| Titel: | Uebersicht über den gegenwärtigen Zustand der Industrie in Frankreich. | 
| Fundstelle: | Band 16, Jahrgang 1825, Nr. LXXXIII., S. 383 | 
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                        LXXXIII.
                        Uebersicht über den gegenwärtigen Zustand der
                           Industrie in Frankreich.
                        (Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement
                                 pour l'Industrie nationale. N. 245. Seite 326. Im Auszuge.)
                        Uebersicht üb. den gegenw. Zustand der Industrie in
                           Frankreich.
                        
                     
                        
                           Metall-Arbeiten.
                           Eisen. Im Jahre 1806 hatte Frankreich ein einziges
                              Eisenwerk (zu Creusot) wo man verkohlte Steinkohlen, oder Cokes, anwenden gelernt
                              hatte. Der Reverberir-Ofen mit Steinkohlen geheizt, (das sogenannte affinage, anglais) war in Frankreich vor dem J. 1819
                              nicht bekannt, und wurde damahls zu Vienne betrieben, und nur zu Grossouvre (Dptt. de Cher) kannte man
                              die Strekwerke statt des elenden Hammers. Gegenwaͤrtig besizt Frankreich an
                              20 solche Eisenwerke nach englischer Art (die Hrn. Labbé und Boigues
                              fréres zu Fourchambault (Dptt. de la Niévre) haben allein 10
                              Reverberir-Oefen) und die jaͤhrliche Eisenerzeugung auf diesen 20 Eisenwerken
                              schaͤzt man auf Eine Million metrischer Zentner, wodurch Frankreichs Bedarf
                              beinahe gedekt ist.
                           Die ganze Eisenhuͤttenkunde in Frankreich ist auf dem Punkte einer
                              gaͤnzlichen Umwaͤlzung. Man macht jezt sehr weiches Eisen zu Clairvaux
                              am Jura, bloß dadurch, daß man dem sproͤden Gußeisen eine gewisse Menge von
                              dem Erze zusezt, aus welchem das sproͤde Eisen erhalten wurde. Im Departement
                              de l'Isére
                              erkennt man den Werth des Verfahrens á la
                                 Catalane. Hr. Aubertot zu Vierzon (Dptt. de Cher) heizt seine
                              Reverbir-Oefen mit der Hize, die bisher, an seinen Hochoͤfen umsonst verloren
                              ging. Man zaͤhlt in Frankreich ungefaͤhr 350 Hockoͤfen und 98
                              Catalanen. Die Hochoͤfen erzeugen ungefaͤhr 145,000 metrische Centner
                              Gußeisen und 640,000 geschlagenes Eisen; die Catalanen ungefaͤhr 150,000
                              metrische Centner geschlagenes Eisen.Man wird von einer Art von Herzwehe ergriffen und es schnuͤrt des
                                    festesten Mannes Brust zusammen, wenn man ficht, wie schnell mitten unter den
                                    vielen Kaͤmpfen, in welchen Frankreich unter den Helden seiner Zeit
                                    zu ringen hatte, die Industrie dieses Landes so maͤchtig
                                    vorwaͤrts ging, waͤhrend sie bei uns, die wir Sieger geblieben
                                    sind, immer mehr ruͤkwaͤrts schreitet. Die einst so
                                    beruͤhmten steyermaͤrkischen und kaͤrnthnerischen
                                    Eisenwerke, die das einst so hoch gefeierte norische Eisen lieferten, sind
                                    jezt beinahe veroͤdet; unser bairisches Eisen hat sich noch jezt
                                    nicht uͤber jene Mittelmaͤßigkeit erhoben, die es bisher
                                    hatte, und steht in einem Preise, den ein so unentbehrliches LebebeduͤfnißLebeduͤrfniß, wie dieses, nie haben darf. Es ist Zeit, daß wir in Deutschland
                                    anfangen, den laͤcherlichen Kram von absoluter und idealer
                                    Philosophie wegzuwerfen, und die Kamehl-Lasten von Corporibus Juris utriusque, die uns von Karls hochnothpeinlicher
                                    Halsgerichtsordnung an bis jezt immerdar aufgeladen wurden, als das zu
                                    betrachten, was sie sind: Seifenblasen des menschlichen Geistes, um nicht
