| Titel: | Ueber Bereitung des sogenannten Papier-Maché und der Bernstein-Firnisse. Von dem sel. Dr. Wilh. Lewis. | 
| Fundstelle: | Band 16, Jahrgang 1825, Nr. XXV., S. 71 | 
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                        XXV.
                        Ueber Bereitung des sogenannten
                           Papier-Maché und der Bernstein-Firnisse. Von dem sel. Dr. Wilh. Lewis.
                        Aus dessen Commercium Philosophico-Technicum in
                           Gill's technical
                                 Repository. Nov. 1824. S. 325.
                        Lewis, über Bereitung des sogenannten Papier-Maché und der
                           Bernstein-Firnisse.
                        
                     
                        
                           Papier-Maché wird aus Schnizeln von weißem oder grauen
                              Papier verfertigt, welche in Wasser gesotten, und in einem Moͤrser so lang
                              gestoßen werden, bis sie in eine Art von Brei verwandelt sind; dann werden sie mit
                              einer Aufloͤsung von arabischen Gummi oder Staͤrke gekocht, damit der
                              Teig die gehoͤrige Zaͤhigkeit bekommt, und in geoͤhlten Modeln
                              in die beliebige Form
                              gepreßt werden kannSo werben die Dosen in Frankreich verfertigt. Man vergleiche hiemit die
                                    Abhandlung: „Ueber
                                          Papier-Maché-Artikel und ihre Verfertigung“
                                    in diesem polytechnischen Journ. Bd. IX.
                                       S. 455.
                                    D.. Nachdem das gepreßte Stuͤk troken geworden ist, wird es mit einer
                              Mischung aus Staͤrke und Lampenschwarz uͤberzogen, und dann
                              uͤberfirnißt.
                           Der schwarze Firniß zu den hieraus verfertigten Galanterie-Arbeiten (uͤber
                              welchen die erste Notiz in einer kleinen Schrift uͤber Zeichenkunst (on drawing etc.), gedrukt im Jahre 1732, vorkommt, die,
                              wie man sagt, vorzuͤglich aus Boyle's
                              hinterlassenen Manuscripten entlehnt worden seyn soll); wird auf folgende Weise
                              verfertigt:
                           
                              „Etwas Colophonium oder schwarz und zerreiblich gesottenes Pech wird in
                                 einem irdenen glasirten Topfe zerlassen, und drei Mahl soviel Bernstein, fein
                                 gepuͤlvert, allmaͤhlich eingesprengt. Zuweilen wird etwas
                                 Weingeist oder Terpenthin-Oehl zugesezt, bis Alles fluͤßig wird. Die
                                 klare Fluͤßigkeit wird durch einen groben haͤrnen Sak
                                 durchgeseiht, und zwischen heißen BretternBesser zwischen zwei erwaͤrmten zinnernen Platten. D. ausgepreßt. Dieser Firniß wird, mit fein gepuͤlverten
                                 Elfenbein-Schwarz gemengt, aufgetragen, und in einer heißen Stube auf dem
                                 uͤberfirnißten Stuͤke getroknet, welches dann in einen
                                 mittelmaͤßig geheizten Ofen, am zweiten Tage in einen heißeren, und am
                                 dritten in einen sehr heißen Ofen gebracht wird, in welchem man es so lange
                                 stehen laͤßt, bis der Ofen kalt wird. Die auf diese Weise
                                 uͤberfirnißte, Masse wird hart, sehr dauerhaft, und glaͤnzend, und
                                 vermag sowohl heiße als kalte Fluͤßigkeiten zu halten.“
                              
