| Titel: | Ueber Ketten-Seile und ihren Nuzen. Von Hrn. Basil. Hall, Capitäne und F. R. S. | 
| Fundstelle: | Band 18, Jahrgang 1825, Nr. LXXXI., S. 430 | 
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                        LXXXI.
                        Ueber Ketten-Seile und ihren Nuzen. Von Hrn.
                           Basil. Hall,
                           Capitaͤne und F. R. S.
                        Aus dem Edinburgh Philosophical Journal. October.
                              1825. S. 317.
                        (Im
                              Auszuge.)
                        Hall, uͤber Ketten-Seile und ihren Nuzen.
                        
                     
                        
                           Es unterliegt keinen Zweifel, daß Capitaͤn Samuel Brown der Erfinder der Ketten-Seile (Ketten-Taue, Chain-Cables) ist, und daß er es war, der die Einfuͤhrung derselben
                              bei der Flotte vorschlug. Er that es im Januar 1808, und nahm im Februar ein Patent
                              auf seine Erfindung. Ungefaͤhr um diese Zeit segelte er nach Westindien mit
                              einem Schiffe, das groͤßten Theils mit seinen eisernen Seilen getakelt war.
                              Der Erfolg dieses Versuches war so guͤnstig, daß, nach dem Ausspruche eines
                              zur Untersuchung abgeordneten Ausschusses von See-Officieren, zwei Linien-Schiffe,
                              eine Fregatte und eine Kriegs-Sloop den Befehl bekamen, sich mit Ketten von 100
                              Faden Laͤnge zu versehen. Im Jahre 1811 wurden mehrere Fregatten und Sloops
                              auf gleiche Weise ausgeruͤstet, und die Versuche fielen, obschon Vorurteil
                              und Unwissenheit allerlei Schwierigkeiten fanden, so erwuͤnscht aus, daß man
                              vermuthen konnte, die eisernen Seile wuͤrden nach und nach die
                              haͤnfenen, wenn nicht allgemein, doch großen Theiles ersezen. Im Jahre 1812
                              zeigte Hr. Brown eine neue Methode, die Kettenglied der
                              an der Seite mittelst einer langen Schulter zu schließen, wodurch sie besser
                              geschweißt werden konnten, und man hat zeither gefunden, daß, wenn solche Ketten
                              einer Gewalt ausgesezt werden, die sie zu zerbrechen vermag, der Bruch nie an der
                              Stelle Statt hat, wo sie geschweißt wurden. Hr. Brown gab
                              den Gliedern der Kette verschiedene Formen; zuerst drehte er sie, und ließ sie ohne
                              Stuͤz-Stift in ihrer Mitte. In demselben Jahre bediente er sich der
                              hydrostatischen Presse, und erfand eine Maschine, mittelst welcher man die
                              Staͤrke einer jeden Kette pruͤfen konnte, ehe sie die
                              Werkstaͤtte verließ. Hr. Brown verdient also in
                              allen Meeren den Dank aller Seeleute, deren gefahrvollem Leben er einen großen Theil
                              der Schreknisse
                              desselben entzog: nur ein Seemann, der da weiß, was es ist in stuͤrmischen
                              Naͤchten sein Schiff, seiner Gefaͤhrten und sein eigenes Leben
                              einigen, vielleicht halbabgefaulten, Faden Hanfes anvertrauen zu muͤssen,
                              weiß, was er Hrn. Brown zu danken hat, dessen eiserne Taue nie faulen, nie von
                              Korallen-Riffen abgeschnitten werden, und immer kraftvoll und wohl erhalten
                              bleiben.
                           Es war nicht zu vermuthen, daß eine Erfindung von so hohem Nuzen in unserem Lande
                              lang in den Haͤnden eines einzigen Mannes bleiben wuͤrde. Die HHrn.
                              Brunton und Comp. ließen sich im Jahre 1813 ein
                              Patent auf verbesserte Ketten-Seile ertheilen. Die Verbesserung bestand, wie man
                              sagte, darin, daß die Glieder nicht gedreht, sondern alle in einer und derselben
                              Ebene lagen, und in der Mitte mit einem an seinen beiden Enden breiten Stuͤze
                              Stifte versehen waren. So verfertigen sie jezt die HHrn. Brunton, und auch Capit. Brown und andere.
                           Hr. Knowles schrieb die Erfindung dieser wichtigen
                              Verbesserung in seinem Werke: „An Inquiry into the
                                    means, which have been taken to préserve the British
                                    Navy“ Hrn. Capit. Brown zu, und
                              dadurch entstand ein gewaltiger Streit zwischen Hrn. Knowles und den Patent-Traͤgern, aus welchem, obschon es kaum eines
                              Zehntels des daruͤber verdorbenen Papieres bedurft haͤtte, nichts
                              hervorgeht.
                           Folgende Uebersicht zeigt die Starke der Seile bei der k. Flotte:
                           
