| Titel: | Ueber ein neues Product aus Kieselerde und Kali; und dessen nüzliche Anwendung als Schuzmittel gegen schnelle Verbreitung des Feuers in Theatern, als Bindemittel, zu firnißartigen Anstrichen u.s.w. | 
| Autor: | Johann Nepomuk Fuchs [GND] | 
| Fundstelle: | Band 17, Jahrgang 1825, Nr. CIV., S. 465 | 
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                        CIV.
                        Ueber ein neues Product aus Kieselerde und Kali;
                           und dessen nüzliche Anwendung als Schuzmittel gegen schnelle Verbreitung des Feuers in
                           Theatern, als Bindemittel, zu firnißartigen Anstrichen u.s.w.
                        Von Dr. Joh. Nepomuk Fuchs, Professor der Mineralogie und Akademiker in
                           MuͤnchenDiese Abhandlung ist auch in Bd. V. in Kastner's Archiv fuͤr die gesammte
                                 Naturlehre abgedruckt. Hr. Hofrath Fuchs erhielt
                                 fuͤr diese wichtige Erfindung von Sr. Majestaͤt dem Koͤnig
                                 von Baiern eine goldene Medaille und ein hundert Stuͤk Dukaten. D..
                        Fuchs, über Bereitung des Wasserglases und dessen technische
                           Anwendung.
                        
                     
                        
                           Bisher waren, meines Wissens, nur zwei verschiedene
                              Verbindungen der Kieselerde (Kieselsaͤure) mit den feuerbestaͤndigen
                              Alkalien (Kali und Natrum) bekannt; die eine mit vorwaltendem Alkali, die andere mit
                              stark vorwaltender Kieselerde. Jene zerfließt an der Luft und loͤst sich in
                              Wasser gaͤnzlich auf, und giebt damit die sogenannte Kieselfeuchtigkeit; diese, welcher stets noch andere Koͤrper
                              beigemischt sind, ist in hohem Grade luftbestaͤndig und in Wasser
                              unaufloͤslich, und liefert das gemeine Glas. So
                              vielfaͤltig der Gebrauch von diesem Produkte ist, so gering ist er von jenem,
                              indem er sich kaum uͤber die Grenzen der chemischen Laboratorien hinaus
                              erstreckt, wo die Kieselfeuchtigkeit als die vorzuͤglichste Aufloͤsung
                              der Kieselerde nicht selten dargestellt und zu verschiedenen Experimenten verwendet
                              wird. Hiemit waren, so zu sagen, die Akten dieses Gegenstandes geschlossen, und, so
                              viel mir bekannt ist, ahnete man gar nicht, daß es noch eine dritte Verbindung der Alkalien mit vorwaltender Kieselerde geben
                              koͤnne, die zwischen der eben genannten gleichsam das Mittel haͤlt
                              – sich zwar in Wasser aufloͤst, aber an der Luft nicht zerfließt, und
                              daher sehr nuͤzlich werden kann. Dieses Produkt, welches ich einstweilen Wasserglas nennen will, soll den Gegenstand der
                              gegenwaͤrtigen Abhandlung ausmachen. – Ich erhielt es zuerst, vor
                              ungefaͤhr 7 Jahren, indem ich sehr fein zertheilte Kieselerde, welche aus
                              Kieselfeuchtigkeit mit Salmiak war praͤcipitirt und gut ausgetrocknet worden,
                              mit concentrirter Kalilauge uͤbergoß. Das Kali wurde von der Kieselerde unter
                              sehr merklicher Erhoͤhung der Temperatur absorbirt, und das Ganze verwandelte
                              sich bald in eine sehr feste und durchscheinende glasartige Masse, welche sich
                              luftbestaͤndig zeigteS. Schweigger's Journ. fuͤr Chemie und
                                    Physik, B. 24. S. 378. A. d. Verf.. Es war mir nicht in den Sinn gekommen, daß dasselbe auch durch
                              Aufloͤsen der Kieselerde in Kali, und Abdampfen der Fluͤssigkeit
                              koͤnne dargestellt werden, weil ich damals und noch lange nachher mit allen
                              Chemikern der irrigen
                              Meinung war, daß ein luftbestaͤndiges Produkt aus Kieselerde und Kali im
                              Wasser unaufloͤslich seyn und ein aufloͤsliches in der Luft zerfließen
                              muͤsse. Erst 2 Jahre spaͤter, da ich mir eines Tages zu analytischen
                              Zwecken, wozu ich das kieselsaure Kali zuerst in Anwendung brachte, dasselbe mit
                              Kieselerde moͤglichst gesaͤttigt verschaffen wollte, lernte ich das in
                              Rede stehende Produkt durch den Aufloͤsungsproceß bereiten. Ich nahm dazu
                              frisch praͤcipitirte Kieselerde, uͤbergoß sie mit so viel Kalilauge
                              als ich zu ihrer Aufloͤsung fuͤr noͤthig hielt, und brachte sie
                              zum Sieden. Die Kieselerde verschwand sehr bald, und ich mußte davon, zu meiner
                              nicht geringen Verwunderung, eine noch viel groͤßere Menge, als ich anfangs
                              genommen hatte, nachtragen, um das vorhandene Kali voͤllig zu
                              saͤttigen.
                           Nachdem dieses geschehen war, wurde die Aufloͤsung, um sie zu concentriren,
                              noch eine Zeit lang im Sieden erhalten, wodurch sie eine syrupartige Consistenz und
                              auf der Oberflaͤche eine zaͤhe Haut bekam, welche in der Luft zu einem
                              durchsichtigen Glase austroknete. Alle Koͤrper, welche mit dieser
                              Fluͤssigkeit in Beruͤhrung kamen, erhielten einen glasartigen
                              Ueberzug, welcher aus der Luft nicht nur keine Feuchtigkeit anzog, sondern vielmehr
                              darin hart und sproͤde wurde. Daraus ersah ich, daß ich das naͤmliche
                              Produkt vor mir hatte, was fruͤher durch den Absorptionsproceß hervorgebracht
                              worden war. Um aber darin noch weiter zu kommen, um dasselbe noch leichter und
                              vollkommener zu erzeugen, und seinen Werth schaͤzen zu lernen, mußte noch ein
                              anderer Zufall mitwirken. – Vor ungefaͤhr 2 Jahren, da man hier in
                              Muͤnchen beschaͤftigt war, das abgebrannte Schauspielhaus wieder
                              aufzubauen, suchte man sehr angelegentlich nach einem Mittel, das zu errichtende
                              Gebaͤude vor Feuer zu schuͤtzen. Nachdem schon mehrere in Vorschlag
                              gebracht, gepruͤft und verworfen worden waren, kam ich auf den Gedanken, mit
                              dem Wasserglase dahin abzielende Versuche zu machen. Dazu vereinigte sich mit mir
                              der koͤnigliche Leibapotheker Hr. Dr. Pettenkofer,
                              der schon fruͤher Veranlassung gehabt hatte, manches Schuzmittel gegen das
                              Feuer zu pruͤfen, und durch dessen Gewandtheit im Experimentiren das
                              Wasserglas bald eine groͤßere Bedeutung erhielt, als ich ihm vorher
                              beizulegen geneigt war.
                           Nachdem wir durch mehrere Versuche mit diesem Koͤrper in obiger Beziehung
                              guͤnstige Resultate erhalten hatten, glaubte ich nicht laͤnger
                              saͤumen zu duͤrfen, diesen Gegenstand oͤffentlich zur Sprache
                              zu bringen. Dieses geschah am 13. Maͤrz 1824, in einer oͤffentlichen
                              Sizung der physikalischen Klasse der koͤniglichen Akademie der
                              Wissenschaften.
                           Das Interesse, was hierauf von mehrern Seiten, besonders von dem koͤniglichen
                              Finanzministerium und der Theaterbau-Commission an dieser Sache genommen
                              wurde, war fuͤr uns eine Aufforderung, unsere Versuche hieruͤber noch weiter fortzusezen,
                              und vorzuͤglich auf eine leichte und wohlfeile Bereitungsart dieses Produktes
                              hinzuarbeiten, welchen Zwek wir auch vollkommen erreichten.
                           
