| Titel: | Hrn. Baron Benjamin Delessert's Hängebrüke aus Eisendraht auf einem seiner Güter zu Passy bei Paris. | 
| Fundstelle: | Band 17, Jahrgang 1825, Nr. XXXI., S. 138 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        XXXI.
                        Hrn. Baron Benjamin Delessert's Hängebrüke aus Eisendraht auf einem
                           seiner Güter zu Passy bei Paris.
                        Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement
                                 pour l'Industrie nationale. N. 248. S. 33.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              V.
                        Delessert's, Hängebrüke aus Eisendraht .
                        
                     
                        
                           Hr. von Delessert sah auf einer
                              Reise nach England die Haͤngebruͤke uͤber den TweedPolytechn. Journ. B. X. S. 264. und den Steg bei Penthaven, und faßte die Idee, auf seiner Fabrik zu Passy
                              bei Paris in seinem Garten eine aͤhnliche Bruͤke uͤber ein
                              kleines Thal hinspannen zu lassen. Eine gewoͤhnliche Bruͤke
                              wuͤrde dieselben Dienste geleistet haben; allein Hr. von Delessert vernachlaͤßigt keine Gelegenheit
                              nuͤzliche Ideen in Frankreich zu verbreiten, und weiß, daß Beispiel mehr als
                              alles Predigen wirkt. Er wagte also den ersten Versuch, um allen Zweifel an dem
                              Gelingen, der so oft den Unternehmungsgeist laͤhmt, zu beseitigen. Der Herzog
                              von Orleans, der Herzog de la Rochefoucauld, der Herzog de Plaisance erbauten
                              aͤhnliche Bruͤken. Die Regierung laͤßt jezt eine
                              Haͤngebruͤke von Hrn. Navier zwischen den
                              Champs-Elysees und der Esplanade des Invalides
                              uͤber die Seine erbauen, und die Gebruͤder Seguin errichten eine aͤhnliche uͤber die Rhone zwischen
                              Tain und Tournon.
                           Hr. von Delessert konnte zwischen einer Draht- und
                              und einer Haͤngebruͤke waͤhlen: er hielt es fuͤr
                              raͤthlich beide zugleich zu versuchen, und ließ 1stens, seine Bruͤke
                              zu jeder Seite an zwei eiserne Ketten haͤngen, deren jede 9 Linien im
                              Durchmesser hat, und 2tens, an vier Drahtseile, deren jedes aus 100 Drahten von Nr.
                              12. besteht. Ein einziger Unfall hat sich bisher ereignet: die Haken brachen, an welchen
                              eine der Ketten hing, die die ganze Last der Bruͤken zu tragen hatte. Man hat
                              sie durch verbolzte Kloben ersezt, die alle moͤgliche Festigkeit
                              gewahren.
                           Diese Bruͤke von 160 Fuß Laͤnge kostete nicht mehr als 8,000 Franken,
                              und wurde von den Schreinern und Schmiden der Fabrik des Hrn. v. Delessert verfertigt. Sie laͤßt sich leicht
                              abtragen und wieder aufziehen.
                           Man empfindet eine leichte schaukelnde Bewegung, wenn man im Tacte uͤber diese
                              Bruͤke geht, nicht aber, wenn man langsam und ohne zu schaukeln
                              daruͤber hinschreitet.
                           Hr. v. Delessert meint, daß man sich nicht scheuen darf
                              diesen Bruͤken eine vier Mahl groͤßere Staͤrke, als das Maximum
                              des Gewichtes betraͤgt, das sie zu tragen haben, zu ertheilen, indem man dann
                              gegen alle unvorgesehene Zufaͤlle sicher ist: vorzuͤglich wenn schwere
                              Wagen daruͤber fahren sollen. Diese Vorsicht fordert aber Aufwand, wodurch
                              der Hauptvortheil dieser Art von Bruͤken, Wohlfeilheit, bedeutend
                              verkuͤrzt wird. Man muß hier, wie bei allen neuen Unternehmungen, mit
                              Vorsicht zu Werke gehen, und sich nicht zu Uebertreibungen hinreissen lassen. Ein
