| Titel: | Auszug aus einer Abhandlung über die Runkelrüben, ihre Analyse, und die Produkte ihrer Cultur, von Hrn. Payen. | 
| Fundstelle: | Band 18, Jahrgang 1825, Nr. LXXIV., S. 379 | 
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                        LXXIV.
                        Auszug aus einer Abhandlung uͤber die
                           Runkelruͤben, ihre Analyse, und die Produkte ihrer Cultur, von Hrn. Payen.
                        Aus dem nouveau Bulletin des sciences par la
                                 société philomatique. 1825. Août. p.
                              119.
                        Payen, uͤber die Runkelruͤben, und die Produkte ihrer
                           Cultur.
                        
                     
                        
                           Man fuͤhlt in Frankreich, ungeachtet der Colonien, immer mehr die Vortheile
                              der Runkelruͤben-Zuker-Fabrication in Verbindung mit Viehzucht.Man vergleiche hiemit den Artikel Nahrungsmittel S. 261 in dem vorhersehenden Hefte
                                    dieses Journals. D.
                              
                           
                           Die Resultate der, von Hrn. Payen angestellten Analyse
                              sind in Kuͤrze folgende:
                           Rother Faͤrbestoff. Haͤufig in den
                              dunkel-gefaͤrbten Runkelruͤben, durch Saͤuren wenig
                              veraͤnderlich, durch alkalische Substanzen veraͤnderlich; von selbst
                              in ein lebhaftes Gelb mit den Eigenschaften des Faͤrbestoffes der gelben
                              Runkelruͤbe uͤbergehend, und faͤhig Baumwoll-Garn schoͤn
                              hellgelb zu faͤrben: in wasserfreiem Alkohol unaufloͤslich, in
                              verduͤnntem Alkohol mehr aufloͤslich. Duͤnne Schnitten von
                              rothen Runkelruͤben werden durch oͤftere Behandlung mit Alkohol von
                              20° vollkommen entfaͤrbt; das Wasser allein nimmt ihnen nur eine
                              geringe Menge ihres Faͤrbestoffes.
                           Gelber Faͤrbestoff. Nicht sehr haͤufig, in
                              Alkohol von allen Graden und in Wasser aufloͤslich; dem gelbgewordenen rothen
                              Faͤrbestoffe analog. – Das Verhaͤltniß der Mengen dieser beiden
                              Faͤrbestoffe ist in den Runkelruͤben sehr verschieden; man bemerkt
                              auch verschiedene Nuͤancirungen desselben; gegen die Haut zu sind sie immer
                              dunkler, und gegen die Axe der Wurzel blaͤsser; manches Mahl ist sogar bloß
                              die Haut allein gefaͤrbt.
                           Ein dritter brauner Faͤrbestoff bildet sich an der
                              Luft, und wie es scheint durch Veraͤnderung einer vegetabilischen Substanz;
                              wenigstens naͤhern sich seine Eigenschaften jener einer Aufloͤsung von
                              Braunzuker.
                           Wesentliches Oehl. Zum Theile im Wasser
                              aufloͤslich, welchem es einen starken giftigen Geruch mittheilt; in Alkohol
                              sehr aufloͤslich.
                           Eyweiß, welches bei der Destillation die Producte
                              thierischer Substanzen gibt, und Schwefel enthaͤlt; es riecht beim Faulen
                              nach faulen Eyern etc.
                           Fette Substanz. In wasserfreiem Alkohole und in Aether
                              aufloͤslich; nimmt von selbst einen ranzigen Geruch an, verbindet sich mit
                              den Alkalien, und wird von denselben mit den Zeichen der fetten Saͤuren von
                              Saͤuren wieder abgeschieden; in der Kaͤlte trennt sie sich freiwillig
                              in eine fluͤßige und in eine feste, fette Substanz.
                           Stikstoffhaltige Substanz. In Wasser und Alkohol
                              aufloͤslich, dem Osmazon analog.
                           Faserstoff. 1) in starken langen Fasern; 2) in sehr
                              duͤnnen, sehr schwammigen Fasern, welche die Zellen in dem fleischigen Gewebe