                              
                                 Groͤße der Seile aus Hanf.
                                    Durchmesser des Eisens, welches die
                                 
                              
                                 
                                 Kettenglieder bildet, um als Aequivalent
                                 
                              
                                 
                                          fuͤr
                                    Seile aus Hanf zu dienen.
                                 
                              
                                 25
                                 bis 23
                                 Zoll   –
                                 –     –     –    2
                                    1/8 Zoll.
                                 
                              
                                 22
                                 –   21
                                   –     –
                                 –     –     –    2         –
                                 
                              
                                 20
                                 –   18 1/2
                                   –     –
                                 –     –     –    1 7/8   –
                                 
                              
                                 18
                                 –   17 1/2
                                   –     –
                                 –     –     –    1 3/4   –
                                 
                              
                                 17
                                 –   16 1/2
                                   –     –
                                 –     –     –    1 5/8   –
                                 
                              
                                 16
                                 –   15
                                   –     –
                                 –     –     –    1 1/2   –
                                 
                              
                                 14 1/2
                                 –   14
                                   –     –
                                 –     –     –    1 3/8   –
                                 
                              
                                 12 1/2
                                 –   13
                                   –     –
                                 –     –     –    1 1/4   –
                                 
                              
                                 12 1/2
                                 –   11
                                   –     –
                                 –     –     –    1 1/8   –
                                 
                              
                                 10 1/2
                                 –   10
                                   –     –
                                 –     –     –    1         –
                                 
                              
                                   9 1/2
                                 –     9
                                   –     –
                                 –     –     –       7/8   –
                                 
                              
                                 
                                    
                                    
                                 
                              
                                   8 1/2
                                 –     7 1/2
                                   –     –
                                 –     –     –       3/4   –
                                 
                              
                                   7
                                 –     6 1/2
                                   –     –
                                 –     –     –   11/16   –
                                 
                              
                                   6
                                 –     5
                                   –     –
                                 –     –     –       5/8   –
                                 