                              Paar zu kuͤhne Versuche koͤnnten erschreken und allen Muth benehmen:
                              die Kunst wuͤrde dann mehr ruͤk- als vorwaͤrts
                              schreiten. Man kann die Klugheit, die Einsichten, und vor Allem die edle
                              Uneigennuͤzigkeit des Hrn. von Delessert nicht
                              genug bewundern: wer ihm folgt, wird nie auf Abwege gerathen.Hr. Baron von Delessert, Banquier und Mitglied der
                                    Kammer der Deputirten, Abkoͤmmling einer alten edlen Genfer Familie,
                                    empfaͤngt hier nicht etwa bloß ein Compliment eines artigen Parisers;
                                    sondern Hr. Tarbé spricht, was man jezt zu
                                    Paris so selten hoͤrt, die reine Wahrheit. Hr. von Delessert ist einer der wenigen Edlen auf dieser besten Welt,
                                    die bei einem nahmhaften Reichthume, sich und ihre Muße den Wissenschaften
                                    und Kuͤnsten, und dem Dienste der leidenden Menschheit weihen. Hr.
                                    Delessert ist nicht bloß, was so viele
                                    Tausende sind, ein reicher Wechsler und Fabrikant, sondern ein in allen
                                    Zweigen
                                    des menschlichen Wissens hochgebildeter Mann von dem edelsten Herzen. Er
                                    gewann unter seinen vielseitigen Studien vorzuͤglich eine der
                                    Wissenschaften lieb, die so viel zur Verschoͤnerung der Erde und so
                                    kraͤftig zur Belebung der Kuͤnste und Gewerbe
                                    beitraͤgt, Botanik: er ist in wenigen Jahren fuͤr Frankreich
                                    das geworden, was Banks fruͤher, und Graf
                                    Lambert gegenwaͤrtig fuͤr
                                    England ist, was Graf Sternberg fuͤr
                                    Oesterreich ist: er hat Hunderttausende der amabilis scientia geopfert, und nie noch hat ein Franzose solche
                                    Schaͤze an Herbarien besessen, welche Hr. von Delessert in wenigen Jahren aus allen Welttheilen zusammen
                                    zubringen wußte. Das herrliche Kupferwerk, welches er herausgibt, ist ein
                                    Opfer von mehreren Tausend Franken, welches er jaͤhrlich der
                                    Wissenschaft bringt. Was diesen edlen Freiherrn dem Menschenfreunde aber
                                    vorzuͤglich ehrwuͤrdig machen muß, ist der liebevolle und
                                    thaͤtige Antheil, den er, als Mitglied der Administration der
                                    Spitaͤler in Paris, an der Verbesserung und Vervollkommnung dieser
                                    dem Dienste der leidenden Menschheit geweihten Anstalten nimmt. Seine
                                    ausgesuchte Bibliothek enthaͤlt eine Sammlung von mehr dann 1,000
                                    Werken uͤber Spitaͤler und Versorgungs-Anstalten, und
                                    ist, nach Hrn. Péligot's
                                    unuͤbertroffener Sammlung uͤber Spital-Litteratur, die
                                    zweite Buͤchersammlung dieser Art in Paris, und vielleicht in Europa.
                                    Den menschenfreundlichen Bemuͤhungen solcher Edlen, wie Delessert, verdanken die
                                    Pariser-Spitaͤler und Versorgungs-Anstalten jene
                                    wichtigen Verbesserungen, die sie in den lezten Jahren, die Bahn verfolgend,
                                    die Napoleon verzeichnete, erhalten haben. Es ist wohl
                                    uͤberfluͤßig zu bemerken, daß Hr. Delessert Protestant, und als solcher frei von allem Antheile an
                                    jenem Geseze ist, das die Franzosen dieses Deceniums fuͤr alle
                                    folgende Jahrhunderte so laͤcherlich gemacht hat.A. d. Ueb.
                           
