| Titel: | Auszug aus einer Abhandlung über den hydraulischen Mörtel. Von Hrn. Treussart Colonel du Génie. | 
| Fundstelle: | Band 15, Jahrgang 1824, Nr. LXXIV., S. 342 | 
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                        LXXIV.
                        Auszug aus einer Abhandlung über den
                           hydraulischen Mörtel. Von Hrn. Treussart Colonel du Génie.
                        Aus dem Mémorial de l'Officier du
                           Gènie in den Annales de Chemie et de Physique. T. XXVI. 1824. S.
                              324.
                        Treussart über den hydraulischen Mörtel.
                        
                     
                        
                           Die Abhandlung, von der wir so eben den Titel bezeichnet
                              haben, enthaͤlt die Resultate einer großen Anzahl von Versuchen. Sie ist sehr
                              weitlaͤufig, und mehrere Resultate derselben beziehen sich auf besondere
                              Localitaͤten. Aus diesen Gruͤnden wollen wir uns darauf
                              beschraͤnken, bloß diejenigen anzufuͤhren, die allgemeines Interesse
                              besizen, indem wir allerdings der Arbeit des Hrn. Treussart, die uns von großem
                              Nuzen zu seyn scheint, Gerechtigkeit wiederfahren lassen.
                           Man hat die Kraft der Moͤrtel, nach einjaͤhriger Aufbewahrung im
                              Wasser, durch die Gewichte bestimmt, welche Parallelopipede derselben von 15
                              Centimeter-Laͤnge auf 5 im Gevierte, die auf zwei horizontale Eisenstangen
                              gestellt waren, welche 10 Centimeter weit von einander entfernt waren, ohne zu
                              zerbrechen in ihrer Mitte ertragen konnten. Man nahm zur Vergleichung
                              gewoͤhnliche Straßburger Baksteine, die wieder in derselben Groͤße und
                              Entfernung aufgestellt waren: diese ertrugen eine Schwere von wenigstens 210 Kilogrammen ehe
                              sie zerbrachen. Die hydraulischen Moͤrtel koͤnnen erst fuͤr gut
                              erklaͤrt werden, wenn sie nach Verlaufe eines Jahres ohngefaͤhr 200
                              Kilogramme zu tragen vermoͤgen ohne zu zerbrechen. Diejenigen, welche einen
                              Widerstand) = 210 Kilogrammen erhalten haben, sind mit der Zeit im Stande einen, den
                              gewoͤhnlichen Steinen gleichen, Widerstand zu erlangen. Der magere Kalk aus
                              Elfaß und von Metz giebt, mit Sand oder Traß, nur einen mittelmaͤßigen
                              Moͤrtel. Derselbe Kalk liefert hingegen, mit etwas Wasser geloͤscht,
                              so daß er in ein trokenes Pulver zerfaͤllt, und dem Volumen nach, mit 3/4
                              oder 1 Theile Sand und ebensoviel Traß vermischt, sehr gute Resultate.
                           Der magere Kalk, so geloͤscht, daß er einen Teig bildet, muß, wegen seiner
                              Eigenschaft sich sehr schnell zu erhaͤrten, auf der Stelle angewendet werden;
                              wenn man ihn bloß zu trokenen Pulver loͤscht, und 1/5 seines Volumens Wasser
                              zusezt, so kann man daraus mehrere Monate lang Moͤrtel bereiten.
                           Die Kalke, sie moͤgen vorlaͤufig geloͤscht seyn oder nicht,
                              verlieren, der Luft ausgesezt nach Verlaufe von 3–4 Monaten, fast alle ihre
                              hydraulischen Eigenschaften, ohne jedoch auf, zuhoͤren mit einer Mischung von
                              Sand und Traß sehr gute Moͤrtel zu bilden. Der Verfasser glaubt bei dieser
                              Gelegenheit bemerkt zu haben, daß der Kalk, indem er sich in ein Hydrat verwandelt,
                              Sauerstoff aufnimmt. Dieses Resultat verdient Bestaͤtigung.