                              
                           150 Faden oder 1 1/2, Kabel sind fuͤr alle Linien-Schiffe gestattet; 200 Faden
                              oder 2 Kabel fuͤr Fregatten, Sloops und Brigs; kleinere Schiffe, die weniger
                              als 60 Mann Bemannung haben, werden ganz mit eisernen Kabeln versehen.
                           Die Methode, eiserne Seile statt haͤnfener zu gebrauchen, lernt sich
                              taͤglich besser kennen, so wie auch ihr Werth taͤglich mehr erkannt
                              wird, selbst von denjenigen, die die Vortheile derselben bisher noch nicht ganz zu
                              durchschauen vermochten. Man haͤlt, heute zu Tage, kein Schiff fuͤr
                              geborgen, das nicht wenigstens Ein solches Kabel besizt. Diese Seile sind
                              aͤußerst bequem in der Anwendung, und lassen sich beinahe unter allen
                              Umstaͤnden gebrauchen. Wenn sie ein Mahl die Probe ausgehalten haben, kann
                              man sich darauf verlassen, und darin besteht ihr Hauptvorzug vor den Seilen aus
                              Hanf, da ein gewoͤhnliches Seil, auch wenn es nicht gebraucht wurde, in dem
                              Maße an Werth verliert, als es alt wird. Wenn es aber selbst im schoͤnsten
                              Wetter und in dem besten Ankergrunde gebraucht wird, wird es immer schlechter, bloß
                              durch das Naßwerden und Troknen, durch die Reibung. Gegen alle diese Nachtheile ist
                              man bei der Kette gesichert. Die Methode die Staͤrke der Seile aus Hanf und
                              aus Eisen dadurch zu pruͤfen, daß man ein neues haͤnfenes Seil und
                              eine neue Kette an einander knuͤpft, und beide so lang spannt, bis das eine
                              oder die andere reißt, ist unbillig: man versuche nur dasselbe an alten Seilen aus
                              Eisen und aus Hanf. Und dann ist auch die Abnuͤzung an zwei aus Hanf
                              verfertigten Seilen nicht immer dieselbe; das eine kann 6 Wochen lang gebraucht, und
                              doch nicht schlechter geworden seyn, waͤhrend das andere in 6 Tagen, in 6
                              Stunden unbrauchbar werden kann. Unter eben den unvermeidlichen und nicht
                              vorzusehenden Umstaͤnden, die den lezten Fall herbeifuͤhrten, ist die
                              Kette, wenn sie die Probe bestanden hat, allerdings besser als vorher. Bei Schiffen, die im Canale ein Paar
                              Stunden von der Werfte entfernt kreuzen, hat es allerdings nichts zu sagen, wenn ein
                              Kabel sich abreibt; man kann sich auf der Stelle ein neues holen; aber auf weit
                              entlegenen Stationen ohne Werfte, vorzuͤglich in Suͤd-America, wo man
                              ein Kabel gar nicht ersezen kann, ist dieß ein Punct, von welchem sehr oft das Leben
                              der Mannschaft abhaͤngt. Unternehmungen von der hoͤchsten Wichtigkeit
                              muͤssen unterbleiben, wenn man sich nicht auf die Ankertaue verlassen kann,
                              und zahllose Handels-Speculationen muͤssen aufgegeben werden, oder werden
                              hoͤchst gefahrvoll, weil man, nicht zu jeder Jahreszeit und an jeder
                              Kuͤste mit Sicherheit vor Anker liegen kann.
                           In oͤkonomischer Hinsicht sind diese eisernen Taue bei der Ausruͤstung
                              der k. Flotte fuͤr das ganze Land aͤußerst wichtig. Ich segelte in dem
                              k. Schiffe Conway im Juli 1820 von Portsmouth nach Suͤd-America, und kehrte
                              im Anfange des Jahres 1823 nach England zuruͤk. Auf meiner Commission lief
                              ich in 36 verschiedenen Haͤfen und Rehden ein, und in mehreren
                              oͤfters; uͤberdieß mußte viel an den Kuͤsten und selbst in
                              Stroͤmen gefahren werden: es gab hier mehr zu Ankern, als bei manchen anderen
                              Fahrten von derselben Dauer. Aus Erfahrung unter aͤhnlichen Klimaten darf ich
                              sagen, daß sechs neue Ankertaue von dem besten Hanfe bei diesem Dienste vollkommen
                              darauf gegangen seyn wuͤrden, die wenigstens 650 Pfund Sterl. gekostet