                           Hr. von Delessert hat der Société nicht bloß die Platte, welche die Zeichnung dieser
                              Bruͤke und ihrer Theile enthaͤlt, sondern auch die dazu
                              gehoͤrige Beschreibung mitgetheilt. Soweit Hr. Tarbé als Berichterstatter.
                           ––––––––––
                           Diese im Jahre 1824 erbaute Bruͤke haͤlt 160 Fuß (52 Meter) in der
                              Laͤnge, und ist 4 Fuß (1,30 Meter) breit. Sie wird zu jeder Seite
                              gehalten:
                           1stens, von vier Seilen aus Eisendraht, deren jedes aus 100 Drahten von Nr. 12.
                              besteht.
                           2tens, von zwei eisernen Ketten, welche aus 16 Gliedern oder Stangen von 12 Fuß (4
                              Meter) Laͤnge bestehen, die 9 Linien (2 Centimeter) im Durchmesser
                              halten.
                           Diese Glieder sind unter einander mittelst verbolzter Kloben und Klammern
                              verbunden.
                           Die ganze Laͤnge der Ketten und Seile betraͤgt 220 Fuß (72 Meter)
                              zwischen den Befestigungspuncten.
                           Der Pfeil betraͤgt 10 Fuß (3 Meter, 25) oder ein Sechzehntel der
                              Laͤnge.
                           Die Ketten und Seile aus Eisendraht sind an jedem Ende an 8 starken Pfaͤhlen von
                              7 Fuß (2 Meter, 26) Laͤnge und 10 Zoll, (0,27 Meter), im Gevierte, die in die
                              Erde eingemauert sind, befestigt: diese Pfaͤhle sind unter sich durch
                              Eisenstangen verbunden, und zur groͤßeren Sicherheit werden sie noch durch
                              zwei eiserne Bindstangen an zwei Pfaͤhlen gehalten, die 12 Fuß (4 Meter)
                              hinter den vorigen stehen.
                           Das Ende jeder Kette und jedes Seiles ist an dem Stuͤzen-Pfahle
                              mittelst einer Eisenstange verbunden, die mit einer 1 1/2 Zoll im Durchmesser (4
                              Centimeter) haltenden Schraube mit einer Schraubenmutter versehen ist, um sie nach
                              Belieben schrauben zu koͤnnen.
                           Die Seile und Ketten laufen uͤber zwei Boͤke von 12 Fuß (4 Meter)
                              Hoͤhe uͤber dem Boden: sie befinden sich am Eingange der
                              Bruͤke, und sind fest in die Erde eingepflanzt.
                           Die Seile sind an beiden Seiten der Bruͤke paarweise in drei Reihen in
                              Entfernung von 6 Zoll (0,16 Meter) von einander angebracht.
                           Der Boden der Bruͤke ist an den Ketten und Seilen mittelst 2 Reihen eiserner
                              Stangen aufgehaͤngt, die 3 Fuß weit (1 Meter) von einander abstehen; zu jeher
                              Seite sind deren 53, und
                              jede haͤlt 6 Linien (13 Millimeter) im Durchmesser: sie sind mittelst
                              Doppelhaken an den Drahtseilen eingehaͤkelt, und mittelst Koͤpfen in
                              den Kloben befestigt, die die Kettenglieder vereinigen.
                           Diese Stangen laufen durch die Enden der Balken, die den Boden der Bruͤke
                              tragen, und werden mittelst Schraubenmuͤtter mehr oder minder gespannt.
                           Dieser Boden besteht aus 53 Querbalken, auf welchen zwei Reihen von Balken Zig zag
                              (à trait de Jupiter) vereinigt sind: auf
                              diesen sind die Bretter aufgenagelt, welche den Fußboden bilden, und bloß Zoll dike
                              (27 Millimeter dike) Bretter aus Fichtenholz sind. Das Gelaͤnder besteht aus
                              Rauten und Kreisen mit einem Handlaufe.
                           Gewicht der Bruͤke.
                           
                              
                                 Jedes dert einzelnen Drahtseile wiegt 225
                                    Pfund(112 1/2 Kilogr.); alle 8 wiegen
                                     1,800 Pf.
                                        (900 Kilogr.)
                                 
                              
                                 Jede Kette wiegt 300 Pf. (150 Kil.); alle 4
                                    wiegen
                                     1,200
                                     –      (600
                                    Kilogr.)
                                 
                              
                                 Die Haͤngestangen wiegen 400 Pfund
                                    (200 Kilogr.) dieQuerbalken, Bretter, das Gelaͤnder etc. 11,600
                                    Pf. (5,800 Kilogr.) 
                                   12,000
                                     –   (6,000 Kilogr.)
                                 