                           Kuͤnstlicher hydraulischer Kalk. Hr. Treussart konnte, nach allen
                              bekannten Vorschriften, keinen guten mageren Kalk erzeugen. Der Braunstein, das
                              Eisen und die Bittererde gaben kein hydraulisches Resultat. Die Kieselerde, die
                              weiße, sehr thonartige Erde und die Ocher Erden gaben hydraulische Moͤrtel,
                              aber von sehr schwachem Widerstand. Eine einzige Thonart gab ein ziemliches
                              Resultat: naͤmlich die von Holzheim in der Naͤhe von Straßburg, in
                              welcher man Pflanzen-Ueberreste findet.
                           Der hydraulische Kalk, aus Boulogner Strandsteinen bereitet, erhaͤrtet sehr
                              schnell; allein die Moͤrtel, die aus diesem Kalke angemacht wurden, erlangten
                              keine große Festigkeit. Gewichte von 50 bis 80 Kilogrammen reichten hin sie zu zerbrechen.
                              Sie vertrugen keine Mischung mit Sand.
                           Versuche durch Zusammensezung die Strandsteine aus Boulogne nachzuahmen, gaben keine
                              genuͤgende Resultate; Hr. Treussart muthmaßte, daß die Analyse. nicht alle ihre Bestandtheile
                              dargethan haben moͤchte. Er glaubt erkannt zu haben, daß sie Soda, und selbst
                              etwas Pottasche enthalten. Hydraulische Kalke, die er erhielt, indem er eine
                              Mischung aus Kalk, Thon, und einer sehr kleinen Quantitaͤt Soda brennen ließ;
                              und die er mit einer Mischung ohne Alkali verglich, haben ihn in seiner Meynung
                              bestaͤrkt. Die Gegenwart der Pottasche oder der Soda in der Holzheimer Erde,
                              die Pflanzen-Ueberreste enthaͤlt, haͤtten zu den besseren Resultaten
                              beigetragen, die er mit diesen Erden erhielt. Er meint uͤberdieß, daß die
                              Theorie der hydraulischen Moͤrtel noch nicht vollkommen bekannt ist, und daß
                              es sehr schwer haͤlt, gute hydraulische Kalke kuͤnstlich zu
                              verfertigen.
                           Natuͤrliche und kuͤnstliche Puzzolanen und
                                 Trasse. Die italienischen Puzzolanen Heben im allgemeinen bessere
                              Resultate, als die Trasse; allein der Unterschied ist nicht bedeutend genug, um die
                              Anwendung der Puzzolan-Erden dort vorzuziehen, wo man sich die Trasse wohlfeiler
                              verschaffen kann.
                           Zahlreiche Versuche uͤber die Fabrikation der Trasse, haben Hrn. Treussart gezeigt, daß alle
                              Mischungen, die ohngefaͤhr ein Zehntel oder eine groͤßere
                              Quantitaͤt kohlensauren Kalk enthielten, etwas calcinirt werden mußten, um
                              sich in Trasse zu verwandeln; und daß, wenn sie zu stark calcinirt werden, sie
                              dadurch diese Eigenschaften gaͤnzlich verlieren. Jene Mischungen hingegen,
                              welche keinen oder nur wenig Kalk enthielten, fordern eine heftige Calcination. Vier
                              oder 5 hunderttheile Kalk in Thonerden erzeugen eine vortheilhafte Wirkung; das
                              Brennen erfordert weniger Hize und die Erhaͤrtung geschieht schneller. Das
                              Eisen scheint kein wesentlicher Bestandtheil in der Zusammensezung der Puzzolanerden
                              oder der Trasse zu seyn. Eine fast reine Thonerde gab einen guten Traß, aber es fand
                              sich daß die besseren Thonerden diejenigen sind, die ebensoviel Sand, als Thonerde,
                              enthalten. Wenn man sich darauf beschraͤnkt, die Substanzen, ohne sie durch
                              Zusaz von Wasser in
                              einen Teig zu verwandeln, zu vermengen; so erhaͤlt man viel weniger
                              vortheilhafte Resultate.