                              bilden, und einen braunen Faͤrbestoff fest zuruͤkhalten, der durch
                              nach und nach angewendetes schwaches Chlor, Ammonium und Wasser, ohne Nachtheil
                              fuͤr den Faserstoff zerstoͤrt wird.
                           Gallerte oder freie Saͤure. Bildet mit dem
                              Ammonium eine neutrale aufloͤsliche Verbindung, und wird daraus durch alle
                              Saͤuren und Metallaufloͤsungen, als eine consistente Gallerte
                              gefaͤllt. Diese Saͤure ist identisch mit jener, welche Payen in der Rinde des Ailanthus glandulosa fand, (Journal de Pharmacie. 1824. p. 385, 391, 394.)
                              und mit Braconnot's Pektik-Saͤure, (die aber Payen
                              fruͤher entdekt haben will). Payen fand auch, daß
                              die Gallerte der Johannesbeeren, welche Hewey, John, und
                              Guibourt untersuchten, und welche Vauquelin in den Johannisbeeren, in der Cassia und in den
                              Tamarinden fand, aus dieser Saͤure besteht; obgleich noch keiner dieser
                              Chemiker die Eigenschaft derselben, die Saͤuren zu saͤttigen, gefunden
                              hatte. Da diese Substanz im Stande ist mit 100 Gewichtstheilen Wasser eine
                              consistente Gallerte zu bilden, so laͤßt sich die Festigkeit der meisten
                              Fruͤchte und fleischigen Wurzeln bei ihrem großen Wassergehalte
                              erklaͤren. Auch die große Haͤrte der Runkelruͤben, welche nach
                              meinen Versuchen 2–3 Hunderttheile in Wasser unaufloͤsliche Substanzen
                              und bloß 1–1,5 Faserstoff enthalten, ist dadurch vollkommen erklaͤrt,
                              wenn man bemerkt, daß die Pektik-Saͤure schon alle aufloͤslichen
                              Substanzen in einer ziemlich starken Consistenz erhaͤlt.
                           Aromatische Substanz. Geruch analog dem der Vanille; in
                              Wasser, Alkohol und Aether aufloͤslich.
                           Zuker. Dieses unmittelbare, mit jenem des Zukerrohres
                              identische, Princip befindet sich in sehr verschiedenen Verhaͤltnissen in den
                              verschiedenen Abarten von Runkelruͤben, (von 0,05 bis 0,09). Das analytische
                              Verfahren, um es zu erhalten, ist aͤußerst schwierig und kleinlich. Nach
                              meinem Erfahrungen, die auf einem und demselben Boden gemacht wurden, muͤssen
                              die Runkelruͤben, in Hinsicht auf ihren Zukergehalt, in folgende Ordnung
                              gebracht werden:
                           1) Weiße Runkelruͤbe (Beta
                                 alba); sogenannte schlesische,
                              birnfoͤrmig; enthaͤlt am meisten freie Saͤure, und ist auch die
                              haͤrteste.
                           2) Gelbe große Runkelruͤbe (Beta lutea major); aus Samen von Castelnaudari.
                           3) Rothe Runkelruͤbe (Beta
                                 rubra romana); aus Samen von Castelnaudari.
                           Hierauf folgen die sogenannten panachirten (roth und
                              weißen) Runkelruͤben, die gelbe Runkelruͤbe, die gemeine rothe, und
                              endlich die sogenannte Hungersnoth (Disette Beta
                                 sylvestris.)
                           Nicht krystallisirbarer Zuker. Man erhaͤlt immer
                              etwas davon; allein der krystallisirbare verdirbt sehr leicht, nicht bloß
                              waͤhrend der Fabrikation, sondern auch durch die, bei der Analyse
                              angewendeten, Reagentien, und es gelingt durch die groͤßte Vorsicht die Menge
                              des nicht krystallisirbaren Zukers so sehr zu vermindern, daß wahrscheinlich aller
                              in den Runkelruͤben enthaltene Zuker krystallisirbar ist.
                           Saure, aͤpfelsaure Pottasche. – Saures,
                                 aͤpfelsaures Ammonium. – Saures, aͤpfelsaures Eisen.