                                    mit unserem alten Dr. Martin Luther sie
                                    fuͤr noch etwas anderes zu erklaͤren. (S. dessen Tischreden,
                                    Fol. Franks. 1568. S. 426. bis.) Der edle
                                    Menschenfreund, Graf Filangiert, war zwar auch
                                    der Meinung, daß mit Verbesserung der Gesezgebung ( „perfezione della legislazione“ )
                                    Alles gethan sey. Allein dagegen bemerkte Gf. Pastoret, und wie es scheint sehr richtig, daß es besser
                                    waͤre, den Menschen zu zeigen, „daß es nur ihr eigener
                                       Vortheil ist, nenn sie gut und weise sind; daß man vor Allem auf gute
                                       und zwekmaͤßige Erziehung der Jugend sehen muͤsse; daß man
                                       Muͤssiggang und Faulheit erstiken, und die Menschen einander
                                       naͤher bringen muͤsse.“ (Pastor et loix pénales, T. II.) So lang in Deutschland mehr
                                    Leute auf Universitaͤten laufen um dort zu studieren, als man
                                    sogenannte studierte Geschaͤftsleute braucht; so lang diese auf
                                    Universitaͤten nicht anderes als Philosophie und Jurisprudenz
                                    treiben, und die eigentlichen Wissenschaften, die sciences exactes, durch welche das Leben des Staates allein
                                    besteht. Mathematik in allen ihren Zweigen, Physik, Chemie, Technologie,
                                    Landwirthschaft, so sehr vernachlaͤßigt, und wohl gar verachtet
                                    werden, als sie es gegenwaͤrtig sind, so lang wird fuͤr die
                                    deutsche Industrie kein Heil seyn. Es werden nicht bloß dadurch, daß viel zu
                                    viel Leute studieren, dem Gewerbsfleiße Haͤnde und Kapitalien
                                    entzogen, sondern dadurch, daß so studiert wird, wie studiert wird, bleiben
                                    die kuͤnftigen Staats-Beamten welche aus der Klasse der sogenannten
                                    Juristen hervorgehen, und welche Kuͤnste, Gewerbe, Landes-Kultur
                                    einst leiten und schuͤzen sollen, bare Ignoranten in den ersten
                                    Elementen dieser fuͤr den Staat weit nuͤzlicheren Zweige des
                                    menschlichen Wissens, als alles Geplauder uͤber das Absolute,
                                    uͤber das Ding an sich, uͤber Ich und Nicht-Ich, sammt allen
                                    eitlen und oft gefaͤhrlichen Spekulationen uͤber die
                                    Grund-Principien des Natur- und Voͤlkerrechtes, das nie anders, dann
                                    als Jus fortiori factisci, bestanden hat, dem
                                    Staate nie nuͤzlich, wohl aber oft verderblich werden kann. In
                                    England studiert kaum der fuͤnfzigste Theil derjenigen, die bei uns
                                    ihre Jugendkraft und ihren Verstand und ihn Herz mit den abgeschmakten
                                    philosophischen Grillen und mit den Spizfindigkeiten der ledernen Juristerei
                                    verderben, Philosophie und Jurisprudenz. Die Bildung, die die englische
                                    Jugend der wohlhabenderen Klasse (denn nur diese kann in England studieren,
                                    mit Ausnahme der kuͤnftigen Diener des Altares, meistens Sohne
                                    aͤrmerer Pfarrer, fuͤr welche durch Stipendien reichlich
                                    gesorgt ist) auf ihren Schulen oder im elterlichen Hause erhaͤlt, ist
                                    die klassische, auf welche man dann die zwekmaͤßige, Mathematik,
                                    Physik, Chemie etc, folgen laͤßt, ohne welche, waren sie in
                                    England so vernachlaͤßigt, wie bei uns, auch die englische Industrie
                                    auf derselben Stufe staͤnde, wie bei uns. Man sage ja nicht daß es
                                    die Kapitalien der Englaͤnder sind, die ihre Fabriken so