                        
                           Bereitung des Wasserglases.
                           Man kann das Wasserglas bereiten, indem man, wie schon gesagt, frisch
                              praͤcipitirte und gut ausgewaschene Kieselerde in siedender Kalilauge bis zur
                              Saͤttigung aufloͤst. Allein dieses Verfahren ist umstaͤndlich
                              und kostspielig, und im Großen kaum ausfuͤhrbar. Denn man muß hiezu
                              Kieselfeuchtigkeit darstellen, und daraus mit Schwefelsaͤure, dem
                              wohlfeilsten Praͤcipitationsmittel in diesem Falle, die Kieselerde
                              niederschlagen. Die zu dieser Operation gebrauchte Pottasche und
                              Schwefelsaͤure ist fuͤr verloren zu achten; und die
                              praͤcipitirte, sehr voluminoͤse Kieselerde, welche so lange
                              ausgewaschen werden muß, bis alle Saͤure und alles Salz entfernt ist,
                              verursacht sehr viel laͤstige Arbeit. Zudem ist es keine kleine Aufgabe,
                              Kalilauge in großer Menge so rein darzustellen und zu erhalten, wie man sie zu
                              diesem Praͤparat anwenden muß, wenn es gut ausfallen soll. Es haͤtte
                              daher von einer Anwendung desselben im Großen kaum die Rede seyn koͤnnen,
                              wenn es uns nicht gelungen waͤre, ein vortheilhafteres Verfahren zu seiner
                              Bereitung auszumitteln. Dazu gelangten wir allmaͤhlich durch einen kleinen
                              Umweg. Wir bereiteten uns naͤmlich auf gewoͤhnliche Weise
                              Kieselfeuchtigkeit, schlugen aus einem Theile derselben die Kieselerde mit
                              Schwefelsaͤure nieder, und loͤsten diese in dem andern Theile der
                              Kieselfeuchtigkeit auf. Man erhaͤlt auf diese Weise, ohne der Kalilauge
                              benoͤthigt zu seyn, ein ziemlich gutes Produkt; allein es enthaͤlt
                              noch ziemlich viel kohlensaures Kali, und leistet beim Gebrauche nicht ganz das, was
                              es leisten soll. Wir konnten darum hiebei nicht stehen bleiben, und mußten
                              vorzuͤglich dahin trachten, die Kohlensaͤure aus dieser Mischung
                              voͤllig zu entfernen. Zu diesem Ende sezten wir dem Gemenge von Pottasche und
                              Quarz etwas Kohlenpulver zu, aͤnderten mehrmals das Verhaͤltniß der
                              Pottasche zum Quarz, und bemuͤhten uns, durch eine Reihe von Versuchen
                              ausfindig zu machen, welches das Minimum von jenem und das Maximum von diesem ist,
                              bei welchem sie sich durch Schmelzen zu einem, im Wasser noch aufloͤslichen,
                              Produkte vereinigen. Dadurch bekamen wir am Ende ein Resultat, welches unsere
                              Erwartung weit uͤberstieg. Wir erhielten naͤmlich mit 2 Theilen
                              Pottasche und 3 Theilen Quarz ein Glas, was sich, nachdem es war pulverisirt worden,
                              im siedenden Wasser zwar langsam, aber fast ganz aufloͤste. Die
                              Aufloͤsung fanden wir nicht nur ganz frei von Kohlensaͤure, sondern
                              auch mit Kieselerde in dem Maaße gesaͤttigt, daß sie davon nicht das Mindeste
                              mehr aufzuloͤsen faͤhig war. – Somit hatten wir unsern Zweck
                              vollkommen erreicht, und ein Verfahren ausgemittelt, nach welchemwechem sich das Wasserglas sehr vortheilhaft darstellen laͤßt, so daß von
                              dieser Seite seiner Anwendung im Großen kein Hinderniß mehr im Wege steht.
                           Um es immer von guter und gleicher Beschaffenheit zu erhalten, ist bei seiner
                              Bereitung einiges wohl zu beruͤksichtigen, was ich nun ausfuͤhrlich
                              angeben will. Die Pottasche muß dazu gut gereinigt werden. Ist darunter viel
                              Digestivsalz, so erhaͤlt man ein Produkt, was sich im Wasser nicht ganz
                              aufloͤst und einen klebrigen Bodensaz giebt. Dieses Salz macht auch das
                              Wasserglas zur Verwitterung geneigt. Weniger Nachtheil bringt ihm das schwefelsaure
                              Kali, weil es durch die Kohle ganz zersezt wird, wenn das Schmelzen lange genug
                              fortgesezt wird. Geschieht aber dieses nicht, so wird die Aufloͤsung mit
                              Schwefelleber verunreinigt, welche das daraus dargestellte feste Wasserglas
                              ebenfalls zur Verwitterung bestimmt.
                           Der Quarz oder Sand muß auch rein seyn; wenigstens soll er keine sehr merkliche Menge
                              von Kalk- und Thonerde enthalten, weil durch diese Erden ein Theil des Glases
                              unaufloͤslich gemacht wird. Ein geringer Gehalt von Eisenoxyd verursacht
                              keinen Schaden.
                           Die Pottasche und der Quarz werden, wie schon gesagt, in dem Verhaͤltnisse = 2
                              : 3 angewendet, und auf 10 Theile Pottasche und 15 Theile Quarz wird ein Theil Kohle
                              genommen. Weniger Kohle zu nehmen, oder sie ganz wegzulassen, halten wir nicht
                              fuͤr rathsam; vielmehr haben wir manchmal, besonders wenn die Pottasche nicht
                              gehoͤrig gereinigt war, einen groͤßern Zusaz von Kohle sehr
                              vortheilhaft gefunden. Sie befoͤrdert sehr die Schmelzung und
                              Aufloͤsung des Glases, und entfernt daraus alle Kohlensaͤure, wovon
                              sonst immer ein kleiner Theil zuruͤckbleibt, der schlimme Folgen hat.
                           Im Uebrigen ist hier beinahe dasselbe zu beobachten, was bei der Bereitung des
                              gemeinen Glases beobachtet werden muß. Die Ingredienzen muͤssen gut gemengt
                              und dann bei starkem Feuer in einem feuerfesten Tiegel oder Hafen so lange
                              geschmolzen werden, bis sie sich zu einer gleichartigen Masse vereinigt haben. Diese
                              wird mit eisernen Loͤffeln ausgeschoͤpft, und der Tiegel sogleich
                              wieder mit neuer Fritte gefuͤlltWir nahmen gewoͤhnlich 30 Pfund Pottasche, 45 Pfund Abensberger Sand
                                    und 3 Pfund Kohlenpulver zu einem Saz, welcher in einem Passauer Tiegel
                                    5–6 Stunden lang geschmolzen wurde. Diese Arbeit wurde anfangs in dem
                                    hiesigen koͤnigl. Muͤnzgebaͤude vorgenommen und vom H.
                                    Muͤnzwardein Meye, der sehr viel Interesse
                                    an dieser Sache nahm, geleitet. Spaͤter wurde dazu vom H. Baurath Thurn ein eigener sehr zweckmaͤßiger Ofen
                                    gebaut. A. d. Verf..
                           Das so erhaltene rohe Glas ist gewoͤhnlich blasig,
                              so hart wie gemeines
                              Glas, graulichschwarz und nur an den Kanten mehr oder weniger durchscheinend.
                              Bisweilen hat es eine weißliche, manchmal auch gelbliche oder roͤthliche
                              Farbe, was beweist, daß ihm zu wenig Kohle zugesezt worden. Wird es mehrere Wochen
                              lang der Luft ausgesezt, so erleidet es eine kleine Veraͤnderung, welche
                              fuͤr seine Bestimmung eher vortheilhaft als nachtheilig ist. Es zieht
                              naͤmlich daraus etwas Wasser an, wovon es allmaͤhlig ganz durchdrungen
                              wird, ohne daß sich seine Aggregatform und sein Ansehen veraͤndert. Nur viele
                              Kluͤfte bekommt es gewoͤhnlich, und auf seiner Oberflaͤche
                              erzeugt sich bisweilen ein zarter, staubartiger Anflug. Wird es, nachdem es diese
                              Veraͤnderung erlitten, wieder ins Feuer gebracht, so blaͤhet es sich
                              auf wie Pechstein oder PerlsteinDaraus ist zu ersehen, daß der Wassergehalt und das Aufblaͤhen dieser
                                    Steine im Feuer, keinen Beweis gegen ihren vulkanischen Ursprung abgeben
                                    kann. A. d. Verf..
                           Mit diesem Glase wird das Wasserglas bereitet, indem man es im Wasser
                              aufloͤst. Dazu muß es vorher gepocht werden, denn sonst wuͤrde die
                              Aufloͤsung nur aͤußerst langsam von Statten gehen. Auf 1 Theil
                              Glaspulver werden ungefaͤhr 4 bis 5 Theile Wasser genommen. Das Wasser wird
                              zuerst in einem Kessel zum Sieden gebrachtWir bedienten uns dazu eines dreieimerigen Kessels von Gußeisen. A. d.
                                    Verf., und dann das Glas allmaͤhlig eingetragen; wobei man
                              bestaͤndig umruͤhren muß, weil es sich sonst sehr fest an den Boden
                              anlegen wuͤrde. Das Sieden muß ununterbrochen 3 bis 4 Stunden lang fortgesezt
                              werden, bis sich nichts mehr aufloͤst, und die Fluͤssigkeit den
                              gehoͤrigen Grad von Concentration erreicht hat. Denn wird, waͤhrend
                              die Aufloͤsung sich noch in verduͤnntem Zustande befindet, das Sieden
                              unterbrochen und der Luft Zutritt gestattet, so zieht das Kali daraus
                              Kohlensaͤure an, welche eine sehr nachtheilige Wirkung auf die
                              Glasaufloͤsung ausuͤbt. Aus diesem Grunde ist es auch nicht gut, wenn
                              man zum Aufloͤsen eine zu große Menge Wasser nimmt; weil naͤmlich bei
                              dem lauge fortzusezenden Sieden die Kohlensaͤure leicht Gelegenheit bekommen
                              kann, auf die verduͤnnte Fluͤssigkeit einzuwirken, wodurch
                              kohlensaures Kali erzeugt und etwas Kieselerde praͤcipitirt wird. Wird die
                              Fluͤssigkeit, bevor noch alles Aufloͤsliche aufgeloͤst ist, zu
                              dick, so muß ihr heißes Wasser zugesezt werden. Wenn die Aufloͤsung die
                              Consistenz eines duͤnnen Syrups und ein spec. Gewicht von 1,24 oder 1,25
                              erreicht hat, so ist sie gehoͤrig concentrirt und zum Gebrauche fertig. Man
                              laͤßt sie nun ruhig stehen, damit sich die unaufgeloͤsten Theile zu
                              Boden sezen koͤnnen. Waͤhrend des Abkuͤhlens bildet sich auf
                              der Oberflaͤche der Fluͤssigkeit eine zaͤhe Haut, welche
                              spaͤter von selbst wieder verschwindet, oder sich sogleich aufloͤst,
                              wenn sie untergetaucht wird. Diese Haut zeigt sich auch schon waͤhrend des Siedens, wenn die
                              Aufloͤsung dem eben angegebenen Grade der Concentration nahe kommt, und dient
                              daher einigermaßen denselben zu erkennen.
                           Wenn das rohe Glas von der gehoͤrigen Beschaffenheit ist, wenn es nicht viel
                              fremde Salze, keine Schwefelleber und kein freies Kali enthaͤlt; so kann man
                              es ohne weiters so behandeln, wie ich eben gesagt habe. Ist es aber mit dem einen
                              oder andern dieser Koͤrper merklich verunreinigt, so muß es davon, bevor man
                              zu seiner Aufloͤsung schreitet, gereinigt werden. Dieses geschieht auf
                              folgende Weise: Das gepochte Glas wird eine Zeit lang, 3–4 Wochen, der
                              Einwirkung der Luft ausgesezt und oͤfters umgeschlagen. – Ballt es
                              sich zusammen, wie es manchmal, wenn die Luft sehr feucht ist, geschieht, so muß es
                              wieder aufgelokert werden. – Das Glas nimmt, wie oben schon bemerkt wurde,
                              aus der Luft Wasser in sich auf, und die fremdartigen Substanzen trennen sich davon
                              oder wittern aus. Jezt ist es eine leichte Sache, das Glas davon zu befreien. Man
                              uͤbergießt es mit kaltem Wasser und ruͤhrt es oͤfters um. Nach
                              Verlauf von ungefaͤhr 3 Stunden wird die Fluͤssigkeit, welche alle
                              fremden Salze und nur sehr wenig Kieselkali enthaͤlt, abgegossen und das
                              Pulver noch Einmal mit frischem Wasser ausgewaschen. Das so behandelte Glas
                              loͤst sich leicht in siedendem Wasser auf, und liefert eine
                              Aufloͤsung, welche nichts mehr zu wuͤnschen uͤbrig
                              laͤßt.
                           Da das Wasserglas nur im fluͤssigen Zustande anzuwenden ist, so wird es auch
                              in diesem zum Gebrauche aufbewahrt. Dabei ist keine besondere Sorgfalt
                              noͤthig, da es, so viel ich bis jezt weiß, in langer Zeit keine merkliche
                              Veraͤnderung erleidet, wenn die Aufloͤsung gehoͤrig concentrirt
                              ist. Indeß moͤchte es doch nicht rathsam seyn, der Luft gar zu freien Zutritt
                              zu gestatten.
                           
