Titel: | Eiserne Handmühle, von Hrn. Constantin Pécantin, Büchsenmacher zu Orleans. N. 213. |
Fundstelle: | Band 18, Jahrgang 1825, Nr. VIII., S. 46 |
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VIII.
Eiserne Handmuͤhle,Vergl. hiemit polyt. Journal Bd. XVII. S.
307. D. von Hrn. Constantin
Pécantin, Buͤchsenmacher zu Orleans.
N. 213.
Aus dem Mercure technologique. N. 64. S.
50.
Mit Abbildungen auf Tab.
II. (Im Auszuge.)
Pécantin's, eiserne Handmuͤhle.
Der Nuzen der Handmuͤhlen ist bekannt. Eisenmuͤhlen, wie die
gegenwaͤrtige, haben den Vortheil, daß man sie leicht transportiren und
uͤberall aufstellen kann; allein, sie hatten bisher auch einen Natheil. Ihr
Mahlwerk ist eine sogenannte Nuß (noix), oder ein
kegelfoͤrmiger Muͤhlstein, der sich in dem Hohlraume eines anderen
Kegels dreht, der ihn umhuͤllt, und den man den Scheffel (boisseau) nennt: man kann nicht sagen, daß es eigentlich
mahlt. Es schneidet das Korn, statt daß es das Mehl von der Spelze loͤst, und
puͤlvert die Spelzen, wie das Korn, so daß, man mag noch so viele und noch so
feine Beutel anwenden, das Mehl immer mit der Kleye gemengt bleibt. Alle
Baͤker waren der einstimmigen Meinung, daß diese Art von Muͤhlen nur
fuͤr diejenigen taugt, die sich mit einem Brode begnuͤgen
koͤnnen, dem Kleye beigemischt ist.
Die Société roy. et
centrale d'agriculture du Dptt. de la Seine
bemerkt uͤber gegenwaͤrtige Muͤhle des sel. Hrn. Pécantin: „daß sie diese bedeutenden
Nachtheile der bisherigen eisernen Handmuͤhlen mit Nuß und Scheffel,
obschon sie diese beibehielt, beseitigt; indem auf der Nuß, und innenwendig am
Scheffel schief Furchen so gezogen sind, daß das Korn lediglich nur durch den
Kanten-Vorsprung dieser lezteren geschnitten wird, dagegen aber immer nur durch
die Umdrehung der Nuß in den kleinen Zwischenraum zwischen den Zaͤhnen
hineingezogen, und in demselben zermahlen wird, allmaͤhlich und
gradweise, ohne darin zu verweilen und sich zu erhizen, indem die Zaͤhne
nicht gleichfoͤrmig sind.“
„Diese Zaͤhne, die durch die Furchen entstehen, sind, von dem
kleinsten Durchmesser angefangen, bis zum Drittel der Hoͤhe der Nuß und
des Scheffels hinauf am breitesten; dann spalten sie sich nochmahls, so daß sie
ein sehr lang gestrektes V bilden; oben oder am
groͤßten Durchmesser der Nuß theilen sie sich in außerordentlich feine
Furchen. Auf aͤhnliche Weise ist der Zug im Scheffel in drei verschiedene
Binden getheilt; die feinste Furche ist um ein Drittel laͤnger, als die
ihr correspondirende auf der Nuß, so daß die doppelt gespaltene um eben soviel
kuͤrzer wird.“
„Auf diese Weise kommt das Korn, wie es aus dem Rumpfe herabfaͤllt,
zuerst in die weitesten Furchen, wo es zermalmt wird; dann tritt es in die
zweite engere Abtheilung, wo es zur Graupe wird, in der lezten noch engeren
endlich wird es vollkommen ausgemahlen.“
„Nun sind die Spelzen des Kornes breit und platt geworden, und lassen sich
mittelst eines Siebes oder Beutels leicht von dem Mehle scheiden. Man kann