                              hatten. Wir hatten aber ein eisernes Tau, und reichten folglich mit einem aus Hanfe,
                              das noch beigegeben wurde, hin. Lezteres ging ganz darauf, und das eiserne, das kaum
                              200 Pfund Sterl. kostete, kam so gut zuruͤk, als es auslief; es ward
                              gepruͤft. Ich wuͤrde es bei Wieder-Ausruͤstung des Schiffes
                              jedem neuen vorgezogen haben.
                           Waͤhrend dieser Reise forderte der Dienst oͤfters, daß in Haͤfen
                              selbst an felsigen Stellen geankert werden mußte, und an solchen Plaͤzen, wo
                              das beste Ankertau aus Hanf bei einer einzigen Fluth abgerieben worden waͤre;
                              daß man auf offenen Kuͤsten vor Anker liegen mußte, denen sich vor
                              Einfuͤhrung der
                              eisernen Kabel kein Schiff naͤhern durfte; und ich sah Kauffahrer, die mit
                              eisernen Ankertauen versehen waren, an diesen Kuͤsten, die andere Schiffe
                              fuͤrchten mußten, eintraͤglichen Handel treiben.
                           Es ist allerdings muͤhevoll, ein eisernes Ankertau bei einer Tiefe von mehr
                              als 20 oder 25 Faden zu gebrauchen; das Gewicht derselben und jenes des Ankers
                              zugleich macht es zuweilen schwierig und fuͤr jeden Fall langweilig, den
                              Anker zu lichten. Vor einigen Jahren, als ich noch wenig Erfahrung im Gebrauche
                              dieser Ketten-Taue hatte, mußte ich auf einer Korallen-Bank im chinesischen Meere in
                              ungefaͤhr 35 Faden Tiefe ankern. Ich dachte nicht an das Moment der Bewegung,
                              welches die Kette bei dem Hinabrollen in eine solche Tiefe bekommen mußte, und
                              vernachlaͤßigte die gehoͤrige Vorsicht: alle hundert Faden meiner
                              Kette fuhren mit beschleunigter Geschwindigkeit und furchtbarem Getoͤse zum
                              Loche hinaus, und gaben dem Schiffe zulezt einen solchen Stoß, daß man denselben von
                              einem Ende zum anderen verspuͤrte: alles dieß war das Werk von einigen
                              Secunden. Wir hatten vier Stunden lang saure Muͤhe um den Anker zu lichten.
                              Unsere Schiffe haben, so viel ich weiß, keine Vorrichtung, um in tiefem Ankergrunde
                              mit eisernen Ankertauen vor Anker zu gehenWir haben im polyt. Journ. das Patent des Hrn. Yetts hieruͤber aus dem Repertory of
                                       Patent-Invent. S. 139 mitgetheilt. A. d. Ueb. ich fand aber eine solche auf einem americanischen Schiffe, die gute Dienste
                              leistet, und Beachtung und Nachahmung verdient. Eine 10 Faden lange Kette war auf
                              die gewoͤhnliche Weise an dem Anker befestigt, und am Ende derselben war
                              mittelst dreier Schwaͤnze aus kleinen Ketten, die an einem Dreheringe
                              befestigt waren, ein Ankerseil aus Hanf angelassen. Das eiserne Tau kommt auf diese
                              Weise auf dem Grunde zu liegen, und leidet folglich nichts durch das Abreiben,
                              waͤhrend der uͤbrige Theil aus Hanf hinlaͤnglich gespannt wird,
                              um von den im Grunde befindlichen Klippen frei zu werden. Man moͤchte
                              vielleicht beim ersten Anblike sagen, daß Eisen und Hanf sich nicht wohl in einander
                              einlassen; Erfahrung
                              zeigt hier aber, daß dieses recht gut, und ohne Nachtheil fuͤr den weicheren
                              Stoff geschehen kann.
                           Dieser Umstand fuͤhrt uns zur Betrachtung eines anderen wichtigen durch
                              Erfahrung bestaͤtigten Resultates. Als man zuerst Ketten-Taue
                              einfuͤhrte, glaubte man, daß ein Schiff mit einem einzigen solchen Taue nicht
                              sicher vor Anker liegen koͤnne, und daß man deren zwei braucht: man hielt es
                              naͤmlich fuͤr ausgemacht, daß, wenn ein Schiff an einem Hanf- und
                              Kettenseile zugleich vor Anker liegt, und beide Seile sich in dem Loche, durch
                              welches sie aus dem Schiffe treten, verwikeln, was durch das Schaukeln und Drehen
