gegen die Nordwinde geschuͤzten Gegenden gut
                              gedeihet, reicht mit seinem Ertrage kaum fuͤr den zehnten Theil der
                              Beduͤrfnisse der Einwohner hin, die es aus der Fremde holen muͤssen.
                              Es war daher sehr klug, daß man sich auf den Bau des Colsat und des Ruͤbsen
                              im Großen verlegte, wodurch ein Theil des Bedarfes des Baumoͤhles gedekt
                              wird. Allein, das aus diesen Samen gepreßte Oehl hat den Nachtheil, zwei sehr
                              schlechte Eigenschaften zu besizen; es schwelt naͤmlich zu sehr nach den
                              Schotengewaͤchsen, und es entwikelt beim Verbrennen einen schweren
                              erstikenden Rauch: eine einzige Lampe in einer geschlossenen Stube verbreitet einen
                              abscheulichen Geruch, und macht den Aufenthalt in derselben
                              unertraͤglich.
                           
                           Die Anwendung der Mineralsauren, die man zur Reinigung dieser Oehle vorschlug, ist
                              bisher zu unzureichend, um wahrhaft nuͤzlich zu werden; denn diese
                              Saͤuren benehmen diesen Oehlen weder den Geruch gaͤnzlich, noch
                              befreien sie vollkommen von dem Rauche, der nicht bloß die Flamme derselben
                              truͤbt, sondern sie vielleicht selbst der Gesundheit nacktheilig macht. Ich
                              versuchte daher etwas Besseres, als diese Saͤuren, aufzufinden, und nahm zu
                              dem siedenden Wasser meine Zuflucht.
                           Nachdem ich diese Oehle unter stetem Umruͤhren mit gleichen Raumtheilen
                              Fluß-Wasser kochte, bemerkte ich, daß sie nach zwei- bis dreistuͤndigem
                              Kochen truͤbe wurden, daß das Wasser eine gelbliche Farbe annahm, und
                              folglich die gelbe Farbe der Oehle, die dadurch gruͤnlich wurden, beinahe wie
                              Baumoͤhl, zum Theile in das Wasser uͤbergieng. Die Oehle hatten nun
                              auch den Geruch verloren, der mit dem Wasser verduͤnstete.
                           Nun nahm ich das Oehl vom Feuer, und fand, daß die Truͤbung desselben von
                              einer weißen flokigen Materie herruͤhrte, von welcher man dasselbe theils
                              durch Filtriren, theils dadurch, daß man dasselbe einige Tage ruhig stehen ließ,
                              befreien konnte.
                           Ich glaubte diese Reinigung dadurch beschleunigen zu koͤnnen, daß ich zum
                              Absieden ein saͤuerliches Wasser waͤhlte, welches ich mit Mineral-
                              oder Pflanzensaͤuren saͤuerte: allein, die Saͤuren, obschon sie
                              schwach waren, wirkten, unterstuͤzt von dem Feuer, nur nachtheilig auf die
                              Oehle. Ich versuchte daher Salzwasser, das mir die besten Dienste leistete, und
                              dessen Wirkung ich mir nur durch den Umstand erklaͤren konnte, daß Salzwasser
                              einer hoͤhern Temperatur bedarf, um den Siedepunct zu erreichen.
                           Dieß ist, glaube ich, das einfache und unschaͤdliche
                                 Verfahren bei der Reinigung der Oehle, deren Cav. Aldini vor dem k. k. Institute der Wissenschaften und Kuͤnste zu
                              Mailand erwaͤhnte; denn ich selbst theilte ihm ein auf diese Art gereinigtes
                              Oehl mit. Ich muß indessen zur Steuer der Wahrheit bekennen, daß ich mein Verfahren
                              fuͤr nicht besser halte, als jenes mit Schwefelsaͤure, obschon ich es
                              ehevor glaubte, und der Cavaliere und andere mit ihm es gleichfalls glaubten. Die
                              Ursache der Taͤuschung, in welche wir alle verfielen, liegt darin, daß wir
                              das Oehl zubald nach seiner Reinigung versuchten. Diese gesottenen Oehle werden, einige Zeit
                              nach ihrer Reinigung, leichter ranzig als andere, verderben leichter, und werden
                              schlechter, als sie ehevor gewesen sind. Dieß ist der Grund, warum ich mein
                              Verfahren fuͤr keinesweges besser halte, als jenes der Franzosen. Mein
                              Gewissen fordert mich auf, durch dieses Gestaͤndniß den Irrthum zu bekennen,
                              in welchen mit mir der Cavaliere Aldini und alle andere gefallen sind, die diesen
                              Versuch machten.
                           