                        
                           Eigenschaften des Wasserglases.
                           Das Wasserglas stellt im tropfbaren Zustande, in welchem es fuͤglich Glasaufloͤsung genannt werden kann, eine etwas
                              klebrige Fluͤssigkeit dar, die im concentrirten Zustande gewoͤhnlich
                              etwas truͤbe oder opalisirend ist. Es reagirt alkalisch und hat einen
                              schwachen alkalischen Geschmack. – Mit Wasser laͤßt es sich in allen
                              Verhaͤltnissen mischen. – Wenn das spec. Gewicht der Aufloͤsung
                              = 1,25 ist, so enthaͤlt sie nahe 28 Procent wasserfreie Glasmasse. Wird sie
                              weiter abgedampft, so wird sie sehr zaͤhe und laͤßt sich zu
                              Faͤden ziehen, wie geschmolzenes Glas. Zulezt troknet sie zu einer Masse ein,
                              welche sproͤde, im Bruche muschlich, glasartig glaͤnzend und
                              durchsichtig ist, und uͤberhaupt die groͤßte Aehnlichkeit mit dem
                              gemeinen Glase hat, dem sie aber an Haͤrte nachsteht. Wird die
                              Aufloͤsung auf andere Koͤrper gestrichen, so troknet sie auch bei der
                              gewoͤhnlichen
                              Temperatur schnell aus und bildet einen firnißartigen Ueberzug.
                           Das ausgetroknete reine Wasserglas erleidet an der Luft keine merkliche
                              Veraͤnderung, und zieht daraus weder Wasser noch Kohlensaͤure an. Auch
                              auf die concentrirte Aufloͤsung aͤußert die Kohlensaͤure der
                              Luft keine bemerkbare Wirkung, wiewohl sie zersezt und in eine steife Gallerte
                              verwandelt wird, wenn man Kohlensaͤuregas durch sie stroͤmen
                              laͤßt. Die verduͤnnte Aufloͤsung wird an der Luft mit der Zeit
                              truͤbe, und zersezt sich nach und nach ganz. – Aus dem unreinen Glase
                              wittert nach einiger Zeit ein Salzgemisch aus, welches ich aus kohlensaurem,
                              salzsaurem und hyposchweflichtsaurem Kali zusammengesezt fand.
                           Im siedenden Wasser loͤst es sich allgemach und ohne Ruͤckstand auf; im
                              kalten geht aber die Aufloͤsung so langsam von Statten, daß man glauben
                              moͤchte, es sey darin ganz unaufloͤslich. Ganz unaufloͤslich
                              wird es nur dann, wenn noch eine viel groͤßere Menge Kieselerde damit in
                              Verbindung gesezt wird, oder wenn andere Koͤrper – Erden, Metalloxyde
                              etc. hinzukommen, welche sich damit zu dreifachen oder doppelsalzartigen
                              Verbindungen vereinigen, wie wir dergleichen mehrere im Mineralreiche antreffenEin aͤhnliches Gemisch ist auch das gemeine Glas, welches, so viel mir
                                    bekannt ist, nie blos Kieselerde und Kali, sondern stets noch andere
                                    Substanzen – am gewoͤhnlichsten Kalkerde, oͤfters auch
                                    Thonerde und Metalloxyde, enthaͤlt, wodurch es die Eigenschaft
                                    erlangt, dem Wasser und den Saͤuren zu widerstehen. Mit reinem Quarz
                                    und reiner Pottasche allein laͤßt sich kein Glas von dieser
                                    Beschaffenheit bereiten. Denn nimmt man auch auf 1 Theil Pottasche 2 Theile
                                    Quarz, so erhaͤlt man, wie ich mich selbst uͤberzeugt habe,
                                    ein Glas, was sich noch zum Theil im Wasser aufloͤst; und nimmt man
                                    noch mehr Quarz, so wird das Glas so strengfluͤssig, daß man es nicht
                                    mehr bearbeiten kann. Uebrigens wird selbst das kalkhaltige Glas mehr oder
                                    weniger vom siedenden Wasser angegriffen, wie man laͤngst wußte, und
                                    wie besonders Scheele dargethan hat. Ich fand,
                                    daß manches Glas, wenn es mit Wasser eine Zeit lang in einer Achatschale
                                    gerieben wird, sehr merklich alkalisch reagirt, und daß man, wenn man sehr
                                    feines Glaspulver mehrere Stunden lang mit Wasser kocht, eine alkalisch
                                    reagirende Fluͤssigkeit erhaͤlt, welche mit Salmiak einen
                                    flockigen Niederschlag giebt. – Einige chemische Schriftsteller geben
                                    vor, daß man mit gemeinem Glase durch eine Zugabe von Pottasche
                                    Kieselfeuchtigkeit bereiten koͤnne; allein dieses ist schlechterdings
                                    nicht thunlich, weil es wegen der vorhandenen Kalkerde eine Masse giebt,
                                    welche im Wasser groͤßtentheils unaufloͤslich ist. Eben so
                                    wenig kann das gemeine Glas zur Bereitung des Wasserglases geeignet seyn. A.
                                    d. Verf..
                           Im Feuer blaͤhet es sich anfangs mit Geraͤusch auf und schmilzt dann
                              ziemlich schwer zu einem dichten Glase, wobei es ungefaͤhr 12 Procent am
                              Gewicht verliert. Es enthaͤlt demnach im troknen Zustande noch eine
                              bedeutende Menge Wasser.
                           