                                    bluͤhend machten. Diese Kapitalien mußten erst durch Industrie und
                                    durch den auf derselben beruhenden Handel gewonnen werden. England war ein
                                    so armes Land, wie Deutschland, ehe es durch seine zwekmaͤßige
                                    Bildung zur Arbeit, reich geworden ist. England ist nicht die Insel, wo die
                                    gebratenen Voͤgel demjenigen in das Maul fliegen, der den Mund
                                    aufsperrt, und die Haͤnde in den Schoß legt: jeder Pfennig muß
                                    verdient, muͤhsam verdient werden, ehe er in den Schaz gelegt werden
                                    kann. Die Soͤhne englischer Bierbrauer, Gaͤrber, Beker,
                                    Baumwollenspinner, Toͤpfer, Gaͤrtner, Paͤchter etc.,
                                    deren Vaͤter sich Kapitalien von 50 bis 100 Tausend Pfund Sterling
                                    erworben haben, schaͤmen sich nicht, Brauer, Gaͤrber,
                                    Baumwollenspinner etc., mit einem Worte, wieder dasjenige zu werden, was ihr
                                    Vater war; sie trachten nur das gewonnene Kapital ihres Vaters auf dieselbe
                                    Weise zu vergroͤßern, auf welche ihr Vater dasselbe gewonnen hat; sie
                                    sind unermuͤdet thaͤtig, ihr Gewerbe nach den Fortschritten,
                                    die die Mechanik, die Chemie taͤglich bei ihnen macht, zu verbessern
                                    und zu vervollkommnen. Bei uns schaͤmt sich der Sohn eines Brauers,
                                    eines Gaͤrbers etc. Brauer oder Gaͤrber zu werden, sobald sein
                                    Vater es einmahl zu einigem Wohlstande gebracht hat; er zieht auf die
                                    Universitaͤt um Jurist, und dadurch einmahl ein Actuar oder Assessor,
                                    ein Landrichter etc. zu werden. Das Gewerbe seines Vaters kommt in fremde
                                    Haͤnde, die meistens froh sind, wenn alles nur so fort geht, wie es
                                    ehevor gewesen ist, ohne sich zu kuͤmmern, es noch weiter zu bringen.
                                    Waͤhrend bei uns eine Art von Ignominie auf der. Klasse der
                                    Gewerbsleute lastet, die alle Fortschritte derselben hemmt,
                                    wird in England die Klasse der Staatsdiener uͤber die Achsel
                                    angesehen, die man gewoͤhnlich poor
                                       fellows, arme Wichte nennt, und der Geist der Nation concentrirt
                                    sich zugleich mit den Kapitalien in jener Klasse, durch welche der Staat
                                    eigentlich besteht, und ruͤkt dieselbe und den Staat zugleich
                                    unaufhaltbar vorwaͤrts. Ein Pasteten-Baͤker zu London war
                                    einst Mitglied des Parliamentes und einer der ersten Dichter Englands. Bei
                                    uns glaubt man kaum, daß ein Pasteten-Baͤker Verstand haben
                                    koͤnne, viel weniger daß er uͤber Poesie und
                                    Staats-Angelegenheiten ein Wort mitsprechen koͤnnte. Es fehlte bei
                                    uns bisher an zwekmaͤßiger Erziehung und Bildung des Volkes;
                                    troͤsten deke Worte hat nie ein Koͤnig zu seinem Volke
                                    gesprochen, als Max Joseph bei der lezten Eroͤffnung der
                                    Staͤnde-Versammlung, indem er seinen Baiern verkuͤndete, daß
                                    der oͤffentliche Unterricht nicht mehr, wie bisher,
                                    vernachlaͤssigt werden soll. Nicht Gelehrte, nicht Philosophen, nicht
                                    Juristen braucht Baiern; deren hat es ohnehin genug, vielleicht zu viele; an
                                    Mechanikern, Technikern, Chemikern fehlt es; an polytechnischen Instituten
                                    und Bildungs-Anstalten fuͤr die Landleute und fuͤr die
                                    Gewerbsleute. A. d. Ueb.
