| Titel: | Verbesserungen im Baue der Stühle, oder der Maschinen zum Weben verschiedener Zeuge und Fabrikate, worauf P. J. B. Victor Gosset, Kaufmann in Clerkenwell Green, Middlesex, sich am 18. Decbr. 1824 ein Patent ertheilen ließ. | 
| Fundstelle: | Band 19, Jahrgang 1826, Nr. V., S. 19 | 
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                        V.
                        Verbesserungen im Baue der Stuͤhle, oder
                           der Maschinen zum Weben verschiedener Zeuge und Fabrikate, worauf P. J. B. Victor Gosset,
                           Kaufmann in Clerkenwell Green, Middlesex, sich am 18.
                              Decbr. 1824 ein Patent ertheilen ließ.
                        Aus dem Repertory of Patent-Inventions. Octob. 1825.
                              S. 227.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              II
                           
                        Gosset's, Verbesserungen im Baue der Stuͤhle, oder der
                           Maschinen zum Weben verschiedener Zeuge und Fabrikate.
                        
                     
                        
                           Diese Verbesserungen beziehen sich vorzuͤglich auf die
                              Schuͤzen. Bei den bisher bekannten und gebraͤuchlichen Schuͤzen
                              fand man gewoͤhnlich große Schwierigkeiten, dem Faden oder Garne (Eintrage),
                              wie er von der Wefelspule aus dem Schuͤzenkasten herauskommt, jene
                              gleichfoͤrmige Spannung zu geben, ohne welche es unmoͤglich ist, ein
                              gutes und gleichfoͤrmiges Gewebe zu erhalten. Bei meinem verbesserten Baue
                              des Schuͤzen und bei meiner Einrichtung der Wefelspule (die wir hier Spule nennen wollen), bin ich aber im Stande, eine
                              regulirende Feder anzubringen, durch welche ich den gehoͤrigen Widerstand auf
                              der Spule erzeuge. Diese Feder ist mit einer Stellschraube versehen, durch welche
                              die Kraft der Feder nach Belieben vermehrt oder vermindert werden kann, und dem
                              Garne fuͤr immer eine gleichfoͤrmige Spannung gegeben wird.
                           Fig. 28.
                              zeigt den Grundriß eines Schuͤzen, nach meiner Verbesserung. Fig. 29. stellt einen
                              Durchschnitt nach der Kante dar. Fig. 30. zeigt ihn im
                              Querdurchschnitte durch die Mitte. Diese Form der Schuͤzen dient
                              vorzuͤglich zum Weben der Tuͤcher und Gewebe aus Metalldraht oder
                              anderen steifen, nicht elastischen, Faden. AA, ist
                              der Koͤrper oder Kasten des Schuͤzen: er kann aus Holz, oder irgend
                              einem anderen schiklichen Materiale, und an den Enden, wie gewoͤhnlich, mit
                              Metall beschlagen seyn. BB, zeigt die Oeffnung an
                              der Seite zur Aufnahme der Wefelspule C, die, wie eine
                              Rolle, mit einem Rande versehen ist, und sich genau auf einem Drahtstifte a, dreht, der durch den oberen Theil und durch den Boden
                              des Schuͤzen laͤuft. Wenn man diesen Stift auszieht, kann man die
                              Spule mit großer Leichtigkeit herausnehmen und wiedereinsezen. DD, ist die regulirende Feder: sie ist aus Stahl, oder aus
                              irgend einem hinlaͤnglich elastischen Stoffe, und an beiden Enden des
                              Schuͤzen befestigt, und entweder in das Holz eingedreht oder eingelassen,
                              oder auf irgend eine andere schikliche Weise in dem Schuͤzen befestigt.
                           Diese regulirende Feder ist einzeln und in einem groͤßeren Maßstabe in Fig. 31.