                               – Salzsaure Pottasche. – Phosphorsaurer Kalk. –
                                 Kleesaurer Kalk. – Schwefelsaurer Kalk.
                           Salpetersaure Pottasche. Spuren. Der Gehalt an diesem
                              Salze ist nach dem Boden, auf welchem die Runkelruͤben wuchsen, sehr
                              verschieden. Auf geduͤngtem Boden enthalten die Runkelruͤben eine
                              große Menge davon, und dann enthalten sie auch viel mehr Ammonium und
                              stikstoffhaltige Substanz.
                           Alkalische Substanz. Krystallisirt in gekreuzte Nadeln;
                              in Wasser und Alkohol wenig aufloͤslich; in Saͤuren sehr leicht
                              aufloͤslich; mit Essigsaͤure oder Salzsaͤure verbunden scheint
                              sie diese Saͤuren bei einer sorgfaͤltigen Calcination zu verlassen;
                              denn man erhaͤlt sie auch dann noch krystallisirbar, weiß und sehr alkalisch.
                              Diese Substanz ist jedoch nicht hinlaͤnglich charakterisirt.
                           Schwefel. – Kieselerde. – Chloraphyll,
                              findet sich bloß in den, waͤhrend des Wachsthumes, dem Lichte ausgesezten
                              Theilen der Haut.
                           Die Aussonderung, welche in der, am Kopfe der
                              Runkelruͤben befindlichen, Hoͤhle enthalten ist, besteht, besonders
                              analysirt, wie die ganze Wurzel, aus den oben angegebenen Bestandtheilen, in
                              denselben Verhaͤltnissen, mit Ausnahme des starken holzigen Faserstoffes, der
                              ihr ganz fehlt, des Faͤrbestoffes, den sie in geringerer Menge
                              enthaͤlt, und der manches Mahl von dem der uͤbrigen Wurzel ganz
                              verschieden ist, und mit Ausnahme des Zukers, welcher ganz fehlt. Statt dieser
                              Bestandtheile befinden sich darin eine bedeutende Menge salzsaure Pottasche und
                              salpetersaures Ammonium, welche man leicht krystallisirt bekommt, und mit Alkohol
                              scheiden kann, und auch mehr aromatische Substanz. Diese Aussonderung, so wie die
                              ganze Runkelruͤbe, enthaͤlt keine Spuren von Starkmehl.
                           Die Bestandtheile dieser Hoͤhle naͤhern sich jener der Blattstiele,
                              welche jedoch vielmehr Eyweiß, mehr salzsaure Pottasche, und weniger aromatische
                              Substanz enthalten.
                           Der Saft der Fasergefaͤße, waͤhrend der Vegetation besonders
                              fuͤr sich ausgezogen, besizt einen schwachen, sehr milden Geschmak, und
                              enthaͤlt nur geringe Menge der, in den uͤbrigen Theilen der
                              Runkelruͤbe enthaltenen, Bestandtheile.
                           Wenn man diese Bestandtheile vergleicht mit der Verfahrungsweise bei der
                              Runkelruͤben-Zuker-Fabrikation, so wird man folgende Bemerkungen machen.
                           Nach der am allgemeinsten angenommenen, und jener der Colonien analogen, Methode
                              scheidet der Kalk, welcher dem Safte in dem Augenblike zugesezt wird, wo dessen
                              Temperatur nahe an der Suͤdhize ist, die Pektik-Saͤure (oder den
                              pektiksauren Kalk), als haͤufigen Schaum ab, welcher das Eyweiß, den
                              phosphorsauren und apfelsauren Kalk, die Kieselerde und einige erdige Substanzen zum
                              Theile mit sich fortnimmt; in der Fluͤssigkeit befindet sich ein Ueberschuß von
                              Kalk und Pottasche, welche von der Zersezung der essigsauren Pottasche
                              herruͤhrt; die thierische Kohle, welche man dem abgeschaͤumten Safte
                              zusezt, beseitigt den Kalk; zuruͤkbleibt freie Pottasche, welche im Laufe des
                              Abdampfens den Zuker verdirbt, einen großen Theil davon unkristallisirbar macht;
                              dann Eyweiß, welches, indem es verdirbt, dem Syrupe, dem Zuker und der Melasse einen