                              
                              Gußeisen. Der Hr. Marquis de Louvois erzeugte auf seinem
                              Gußwerke zu Ancy le Franc (Yonne) ein sehr mildes und hammerbares Eisen, das sich
                              feilen, mit dem Grabstichel bearbeiten, bohren und drechseln laͤßt und eine
                              Politur wie Stahl, annimmt. Die Hrn. Derosne und Vertel zu Grace-le-Dieu (Doubs) verfertigten Kuͤchengeschirr aus Gußeisen
                              und innenwendig glasirt, welche dem gewoͤhnlichen Feuer, so wie den
                              Saͤuren und dem Fette widerstehen. Sie haben im Großen Dr. Schweighaͤuser's (zu Straßburg) Verfahren
                              ausgefuͤhrt, wofuͤr derselbe im J. 1818 von der Société de l'Encouragement den Preis von 2000 Franken
                              erhielt. Die Hrn. Waddington (Gebruͤder) zu St. Remi- sur Avre (Eure et Loir), Risler und Dixon zu Cernay (Haut Rhin
                              gießen in gruͤnen Sand jedes Maschinen-Stuͤk aus Eisen; Hr. Maßzer zu Paris verfertigt gedrehte und polirte
                              Moͤrser, Saͤulen zu Wagen etc; Hr. Dumas
                              ebendaselbst, gießt Loͤffel, Meßer, Gabeln, Schnallen fuͤr
                              Sattler-Arbeit, Medaillons, Zierrathe und Bijoux so schoͤn, wie in Preussen
                              etc.
                           Stahlarbeiten. Vor dem Jahre 1786 kannte man in
                              Frankreich nur den Caͤment-Stahl und den Guß-Stahl des Auslandes, und noch im
                              Jahre 1806 wurde kein einziges Muster von Gußstahl zur Ausstellung eingesendet. Erst
                              im J. 1809 gelang es der Société
                                 d'Encouragement diesen Zweig der Industrie zu weken, als sie Hrn. Poncelet-Raunet zu
                              Luͤttich den Preis von 4000 Francs fuͤr Guß-Stahl zuerkannte. Im J.
                              1819 schien die
                              große Aufgabe der Stahl-Fabrikation in Frankreich geloͤset, und heut zu Tage
                              wird soviel Stahl in Frankreich erzeugt, als es zu seinem Gebrauche sowohl, als
                              fuͤr den Handel bedarf. Die erste Stahl-Fabrik in Frankreich war jene de la Berardiére bei St. Etienne unter Leitung des Hrn. Beaunier; dann kam jene der Hrn. Jackson Vater und Sohn, zu Outrefurens, (Loire) seit 1820, die gegenwaͤrtig allein
                              woͤchentlich 15,000 Kilogramme Gußstahl erzeugt.
                           Schwarzes Eisenblech. Die Fabrik zu Imphy (Niévre)
                              verfertigt Bleche von 2 Meter 4 Décimeter (7 1/2 Fuß Laͤnge) und 1
                              Meter 65 Centimeter (5 Fuß) Breite, und 0,0067 Dike, die 202 Kilogramme wogen. Die
                              Bleche von Pont-Saint-Ours sind so dehnbar, daß sie sich
                              von demselben Punkte aus nach entgegengesezten Seiten biegen lassen, und die
                              mannigfaltigsten Formen annehmen.