                           Ein viel einfacherer, und in mancher Hinsicht sehr nuͤzlicher, Firniß, welcher
                              auch, wie man sagt, die Basis der feineren Kutschen-Firnisse etc. seyn soll, wird
                              dadurch bereitet, daß man den Bernstein in einem Tiegel langsam schmilzt, bis er
                              schwarz wird, und dann denselben puͤlvert, (wo er braun aussteht), und dieses
                              Pulver in Leinoͤhl und Terpenthinoͤhl siedet. Die Oestreicher nehmen
                              gewoͤhnlich troknendes Oehl; es scheint aber
                              besser, unzubereitetes Oehl zu nehmen, damit man das Kochen desselben, welches
                              noͤthig ist, um ihm die troknende Eigenschaft zu geben, zugleich bei seiner
                              Einwirkung auf den Bernstein wiederholen kann.
                           Durch das vorlaͤufige Schmelzen des Bernsteines wird die Natur des Bernsteines
                              veraͤndert, und ein Theil seiner oͤhligen und salzigen Bestandtheile
                              davon gejagt, wie dieß bei seiner Destillation der Fall ist. Wenn man die
                              Destillation nicht zu weit getrieben hat, dient das Caput
                                 mortuum oder die glaͤnzende schwarze Masse, die in der Retorte
                              zuruͤk bleibt, eben so gut, als obiger zerlassener Bernstein. Daher finden
                              einige unserer Chemiker es weit besser, die Destillation zu unterbrechen, wann das
                              duͤnnere Oehl und der groͤßte Theil des Salzes uͤbergegangen
                              ist, als dieselbe bis auf das Aeußerste zu treiben, wodurch der Bernstein zur bloßen
                              Kohle wird, damit naͤmlich die ruͤkstaͤndige Masse noch großen
                              Theils im Oehle aufloͤsbar, und fuͤr die Firnisse-Macher brauchbar
                              bleibtDieses Verfahren, den Bernstein vorher in einer glaͤsernen Retorte, an
                                    welche ein glaͤserner Kolben vorgelegt wird, maͤßig zu
                                    schmelzen, ist das geeignetste zur Darstellung des besten Bernsteinfirnißes;
                                    nur muß die Destillation nicht zu weit getrieben werden. Dabei gewinnt man
                                    fluͤßige und in Krystallen sublimirte Bernsteinsaͤure und
                                    Bernsteinoͤhl. Erstere macht in der Heilkunde ein unentbehrliches
                                    Medicament und in der Chemie ein schaͤzbares Reagens aus. Auch findet
                                    das Oehl in der Heilkunde Anwendung. Nach der Destillation wird die Retorte
                                    zerschlagen, die Bernsteinsaͤure Crystallen gesammelt, und der
                                    Bernsteinkuchen fein gepulvert, wo er sich nun im kochenden Oehlen leicht
                                    aufloͤset und dem Firnißbereiter keine Brustbeschwerden verursacht.
                                    D..
                           Man hat ziemlich allgemein geglaubt, daß Bernstein sich in Oehl durchaus nicht
                              aufloͤsen laͤßt, bis nicht derselbe zuvor im Feuer eine Art von
                              Zersezung erlitt. Hoffman fuͤhrt in seinen Observationes Physico-Chemicae einen Versuch an, der die
                              Aufloͤsung des Bernsteines in seinem natuͤrlichen Zustande
                              erklaͤrt. Gepuͤlverter Bernstein wurde mit zwei Mahl soviel Baum-Oehl
                              in ein Glas mit weiter Oeffnung gethan, welches in einem Digestor (einem starken,
                              kupfernen, bis auf ein Drittel mit Wasser angefuͤllten, Gefaͤße)
                              eingesenkt wurde. Auf den Digestor wurde der kupferne Dekel luftdicht aufgeschraubt,
                              und ein maͤßiges Feuer unter demselben eine Stunde lang, und daruͤber,
                              unterhalten. Nach dem Erkalten fand man den Bernstein in eine gallertartige,
                              durchscheinende, Masse aufgeloͤst.
                           
