| Titel: | Ueber die Auffrischung der Aufschriften auf Münzen und Medaillen durch ungleichförmige Oxidation. | 
| Fundstelle: | Band 15, Jahrgang 1824, Nr. LXXIX., S. 355 | 
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                        LXXIX.
                        Ueber die Auffrischung der Aufschriften auf
                           Münzen und Medaillen durch ungleichförmige Oxidation.
                        Aus Brewster's Edinburgh
                              Journal im London Journal of Arts and Sciences. Septemb. 1824. S.
                              149.
                        Ueber die Auffrischung der Aufschriften auf Münzen und Medaillen
                           durch ungleichförmige Oxidation.
                        
                     
                        
                           Man wußte seit langer Zeit, ohne jedoch angeben zu
                              koͤnnen, wem man diese Entdekung zu danken hat, daß eine Muͤnze, auf
                              welcher Gepraͤge und Aufschrift gaͤnzlich abgenuͤzt ist, so daß
                              man nicht die mindeste Spur eines Eindrukes an derselber mehr wahrzunehmen vermag,
                              Gepraͤge und Aufschrift ganz oder theilweise wieder erhaͤlt, wenn man
                              dieselbe auf heißes Eisen legt. Wenn dieser Versuch vollkommen gelingen soll – so
                              muß die Muͤnze gleichfoͤrmig abgenuͤzt, und nur sehr wenig
                              Metall von den hohlen Theilen zwischen den Buchstaben verloren haben.
                           Wenn eine Muͤnze dieser Art, oder, was noch besser ist, eine Muͤnze,
                              auf welcher noch immer eine, obschon unlesbare, Spur von Aufschrift
                              zuruͤkblieb, auf heißes Eisen gelegt wird, so wird man wahrnehmen, daß eine
                              Oxidation auf ihrer ganzen Oberflaͤche Statt hat, deren Anflug in seiner
                              Farbe nach der Intensitaͤt oder Andauer der Hize verschieden ist. Indessen
                              werden die Theile, auf welchen die Buchstaben der Aufschrift standen, sich in einem
                              ganz anderen Verhaͤltnisse oxidiren, als die dieselben umgebenden Theile, so
                              daß die Buchstaben ihre Form darbiethen, und dadurch leserlich werden, daß der
                              Anflug des Oxides, welcher ihre ehemahlige Stelle bedekt, eine verschiedene
                              Staͤrke zeigt, und deßwegen auch eine andere Farbe, als die nahe gelegenen
                              Theile, zuruͤkwirft. Die auf diese Weise erhaltenen Tinten laufen zuweilen
                              durch viele Reihen glaͤnzender Farben, vorzuͤglich Fleischfarben und
                              Gruͤn, und ruhen zuweilen in Bronze und Schwarz auf der Aufschrift allein.
                              Zuweilen ist die Farbe auf der Lettern – Spur so matt, daß man sie gerade
                              noch wahrzunehmen vermag: ein leises Reiben mir dem Finger vermag sie
                              gaͤnzlich wegzuwischen.
                           Wenn man diesen Versuch mit derselben Muͤnze oͤfters wiederholt, und
                              die Oxidirung nach dem Versuche immer nach und nach wegnimmt, so wird der Anflug des
                              Oxides immer schwaͤcher und schwaͤcher, und bleibt am Ende ganz weg.
                              Mit der Zeit erhaͤlt er indessen seine vorige Staͤrke wieder. Wenn die
                              Muͤnze zum ersten Mahle auf das heiße Eisen gelegt wird, und folglich die
                              Oxidation am staͤrksten ist, steigt ein bedeutender Rauch von der
                              Muͤnze auf, der sich so, wie der Anflug des Oxides, mit der Zeit durch
                              Wiederholung vermindert. Eine Muͤnze, welche keinen Rauch mehr gab, gab
                              denselben nach zwoͤlfstuͤndigem Aussezen an die Luft, nachdem sie
