| Titel: | Resultat der von den Commissären der patriotischen Gesellschaft zu Madrid angestellten Versuche über die Wirksamkeit des Verfahrens des Don Antonio Regas, die Cocons in kaltem Wasser abzuhaspeln. | 
| Fundstelle: | Band 17, Jahrgang 1825, Nr. XXVII., S. 110 | 
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                        XXVII.
                        Resultat der von den Commissären der
                           patriotischen Gesellschaft zu Madrid angestellten Versuche über
                           die Wirksamkeit des Verfahrens des Don Antonio Regas, die Cocons in kaltem Wasser abzuhaspeln.
                        Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement
                                 pour l'Industrie nationale. N. 248. S. 42.
                        Regas's, Versuche, die Cocons in kaltem Wasser
                           abzuhaspeln.
                        
                     
                        
                           Die Commissaͤre fingen damit an, die guten Cocons
                              sowohl der Madrider als der Lorcaer Seidenraupen von einander absondern zu lassen.
                              Man ließ einige derselben im heißen, andere im kalten Wasser abhaspeln. Die
                              Commissaͤre beobachteten mit aller Sorgfalt die Wirkung, welche der
                              ploͤzliche Uebergang der Cocons aus dem heißen Wasser in das kalte auf
                              dieselben hervorzubringen vermochte; sie uͤberzeugten sich, daß, wenn man die
                              Cocons eine hinlaͤngliche Zeit uͤber im heißen Wasser weichen ließ, um
                              dieselben von diesem hinlaͤnglich durchdringen und allen Gummi aufweichen zu
                              lassen, der Uebergang aus dem heißen Wasser in das kalte sie durchaus nicht
                              erhaͤrtet, und nicht hindert, daß man sie nicht bis auf das lezte
                              Faden-Ende mit aller Leichtigkeit abhaspeln kann. Die Abwinderinn hat bereits
                              am dritten Tage im kalten Wasser eben soviel Seide abgehaspelt, als im heißen.
                           Man wiederholte denselben Versuch auch mit den schlechtern Cocons; man fand hier aber
                              groͤßere Schwierigkeiten sowohl wegen der Menge des Gummi als wegen der
                              Ungleichheit des Fadens und der Verfilzungen desselben; brachte es aber endlich doch
                              dahin, daß man sie, obgleich mit vieler Sorgfalt, abhaspeln konnte.
                           Die Commissaͤre ließen die in kaltem Wasser abgehaspelte Seide doubliren und
                              faͤrben, um zu sehen, ob sie die Farbe eben so leicht annahm, und dieselbe Staͤrke und
                              Guͤte behielt, wie die im heißen Wasser abgehaspelte. Sie ließen, in dieser
                              Hinsicht, einige derselben Cocons heiß, die anderen kalt abhaspeln, und die daraus
                              erhaltene Seide mit den zartesten Farben faͤrben, an welchen am leichtesten
                              sich jeder Fehler bemerken laͤßt: sie erhielten folgende Resultate:
                           1. Man kann die Seide in einem Wasser von der Temperatur der atmosphaͤrischen
                              Luft abhaspeln.
                           2. Um dieß aber mit allem moͤglichen Vortheile zu thun, muß man
                              vorlaͤufig die Cocons in heißem Wasser weichen, welches allein im Stande ist,
                              den daran klebenden thierischen Gummi aufzuloͤsen: dann wirft man sie in
                              kaltes Wasser.
                           3. Der Grad der Hize des Wassers und die Dauer der Zeit, waͤhrend welcher die
                              Cocons vorlaͤufig in diesem heißen Wasser liegen muͤssen, um
                              abgehaspelt werden zu koͤnnen, laͤßt sich nicht bestimmen: dieß
                              haͤngt von der guten oder schlechten Beschaffenheit der Cocons ab, von der
                              Feinheit der Seide, von der Menge des Gummi, die sie bedekt, von der Temperatur, der
                              Atmosphaͤre etc.
                           4. Die kalt abgehaspelte Seide ist nicht besser, als diejenige, welche heiß
                              abgehaspelt wird; sie steht dieser lezteren aber weder in Menge noch in Guͤte
                              nach. Die Straͤhne der kalt abgehaspelten, doublirten und gefaͤrbten
                              Seide liefern einen deutlichen Beweis, daß, obschon die kalt abgehaspelte Seide
                              anfangs mehr roh und ungleich scheint, und sich rauher anfuͤhlt, sie doch
                              keinen bedeutenden Unterschied im Vergleiche mit der heiß abgehaspelten Seide
                              darbiethet. Die eben erwaͤhnten Fehler verschwinden alle bei dem
                              Faͤrben; und obschon die Versuche nur 12 Tage dauerten, die Arbeit von
                              Weibern betrieben wurde, die an die neue Methode nicht gewohnt waren, und man weder
                              die noͤthigen Ofen noch die nothwendigen Kessel hatte, wurde doch die in den
                              lezten Tagen abgehaspelte Seide viel feiner und milder, als in den ersteren Tagen,
                              und das Abhaspeln selbst ging in seinem ganzen Verlaufe im kalten Wasser so leicht
                              vor sich, als im warmen.
                           
                           5. Ist das Abhaspeln im kalten Wasser bequemer, wohlfeiler, und der Gesundheit der
                              Arbeiter durchaus nicht nachtheilig. Ersparung an Brennmaterial ist fuͤr
                              manche Gegenden Spaniens eine hoͤchst wichtige Sache. Man erspart auch die
                              Kosten fuͤr die Kessel, indem ein einziger zur Vorbereitung der Cocons
                              hinreicht. Man kann sich hoͤlzerner und irdener Gefaͤße bedienen, nur
                              muͤssen diese oben weit seyn. Die Arbeiterinnen werden nicht mehr ihre
                              Haͤnde von dem siedenden Wasser, und ihr Gesicht von den Dampfen verbrannt
                              haben; sie koͤnnen mit desto groͤßerer Sorgfalt arbeiten, und die
                              Faden werden mehr gleich und nett ausfallen.
                           Die Commissaͤre sind so sehr von der Guͤte und von der Leichtigkeit der
                              Anwendung dieser Methode uͤberzeugt, daß sie nicht zweifeln, dieselbe werde
                              in kurzer Zeit im ganzen Koͤnigreiche eingefuͤhrt seyn.
                           Dieser Methode bedient man sich bereits allgemein in Valencia und Grenada, wo die
                              Seide bekanntlich vortrefflich ist.Vergl. Gensoul's Methode, die Seide mittelst
                                    heißer Daͤmpfe abzuhaspeln im 8. B. der Brevets, die ihre Schwierigkeit hat.