                           Weiß-Blech. Noch im J. 1806
                              war die Fabrication des weißen Bleches in Frankreich ziemlich weit zuruͤk,
                              und das ehemahlige Dptt. de
                                 l'Ourthe (in welchem ein Hr. Delloye zu Huy im
                              J. 1809 den Preis der Société
                                 d'Encouragement mit 3000 Franken erhielt) gehoͤrt jezt nicht mehr
                              nach Frankreich. Indessen haben die Weiß-Blechfabriken in Frankreich in den
                              Departements de la Moselle, de la Haute-Saône, de la
                                 Niévre, de l'Oise et des Vosges so sehr zugenommen, „daß
                                 das auslaͤndische Weiß-Blech aus dem franzoͤsischen Handel beinahe
                                 gaͤnzlich verschwunden ist.“
                              
                           
                           Drahtziehereien. Man hat in Frankreich die Zange aus den
                              Drahtziehereien verbannt, und die Kunst des Drahtziehens hat bedeutende Fortschritte
                              gemacht; allein noch fehlt es an Eisendraht zu Nadeln, auf dessen Verfertigung die
                              Société d'Encouragement Preiße
                              ausgeschrieben hat, Gluͤkliche Versuche hat bereits Hr. Peyret zu Valbenoite (Loire) und Hr. Primcis, a l'Aigle, gemacht. Lezterer brachte einen Draht aus Gußstahl zur
                              Ausstellung, den er 1000 Meter lang ohne alles weitere Anlassen zieht. Im
                              Kupferdrahte haben die Hrn. Billette und Gardon, welcher leztere den Preis der Société d'Encouragement mit 2000 Franken
                              erhielt, „Frankreich von dem Tribute des Auslandes befreit.“
                              
                           Eisengeraͤthe und Werkzeuge. a) Sensen und Sicheln.
                              Deutschland versah bisher allein Frankreich mit Sensen und Sicheln. Im Jahre 1794
                              und 95 fing die Commission d'Agriculture et des Arts an,
                              Versuche anstellen zu lassen, dieses Tributes los zu werden. Im Jahre 1802
                              erschienen die ersten Sensen bei der Ausstellung; im Jahre 1806 kamen Sensen aus den
                              Departemens des Vosges, du Jura, du Haut Rhin, du Doubs,
                                 de la Moselle et des Hautes Alpes; allein der Stahl war noch nicht gut
                              genug; wie man in Frankreich besseren Stahl machen lernte, ging es mit der
                              Sensen-Fabrikation so schnell empor, daß, waͤhrend in den Jahren 1816 und 17
                              jaͤhrlich nur 72,000 Sensen in Frankreich erzeugt wurden, im Jahre 1819 eine
                              einzige Sensenschmiede, deren 50,000 erzeugte, und aller Bedarf an Sensen in Frankreich
                              jezt vollkommen gedekt ist, und „diese Sensen stehen den deutschen in
                                 nichts nach.“ Zwei Fabriken, die des Hrn. Ruffié zu Toix (Ariége) und die des Hrn. Garigou, zu Toulouse, liefern, jaͤhrlich allein 140,000 Sensen von
                              der besten Qualitaͤt.
                           b) Raspeln und Feilen. Vor 40 Jahren konnte man gar keine oder nur sehr
                              schlechte Feilen (trés-imparfaites) in Frankreich
                              verfertigen. Hr. Raoul stellte zuerst in den Jahren 1798,
                              1801 und 1802 gute Feilen bei der Ausstellung auf, und war damahls der Einzige, der
                              sie liefern konnte. Die im Jahre 1806 aus den Dèpartaments d'Indre et Loire, du Calvados, de l'Ourthe, und von
                              der Ecole des arts et Métiers (damahls noch zu
                              Compiegne) zur Ausstellung eingesandten Feilen waren noch nicht so, wie man sie
                              verlangen konnte. Im Jahre 1819 erst bemerkte man, daß die Feilen in dem Maße besser
                              wurden, als man den Stahl veredelte, und jezt verfertigt man in Frankreich nicht nur
                              soviel Feilen, als man im Inlands braucht, sondern man fuͤhrt selbst Feilen
                              aus. Man verfertigt sie bloß aus freier Hand. Vorzuͤglich lobte die Jury im Jahre 1823 die Feilen der HHrn. Rémond zu Versailles, Saintbris zu Amboise, Coulaux zu Molekeim (Bas-Rhin) und Musseau und Schmidt zu Paris. (Und wir koͤnnen mit
                              Ueberzeugung die Feilen des Hrn. S. Albrecht in Kriegshaber bei Augsburg empfehlen.
                              D.)
                           c) Saͤgen.