                        
                           Ueber die Stoffe, die durch das Sieben von obigen Oehlen
                              entfernt wurden.
                           Niemand hat, soviel ich weiß, in diesen Oehlen das Daseyn des Zimomes vermuthet; es
                              ist aber auch noch Schleim und Faͤrbestoff in denselben enthalten, welche
                              beide durch siedendes Wasser davon geschieden werden koͤnnen. Die flokige
                              Materie, deren wir oben erwaͤhnten, ist reines Zimom, welches, durch die
                              Waͤrme des Wassers verdichtet, sich aus dem Oehle abscheidet, und, immerfort
                              in demselben verweilend, durch seine Leichtigkeit und durch die Klebrigkeit des
                              Oehles sich mit der ganzen Masse mengt, und dadurch das Oehl truͤbt. Daß
                              diese Materie reines Zimom war, hiervon uͤberzeugte ich mich dadurch, daß ich
                              es mit einer gesaͤttigten Aufloͤsung von
                              Queksilber-Deuterochloruͤr gehoͤrig durchschuͤttelte, wodurch
                              das Oehl alsogleich truͤbe, und durch seine Verwandtschaft, alles Zimom am
                              Boden vereinigt wurde. Eben dieses Zimon kommt auch im Mandel-Oehle, Wallnuß-Oehle,
                              Lein- und Hanf-Oehle, Been-Oehle (von Guilandina
                                 Moringa) Baumoͤhle, im amerikanischen Nuß-Oehle (von Canarium commune), im Sonnenblumen-Oehle (Helianthus annuus) (nicht Heliotropium annuum, wie Hr. Bizio schreibt) im Weinkern-Oehle vor, und
                              vielleicht noch in mehreren anderen Oehlen, und zwar vielleicht, nach Taddei's Untersuchungen, mittelst
                              des Schleimes, der so große Verwandtschaft mit dem Zimome hat. Wirklich
                              erhaͤlt man auch, wenn man das Wasser, welches nach dem Ablochen mit dem
                              Oehle uͤbrig bleibt, abraucht, ein Extract, welches aus Schleim und aus einem
                              gelben Faͤrbestoffe entsteht, und in Alkohol und in Aether
                              unaufloͤsbar ist.
                           
                           Die Ursache der Fehler dieser Oehle scheint mir daher in dem groͤßeren
                              Verhaͤltnisse, in welchem diese drei Bestandtheile in denselben, verglichen
                              mit anderen Oehlen, vorkommen, gelegen zu seyn.
                           Man bedient sich schon mehrere Jahre der Schwefelsaͤure zur Reinigung dieser
                              Oehle, ohne daß man die Wirkung derselben erklaͤrt haͤtte, die bloß in
                              Scheidung des Zimomes und des Schleimes aus dem Oehle mittelst der Saͤure
                              besteht. Die Saͤure wirkt nicht auf den Farbestoff, den sie im Oehle
                              laͤßt; daher das Kochen mit Wasser vortheilhafter waͤre, wenn das Oehl
                              dadurch nicht leichter ranzig wuͤrde.
                           Wenn man bedenkt, daß andere Oehle, obschon sie gleichfalls Faͤrbestoff
                              enthalten, doch mit Heller Flamme und weniger Rauch brennen, als das Colsat und
                              Ruͤbsen-Oehl, das durch Saͤuren gereinigt wurde, so entsteht die
                              Vermuthung, daß diese Faͤrbestoffe ihrer Natur nach verschieden seyn, und
                              sich wie die Harze verhalten koͤnnen, und dadurch auf die Natur der Oehle
                              selbst wesentlichen Einfluß haben. So verliert das Lein-Oehl, welches voll
                              aͤhnlichen Faͤrbestoffes ist, durch das Kochen mit suͤßem oder
                              mit gesalzenem Wasser durchaus nichts von demselben, weil der Faͤrbestoff in
                              diesem Oehle harziger Natur ist, wie ich mich bei vollkommener Entfaͤrbung
                              desselben, so daß die Mahler es zur Bereitung ihrer Farben brauchen koͤnnen,
                              (wofuͤr ich auch von dem k. k. Institute Belohnung erhielt) zu
                              uͤberzeugen Gelegenheit hatte. In denjenigen Oehlen, wo der
                              Faͤrbestoff harziger Natur ist, schadet er bei der Beleuchtung nicht; nur
                              dann, wann er Extractiv-Stoff ist, wird er fuͤr dieselbe nachtheilig.