                           Der Weingeist praͤcipitirt und scheidet es unveraͤndert aus seiner
                              Aufloͤsung ab, und giebt daher ein Mittel an die Hand, es schnell aus dem
                              fluͤssigen Zustande in den festen zu versezen. Wenn die Glasaufloͤsung
                              sehr concentrirt ist, so wird zu dieser Operation nur sehr wenig Weingeist
                              erfordert, der auch keine vorzuͤgliche Staͤrke zu haben braucht.
                              Dieses Mittels kann man sich bedienen, um reines Wasserglas aus einer unreinen
                              Aufloͤsung darzustellen. Man laͤßt zu diesem Zweck die durch Weingeist
                              zum Gerinnen gebrachte Masse eine Zeit lang ruhig stehen, gießt dann die
                              Fluͤssigkeit vom Praͤcipitate ab, knetet diesen, nachdem man ihm etwas
                              kaltes Wasser zugesezt hat, schnell durch, und preßt ihn aus. Einiger Verlust ist
                              dabei nicht zu vermeiden, indem von der weichen Glasmasse auch das kalte Wasser sehr
                              bald etwas aufloͤst.
                           Die Saͤuren zersezen die Glasaufloͤsung wie die Kieselfeuchtigkeit. Auf
                              das feste Wasserglas wirken sie im verduͤnnten Zustande staͤrker und
                              schneller ein, als im concentrirten, und scheiden daraus die Kieselerde in
                              Pulverform ab. Manchmal habe ich dabei ein schnell voruͤbergehendes
                              Aufbraußen bemerkt.
                           Die Salze mit alkalischen Basen, vorzuͤglich die kohlensauren und salzsauren,
                              bringen in der Glasaufloͤsung kleisterartige Niederschlaͤge hervor,
                              welche bei nicht zu starker Verduͤnnung sogleich erfolgen, und die ganze
                              Fluͤssigkeit zum Gerinnen bringen, sonst aber nur allmaͤhlig zum
                              Vorschein kommen. Besonders wirksam zeigt sich in dieser Hinsicht der Salmiak,
                              welcher auch in der sehr verduͤnnten Aufloͤsung, unter Entwiklung von
                              Ammoniak einen flokigen Praͤcipitat erzeugt, welcher nach langem Auswaschen
                              reine Kieselerde hinterlaͤßt.
                           Die alkalischen Erden machen, wenn sie mit der Glasaufloͤsung zusammenkommen,
                              etwas Kali daraus frei und vereinigen sich mit der Kieselerde und dem
                              uͤbrigen Kali zu dreifachen Verbindungen, welche im Wasser voͤllig
                              unaufloͤslich sindHr. Hofrath und Professor Kastner sagt bei Mittheilung einer
                                    vorlaͤufigen Notiz uͤber Glasfirniß (Wasserglas) in seinem
                                    Archiv Bd. V. S. 209 in einer Anmerkung: „Sollte man nicht einen
                                       ebenfalls sehr feuerfesten, aber wohlfeileren Ueberzug fuͤr Holz
                                       etc. erhalten koͤnnen, wenn man das Kali, nachdem es frisch
                                       aufgetragen worden, sogleich wieder durch Kalkmilch zersezte (wobei sich
                                       erhaͤrtender? siliciumsaurer Kalk an die Holzflaͤchen etc.
                                       absezte) und das dadurch frei gewordene, fluͤssige Aezkali
                                       ablaufen ließ und sammelte, um es zu neuen Aufloͤsungen von
                                       Kieselerde wieder zu benuzen?“ Einige darauf gemachte
                                    Versuche bewiesen deren Unthunlichkeit, weil das sich im verduͤnnten
                                    Zustande ausscheidende Aezkali das Holz durchdringt, wodurch die innige
                                    Bindung des siliciumsauren Kalk an das Holz aufgehoben wird. Werden gleiche
                                    Theile Kalkbrei und fluͤssiges Wasserglas gut zusammen gemengt und so
                                    auf Holz aufgetragen, dann wird jener Zwek erreicht; doch sind die, vom Hrn.
                                    Hofrath Fuchs angegebenen Zusaͤze fuͤr den beabsichtigenden
                                    Zwek viel geeigneter. D.. Das Gemisch,
                              welches auf diese Weise mit Kalk entsteht, scheint dem Ichthyophthalm sehr aͤhnlich zu seyn.
                           Die Thonerde verbindet sich damit ebenfalls zu einem in Wasser unaufloͤslichem
                              Produkte, was vermuthlich nicht viel vom Leuzit
                              verschieden ist. Eine aͤhnliche Verbindung entsteht auch, wie bekannt ist,
                              wenn man die Aufloͤsungen von Thon- und Kieselkali zusammengießt;
                              allein hier befinden sich die Bestandtheile in einem andern quantitativen
                              Verhaͤltnisse, und zwar ungefaͤhr so, wie ich sie im Nephelin gefunden habe.
                           Aehnliche Gemische entstehen auch, wenn die Glasaufloͤsung durch Salze mit
                              erdigen Basen praͤcipitirt wird. Einige dieser Praͤcipitate
                              moͤchten jedoch nichts anders als einfache kieselsaure Verbindungen seyn.
                              – Alle diese kuͤnstlichen Zusammensetzungen, welche gewiß nicht ohne
                              Interesse fuͤr den Mineralogen sind, duͤrften, besonders in Hinsicht
                              des quantitativen Mischungsverhaͤltnisses, noch naͤher untersucht
                              werden.
                           In den Aufloͤsungen fast aller Metallsalze bringt die Glasaufloͤsung
                              sehr voluminoͤse Niederschlage hervor, welche theils nichts als kieselsaure
                              Metalloxyde, theils Verbindungen von basischen Metallsalzen mit kieselsaurem Kali zu
                              seyn scheinen, worin weniger Kali vorhanden ist, als im Wasserglase. – Die
                              Kupfersalze geben damit einen blauen Niederschlag, welcher sich bald mehr bald
                              weniger ins Gruͤne zieht, und seine Farbe auch in der Siedhitze
                              behaͤlt. Dieser Niederschlag ist vermuthlich nicht wesentlich verschieden von
                              jenem in der Natur vorkommenden kieselsauren Kupfer, welches von den Mineralogen Kupfergruͤn genannt wird. – Der
                              gruͤne Eisenvitriol giebt einen gelbgruͤnen Praͤcipitat,
                              welcher wahrscheinlich in der Hauptsache mit der sogenannten gruͤnen Eisenerde uͤbereinkommt. – Mit Kobaltsalzen
                              entsteht ein schoͤner blauer Niederschlag, der seine Farbe in der Luft nicht
                              veraͤndert, aber nach dem Austroknen sehr blaß erscheint. Fuͤr diese
                              Salze giebt die Glasaufloͤsung ein sehr empfindliches Reagens ab, indem sie,
                              wenn sie auch mit uͤberaus viel Wasser verduͤnnt sind, sogleich eine
                              blaue Farbe annehmen, so wie ihnen einige Tropfen Glasaufloͤsung zugesezt
                              werdenDa die Kobaltaufloͤsungen mit Thonkali
                                    einen blaß rosenrothen Niederschlag geben,
                                    welcher erst durchs Ausgluͤhen blau wird, so koͤnnen sie
                                    dienen, dieses vom Kieselkali zu unterscheiden. A. d. Verf.. Dieses wird durch das reine Kali nicht bewirkt.
                           Viele im Wasser unaufloͤsliche Salze werden vom Wasserglase durch doppelte
                              Verwandtschaft zersezt; z.B. schwefelsaures, kohlensaures, phosphorsaures Blei,
                              phosphorsaure Thonerde, Gyps etc. Werden die genannten Bleisalze mit
                              Glasaufloͤsung uͤbergossen und gerieben, so bildet sich eine sehr
                              kleberige Masse, die in der Luft steinhart wird.
                           