                           In Dr. Stockar's sehr interessanten Specimen inaugurale desuccino, gedrukt zu Leyden im
                              Jahre 1760, finden sich mehrere wichtige Versuche uͤber diesen Gegenstand,
                              welche er zugleich mit meinem wuͤrdigen Correspondenten, Hrn. Ziegler zu
                              Winterthur, angestellt hat. Beide fanden, daß, bei einer durch 12 Stunden
                              anhaltenden gelinden Siedehize und Einschließung der Daͤmpfe, insoferne es
                              naͤmlich Steingut-Gefaͤße ohne Berstung auszuhalten vermochten, (die
                              Gefahr des Berstens wurde durch einen kleinen Einschnitt in den Korkstoͤpsel
                              beseitigt) gepuͤlverter Bernstein in ausgepreßten Oehlen, in Terperthin und
                              Copaiva-Balsam sich vollkommen aufloͤste. Ein starkes kupfernes Gefaͤß
                              mit einem aufgeschraubten Dekel scheint aber besser zu seyn, und zu groͤßerer
                              Sicherheit kann man eine Klappe in dem Dekel anbringen, die durch eine Feder
                              niedergedruͤkt wird, welche nachgibt, ehe der eingeschlossene Dampf das
                              Gefaͤß im Stande ist zu zersprengen. Obschon aber eine so starke Hize, welche
                              einen Theil des Oehles in elastische Daͤmpfe von solcher Staͤrke zu
                              verwandeln im Stande ist, und ein so starker Druk auf diese Daͤmpfe die
                              Aufloͤsung des Bernsteines zu beschleunigen vermag, so sind doch diese beiden
                              nicht wesentlich hierzu noͤthig, denn durch bloße, eine Woche lang anhaltende
                              Digestion in einem gut gestopselten glaͤsernen Gefaͤße, in welchem
                              folglich der Druk nicht stark seyn darf, kann man eine eben so vollkommne
                              Aufloͤsung erhalten.
                           Die Aufloͤsungen in Reps- und Mandel-Oehl haben eine schoͤne gelbliche
                              Farbe; in Lein-Oehl wird die Aufloͤsung goldgelb; in Mohn-Oehl gelblichroth;
                              in Baum-Oehl schoͤn roth; in Nuß-Oehl erhaͤlt sie eine tiefere Farbe,
                              und in Lorbeeren-Oehl wird sie purpurroth. Es verdient bemerkt zu werden, daß dieses
                              Oehl, welches selbst bei der groͤßten gewoͤhnlichen Hize der
                              Atmosphaͤre die dike Consistenz der Butter behaͤlt, fluͤßig
                              blieb, nachdem der Bernstein in demselben aufgeloͤst wurde. Die
                              Aufloͤsungen in Terpenthin und Copaiva-Balsam waren dunkelroth, und
                              erhaͤrteten bei dem Erkalten in eine zerreibliche Masse von derselben Farbe.
                              Alle Aufloͤsungen mischten sich vollkommen mit Terpenthingeist. Die
                              Aufloͤsungen in Leinsamen-, Lorbeerrens, Mohn- und Nuß-Oehl, wie jene in
                              Copaiva-Balsam, und in Terpenthin, bildeten, mit vier Mahl soviel Terpenthin-Geist
                              verduͤnnt, glaͤnzende Firnisse, die schnell trokneten, und weit
                              vorzuͤglicher ols diejenigen zu seyn scheinen, die auf gewoͤhnliche
                              Weise aus geschmolzenen Bernstein verfertigt wurdenWir wiederholen nochmals unfern schon oft geaͤußerten Wunsch, daß es
                                    einem vorurtheilsfreien Chemiker gefallen moͤchte, seine Muße auf die
                                    Ausmittelung der zwekmaͤßigsten Bereitung der Firniße zu verwenden,
                                    und in einer dem Gewerbsmanne und Kuͤnstler verstaͤndig
                                    geschriebenen Drukschrift bekannt zu machen. Der Gegenstand ist jezt bei den
                                    verschiedenen verfeinerten Beduͤrfnissen von großer Wichtigkeit,
                                    zumahl unter hundert Recepten oder Vorschriften zur Firnißbereitung kaum
                                    Eine Beachtung verdient, und doch von dem Firniß in vielen Faͤllen
                                    die moͤglichste Vollkommnung des Fabrikats abhaͤngig ist.
                                    D..