selbst die Feinheit der Graupen dadurch verschieden stellen, daß man die Achse
der Nuß vorwaͤrts schiebt oder ruͤkwaͤrts zieht, so daß ein
engerer oder weiterer Raum zwischen der Nuß und dem Scheffel uͤbrig
bleibt. Dieß kann mittelst einer Schraube geschehen, die eine staͤhlerne
Scheibe am Grunde der Dille, an welcher sich die Achse dreht, druͤkt. Die
Grade, die außen am aͤußeren Rande des Scheffels gezeichnet sind, dienen
diesen Druk mit Genauigkeit zu bestimmen. Man muß noch bemerken, daß es besser
ist, das Mehl nicht auf ein Mahl und gleich anfangs auf den hoͤchsten
Grad von Feinheit bringen zu wollen, sondern daß man dasselbe oͤfters
durchlaufen lassen muß: die Furchen bleiben dadurch weit laͤnger gut. Da
uͤbrigens nur die staͤrksten Furchen die ersten sind, welche daran
kommen, und das Korn zermalmen muͤssen, und die schwaͤcheren nur
die Puͤlverung zu vollenden haben, so braucht sowohl die Nuß als der
Scheffel nur selten eine Ausbesserung. Wo diese noͤthig seyn sollte, kann
dieß nur theilweise der Fall seyn; man kann die Schrauben los machen, die die
Binden vereinigen, diejenige dieser lezteren, die beschaͤdigt worden
sind, wegnehmen und andere dafuͤr wieder einsezen, ohne daß es
noͤthig waͤre die ganze Nuß, oder den ganzen Scheffel
auszubessern. Eben dieß gilt auch von den anderen Theilen dieser
Muͤhle.“
„Ein Mann reicht an der Kurbel hin: wenn aber eine zu große Menge Kornes
auf ein Mahl aus dem Rumpfe kaͤme, wuͤrde sich leicht dasselbe
zwischen den Furchen anschoppen koͤnnen, und dann wird der Arbeiter seine
Kraͤfte mehr anstrengen muͤssen.“
„Hr. Fraucoeur hat bereits auf diesen Nachtheil
aufmerksam gemacht. Hr. Pécantin hat sich
bemuͤht, demselben dadurch abzuhelfen, daß er einen Kehrer oder seinen
schaukelnden Schlauch anbringt, der das Korn aus dem Rumpfe empfaͤngt, und nur
nach und nach im Kleinen soviel aufschuͤttet, als zum gehoͤrigen
Verbrauche der Muͤhle nothwendig ist.“
„Eine Kraft von 8 bis 9 Kilogramm (18–20 Pfund) ist mehr dann
hinreichend, um waͤhrend einer Stunde 9 bis 10 Kilogramm Mehl zu liefern:
dieß ist mehr, als man mit weit groͤßerer Muͤhe dann
erhaͤlt, wann man zuviel Korn aufgeschuͤttet hat.“
„Bisher hat Hr. Pécantin seine
Muͤhlen um 120 Franken verkauft, was etwas theuer ist; da aber leicht
einige Zuͤge weggelassen werden koͤnnen, ohne daß die Guͤte
der Muͤhle dabei leidet, und da jezt die kostbarsten Theile an derselben
gegossen werden, so hofft er sie fuͤr 70 Franken liefern zu
koͤnnen.
Erklaͤrung der Figuren.
Dieselben Buchstaben bezeichnen dieselben Gegenstaͤnde in allen Figuren.
Fig. 21. die
Muͤhle von vorne.
Fig. 22.
dieselbe im Umrisse.
Fig. 23.
senkrechter Durchschnitt der Muͤhle.
Fig. 24.
horizontaler Durchschnitt D der Nuß und des Scheffels,
um die Lage der kleinen Furchen zu zeigen.
Fig. 25.
Durchschnitt E, parallel mit dem vorigen zur Darstellung
der großen Furchen.
Fig. 26. F, ein Zahn der großen Furchen in natuͤrlicher
Groͤße, um ihren Winkel und ihre Neigung darzustellen: die mittleren und die
kleinen folgen derselben Richtung.
