| Titel: | Ueber den nachtheiligen Einfluß des Pfropfens der Aprikosen auf Pflaumenstämme. Von Hrn. Andr. Knight, Esqu. F. R. S. und Präsident der Horticultural Society. | 
| Fundstelle: | Band 16, Jahrgang 1825, Nr. LVI., S. 252 | 
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                        LVI.
                        Ueber den nachtheiligen Einfluß des Pfropfens der
                           Aprikosen auf Pflaumenstämme. Von Hrn. Andr. Knight, Esqu. F. R. S. und Präsident der
                           Horticultural Society.
                        Aus dem V. B. der Transactions of the horticultural
                                 Society in Gill's technical Repository. September 1824.
                              S. 205.
                        Knight, über den nachtheiligen Einfluß des Pfropfens der Aprikosen
                           auf Pflaumenstämme.
                        
                     
                        
                           Die englischen Gaͤrtner und Baumhaͤndler glauben
                              allgemein, daß bei der Auswahl eines Stokes, auf welchen man pfropfen oder
                              aͤugeln will, alles gethan ist, wann das Pfropfreis oder das Auge frei und
                              dauerhaft auf demselben fortwaͤchst. Ja man glaubt sogar, daß es
                              Faͤlle gibt, in welchen es vortheilhaft ist, einen Stamm einer andern Art, ja
                              sogar einer andern Gattung, zu waͤhlen. So heißt es allgemein, das Pfirsiche
                              und Nektarinen besser auf Pflaumen gedeihen, als auf ihrem eigenen Stoke, und Miller sagte, daß einige Birnen-Sorten auf Quitten ihre
                              hoͤchste Vollkommenheit erreichen; ich fuͤrchte aber, daß Miller
                               hier mehr nach der
                              aͤußern Farbe und Groͤße der Frucht, als nach der inneren Guͤte
                              derselben urtheilte, und so, wie jeder ehrliche Gaͤrtner, der seine
                              schoͤnsten Fruͤchte treulich auf den Tisch seines Herrn bringt,
                              glaubte, daß die groͤßten und schoͤnsten Fruͤchte auch die
                              besten sind. Es ist bekannt, daß ein junger Birnbaum, auf einen Quittenstamm
                              gepfropft, schoͤner gefaͤrbte, und, bei einigen Sorten, auch
                              groͤßere Fruͤchte traͤgt; daß man solche Baͤume leichter
                              leiten, und daher auch tragbarer machen kann, wenn man sie an einer Wand aufzieht.
                              Wenn man einen Ring aus der Rinde rings umher abloͤst, oder den Stamm, wie
                              man sagt, ringelt, so wird die Frucht gleichfalls schoͤner gefaͤrbt
                              und groͤßer; allein das Fleisch derselben ist weniger saftig und schmelzend,
                              und ich fuͤrchte, die Wirkungen des Pfropfens auf Quitten und jene des
                              Ringelns moͤgen so ziemlich auf Eines hinauslaufen; denn durch das Eine, wie
                              durch das Andere wird der freie und eigene Lauf des Saftes gestoͤrt. Einige
                              Birnensorten werden bekanntlich durch das Pfropfen auf Quitten schlechter, und ich
                              zweifle nicht, daß die Eigenschaften einer jeden Art von Frucht gewissermaßen
                              leiden, wenn sie auf einem Stoke anderer Art oder Gattung gezogen werden.
                           Folgende Umstaͤnde, die ich seit den lezten zwei Jahren zu beobachten
                              Gelegenheit hatte, haben mich auf obige Meinung geleitet. Ich habe in einer
                              fruͤheren Mittheilung (Horticult. Transact. V. II. p. 20) gesagt, daß die
                              Moor-park Aprikose auf ihrem eigenen Stamme besser gedeiht, als auf einem
                              Pflaumen-Stamme. Ich habe bemerkt, daß die Blaͤtter derselben eine tiefere
                              Farbe annehmen, und bedeutend laͤnger in den Herbst hinein ausdauern; ihre
                              Frucht schien mir ganz besonders ausgezeichnet. Ich hatte damahls eben keinen
                              Aprikosenbaum, der auf einen Pflaumenstamm gepfropft war, in derselben Lage, und
                              nahm daher Anstand, die hoͤhere Guͤte der Frucht irgend einer Wirkung
                              des eigenen Stammes zuzuschreiben. Spaͤter pflanzte ich zwei auf Pflaumen-
                              und zwei auf Aprikosen-Staͤmme gepfropfte Aprikosenbaͤume in dieselbe
                              Lage und in denselben Grund; ich ließ den ersteren den Vortheil eines etwas
                              hoͤheren Alters, und fand doch die Fruͤchte der lezteren in jeder
                              Hinsicht als die bei weiten besten; sie waren saftiger und zerschmolzen im Munde.
                              Sie wichen so sehr dem Geschmake nach von den Fruͤchten anderer Baͤume derselben Sorte ab,
                              daß ich mehrere Gaͤrtner, die nicht mit den Umstaͤnden, unter welchen
                              sie das geworden sind, was sie waren, bekannt gewesen sind, uͤber die
                              Identitaͤt dieser Sorte streiten hoͤrte. Die Knospen waren im dessen
                              von demselben Baume.
                           Eben so habe ich einige Gruͤnde zu glauben, daß die Pfirsiche, wenigstens in
                              einigen Faͤllen, durch die Pflaumenbaͤume sehr verdorben werden. Mein
                              Garten hat zwei Pfirsich-Baͤume von derselben Sorte: der Acton Scott. Der
                              eine waͤchst auf seinem Stamme, und der andere auf einem Pflaumen-Stamme.
                              Lezterer hat weit groͤßere Fruͤchte, die dort, wo sie der Sonne
                              ausgesezt sind, roͤther sind; aber ihr Fleisch ist groͤber, und der
                              Geschmak derselben steht jenem der Fruͤchte des anderen so sehr nach, daß,
                              haͤtte ich diese Baͤume nicht mit eigener Hand geaͤugelt, ich
                              die Identitaͤt der Sorte an diesen Fruͤchten gelaͤugnet haben
                              wuͤrde.
                           Sir Knight wuͤnscht, daß diese Versuche auch in
                              anderen Gaͤrten angestellt wuͤrden. Er glaubt, daß die Nektarinen ehe
                              dadurch leiden, daß man sie auf fremdartige Staͤmme pfropft, da ihr Fleisch
                              weniger saftig ist, als jenes der Pfirsiche; er hat indessen keine Thatsachen, durch
                              welche er diese Meinung unterstuͤzen koͤnnte.
                           Ein einziger wohl gegruͤndeter Einwurf gegen den Gebrauch der
                              Pfirsich-Staͤmme, sagt Sir Knight, kann nicht
                              umgangen werden: Baͤume, die darauf geaͤugelt wurden, koͤnnen
                              nicht mit eben so viel Sicherheit verpflanzt werden, zumahl Baͤume, die an
                              der Wand gezogen werden; ich bin aber sehr geneigt, diese Baͤume verdorbene Baͤume (spoiled
                                 trees) zu nennen, die nur darauf berechnet sind, die Ungeduld ihrer Besizer
                              zu befriedigen, zulezt aber nur zu oft die Hoffnungen derselben taͤuschen.
                              Ich habe nie einige Schwierigkeit bei dem Verpflanzen junger geaͤugelter
                              Pfirsichbaͤume gefunden.
                           