                              bei der Fluch oͤfters geschieht, das Ketten-Tau das Tau aus Hanf
                              durchschneiden wuͤrde. Nun hat aber die Erfahrung gezeigt, daß dieß von
                              Ketten-Tauen weniger zu besorgen ist, als von jedem anderen, und daß zwei nasse Taue
                              aus Hanf, wenn sie quer uͤber einander laufen, sich ehe an einander abreiben
                              und sich ehe durchschneiden, als ein Tau aus Eisen ein Tau aus Hanf durchschneidet:
                              die Glieder der Kette sind naͤmlich glatt und werken nicht mit soviel
                              Reibung. Ueberdieß bewegt sich auch eine eiserne Kette nicht so stark, denn ihr
                              groͤßeres Gewicht macht, daß sie ruhiger liegen bleibt.
                           Diesem hoͤchst wichtigen Umstaͤnde, den man in den fruͤheren
                              Perioden dieser Erfindung nicht vorsehen konnte, hat man jedoch spaͤter in
                              einigen Faͤllen durch zu große Vorsichtigkeit wohlgemeinter Unwissenheit auf
                              eine sehr absurde Weise entgegen arbeiten wollen. Wenn man sich haͤnfener
                              Taue bedient, pflegt man allgemein an jenen Stellen derselben, die der Reibung am
                              meisten bloß gestellt sind, ein duͤnneres Seil so rings um dieselben
                              umzuwinden, daß das Tau dadurch an diesen Stellen um ein Drittel diker wird: eine
                              muͤhselige, aber unerlaͤßliche Vorsicht; die Reibung hat dann nur an
                              dem Ueberzuge Statt, waͤhrend das Tau selbst geschuͤzt bleibt. Diese
                              Vorsicht ist, bei einem Ketten-Taue durchaus nicht noͤthig. Indessen winden
                              doch diejenigen, die immer gewohnt sind, nach der
                              „Daumen-Regel“
                              „Rule of thumb.“ Das
                                    englische Aequivalent fuͤr das franzoͤsische „Daumen-Spiel“ (jeu du pouce), das wir ehrliche Deutsche geradezu
                                    „Geldzaͤhlen“ nennen. Wer in England nach
                                    der Daumen-Regel lebt, sucht sich per fas et
                                       nefas immer eine kleine Beschaͤftigung fuͤr seinen
                                    Daumen. Das Umwinden der eisernen Taue mit Striken ist
                                    uͤberfluͤßig und schaͤdlich; aber es traͤgt ein
                                    Paar Pfunde unter den Daumen.A. d. Ueb. zu legen, (und uͤberdieß uͤber nichts nachdenken), wenn sie
                              irgendwo vor Anker liegen muͤssen, auch um die eisernen Taue duͤnnere
                              Seile um, und machen dadurch erst die glatte und unschuldige Kette zur
                              boͤsartigsten Feile. Wo immer eine solche umwundene eiserne Kette auf ein
                              Hanf-Tau zu liegen kommt, wird lezteres in kurzer Zeit davon durchschnitten.
                           Man muß gestehen, daß ein Ketten-Tau anfangs etwas schwer zu handhaben ist; etwas
                              Uebung macht jedoch die Fuͤhrung desselben außerordentlich leicht. Man
                              braucht nicht den zehnten Theil der Zeit, den man zur Befestigung eines Hanf-Taues
                              an dem Anker noͤthig hat, zur Befestigung eines eisernen Taues an demselben:
                              losgemacht ist es in einem Augenblike. Und auch in dieser Hinsicht hat es einen
                              großen Vortheil voraus, daß es durch das oftmahlige Anlegen und Abnehmen nicht so
                              leidet, wie das Seil aus Hanf, welches dadurch, daß es lang in dem Anker eingezogen
                              ist, zumahl bei schlechter Witterung, sehr verdorben wird. Ein Schiff mit einem
                              eisernen Anker-Taue kann ohne alle Muͤhe, ohne allen Nachtheil fuͤr
                              das Anker-Tau, jeden Augenblik bereit seyn, den Anker fallen zu lassen, ein nicht zu
                              berechnender Vortheil, da dadurch so vielen Schiffbruͤchen vorgebeugt
                              wird.
                           Die am mindesten kostspielige Weise mit einem Schiffe vor Anker zu liegen, ist die
                              mit zwei Ketten, und die Zeit ist, wie es scheint, nicht sehr fern, wo dieß
                              allgemein eingefuͤhrt seyn wird. In den suͤdamericanischen Stationen,