                              dargestellt. Sie ist mit einer zweiten oder kleinen gekruͤmmten Feder, d, versehen, die so vorgerichtet ist, daß sie auf die
                              obere Oberflaͤche der Spule druͤkt, wie aus Fig. 29. deutlich
                              erhellt. e, zeigt eine kleine Stellschraube, deren Kopf
                              in dem oberen Theile der regulirenden Feder, DD,
                              versenkt seyn muß, damit sie nicht in den Kettenfaden steken bleibt, waͤhrend
                              sie uͤber dieselben hingeworfen wird. Das untere Ende der Stellschraube ist
                              so vorgerichtet, daß sie in ein kleines Niet, oder in eine weibliche Schraube, h, eingreift, welche Schraube in dem Holze, welches den
                              Schuͤzen bildet, wohl befestigt ist, so daß durch das Drehen der besagten
                              Schraube, um den Theil d, der regulirenden Feder, sie
                              mehr oder minder kraͤftig auf die obere Oberflaͤche der Spule
                              druͤken, und dadurch einen groͤßeren oder geringeren Widerstand zur
                              Regulirung der Spannung, unter welcher der Faden von dem Umfange der Spule durch das
                              Auge c, des Schuͤzen abgezogen werden soll,
                              erzeugen kann. Gewoͤhnlich fuͤttere ich jenen Theil des
                              Schuͤzen, auf welchem die Spule ruht, mit Metall oder irgend einem anderen
                              Stoffe aus, welcher eine glatte Oberflaͤche darbiethet, damit der Widerstand
                              gegen die untere Flaͤche der Spule so wenig als moͤglich dem Zufalle
                              unterliegt.
                           Es erhellt aus Fig.
                                 30. daß die obere und untere Flaͤche des Schuͤzen concav
                              sind, damit der Kopf der Stellschraube e, der
                              regulirenden Feder, DD, nicht so weit hervorsteht,
                              daß er das Garn der Kette waͤhrend des Durchganges des Schuͤzen
                              beschaͤdigen, oder in demselben steten bleiben kann. In einigen
                              Faͤllen finde ich es zutraͤglich, die Feder innerhalb der Oeffnung,
                              BB, des Schuͤzen anzubringen, wo dann
                              ein kleines rundes Loch an dem oberen Theile derselben offen gelassen wird, um einen
                              Schraubenzieher oder ein Instrument an dem Ende der Stellschraube anzubringen, wenn
                              es naͤmlich noͤthig wird, die Kraft oder den Widerstand der
                              Regulir-Feder gegen die Spule zu vermehren oder zu vermindern.
                           Bei einigen Arten von Schuͤzen wird es gut seyn, wenn keine Oeffnung an der Kante des
                              Schuͤzen ist. Ich verfertige dann den Schuͤzen, wie eine
                              Buͤchse, mit einem Dekel, der sich in Furchen schiebt, oder in Angeln
                              haͤngt, und mit einer Sperre versehen ist, so daß man den Dekel nach Belieben
                              oͤffnen oder schließen, und die Spule herausnehmen, und eine andere
                              dafuͤr einsezen kann. In diesem Falle kann die Regulir-Feder mit ihrer
                              Stellschraube entweder auf dem besagten Dekel befestigt, oder an der
                              entgegengesezten und unbeweglichen Seite des Schuͤzen angebracht seyn.
                           Wenn man Stoffe aus steifem Drahte mit meinem Schuͤzen zu weben hat, finde ich
                              es raͤthlich, ein Gehaͤuse, oder eine Roͤhre aus irgend einer
                              elastischen Substanz anzubringen, welches die Spule umhuͤllt, wie man an den
                              punctirten Linien m
                              Fig. 29.
                              steht. Diese Roͤhre ist nicht ganz, sondern mit einem Spalte oder mit einer
                              Oeffnung an der Seite versehen, durch welche der Draht laͤuft. Dadurch, daß
                              dieses Gehaͤuse die Spule uͤberall, außer dort, wo der Spalt sich
                              befindet, genau umgibt, hindert es den auf dem Umfange der Spule aufgewundenen Draht
                              sich aufzuheben, abzuwinden, loker zu werden, und zu verwikeln, laͤßt
                              denselben regelmaͤßig und gleichfoͤrmig abziehen, und zwar in dem
                              Maße, als es zur Verfertigung des Gewebes nothwendig ist. Wenn der Metalldraht, der
                              verwebt werden soll, steif und hart ist, bringe ich gelegentlich zwei Walzen aus
                              temperirten Stahle in den Seiten des Schuͤzen an, ungefaͤhr an jener
                              Stelle, wo die kleinen Augen, c, gezeichnet sind,
                              wodurch der Draht mit einer bedeutend geringeren Reibung ablaͤuft.
                           Fig. 32 und
                              33. zeigt
                              eine andere Art Schuͤzen, die nach meiner Verbesserung eingerichtet ist, und
                              zum Weben von Tuch, Seidenzeugen und anderen Stoffen verwendet werden kann. AA, zeigt den Koͤrper des Schuͤzen;
                              er ist von der Kante, BB, aus ausgehoͤhlt,
                              wie in obiger Figur schon beschrieben wurde. Dieser Schuͤze hat drei
                              besondere Spulen zur Aufnahme des Garnes, ccc,
                              wovon entweder eine nach der anderen mit gleichfarbigen Faden, oder, bei faconnirten
                              Geweeben, mit verschieden gefaͤrbten Faden bewunden, abgelassen werden kann.