                           Einige unaufloͤsliche Salze, wie der kohlensaure- und phosphorsaure
                              Kalk, welche das Wasserglas nicht zu zersezen vermag, ziehen es so an, daß es, wenn
                              es damit eingetroknet wird, seine Aufloͤslichkeit im Wasser ganz oder
                              groͤßtentheils verliert.
                           Mehrere Metalloxyde verbinden sich damit und machen es unaufloͤslich.
                              Vorzuͤglich wirksam zeigt sich in dieser Hinsicht das gelbe Bleioxyd, von
                              welchem eine sehr geringe Menge schon hinreicht, es im Wasser voͤllig
                              unaufloͤslich zu machen. Laͤßt man die Glasaufloͤsung einige
                              Tage uͤber diesem Oxyde bei der gewoͤhnlichen Temperatur stehen, und
                              schuͤttelt sie oͤfters um, so nimmt sie etwas davon auf und verwandelt
                              sich nachher in eine steife Gallerte, welche in der Luft zu einer opalartigen Masse
                              austroknet. Diese Verwandlung erfolgt viel schneller bei erhoͤhter
                              Temperatur.
                           Eine mit festem und in der Luft gut ausgetroknetem Wasserglase vorgenommene Analyse
                              hat mir folgendes Resultat gegeben:
                           
                              
                                 Kieselerde
                                   62
                                 
                              
                                 Kali
                                   26
                                 
                              
                                 Wasser
                                   12
                                 
                              
                                 
                                 ––––
                                 
                              
                                 
                                 100
                                 
                              
                           Bei einer andern Analyse habe ich etwas mehr Kieselerde und etwas weniger Kali
                              erhalten. Daraus ergiebt sich, daß in dieser Verbindung 1 Mischungsgewicht Kali mit
                              7 bis 8 Mischungsgewichten Kieselerde vereinigt ist. – Ein aͤhnliches
                              Produkt erhaͤlt man, wenn Natrum an die Stelle des Kali gesezt wird. Zur
                              Darstellung desselben werden ungefaͤhr 2 Theile krystallisirtes kohlensaures
                              Natrum auf 1 Theil Quarz erfordert. Dieses Glas kommt in der Hauptsache, wie ich
                              mich juͤngst durch einige Versuche uͤberzeugte, mit dem Kaliglase
                              uͤberein, uͤbertrifft es aber, wenn ich mich nicht sehr
                              getaͤuscht habe, fast durchgehends in Hinsicht der Anwendbarkeit. –
                              Die Aufloͤsungen dieser beiden Glasarten lassen sich in allen
                              Verhaͤltnissen mit einander mischen; und dieses Gemisch leistet vielleicht in
                              einigen Faͤllen bessere Dienste, als jede dieser Aufloͤsungen
                              fuͤr sich.
                           