                              
                                 
                                 
                                    –––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 Summe des Gewichtes 
                                   15,000 Pf.   (7,500
                                    Kilogr.)
                                 
                              
                                 Nach sorgfaͤltig angestellten
                                    Versuchentraͤgt jedes aus 100 Drahten von Nr. 12.
                                    bestehendeSeil 13,000 Pf. (6,500 Kilogr.) ohne zu brechen;alle 8
                                    tragen demnach 
                                 104,000 Pf. (52,000 Kil.)
                                 
                              
                                 Die 4 Ketten tragen jede 8,000 Pfund (4,000
                                    Kilogr.)und die vier
                                   32,000  – (16,000
                                    Kil.)
                                 
                              
                                 
                                 
                                    –––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 Summe der tragbaren Last 
                                 136,000 Pf. (68,000 Kil.)
                                 
                              
                                 Da nun die Bruͤke wiegt
                                   15,000 Pf.   (7,500
                                    Kil.)
                                 
                              
                                 So kann sie 120 Personen, jede zu 75
                                    Kilogr. oder 150 Pf.
                                   18,000  –
                                       (9,000 Kil.)
                                 
                              
                                 
                                 
                                    –––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 oder, in Allem, sicher tragen
                                   33,000 Pf. (16,500 Kil.)
                                 
                              
                           
                           Die Bruͤke koͤnnte zwar ein vier Mahl groͤßeres Gewicht tragen:
                              allein die Sicherheit fordert, daß man diesen Bruͤken eine weit
                              groͤßere Kraft ertheilt, als sie zu beduͤrfen scheinen.
                           
                        
                           Erklaͤrung der Figuren auf Tab. V
                                 .
                           Fig. 1.
                              Allgemeine Ansicht der Haͤngebruͤke.
                           Fig. 2. Profil
                              der beiden Eisendraht-Seile in ihrer Verbindung.
                           Fig. 3.
                              Ansicht von vier solchen unter einander verbundenen Seilen von oben herab.
                           Fig. 4.
                              Kettenglieder, die durch zwei gebolzte Kloben unter einander verbunden sind, im
                              Profil.
                           Fig. 5.
                              Dieselben von oben herab mit den Klammern, die die Bolzen zusammenhalten.
                           Fig. 6.
                              Dieselben im Profile mit der Haͤngestange, die durch die Kloben auf beiden
                              Seiten derselben laͤuft.
                           Fig. 7.
                              Dieselben mit dem Kopfe der Stange und der Bleiplatte, die den Kloben dekt.
                           Fig. 8.
                              Doppelhaken, mittelst welcher die Haͤngestangen von den Seilen getragen
                              werden.
                           Fig. 9.
                              Derselbe im Profile mit dem Blechstuͤke, welches das Seil umgibt.
                           Fig. 10.
                              Unteres Ende der Haͤngestangen am Ende der Querbalken, mit einer weiblichen
                              Fluͤgelschraube, um sie nach Belieben spannen zu koͤnnen.
                           Fig. 11. Ein
                              Theil der Kette auf den Pfaͤhlen aufliegend.
                           Fig. 12.
                              Derselbe von oben.
                           Fig. 13. und
                              14. Enden
                              eines Kettengliedes in Verbindung mit einer, mit einer Schraube versehenen,
                              Eisenstange durch die in der Erde eingegrabenen
                              Stuͤzen-Pfaͤhle.
                           Fig. 15 und
                              16. Enden
                              der Seile aus Eisendraht.
                           Fig. 17 und
                              18. Enden
                              eines Kettengliedes mit zwei Kloben.
                           Fig. 19.
                              Eiserner, mit einer Schraube versehener Bolzen, der durch die
                              Haͤlter-Pfaͤhle laͤuft, mit einer starken weiblichen
                              Schraube.
                           
                           Fig. 20. Die
                              Stuͤzen, auf welchen die vier Eisendraht-Seile und die zwei Ketten zu
                              liegen kommen, von vorne.
                           Fig. 21.
                              Dieselben im Profile, wo man zugleich oben den Lauf der beiden Ketten, unten die
                              beiden Laͤufe der beiden Seile, der Haͤngestangen, den Boden der
                              Bruͤke, und ihr Gelaͤnder sieht.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