                              Wenn ein Wechsel in der Farbe des Eintrages noͤthig ist, so darf man nur den
                              Faden, nachdem er durchgeschossen wurde, abbrechen, und den anderen der verlangten
                              Farbe heraussaugen, oder bei seinem Ende durch sein Loch, 
                              ccc, herausziehen. Diese Spulen sind wie Rollen
                              gebaut, und haben zwei Vorspruͤnge oder Raͤnfte auf die oben angebene
                              Weise. Jede derselben ist mit ihren Regulir-Federn, D,
                              und mit der Stellschraube e, versehen, um die Spannung
                              zu leiten, unter welcher das Garn von der Spule ablaufen soll. Die Federn D, sind in Fig. 32 und 33. so
                              dargestellt, als ob sie nur an einem Ende allein befestigt waͤren; sie
                              koͤnnen aber auch an jedem Ende befestigt seyn, und auf die Spulen mittelst
                              einer kleinen gekruͤmmten Feder, wie oben angegeben wurde, druͤken.
                              Wenn die Regulir-Federn so fest gemacht sind, wie in Fig. 32 und 33. gezeichnet
                              ist, so drehe ich gewoͤhnlich das lose Ende, oder dasjenige, welches auf die
                              Spulen leicht niederdruͤkt, und lasse es unter die Flaͤche des Holzes
                              eintreten, welches den Schuͤzen bildet, wodurch das Ende der Feder gegen
                              alles Eingreifen in das Garn der Kette bei feinem Durchgange durch dasselbe
                              gehindert wird.
                           Es koͤnnen mehr oder weniger, als drei Spulen in dem Schuͤzen zugleich
                              angebracht werden. Gosset nimmt als sein Patent-Recht in
                              Anspruch: die rollenfoͤrmige Form der Spule, die auf einem Stifte, oder auf
                              einer Achse senkrecht steht, wenn der Schuͤzen geworfen wird; die
                              Regulir-Feder mit der Stellschraube.
                           
                        
                           Bemerkungen des Patent-Traͤgers.
                           Mit diesen Schuͤzen koͤnnen alle Arten von Wollen-Maaren auf die
                              vollkommenste Weise schoͤn und stark gleichfoͤrmig gewebt werden, was
                              bei den gewoͤhnlichen Schuͤzen nicht der Fall ist, indem die
                              verschiedene Spannung der Wolle immer Unregelmaͤßigkeiten und Fehler erzeugt,
                              die dem Auge hoͤchst widerlich sind, kahle Stellen, Einlaufen etc.
                           Dieß darf uns nicht befremden, da bald der Eintrag gespannt, bald der Wurf
                              unregelmaͤßig ist. Was immer sorgfaͤltigt gewebt werden soll, muß mit
                              dem Handschuͤzen gewebt werden, wo der Arbeiter oͤfters dem Faden in
                              der Spannung nachhelfen muß, die indessen nicht immer gleichfoͤrmig
                              ausfaͤllt, so daß bei aller moͤglichen Aufmerksamkeit die Arbeit immer
                              mangelhaft bleibt.
                           Man hat, da man schon fruͤhe die Nothwendigkeit fuͤhlte, die Spannung
                              des Eintrages gehoͤrig zu reguliren, wenn man gut weben will, ein
                              Stuͤk gebogenen Drahtes als kleine Feder angewendet, auf welche man die Spule
                              aufsezte, die von der Rechten zur Linken lief; allein, so wie durch das Ablaufen des Fadens das Gewicht
                              auf der Spule sich vermindert, aͤndert sich auch die Spannung, und die
                              Wirkung hiervon wird bald sichtbar. Ueberdieß ist, so oft die Spulen gewechselt
                              werden muͤssen, haͤufig das Loch der oben einzusezenden Spule
                              groͤßer oder kleiner, als das der vorhergehenden; das Stuͤk Draht
                              leistet folglich nicht denselben Widerstand, der Arbeiter muß ihn mehr
                              oͤffnen oder schließen, damit die Spule sich nicht zu schnell oder nicht zu
                              langsam dreht.