                        
                           Anwendung des Wasserglases.
                           Daß das Wasserglas mannichfaltige Anwendung gestatten werde, wird wohl niemanden
                              entgehen, der die Eigenschaften desselben in Erwaͤgung zieht. – Seine
                              erste Anwendung hat es hier beim neuen koͤnigl. Hoftheater als Schuzmittel gegen das Feuer gefunden, nachdem es zuvor
                              von einer Commission, bei welcher Hr. Ministerialrath von
                                 Schenk, Hr. Hofrath Vogel und Hr. Dr. Pettenkofer waren, in dieser Hinsicht
                              sorgfaͤltig war gepruͤft worden. Bevor ich von diesem Gebrauche des
                              Wasserglases spreche, muß ich Einiges uͤber Schuzmittel gegen das Feuer
                              uͤberhaupt sagen, wovon sich einige keine ganz richtige Vorstellung zu machen
                              scheinen.
                           Es giebt kein Mittel, und es wird keines jemals erfunden werden, wodurch Holz und
                              andere brennbare Gegenstaͤnde voͤllig unverbrennlich gemacht oder vor
                              der zerstoͤrenden Wirkung des Feuers vollkommen geschuͤzt werden
                              koͤnnten. Die Zerstoͤrung dieser Koͤrper durch das Feuer
                              erfolgt ja, wie bekannt ist, selbst dann, wenn sie in feuerfeste Gefaͤße
                              eingeschlossen oder von Metallen umkleidet sind.
                           Es stroͤmt, wenn die Hize einen gewissen Grad erreicht hat, ein Gas aus ihnen
                              hervor, was sich in Beruͤhrung mit der Luft entzuͤnden laͤßt,
                              und sie werden in Kohle verwandelt, gerade so, wie wenn sie der troknen Destillation
                              unterworfen werden. Wenn daher von einem Schuzmittel gegen das Feuer die Rede ist,
                              so darf man sich darunter keine Substanz denken, wodurch die Natur der brennbaren
                              Koͤrper so veraͤndert, oder die Kraft des Feuers so gelaͤhmt
                              werden koͤnnte, daß seine Wirkung ganz aufgehoben wuͤrde. Es kann in
                              dieser Hinsicht nur so viel bezwekt werden, daß, wenn ein brennbarer Koͤrper
                              mit einer unverbrennlichen Substanz uͤberzogen oder impraegnirt wird, seine
                              Entzuͤndbarkeit dadurch mehr oder weniger herabgesezt wird, so daß er dem
                              Feuer einige Zeit Widerstand leisten, und dieses sich nicht so schnell wie
                              gewoͤhnlich fortpflanzen kann. Es ist damit zwar nicht Alles, was zu
                              wuͤnschen waͤre, aber doch Vieles gewonnen. Mancher
                              Ungluͤcksfall, der sonst entstehen wuͤrde, wird dadurch verhindert,
                              oder kann leicht in der Geburt erstikt werden. – Verschiedene Koͤrper
                              sind, wie man weiß, ihrer Natur nach geeignet, diesen Dienst zu versehen, allein
                              keiner scheint alle hiezu erforderlichen Eigenschaften so in sich zu vereinigen, wie
                              das Wasserglas, wenn es auch von einigen andern in Hinsicht des Widerstandes gegen
                              das Feuer uͤbertroffen werden sollte. – Seine Hauptvorzuͤge
                              bestehen darin, daß es keine nachtheilige Wirkung auf die brennbaren Koͤrper
                              ausuͤbt, sondern sie vielmehr gegen andere nachtheilige Einfluͤsse
                              schuͤzt; daß es, wenn es gehoͤrig bereitet und angebracht wird, einen
                              vollkommen zusammenhaͤngenden und sehr dauerhaften Ueberzug bildet, welcher
                              durch die Atmosphaͤrilien keine Veraͤnderung erleidet; daß es keine
                              großen Unkosten macht, leicht zu bereiten und ohne besondere Schwierigkeit
                              anzuwenden ist. Um aber damit seinen Zwek nicht zu verfehlen, muß man auf seine
                              Bereitung und Anwendung eine gewisse Sorgfalt verwenden. Da ich von der Bereitung
                              schon umstaͤndlich gesprochen habe, so will ich nur noch in dieser Hinsicht
                              bemerken, daß zum Anstreichen von Holz u. dgl. eine reine Glasaufloͤsung
                              erfordert wird, weil sonst der Anstrich verwittert und nach einiger Zeit
                              abfaͤllt. Indeß verursacht eine geringe Verunreinigung doch keinen
                              bedeutenden Nachtheil. Der Anstrich bekommt zwar dadurch nach einigen Tagen einen
                              staubartigen Anflug;
                              allein wenn dieser weggewischt wird, so erscheint kein neuer, und die Verwitterung
                              greift nicht weiter um sich. – Wenn man Holz mit einem haltbaren Ueberzuge
                              versehen will, so darf man die Aufloͤsung anfangs nicht zu concentrirt
                              anwenden, weil sie in diesem Zustande nicht in die Poren desselben eindringen, die
                              Luft daraus nicht vertreiben und sich folglich nicht fest anlegen kann. Dabei ist es
                              gut, wenn man den Pinsel auf derselben Stelle oͤfters hin und her bewegt und
                              damit nicht zu leicht uͤber die Oberflaͤche hinfaͤhrt. Zu den
                              folgenden, 5–6mal zu wiederholenden Anstrichen hat man sich einer
                              staͤrkern, aber doch nicht zu dicken Fluͤssigkeit zu bedienen, welche,
                              so viel als moͤglich, uͤberall gleichmaͤßig aufzutragen ist.
                              Jeden Anstrich muß man, bevor man einen neuen macht, gut austroknen lassen, wozu bei
                              trokner und warmer Luft ein Zeitraum von ungefaͤhr 24 Stunden erfordert wird.
                              Nach Verlauf von 2 Stunden hat zwar jeder Anstrich schon so angezogen, daß man
                              glauben moͤchte, er sey ganz ausgetroknet; allein er befindet sich doch noch
                              in einem solchen Zustande, daß er durch den darauf folgenden wieder aufgeweicht
                              werden kann. Dadurch wird der naͤmliche Uebelstand herbeigefuͤhrt,
                              welcher stets eintritt, wenn mit einer sehr concentrirten Aufloͤsung auf
                              Einmal eine dicke Lage aufgetragen wird, die nach einiger Zeit sehr viele kleine
                              Spruͤnge bekommt, und dann nicht mehr gut haftet. Dieses trifft jedoch nur
                              beim Kaliglase ein; das Natrumglas scheint dem Springen gar nicht unterworfen zu
                              seyn.
                           Obwohl das Wasserglas schon fuͤr sich als Schuzmittel gegen das Feuer gute
                              Dienste leistet, so sind wir doch der Meinung, daß es diese Bestimmung noch besser
                              erfuͤllen werde, wenn ihm ein anderer passender Koͤrper in Pulverform
                              zugesezt und ein Gemeng gebildet wird, worin das Wasserglas nur die Stelle eines
                              Bindemittels oder Leims vertritt. Der Anstrich bekommt dadurch mehr Koͤrper,
                              wird fester und dauerhafter, und sintert bei der Einwirkung des Feuers, wenn je der
                              geeignete Zusaz gewaͤhlt worden, zu einer sehr haltbaren Kruste zusammen. Aus
                              unsern hieruͤber angestellten Versuchen hat sich ergeben, daß Thon, Kreide,
                              Knochenerde, Glaspulver etc. hiezu anwendbar sind; wir koͤnnen aber noch
                              nicht mit Bestimmtheit sagen, welcher von diesen Koͤrpern vor den
                              uͤbrigen den Vorzug verdient. Ein Gemeng von Thon und Kreide, was schmelzbar
                              ist, scheint vorzuͤglicher zu seyn, als jeder dieser Koͤrper einzeln
                              genommen. Die Knochenerde giebt mit dem Wasserglase eine sehr feste und besonders
                              gut bindende Masse. Sehr viel versprachen wir uns in dieser Hinsicht von der
                              Bleiglaͤtte, weil sie mit dem Wasserglase ein sehr leichtfluͤssiges
                              Gemisch bildet; allein sie entsprach unserer Erwartung nicht, und wir fanden dieses
                              Gemisch wenigstens zum Anstreichen des Holzes nicht fuͤr tauglich, weil es
                              sich beim Austroknen stark zusammenzieht, Spruͤnge bekommt und dann bald abfaͤllt.
                              Ganz anders verhaͤlt sich das Bleiglas (geschmolzenes kieselsaures Bleioxyd),
                              was unter die besten Zusaͤze des Wasserglases zu zaͤhlen seyn
                              moͤchte. Einen vortrefflichen Zusaz giebt das rohe Glas ab, aus welchem das
                              Wasserglas bereitet wird. Wird dieses pulverisirt und bevor es aus der Luft Wasser