                              „Die Verfertigung der Saͤgen ist eine neue Eroberung der
                                 franzoͤsischen Industrie.“ Sie datirt sich erst von den Zeiten
                              der Verbesserung des Stahles her. Die besten sind die des Hrn. Coulaux zu Molsheim; er liefert allein jaͤhrlich 14,000 Duzend
                              Saͤgeblaͤtter von bedeutender Groͤße, und 39,760 Duzend
                              kleinerer und Uhrfedern. Auch die HHrn. Peugeot und Salin zu Hérimoncourt
                              (Doubs) liefern gute Saͤgen.
                           d) Nadeln. Seit Frankreich
                              das Roer-Departement verlor, fehlt es an diesem Artikel; und die
                              Société hat bekanntlich einen Preis von 3,000 Franken zur Aufmunterung
                              ausgeschrieben, welchen wahrscheinlich die HHrn. Vanhoutem und Sevin de Beauregard zu Aigle (Orne) gewinnen werden.
                           e) Karden. Man verfertigt sie
                              in Frankreich gut, wie die franzoͤsischen Tuͤcher zeigen. Hr. Hache-Bourgois zu Louviers hat
                              auf seinen Karden Nro. 48 auf einem □ Zoll 360 Eisendraht-Zaͤhne. Auch
                              die superfeinen Karden der HHrn. Scrive,
                              Gebruͤder, zu Lille, sind sehr gut.
                           f) Weber-Kaͤmme. Die HHrn. Bonnand,
                                 Laverrieré und Boudot zu Lyon hatten bei
                              der Ausstellung einen Kamm ohne Band, fuͤr Seidenstuͤhle, der auf
                              einer Laͤnge von 19 Zoll 3 Lin. 2021 Zaͤhne hatte. Sie verfertigen
                              jaͤhrlich uͤber 7,000 Kaͤmme von verschiedener Laͤnge
                              aus Kupfer, Eisen und Messing. Auch die HHrn Jappy,
                              Gebruͤder, zu Beaucourt, (Haut-Rhin) verfertigen
                              sehr gute Kaͤmme.
                           g) Ahlen. Im Departement de
                              la Meurthe sind zwei Ahlen-Fabriken, deren eine jaͤhrlich 600 000
                              Stuͤke fuͤr die Schuster etc., die andere 1,500,000 liefert. Noch vor
                              wenigen Jahren mußte Frankreich alle Ahlen aus dem Auslande holen.
                           h) Drahtgewebe. Die
                              Wichtigkeit dieser Gewebe fuͤr Siebmacker, Papiermacher etc. ist bekannt. Die
                              Fabrikation derselben hat sich in den Départemens du
                                 Bas-Rhin, de la Seine, de la Charente-Insérieus, du Nord sehr
                              vervollkommnet Hr. Stammler zu Straßburg hat neulich ein
                              Gilet aus Draht zur Ausstellung nach Paris gesendet.
                           i) Naͤgel. Man
                              verfertigt sie jezt von allen Sorten in den Départemens de la Meurthe, du Jura, de la Somme. Hr. Fontaine zu Anthie, liefert allein jaͤhrlich 300
                              metrische Centner.
                           k) Schlosser-Arbeit. Die
                              Schlofferkunst hat jezt in Frankreich einen sehr hohen Grad von Vollkommenheit
                              erreicht, vorzuͤglich die sogenannte hoͤhere
                                 Schlosserkunst (haute serrurerie) in geheimen
                              Schloͤssern etc. Was uns aber vorzuͤglich freuen darf, ist, daß die
                              franzoͤsischen Schlosser (wie Hr. Leyris zu Paris)
                              bereits anfangen, Fensterrahmen aus geschlagenem Eisen, statt aus Holz, (in England
                              hat man sie aus Gußeisen) zu verfertigen. Man darf nun auch in Deutschland erwarten,
                              daß wir Fenster erhallen werden, die gehoͤrig schließen, was wenigstens in
                              Baiern sehr noth thut.
                           l) Verschiedene
                                 Eisengeraͤthe. Man uͤberzeugt sich auch in Frankreich
                              taͤglich mehr und mehr, daß es besser ist, eine Menge Hausgeraͤthe,
                              die man bisher aus Holz hatte, aus Eisen verfertigen zu lassen.