                              waͤhrend dieser Zeit von dem Eisen weggenommen war, und mit einer Zange nach
                              12 Stunden wieder auf dasselbe gelegt wurde, einiger Massen wieder.
                           Nach einer Menge von Versuchen fand ich immer die erhabenen Theile der Muͤnze,
                              und an neueren Muͤnzen den erhabenen Rand um die Aufschrift, zuerst oxidirt. Dieser Rand hatte
                              an einem englischen Shilling vom Jahre 1816 bereits eine sehr schoͤne gelbe
                              Farbe, ehe sich dieselbe an irgend einem anderen Theile der Muͤnze
                              zeigte.
                           Bei Untersuchung mehrerer alter Muͤnzen erschien ein glaͤnzend rothes
                              Kuͤgelchen unter Schwefelgeruch auf ein paar Stuͤken der, selben, und
                              zuweilen schwizten Kuͤgelchen, wie von Queksilber, aus der Oberflaͤche
                              derselben hervor. Andere Muͤnzen gaben einen ganz unertraͤglichen
                              Geruch von sich, und eine indische Pagoda wurde vollkommen schwarz, als sie auf
                              heißes Eisen gelegt wurde.
                           Da nun dieß bei Oxidirung der Muͤnzen allgemein guͤltige Thatsachen
                              sind, so ist es der Muͤhe werth die Ursache derselben anzugeben. Wenn man ein
                              gleichartiges und gleichfoͤrmigen Stuͤk Silber auf heißes Eisen legt,
                              so oxidirt sich die Oberflaͤche desselben gleichfoͤrmig, wenn alle
                              Theile desselben demselben Grade von Hize ausgesezt wurden. Eine Muͤnze
                              unterscheidet sich jedoch von einem gleichfoͤrmigen Silberstuͤke
                              dadurch, daß sie waͤhrend des Auspraͤgens mit großer Gewalt geschlagen
                              wurde. Waͤhrend des Auspraͤgens wurden offenbar die eingesenkten
                              Theile durch die hervorstehenden Theile des Praͤgestaͤmpels am meisten
                              zusammengedruͤkt, und die hervorstehenden wurden in ihrem natuͤrlichen
                              Zustande gelassen. Eine Muͤnze ist also ein Stuͤk Metall, an welchem
                              die hervorstehenden Buchstaben und Figuren weniger Dichtigkeit besizen, als die
                              uͤbrigen Theile, und folglich muͤssen diese Theile sich schneller, und
                              bei einer niedrigeren Temperatur oxidiren. Wenn die keltern durch den Umlauf der
                              Muͤnze abgenuͤzt werden, so haben die unmittelbar unter denselben
                              gelegenen Theile noch immer weniger Dichtigkeit, als das Metall, welches sie umgibt,
                              und folglich nehmen sie durch Hize eine Oxidation und Farbe an, welche von jener der
                              sie umgebenden Oberflaͤche verschieden ist. Daraus erhellt, wie die
                              unsichtbar gewordenen Lettern durch Oxidation wieder sichtbar werden
                              koͤnnen.
                           Eine aͤhnliche Erscheinung hat bei den wunderschoͤnen Oxidationen auf
                              einer polirten Stahlflaͤche Statt. Wenn der Stahl haͤrtere Stellen
                              hat, die die Arbeiter Stifte (pins) nennen, so
                              hoͤrt die gleichfoͤrmige Oxidation an diesen Stellen auf, die immer
                              eine andere Farbe, als der Rest der Masse, darbiethen.
                           
                           Das Rauchen der Muͤnze, die Verminderung ihrer Oxidations-Faͤhigkeit
                              durch Wiederholung des Versuches, die Wiedererlangung derselben durch Laͤnge
                              der Zeit, scheint anzudeuten, daß die weicheren Theile des Metalles irgend etwas aus
                              der Luft einsaugend das Oxidation befoͤrdert. Ob dieses Sauerstoff ist, oder
                              nicht, bleibt zu untersuchen.