                              angezogen hat, in die Glasaufloͤsung eingeruͤhrt und diese schnell auf
                              irgend einen Koͤrper aufgetragen, so giebt es in kurzer Zeit eine steinharte
                              Kruste, welche, wenn das Glas von guter Beschaffenheit war, keiner
                              Veraͤnderung unterworfen ist, und dem Feuer hartnaͤckigen Widerstand
                              leistet.
                           Daß sich noch verschiedene andere Dinge, als: Eisenschlaken, Bleischlaken, Flußspath,
                              Feldspath etc. mit Vortheil dem Wasserglase werden beisezen lassen, faͤllt
                              wohl Jedermann von selbst ein. Welcher aber von allen diesen Koͤrpern hiezu
                              der beste ist, und in welchem Maaße er die besten Dienste leistet, dieses muß noch
                              durch Versuche ausgemittelt werden. Rathsam wird es immer seyn, den Koͤrper,
                              auf welchem man ein gemengtes Wasserglas anbringen will, zuvor mit einer reinen
                              Aufloͤsung desselben zu uͤberstreichen; so wie es auch gut ist, den
                              gemengten Ueberzug, besonders wenn er des Zusazes wegen rauh und matt erscheint,
                              zulezt noch Einmal mit einer solchen Aufloͤsung zu uͤberfahrenZum Anstreichen des Holzwerkes des hiesigen Theaters wurde der
                                    Glasaufloͤsung 1/10 gelber Thon – sogenannte Gelberde –
                                    zugesezt. Der Anstrich hat sich bis jezt – es ist bereits ein halbes
                                    Jahr verflossen – gut erhalten, und ist nur an einigen Stellen
                                    schadhaft und der Ausbesserung beduͤrftig geworden; was lediglich
                                    daher kam, daß die ganze Arbeit in sehr kurzer Zeit beendigt werden mußte,
                                    und daher auf die Bereitung und das Austragen des Wasserglases nicht
                                    durchgaͤngig die noͤthige Sorgfalt verwendet werden konnte. A.
                                    d. Verf..
                           Wenn man die Absicht hat, ein Schauspielhaus durch dieses Mittel vor Feuer zu
                              sichern, so genuͤgt es nicht, blos dessen Holzwerk damit zu
                              uͤberziehen, sondern es ist hoͤchst nothwendig, das; auch die Leinwand
                              zu den Vorhaͤngen und Soffiten, welche die feuergefaͤhrlichsten
                              Gegenstaͤnde sind, mit demselben gehoͤrig versehen werden. Keines von
                              den zu diesem Zwek in Vorschlag gebrachten Mitteln scheint hiezu so geeignet zu
                              seyn, als das Wasserglas; denn es verhaͤlt sich gegen die vegetabilische
                              Faser eben so indifferent, wie die Seife, und indem es in die Faͤden
                              eindringt und ihre Zwischenraͤume ausfuͤllt, sezt es sich in dem
                              Gewebe so fest, daß es nie abfallen kann, und vermehrt selbst die Haltbarkeit
                              desselben. Auch wird durch die Steifigkeit, welche die Leinwand dadurch
                              erhaͤlt, der Bequemlichkeit bei ihrem Gebrauche zu Vorhaͤngen etc.
                              kein Abbruch gethan, indem sie sich dessen ungeachtet leicht und ohne Nachtheil
                              rollen laͤßt; und in Betreff der darauf anzubringenden Mahlereien wird noch
                              der Vortheil
                              erreicht, daß sie eine viel festere Grundlage bekommen, als ihnen die Kreide allein
                              zu geben vermag. Um aber hiebei zu verhindern, daß nicht durch das alkalisch
                              reagirende Wasserglas einige empfindliche Farben, z.B. das Berlinerblau, der
                              sogenannte Kugellak etc. veraͤndert werden, muß man zuvor die zu bemalende
                              Flaͤche mit Alaunaufloͤsung uͤbergehen und hierauf mit Kreide
                              duͤnn uͤberziehen.
                           Was das Anschwaͤngern der Leinwand mit Wasserglas anbelangt, so ist es zwar
                              mit keiner großen Schwierigkeit verbunden, jedoch aber nicht so leicht, als man etwa
                              glauben moͤchte. Es ist dazu nicht hinreichend, sie blos mit der
                              Glasaufloͤsung zu uͤberstreichen oder in dieselbe zu tauchen und ohne
                              weiters wieder herauszuziehen, sondern sie muß, wenn sie davon gehoͤrig
                              durchdrungen werden soll, darin unter einem starken Druke behandelt werden. Am
                              besten wird man vielleicht seinen Zwek erreichen, wenn man sie zwischen zwei, in der
                              Fluͤssigkeit befindliche Walzen wiederholentlich durchlaufen laͤßt.
                              – Wenn eine nur oberflaͤchlich mit Wasserglas bedekte Leimwand
                              angebrannt wird, so glimmt sie, nachdem sie vom Feuer entfernt worden, noch eine
                              Zeit lang fort; was keineswegs Statt findet, wenn sie davon ganz durchdrungen und
                              gehoͤrig damit angeschwaͤngert ist. – Am wirksamsten erweiset
                              es sich in dieser Hinsicht, wenn ihm etwas Bleiglaͤtte zugesezt wird. Die
                              Leinwand giebt der beim Austroknen sich zusammenziehenden Glasmasse nach, und sie
                              kann sich daher von derselben nicht losmachen, wie sie sich von Holz und andern
                              Koͤrpern trennt, wenn sie diesen Zusaz erhalten hat. Ein Theil
                              Bleiglaͤtte, welche sehr fein zerrieben seyn muß, ist auf 14 Theile
                              concentrirte Glasaufloͤsung hinreichend.
                           Das Wasserglas halte ich fuͤr faͤhig, uns vielerlei andere Dienste zu
                              leisten, insbesondere wird es wegen seiner Eigenschaft zu kleben und zu binden, zu
                              verschiedenen Zweken Anwendung finden koͤnnen. Wir haben damit ein neues
                              Bindemittel kennen gelernt, welches die bis jezt bekannten, zum Theil ziemlich
                              kostspieligen, nicht nur in vielen Faͤllen ersezen, sondern sogar in manchen
                              an Brauchbarkeit uͤbertreffen wird.
                           Man kann sich desselben anstatt des Leims bedienen, um Farben auf Holz etc.
                              aufzutragen, und dem farbigen Ueberzuge zugleich das Ansehen eines Oelanstriches zu
                              geben; was auch jeder, mittelst Leimwasser gemachte Anstrich erhaͤlt, wenn er
                              auch nur zulezt mit Glasaufloͤsung uͤberfahren wird. Er bekommt
                              dadurch zugleich mehr Haltbarkeit, und laͤßt sich, ohne Schaden zu leiden,
                              naß abpuzen, wenn er durch Staub oder Schmuz verunreinigt worden. Man erspart hiebei
                              das Bleiweiß, was durch Kreide und Thon vollkommen ersezt werden kann.
                           Das Wasserglas gibt ferner ein gutes Mittel ab, getrennte Theile von Koͤrpern
                              zu vereinigen, kleine Stuͤke zu einem groͤßern Ganzen zu verbinden,
                              lokern Massen Dichtigkeit und staͤrkern Zusammenhalt zu geben, Spalte und Kluͤfte
                              auszufuͤllen u.s.w. Man wird es daher gewiß sehr tauglich finden zum Kitten
                              des Glases, des Porzellans und anderer irdener Geraͤthschaften; man wird sich
                              ohne Zweifel desselben bedienen koͤnnen, um Sandstein kuͤnstlich zu
                              bilden, den man dann begreiflicher Weise leicht in jede beliebige Form bringen kann;
                              was kein unbedeutender Vortheil istEin paar hieruͤber im Kleinen angestellte Versuche haben ein sehr
                                    gutes Resultat gegeben. Es wurde zu diesem Zwek seiner Quarzsand unter
                                    bestaͤndigem Umruͤhren und Kneten allmaͤhlig mit so
                                    viel Glasaufloͤsung, in welche zuvor etwas Thon war
                                    eingeruͤhrt worden, uͤbergossen, als noͤthig war, alle
                                    seine Theile zu befeuchten, und hierauf in ein hoͤlzernes
                                    Gefaͤß, was leicht zerlegt werden konnte, eingepreßt. Nachdem die
                                    Masse darin angezogen hatte, wurde sie herausgenommen, und an der Luft
                                    getroknet. – Es waͤhrt ziemlich lange, bis ein solcher Stein
                                    in seinem Innern voͤllig troken und fest wird; was daher kommt, daß
                                    sich auf seiner Oberflaͤche sehr bald eine sehr consistente Kruste
                                    bildet, welche die Feuchtigkeit aus der darunter befindlichen Masse nur sehr