                           Polirter Stahl. Jede Facette-Stahl an einer Stahl-Perle
                              wird gegenwaͤrtig auf ein Mahl vollendet: ehevor konnte dieß nur durch zwei
                              Operationen geschehen. Die HHrn. Frichot und Provent zu Paris gelten gegenwaͤrtig fuͤr
                              die ersten Stahlkuͤnstler in Frankreich.
                           
                           Messerschmid-Arbeiten. Seit der Verbesserung des Stahles
                              in Frankreich haben diese Arbeiten an Vollkommenheit gar sehr gewonnen. Die
                              ausgezeichnetesten Messerschmiede in Frankreich sind die HHrn. Sir Henry, Pradier, Gavet, Cardeilhuc zu Paris, und Madame
                              Degrand-Gurgey zu
                              Marseille, die zuerst Platinna mit dem Stahle bei ihren Saͤbeln verband. Ihre
                              Arbeiten werden im Oriente sehr geschaͤzt, und ihre Schabeisen ziehen die
                              Gaͤrber selbst den englischen vor. Im Jahre 1780 waren zu Thiers in Auvergne
                              an 10,000 Arbeiter an den dortigen Messerschmieden; gegenwaͤrtig sind ihrer
                              nur 5,000.
                           Schwertfeger. Hr. Bréant lehrte damascirten Stahl bereiten, und zeigte, daß die
                              orientalischen Damascenerklingen nichts anderes als Guß-Stahl sind, der reicher an
                              Kohlenstoff ist, als der europaͤische, und daß in dem damascirten Stahle
                              durch ein geschikt geleitetes Erkuͤhlen desselben eine Krystallisation
                              bewirkt wird, wodurch der Kohlenstoff und das Eisen sich trennt. (Vergl. Bulletin de la Société d'Encouragement,
                              1823. S. 222. Polyt. Journal Bd. XII. S.
                                 407.)
                           Gewehr-Fabrikation. Die Schlag-Flinten werden in
                              Frankreich von den Jaͤgern immer haͤufiger gebraucht. Hr. Lepage, einer der ersten Gewehr-Fabrikanten zu Paris, hat
                              eine Carabine mit 7 Laͤufen verfertigt, in deren jeder 2 Kugeln geladen, und
                              in einer Entfernung von 200 Schritten auf 10 □ Fuß weit zerstreut werden. Er
                              hat, nach vielen Versuchen, endlich die Neigung bestimmt, die der Zug in dem
                              gezogenen Rohre nach seiner Feinheit haben muß, um die Kugel so weit zu treiben als
                              moͤglich, und zugleich so wenig als moͤglich zu schlagen. Er
                              verfertigt auch Pistolen-Laͤufe aus Guß-Stahl. Hr. Roux zu Paris hat Pauly's Flinten sehr
                              verbessert. Die besten Flinten-Laͤufe verfertigt man in Frankreich
                              gegenwaͤrtig zu Paris, wo die des Hrn. Alb, Renette unter die
                              vorzuͤglichsten gehoͤren.
                           Blei. Die Bleibergwerke stehen in Frankreich im alten
                              Flor, und selbst die verlassenen wurden wieder neu belegt. Man zieht jezt
                              Bleiroͤhren in Frankreich, so gut wie in England.
                           Kupfer hat Frankreich noch nicht genug, obschon man zu
                              Forges, Dptt. de la
                                 Corréze, Kupfer-Erze entdekte. Es muß den groͤßten Theil
                              seines Bedarfes an Kupfer aus dem Auslande beziehen, verarbeitet dasselbe aber sehr
                              gut. Diejenigen Staaten, welche durch die franzoͤsischen Einfuhrsverbothe so
                              sehr litten, werden demnach sehr wohl thun, wenn sie die Ausfuhr des Kupfers nach
                              Frankreich eben so sehr erschweren. Der Kaͤufer, der braucht, kann
                              gedruͤkt werden.)