                              wo die Witterung gewoͤhnlich gut war, war eine Bog-Anker-Kette
                              seewaͤrts, und eine Strom-Kette gegen die Kuͤste hin, hinreichend: die
                              Abnuͤzung war, in diesem Falle, unbedeutend. Sir Thomas Hardy, dem die Flotte und die Schiff-Fahrts-Kunst uͤberhaupt soviel
                              zu verdanken hat, hat eine einfache Methode ausgedacht, um mit zwei Ketten vor Anker zu liegen, so
                              daß, das Schiff mag wie immer umgetrieben werden, die Ketten in dem Loche sich
                              niemahls verwikeln. Diese bestand darin, daß man die Stromkette aus ihrem eigenen
                              Theile herausnahm, und wieder an einem Drehe-Ringe anmachte, deren sich mehrere in
                              Zwischenraͤumen an der Bog-Kette befinden. Auf diese Weise ritt das Schiff,
                              waͤhrend es vor Anker lag, und der Theil der Bog-Kette (bower-chain), der uͤber dem Wasser war, ward zum
                              Zaume. Derselbe Sir Hardy hat auch einen doppelten Zaum
                              vorgerichtet, um das Schiff mit der Mitte des Kabels, oder zwischen den zwei
                              Bog-Kabeln reiten zu lassen: wahrscheinlich werden noch alle Schiffe der k. Flotte
                              mit den hierzu noͤthigen Ketten versehen werden. Man wird sagen, daß alles
                              dieß so klar und einfach ist, daß es dem Erfinder wenig Ehre macht; gilt dieses
                              nicht aber auch von der eisernen Kette selbst, nachdem sie einmahl erfunden ist?
                              Gerade darin liegt das wahre praktische Genie, daß es Grundsaͤze zu
                              benuͤzen weiß, die die gemeinen Koͤpfe mit Fuͤssen treten.
                              Einfachheit, worin das Wesentliche aller zwekmaͤßigen Vorrichtungen besteht,
                              charakterisirt auch alle Erfindungen des Sir Hardy, keine
                              aber mehr, als seinen Aufhaͤlter des Ketten-Kabels, der nicht allgemein
                              bekannt ist, und besonders beschrieben zu werden verdient.
                           An der unteren Seite des Balkens, der den vordersten Theil der Stelle bildet, wo das
                              Ketten-Kabel heraufkommt, ist ein starker kranichhalsiger eiserner Haken befestigt,
                              beinahe so dik, als der Vorderarm eines Mannes an der Handwurzel, und so groß, als
                              der Kreis, den ein Mann mit beiden Armen, wenn seine beiden Haͤnde in
                              einander liegen, spannen kann. Ein Ende dieser Krummen ist an dem Balken befestigt,
                              laͤßt sich aber um den Bolzen in horizontaler Richtung frei bewegen. Man seze
                              nun das Ketten-Tau kommt in der Eke in dem Gange unter den Fallthuͤren
                              herauf, so daß der gleichfalls in der Nahe dieser Eke befindliche kranichhalsige
                              Haͤlter die Kette umfaßt, so wird, wenn ein starkes Tau an dem Ende dieses
                              Kraniches eingehaͤkelt wird, das Ketten-Tau dicht an der unteren Deke
                              aufgezogen, so daß die Kette dicht gegen den Balken fest gebunden wird. Die Kraft dieses
                              Haͤlters ist so groß, daß er die Kette noͤthigen Falles jeden
                              Augenblik aufhaͤlt, die Geschwindigkeit derselben mag auch noch so bedeutend
                              geworden seyn. Dieß vermochte bisher kein anderer Haͤlter.
                           Man hat seit zwei Jahren noch immer einige Desiderata
                              denen nachgeholfen werden muß. Das Erste ist Verbesserung der Weise, die
                              Ketten-Laͤngen los zu lassen. Wenn man nicht immer genau auf die Stifte
                              sieht, welche die Bolzen in ihrer Stelle halten, so rosten sie ein, und werden nur
                              durch langes Haͤmmern wieder beweglich. Da es nun oͤfters nothwendig
                              wird, die Kette fallen zu lassen (denn dieses Tau kann nicht gekappt werden), so muß
                              das Losmachen eines Theiles der Kette von dem anderen so leicht als moͤglich
                              gemacht werden. Der Fehler an den Stiften scheint darin zu liegen, daß sie gleich
                              hoch mit den Bolzen stehen; wenn man sie so vorgerichtet haͤtte, daß sie