                                    langsam entweichen laͤßt. Indeß wird durch das laͤnger
                                    zuruͤkgehaltene Wasser bewirkt, daß sich das Wasserglas nach und nach
                                    innig mit dem Thon und Sande verbindet, und damit gleichsam zu einem Ganzen
                                    verschmilzt, was allen aͤußern Einfluͤssen den
                                    hartnaͤkigsten Widerstand leistet. – Es wird nicht
                                    noͤthig seyn, zur Bildung einer groͤßern Steinmasse lauter
                                    feinen Sand zu nehmen, von welchem zu viel Glasaufloͤsung verschlukt
                                    wird, der innere Raum kann vortheilhaft mit groben Geschieben
                                    ausgefuͤllt werden, welche dem Ganzen mehr Festigkeit geben, und
                                    machen, daß es etwas schneller austroknet. A. d. Verf.: Durch die
                                    Darstellung dieser, allen aͤußeren Einfluͤssen widerstehenden
                                    Steinmasse ist die Preisaufgabe des Vereins zur Befoͤrderung des
                                    Gewerbfleißes in Preußen (vergl. polyt. Journ. Bd. VII. S. 486) auf das
                                    entsprechendste geloͤst. Herr Professor Kastner in Erlangen sagt in der vorhin angefuͤhrten
                                    Anmerkung: „Sollte man den Glasfirniß (Wasserglas) nicht auch zur
                                       Befestigung der Kunststraßen-Oberflaͤchen benuzen
                                       koͤnnen? Muthmaßlich wuͤrden dergleichen mit Glasfirniß
                                       uͤbergossene Kunststraßen-Oberflaͤchen (zumal die
                                       Kalk- und Sandreichen) weniger stauben, als es zum Nachtheil der
                                       Reisenden so haͤufig der Fall ist. Es wuͤrde
                                       naͤmlich ein steinharter Moͤrtel entstehen, der die
                                       Staubtheilchen zu festen Massen verbaͤnde.“ Dieser
                                    Vorschlag schien dem Hrn. Kreisbauinspector Voit
                                    nicht technisch gedacht; da aber die Trefflichkeit des Wasserglases noch
                                    mannichfaltige, in der vorstehenden Abhandlung vom Hrn. Verf. noch nicht
                                    angedeutete, Anwendung im Leben finden wird, so sollte auch dieser Vorschlag
                                    gepruͤft werden. Wenn man etwas Großes auf eine Kunststraße verwenden
                                    will, so muß man ihr in allen Theilen die moͤglichste Vollkommenheit
                                    zu geben suchen. Unsere Straßen werden gewoͤhnlich mit grobem Kies
                                    beschuͤttet, und es gibt Stuͤke darunter, welche die
                                    Groͤße eines Huͤhner-Eies uͤbertreffen. Alle
                                    diese runde Steine beruͤhren sich nur in Puncten; werden sie aber
                                    nach der Methode des Mac. Adam zur Groͤße einer Nuß zerschlagen, so
                                    beruͤhren sich die scharfkantigen Broken in Flaͤchen und der
                                    Straßenkoͤrper wird fester. (Wir bitten daruͤber die
                                    Abhandlung in diesem Journal S. 121. nachzulesen.) Nach den neuesten
                                    Beobachtungen und Erfahrungen ist eine auf diese Art bereitete
                                    Straßenbeschuͤttung (Beschotterung in der Sprache der Wegarbeiter)
                                    von 6 Zoll Hoͤhe dauerhafter und fester, als eine von rundem Kies,
                                    bei einer Beschuͤttung von 12 Zoll Hoͤhe. Nur eine solche
                                    Beschuͤttung ist geeignet, mit fluͤssigem Wasserglas begossen
                                    zu werden, und da nicht so viele Zwischenraͤume dabei vorkommen, so
                                    erfodert sie auch nicht so viele konsistente Fluͤssigkeit, wie eine
                                    grobe Kieslage. Nach dem folgenden gemeinschaftlich angestellten Versuch
                                    ergab sich, daß die Masse vier und noch mehr Zoll tief eindringt, ehe alle
                                    Steinchen auf der Oberflaͤche vollkommen damit umwikelt waren. Zu dem
                                    Versuch wurde ein wasserhaltender, genau gearbeiteter Kasten 6 Zoll hoch und
                                    1 Quadratfuß auf der Oberflaͤche haltend, angewendet. Dieser Kasten
                                    wurde mit zerschlagenen Steinen, wie man sie nach Mac-Adams Methode
                                    zum Chausseebau anwenden sollte, gefuͤllt, und so lange des
                                    konsistenten Wasserglases darauf gegossen, bis die Steine auf der
                                    Oberflaͤche davon uͤberzogen waren. Der mit Steinen
                                    gefuͤllte Kasten wog, ehe das Wasserglas daruͤber gegossen
                                    wurde, 47 Pfund; mit der Masse 59 Pfund. Es sind demnach auf einen
                                    Quadratfuß Flaͤche 12 Pfund konsistentes Wasserglas noͤthig.
                                    Bei dem Versuch war die Fluͤssigkeit 4 und 5 Zoll tief eingedrungen.
                                    Um nun das Fahrgeleis auf eine Meile von 24,000 Fuß, zu 18 Fuß Breite
                                    angenommen, (der Fußweg bedarf dieser Begießung nicht) zu begießen, so sind
                                    fuͤr die 432,000 □ Fuß, den □ Fuß zu 12 Pfund,
                                    5,184,000 Pfund konsistentes Wasserglas erfoderlich. Den geringsten Preis
                                    des fluͤssigen Wasserglases, das Pfund zu 12 krz. angenommen, kostete
                                    die Meile einer solchen Straße blos fuͤr das Wasserglas (Eine
                                    Million, sechs und dreißig tausend acht hundert Gulden, ohne den
                                    Steinschlag, Fuhr- und Arbeitslohn zur Aufbringung des Wasserglases
                                    in Anschlag zu bringen. Daß das Begießen mit fluͤssigem Wasserglas
                                    nur bei anhaltendem guten Wetter mit Erfolg vorgenommen werden
                                    koͤnnte, versteht sich wohl von selbst. D.). Fast zu allen diesen Zweken verlangt es aber, wenn es der Erwartung ganz entsprechen soll,
                              einen schiklichen Zusaz. – Das Natrumglas wird vermuthlich in den meisten
                              Faͤllen weit bessere Dienste leisten, als das Kaliglas. –
                           Ob das Wasserglas einen durchsichtig bleibenden Firniß abgeben werde, weiß ich noch
                              nicht bestimmt. Nach meinen, bis jezt hieruͤber gemachten Erfahrungen muß ich
                              es bezweifeln. Dieser Firniß sieht anfangs sehr gut aus, und haͤlt sich, wenn
                              er in sehr duͤnnen Lagen aufgetragen worden, eine Zeit lang sehr
                              schoͤn; allein in der Folge bekoͤmmt er viele kleine Spruͤnge
                              und wird etwas truͤbe. Die Versuche, welche ich vor kurzem in dieser Hinsicht
                              mit Natrumglas und einem Gemisch von Natrum- und Kaliglas zu machen anfing,
                              versprechen mir ein viel besseres Resultat, als das Kaliglas gegeben hat.
                           Von den Niederschlagen, welche die Metallaufloͤsungen mit der
                              Glasaufloͤsung geben, werden sich einige als Farben benuͤzen
                              lassen.
                           Hiemit schließe ich diese Abhandlung, mit welcher ich noch nicht so bald
                              wuͤrde hervorgetreten seyn, wenn ich nicht dazu von vielen Seiten
                              muͤndlich und schriftlich waͤre aufgefordert worden. Denn ich hatte
                              vor, uͤber diese Materie zuvor noch verschiedene Versuche zu machen, und
                              bereits damit angefangene zu vollenden, die fast alle von der Art sind, daß sie sich
                              sehr in die Laͤnge ziehen. Haͤtte ich diese Absicht bis zu diesem
                              Zeitpunkte erreichen koͤnnen, so wuͤrde mancher Gegenstand, der hier
                              nur oberflaͤchlich zur Sprache kam, weiter ausgefuͤhrt und
                              naͤher beleuchtet worden seyn. Dieses wird nun aber in der Folge geschehen,
                              da ich nicht Willens bin, hiemit meine Arbeit uͤber diese Sache zu
                              beschließen.
                           Moͤge unterdessen diese junge Pflanze auf dem Felde der Technik, von welcher
                              manche gute Frucht zu erwarten ist, auch durch andere Haͤnde gepflegt, und
                              durch keinen giftigen Hauch in ihrem Wachsthume gehemmt werden!