                           Man hat alle diese Nachtheile laͤngst erkannt, und auch versucht, denselben
                              durch ein anderes dreiarmiges Stuͤk Draht von der eben beschriebenen Form
                              abzuhelfen; das Resultat fiel um nichts gluͤklicher aus, und die Ursache
                              hiervon liegt, wie ich eben gezeigt habe, am Tage. Man brachte, spaͤter,
                              zusammengebundene Haare an, so daß diese eine Art von kleiner Feder in dem
                              Schuͤzen bildeten; allein dadurch entstand eine Art von Buͤrste, die
                              die Waare verdarb; der Faden wurde dadurch abgeschaben, er verlor Glanz und
                              Staͤrke, und ward so geschwaͤcht, daß er haͤufig brach, und der
                              Weber durch das Wiederanknuͤpfen desselben viel Zeit umsonst verlor.
                           Draht-Gewebe, die doch unter allen am schwersten zu verfertigen sind, verfertigte ich
                              mit meinem Hug Schuͤzen nicht nur eben so leicht, wie jedes andere Gewebe,
                              sondern sogar besser, als sie bisher noch niemahls verfertigt wurden. Die Vortheile
                              meiner neuen Schuͤzen werden am deutlichsten erhellen, wenn ich ihre
                              Anwendung bei den verschiedenen Arten von Geweben zeige.
                           1. Alle Seiden-Waaren koͤnnen damit, weit schoͤner und und
                              glaͤnzender, gleichfoͤrmiger, besser und dauerhafter gewebt werden,
                              als auf gewoͤhnliche Weise: alle unvermeidlichen und unverbesserlichen Fehler
                              der alten Methode fallen hier weg. Vorzuͤglich zeigt sich dieser
                              Schuͤze bei den faconnirten Zeugen, da man ehe so viele Schuͤzen als
                              Farben haben mußte, waͤhrend man bei meiner Methode nur einen zu mehreren
                              verschiedenen Farben braucht. Man erspart, außer daß man bessere Arbeit
                              erhaͤlt, viel an Zeit, und arbeitet mehr, als wenn man jeden Augenblik
                              Schuͤzen wechseln muß. Ueberdieß fassen meine Schuͤzen zehn Mahl mehr
                              Seide oder Baumwolle, als die gewoͤhnlichen.
                           
                           Eine sehr stark gehende Waare, die ich Chamaͤleon
                              Der Patent-Traͤger nennt sie Camelion, was
                                    hoͤchst fehlerhaft geschrieben ist. Diese Waare ist bei uns in
                                    Deutschland unter dem Namen Schiller, in Baiern
                                    als „Schaͤhnglader“
                                    Taffet laͤngst bekannt. A. d. Ueb. nenne, weil sie nach jeder Richtung die Farbe wechselt, wird auf diese Weise
                              besser und glaͤnzender, als auf jede andere gewebt. Ihre Neuheit und Zartheit
                              macht sie sehr gesucht.
                           2–3. Baumwollen-Zeuge und Hanfleinwand werden auf meine Weise regelmaͤßiger, netter, und
                              schneller, als auf irgend eine andere Weise gewebt.
                           4. Leinen-Gewebe koͤnnen
                              ebenfalls mit diesem Schuͤzen in jeder beliebigen Breite eben so
                              schoͤn, wie obige Artikel gewebt werden.
                           5. Wollenzeuge und Wollentuͤcher eben so.
                           6. Drahtgewebe, deren Weben so langsam geht, und die so
                              viele Muͤhe kosten, werden mit diesem Schuͤzen eben so vollkommen, wie
                              die obengenannten Artikel, und zwei Mahl schneller gewebt. Um eine Idee von den
                              Vortheilen zu geben, die durch diese neue Vorrichtung entstehen, kann ich
                              versichern, daß 100 Weber damit in Einer Woche so viel Arbeit liefern, als, bei der
                              gewoͤhnlichen Methode, 300; dieß gibt, den Wochenlohn fuͤr Einen Weber
                              zu 2 Pfund Sterl. (24 fl.) gerechnet, eine woͤchentliche Ersparung an
                              Arbeitslohn von 400 Pfd. Sterling.
                           Ueberdieß erspart man auch an Handarbeit. In Draht-Geweben von 5 Fuß Breite braucht
                              man zwei Arbeiter an jedem Stuhle. Nach dieser Methode ist nur Einer noͤthig.
                              Bei 200 Stuͤhlen erspart man also 200 Leute. Der Quadrat-Fuß dieser Gewebe
                              wird jezt zu 4 Shill. (2 fl. 24 kr.) verkauft, nach meiner Methode kann er
                              fuͤr ten-pence (30 kr.) geliefert werden.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