                              nicht ganz bei dem Loche hinaustraͤten, allenfalls mit einer Schulter, die
                              mit einer Verengerung in dem Loche correspondirt; so hatte man den Stift mit irgend
                              einer Spize erreichen, und leicht Herausheben koͤnnen, waͤhrend durch
                              das gegenwaͤrtige Haͤmmern der Stift oͤfters nur noch fester
                              eingenietet wird.
                           Zweitens sollte jedes mit Ketten-Tauen versehene Schiff große und feste Fesseln,
                              statt der Ringe fuͤr Hanfseile, an den Ankern haben. Die eisernen Ketten
                              beißen zu kurz an dem Ringe ein, als daß sie denselben nicht leicht brechen
                              koͤnnten. Ich selbst habe vier Ringe an den Schiffen der k. Flotte auf diese
                              Weise abgekneipt gesehen. Ich glaube alle Schiffe der k. Flotte sind jezt mit
                              solchen Fesseln versehen: alle Schiffe sollten sie haben.
                           Ich habe gehoͤrt, daß Ketten-Bothen eingefuͤhrt sind; ich habe sie aber
                              nicht gesehen, so wuͤnschenswerth sie auch sind; es ist aber noͤthig
                              sie mit einer Vorrichtung zu versehen, durch welche die schreklichen Unfaͤlle
                              im Falle des Brechens derselben vermieden werden koͤnnen. Fuͤr jeden
                              Fall muß man suchen die haͤnfenen Kneiper zu beseitigen, die nicht bloß
                              unzulaͤnglich, sondern selbst kostbar sind. Eine Vorrichtung nach Art der eisernen Klammern,
                              mit welchen man große Steine pakt und hebt, laͤßt sich leicht zu diesem Zweke
                              benuͤzen: ich meyne solche Kneiper, die ihren Gegenstand desto fester paken,
                              je mehr man daran zieht. Die Schweife dieser Kneiper koͤnnten von der
                              gewoͤhnlichen Art seyn, vorzuͤglich wenn der Bothe auch von Hanf ist;
                              ich zweifle aber sehr, ob Eisen zu diesem Zweke mit Erfolg angewendet werden kann,
                              da die Gefahr fuͤr die Leute, die sie handhaben muͤssen, so groß, ja
                              beinahe unvermeidlich ist. Es ist Ungluͤk genug, wenn ein haͤnfener
                              Bothe bricht; das Reißen einer Kette wuͤrde jeden Mann von dem Verdeke
                              raffen. Es ist der Aufmerksamkeit eines Mannes von den Talenten des Cap. Brown werth, eine solche Schwierigkeit zu beseitigen, und
                              vielleicht ist es durch wechselseitige Anpassung der verschiedenen Eigenschaften
                              eines Seiles und des Eisens moͤglich, eine Kette in der Mitte des Bothens
                              eben so anzubringen, wie ein Herz in einem vierstraͤngigen Seile, und auf
                              diese Weise die Staͤrke des einen zu gewinnen, ohne die Reibung und die
                              schuͤzende Eigenschaft des anderen zu verlieren.
                           Was uͤbrigens den Gebrauch des Eisens auf Schiffen betrifft, so
                              beschraͤnkt er sich nur noch auf Spindeln fuͤr Ankerwinden,
                              Stuͤzen fuͤr Mastbaͤume, und Bogspriete, Topsegel-Hemden und
                              Baͤnder (die nur bei Kauffahrdei-Schiffen allein gebraͤuchlich sind,
                              aber auch in der Flotte gebraucht zu werden verdienten), Oehl- und
                              Firniß-Faͤsser und andere Kleinigkeiten. Eine der neuesten und wichtigsten
                              Anwendungen des Eisens auf Schiffen ist die der vier Kubik-Fuß haltenden
                              Wasserbehaͤlter: eine hoͤchst wohlthaͤtige Erfindung
                              fuͤr Seefahrer, durch welche das Wasser eine lange Zeit uͤber
                              unverdorben erhalten werden kann. Ich fuͤllte einst meinen eisernen
                              Wasserbehaͤlter zu Portsmouth, und nachdem ich das Wasser vier Mahl durch die
                              Wendekreise durch und um Cap Horn herum, weiter als um die ganze Erde,
                              gefuͤhrt hatte, brachte ich es nach zwei Jahren wieder in demselben
                              Gefaͤße nicht im mindesten entfaͤrbt, und in jeder Hinsicht eben so
                              gut zuruͤk. als ich es von der Quelle nahm.