Der Scheffel, G, schließt die in 3 Theile getheilte Nuß
ein.
Der große Rumpf, H, aus Holz, dient zur Aufnahme des
Kornes, das man in denselben schuͤttet.
Der kleine Rumpf, l, schuͤttet das Korn, welches
er durch den Kehrer, K, empfaͤngt, in die
Muͤhle.
Der Kehrer oder die Rutschet, K, wird von dem Springer,
L, geschuͤttelt, damit nicht zuviel Korn auf
ein Mahl in den Rumpf kommt.
Der Springer, L, ist ein gespaltenes Stuͤk,
welches der Muͤhlbaum bewegt.
Die Nuß M, ist in drei Theile getheilt: bei M, sind die groben Zaͤhne; in der Mitte die
mittleren, wie verlaͤngerte V; in c die kleinen.
N, ist ein Theil des Scheffels, der bei d, sich durch Schrauben vereint, und einen Theil jenes
Stuͤkes bildet, der das Zifferblatt traͤgt.
Der Boden o, traͤgt das Zifferblatt und den
Weiser.
Der Haͤlter mit der Pfote P, dient zur Befestigung
der Muͤhle auf irgend einem Pfeiler, einem Tischfuße eines starken Tisches,
oder an einer Mauer.
Der mit einer maͤnnlichen Schraube, Q, versehene
Fuß dient zur Einsezung der Muͤhle in den Haͤlter.
Die Ringschrauben, R, dienen zur Befestigung der
Muͤhle an dem Pfeiler.
S, zeigt den Haͤlter von vorne, im Profile und im
Grundrisse.
Der Canal, T, aus Weißblech leitet das Mehl aus der
Muͤhle in den Beutel.
U, Muͤhlbaum.
V, Zapfenlager.
X, Kurbel.
Y, Schraubenmutter der Kurbel.
Z, Schraubenmutter, die den Fuß der Muͤhle
haͤlt.
Die Drukschraube, a, schiebt die Stahlschraube, b, vor, welche die Nuß naͤhert oder entfernt, je
nachdem man mehr oder minder fein mahlen will.
Der Kreis oder die Binde, c, aus Gußstahl ist fuͤr
die kleinen Furchen.
Die Kopfbinde, d, umhuͤllt die Muͤhle.
Die Schraube, e, hilft die unteren Stuͤke
halten.
Die Schraube, f, dient als Gegendruk.
In g, ist der excentrische Punct.
Der Schluͤssel, h, dient zum Abschrauben und
Zerlegen der Theile der Muͤhle.
Fig. 27.
stellt die Muͤhle im halben Maßstabe gegen die uͤbrigen Figuren
21–25. dar, damit man die Zahnwerke sieht, welche den Beutel bewegen,
waͤhrend die Kurbel der Muͤhle gedreht wird. Auf dem Baume, U, befindet sich ein Triebstok, A, der ein großes
Rad, B, treibt, welches in einen unter einem schiefen
Winkel angebrachten Triebstok, C, eingreift, der eben so
viel Zaͤhne, wie A, hat. Die Achse des
Triebstokes, C, fuͤhrt den Beutel, welcher also
gleichzeitig mit der Kurbel seine Umdrehung vollendet. Das Mehl und die Kleye fallen
in die vier Schubladen, m, n, o, p, nach den
verschiedenen Graden der Feinheit.
Die Nuß und die Bekleidung des Scheffels an den gezaͤhnten Theilen sind aus
Gußstahl, und in Buͤndeln gehaͤrtet.
Der sel. Pécantin erhielt in Hinsicht der
Dauerhaftigkeit seiner Muͤhle und der Guͤte des auf derselben
gemahlenen Mehles, das dem auf Muͤhlsteinen gemahlenen sehr nahe kommt, von
der Société r. d'agriculture die goldene Medaille mit dem Bildnisse Olivier's de Serres.