                        
                           Ueber das Aufziehen von Pfirsich-Staͤmmen.
                           Nachdem die Pfirsich-Kerne den Winter uͤber gegen harte Froͤste
                              geschuͤzt wurden, werden sie ungefaͤhr 8 Zoll weit von einander in
                              Reihen, die ungefaͤhr 2 Fuß weit entfernt sind, gelegt. Die
                              Pflaͤnzchen werden im April aufgehen, und im August oder September das
                              gehoͤrige Alter zum Aeugeln, ungefaͤhr 2 Zoll uͤber dem Grunde,
                              erreicht haben. Der Baum-Haͤndler hat also den Vortheil, die Knospen von dem
                              Baume zu einer Zeit nehmen zu koͤnnen, wo die Frucht noch an demselben
                              haͤngt; kann folglich sehr leicht Irrungen vermeiden, die nur zu
                              haͤufig vorkommen, und sicher seyn, daß die Knospen nie zu fruͤhe
                              aufspringen. Man kann in der ersten Haͤlfte Oktobers aͤugeln, und im
                              lezten Herbste aͤugelte ich mit dem besten Erfolge im NovemberDieß ist nur in dem milden Klima Englands moͤglich. A. d. Ueb.. Spaͤt im Herbste kuͤrze ich gewoͤhnlich die Wurzeln
                              meiner jungen Pfirsichbaume, vorzuͤglich die Pfahlwurzeln derselben, indem
                              ich zu beiden Seiten eine Schaufel in die Erde unter den Baumchen einsteche, die
                              Wurzeln aber weiter nicht stoͤre oder ruͤhre. So behandelt treiben die
                              Knospen sehr freudig, und wenn man der Erhaltung ihrer Faserwurzeln die
                              gehoͤrige Aufmerksamkeit schenkt, und sie gehoͤrig pakt, so
                              koͤnnen sie, ich bin des Erfolges sicher, ohne alle Gefahr durch das Versezen
                              zu leiden, in die entferntesten Gegenden gesendet werden. Aeltere Baͤume
                              moͤgen vielleicht nicht ohne Gefahr versezt werden koͤnnen; ich
                              verpflanzte aber im lezten Herbste einen 10 Jahre alten Pfirsichbaum, der auf seinen
                              eigenen Wurzeln steht, und mehr dann 10 Fuß hoch war. Er bluͤhte dieses
                              Fruͤhjahr so uͤppig, wie die Baͤume, die nicht versezt wurden:
                              seine Wurzeln wurden aber wohl erhalten, und die Aeste gehoͤrig
                              eingekuͤrzt.
                           Pfirsiche und Nektarinen-Baͤume, vorzuͤglich von jenen Sorten, die man
                              erst neuerlich aus Samen erhielt, koͤnnen leicht durch Ableger, sowohl vom
                              Sommer, als vom alten Holze fortgepflanzt werden; selbst durch Steklinge ohne alle
                              kuͤnstliche Waͤrme; denn sie schlagen leicht Wurzeln. Die beste Weise
                              aber ist, sie aus jungen Kernen zu ziehen, und noch in demselben Jahre zu
                              aͤugeln; und ich wage es zu behaupten, daß Pfirsiche und Nektarinen auf diese
                              Weise mit geringerer Muͤhe und mit geringeren Kosten, als durch das Aeugeln
                              der Pflaumen-Staͤmme erhalten werden koͤnnen: ihr schneller Wuchs wird
                              bald fuͤr die kleine Gestalt reichlich entschaͤdigen, unter welcher man sie pflanzen
                              muß. Die Gaͤrtner haben den Glauben, daß solche Baͤume nicht lange
                              leben: dagegen kann ich nichts anderes sagen, als daß ich solche Baͤume habe,
                              die 12 Jahre alt sind, einen sogar der 14 Jahre alt ist, und
                           noch keine Lust zu sterben zu haben scheint; ja nicht einmahl noch alt aussieht.