                           Messing hatte Frankreich noch im Jahre 1806 nicht
                              erzeugen koͤnnen. Die Messingbrennerei sing im Jahre 1810 zuerst in
                              Frankreich an. Gegenwaͤrtig wird sie in den Départemens de l'Eure, du Haut-Rhin, des Ardennes ziemlich haͤufig
                              betrieben.
                           Zink. Man faͤngt an in Frankreich ihn sehr gut zu
                              verarbeiten. Hr. Talabot zu Paris verfertigt daraus
                              Pipen, Badewannen etc. Baron Saillard besizt sehr gute
                              Strekwerke zu Frommelennes und Givet in den Ardennen,
                              und Hr. Mosselmann verlegte seine
                              Zinkverarbeitungs-Fabrik von Luͤttich nach Valcauville (Dptt. de la Manche.)
                           
                        
                           Rohe Mineral-Producte.
                           Marmor. Frankreich besizt sehr schoͤne
                              Marmorbruͤche, zu deren Bearbeitung die Société d'Encouragement durch ihre Belohnungen sehr viel
                              beitrug; allein, „durch eine Sonderbarkeit, die man sich nicht leicht
                                 erklaͤren kann“, sagt der Bulletin, „hat man bisher
                                 immer nur auslaͤndische Marmor-Arten verarbeitet.“ Diese
                              Sonderbarkeit ist sehr leicht zu erklaͤren. Sie beruht auf der Eitelkeit
                              jener Großen, die kein Vaterland kennen, und folglich auch keinen Werth auf die
                              Producte desselben legen; die sich schaͤmen unter einem Steine ihres
                              Vaterlandes zu faulen etc., und in dem Eigensinne der Kuͤnstler, die, an
                              fremde Steine gewohnt, die vaterlaͤndischen nicht bearbeiten koͤnnen,
                              und sehr oft auch nicht wollen, weil sie besorgen, ihre Arbeiten muͤßten um
                              soviel wohlfeiler und besser werden, als der vaterlaͤndische Marmor sehr oft
                              besser und jedes Mahl wohlfeiler ist, als der auslaͤndische. Hr. Durand zu Paris verfertigt auch sehr schoͤne
                              kuͤnstliche Marmor.
                           Alabaster. Frankreich bezog ehevor alle seine Alabaster,
                              Arbeiten aus Florenz. Seit Gozzoli sich zu Paris
                              niederließ, haben sich mehrere Fabriken gebildet, die, obschon aus
                              italiaͤnischem Alabaster, den sie in Bloͤken kommen lassen, die
                              Hauptstadt und die Provinzen mit den daraus verfertigten Mode-Zierrathen
                              versehen.
                           Stein-Salz. Waͤhrend eine Gesellschaft von
                              Capitalisten in der Gegend von Vic auf Steinkohlen schuͤrfte, entdekte sie
                              ein Salz-Lager, das sich auf 30 franz. □ Meilen erstrekt, und, in neun
                              verschiedenen Lagern, uͤber 100 Fuß Maͤchtigkeit hat: Frankreich hat
                              also jezt auch ein Wieliezka, und ein Stein-Salz, das so rein ist, daß es nur 5 p.
                              C. fremde Bestandtheile enthaͤlt. Es bedarf also keines fremden Steinsalzes
                              mehr fuͤr seine Fabriken, und kann dasselbe selbst ausfuͤhren.
                           Feuer-Steine. Die Fabrikation derselben ist immer im
                              Steigen. Ein Arbeiter braucht nur eine Minute zu einem Flintensteine, und ein guter
                              Arbeiter kann deren 1000 in drei Tagen fertigen. Fuͤr Jagdflinten gilt das
                              Tausend 10, fuͤr Militaͤr-Flinten 9 Franken.
                           Trippel. Hr. Domet-Demont zu
                              Doͤle (Jura) verfertigt aus verwittertem Jaspis
                              so guten Trippel, wie jener aus Corfu oder der sogenannte venezianische.
                           
                           Gagath. Er wurde ehevor in Frankreich gebrochen;
                              gegenwaͤrtig laͤßt man den so haͤufig in diesem Lande
                              verarbeiteten Artikel aus Spanien kommen.