                              schlechten Geschmak mittheilt. Ein Theil des apfelsauren Kalkes sezt sich
                              waͤhrend des Eindampfens ab.
                           Einige Fabrikanten pflegten nach dem Abschaͤumen eine geringe Menge
                              Schwefelsaͤure zuzusezen; sie saͤttigten so den Kalk und die
                              Pottasche; allein diese Substanzen hatten schon einen Theil des Zukers verdorben,
                              und uͤberdieß macht ein geringer Ueberschuß dieser Saͤure eine große
                              Menge des Zukers unkristallisirbar.
                           Nach dem, juͤngst von Hrn. Crespel angegebenen,
                              Verfahren wird der groͤßte Theil der Pektik-Saͤure, des Eyweißes, die
                              Kieselerde und einige fremde Substanzen durch Schwefelsaͤure, welche in der
                              Kaͤlte auf den mit Wasser verduͤnnten Zuker, sehr wenig wirkt,
                              entfernt. In der Fluͤssigkeit bleibt Aepfelsaͤure,
                              Schwefelsaͤure und etwas Pektiksaͤure, schwefelsaure Pottasche, etc.
                              Der Kalk, welcher hierauf zugesezt wird, faͤllt den groͤßten Theil der
                              Saͤuren, und vertreibt das Ammonium; die schwefelsaure Pottasche wirkt nicht
                              auf den Zuker, und da die thierische Kohle den uͤberschuͤssigen Kalk
                              und den Farbestoff beseitigt, so bleiben in der Fluͤssigkeit nur sehr wenige
                              fremde Bestandtheile, und man erhaͤlt auf diese Weise mehr Zuker, als durch
                              irgend ein anderes Verfahren.
                           Dieses, mit Geschiklichkeit befolgte, und durch Benuzung des Alkohols
                              unterstuͤzte Verfahren, erlaubt mit sehr geringen Mengen von
                              Runkelruͤbensaft zu arbeiten, und beinahe allen, darin enthaltenen,
                              krystallisirbaren Zuker zu gewinnen.
                           Bei Vergleichung der Runkelruͤben, Erdaͤpfel, Topinambours und
                              Ruͤben mit einander, in Bezug auf das ganze Gewicht derselben, welches man
                              von einem Hektar (= 2780 Wien. □ Klft.) Bodens erhaͤlt, und in Bezug
                              auf die Produkte, welche man als zur Nahrung tauglich betrachten kann,
                              erhaͤlt Hr. Payen folgende Resultate:
                           
                              
                                 
                                 Ganzer Ertrag.
                                 Trokener Nahrungsstoff.
                                 
                              
                                 
                                 Kilogrammen.
                                       Kilogrammen.
                                 
                              
                                 Erdapfel
                                       21,000
                                           5,119
                                 
                              
                                 Topinambours
                                       19,000
                                           3,839
                                 
                              
                                 Rothe Runkelruͤben v. Castelnaudari,
                                    Gelbe Runkelruͤben v. Castelnaudari
                                       28,000
                                           3,200
                                 
                              
                                 Weiße schlesische
                                    Runkelruͤben
                                       25,000
                                           3,022
                                 
                              
                                 Ruͤben
                                       18,000
                                           1,115
                                 
                              
                           Nach Verschiedenheit des Bodens werden uͤbrigens die Resultate
                              natuͤrlich etwas verschieden ausfallen.