                           Um Trasse oder Puzzolanerden zu bereiten, schlaͤgt Hr. Treussart vor die Erden; so wie man es bei den
                              Baksteinen zu thun pflegt, zu kneten. Wenn der angewendete Thon mehr als den 10ten
                              Theil kohlensauren Kalk enthaͤlt, so muß man große Baksteine daraus
                              verfertigen, die man an der Seite des Ofens anbringt, wo man gewoͤhnlich die
                              Ziegelsteine hinstellt, die einer schwaͤcheren Hize als die Baksteine
                              ausgefezt werden. Wenn der Thon fast leinen Kalk enthaͤlt, wird man kleinere
                              Baksteine daraus bilden, und sie dahin stellen, wo man die Baksteine brennt.
                           Sobald die Baksteine gehoͤrig gebrannt sind, muß man sie fein reiben, und
                              durch ein sehr feines Drahtsieb schlagen. Je seiner der Traß ist, desto besser ist
                              er.
                           Der Verfasser glaubt, daß man, nach dem gegenwaͤrtigen Standpuncte unseres
                              Wissens, aus folgenden Gruͤnden keinen kuͤnstlichen hydraulischen Kalk
                              machen solche: 1. Wuͤrde er in jenen Laͤnden, wo man den Kalk zweimal
                              brennen muͤßte, und durch die Schwierigkeit der Thonmischung im Großen,
                              gehoͤrig zu bewerkstelligen, zu hoch zu stehen kommen; 2. sind nicht alle
                              Thonerden zur Verfertigung kuͤnstlicher hydraulischer Kalke geeignet; 3.
                              verkieren die Kalke leicht einen großen Theil ihrer hydraulischen Eigenschaften
                              durch etwas zu starkes brennen, und durch die Wirkung, die sie auf die Luft
                              aͤußern, durch welche sie in kurzer Zeit in den Zustand des
                              gewoͤhnlichen Kalkes zuruͤkgefuͤhrt werden; 4. stehen endlich
                              die Resultate, die man dadurch erhaͤlt, weit hinter jenen, welche man auf
                              eine leichte Weise mittelst der kuͤnstlichen Trasse erlangen kann. Die
                              mitleren Resultate des, aus gutem natuͤrlichen hydraulischen Kalle und Sande
                              bereiteten, Moͤrtel sind um die Haͤlfte geringer, als die derjenigen,
                              die mit gemeinem Kalke, Sande und kuͤnstlichem Trasse verfertigt sind.
                           Der Verfasser bemerkt, daß man kuͤnstliche hydraulische Kalke nur darum macht,
                              um Moͤrtel zu bereiten, die die Eigenschaft besizen im Wasser zu
                              erhaͤrten. Da man diese Resultate geradezu mit gemeinem Kalke und
                              kuͤnstlichem Trasse erhaͤlt, und dieses Resultat beste ist, so glaubt
                              er, daß dieses Verfahren
                              auch das vortheilhafteste ist. Die gemeinen Kalke sind beinahe durchaus dieselben,
                              und nicht, wie hydraulische Kalke, der Gefahr ausgesezt, einen großen Theil ihrer
                              Eigenschaften durch ein zu starkes Brennen zu verlieren; ein Nachtheil, der bei
                              einem Theile des Kalkes, in einem vollen Ofen unvermeidlich ist.
                           Hr. Treussart gibt in seiner
                              Abhandlung, in Tabellenform, die Resultate seiner zahlreichen Versuche: mehrere
                              derselben bestaͤtigen diejenigen, die Hr. Vicat vor Kurzem gemacht hatPolytechnisches Journal Bd. IV. S.
                                       280. Bd. IX. S. 363, Bd. XV, S. 186. D.; andere widersprechen denselben. Diese Verschiedenheit kann zum Theil von
                              der Natur der angewandten Substanzen herruͤhren. Wie dem nun sey, Hr.
                              Treussart laͤßt den
                              nuͤzlichen Arbeiten des Hrn. Vicat, welcher der Baukunst einen großen Dienst erwiesen hat, indem
                              er seine Versuche uͤber die Moͤrtel bekannt machte, alle Gerechtigkeit
                              wiederfahren.