| Titel: | Bericht des Hrn. Molard, d. jüng., im Namen des Ausschusses der mechanischen Künste über einen neuen Haspel zum Abwinden der Seide, welchen Hr. Barbier, Mechaniker zu Montélimard, (Drôme) erfunden hat. | 
| Fundstelle: | Band 19, Jahrgang 1826, Nr. VII., S. 27 | 
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                        VII.
                        Bericht des Hrn. Molard, d. juͤng., im Namen des
                              Ausschusses der mechanischen Kuͤnste uͤber einen neuen
                           Haspel zum Abwinden der Seide, welchen Hr. Barbier, Mechaniker zu
                           Montélimard, (Drôme) erfunden hat.
                        Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement
                                 etc. N. 253. S. 216. (Im
                              Auszuge.)
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              II.
                        Molard's Bericht uͤber einen neunen Haspel zum Abwinden der
                           Seide.
                        
                     
                        
                           Auch die Seiden-Abwinder bleiben nicht zuruͤk hinter
                              den Fortschritten, welche alle Zweige der Industrie seit einigen Zeiten
                              vorwaͤrts thun.
                           Der zum Abwinden der Seide von den Cocons bestimmte Haspel des Hrn. Barbier besizt so entschiedene Vorzuͤge, daß
                              beinahe die meisten Abwinder im suͤdlichen Frankreich sich desselben
                              bedienen. Er hat ein Brevet d'Invention darauf genommen,
                              dessen ungeachtet aber der Société
                                 d'Encouragement ein Modell davon zugesandt.
                           Der Zwek dieses neuen Haspels ist, das Zusammenkleben (le
                                 mariage) der Seidenfaden, so wie sie sich nach und nach auf dem Haspel
                              aufwinden, zu verhindern, und der Spinnerin das Zusammenknuͤpfen derselben,
                              wenn sie abreißen, zu erleichtern.
                           In dieser Hinsicht macht ein sehr schnell sich bewegender Laufstok die Faden, wie bei
                              den gewoͤhnlichen Seiden-Haspeln unter einem sehr offenen Winkel sich
                              kreuzen, gibt aber den Faden zugleich auch einen gewissen Grad von Drehung, wodurch
                              sie von den vorhergehenden Faden gaͤnzlich getrennt werden, mit welchen sie
                              sich nach und nach aufwinden. Der Mechanismus, wodurch dieses geschieht, ist sehr
                              einfach, und besteht in kleinen Rollen, durch deren Mittelpunkt die Seidenfaden
                              laufen, und die durch Bindfaden ohne Ende, welche in der Rinne derselben laufen, in
                              Umtrieb gesezt werden.
                           Der Haspel stellt sich, durch eine besondere Vorrichtung, wenn ein Faden bricht, so,
                              daß die Abwinderinn denselben erreichen kann, wodurch viele Zeit und Kraft erspart
                              wird.
                           
                           Der Ausschuß erklaͤrt diesen Haspel fuͤr besser, als alle bisher
                              bekannten.
                           Der Haspel, welcher in Fig. 16 bis 19 im
                              Grundrisse Durchschnitte und Aufrisse dargestellt ist, besteht aus einem Rade, a, welches in einem sich schaukelnden Rahmen, b, aufgezogen ist, der sich zwischen den Pfosten und
                              Querhoͤlzern des Gestelles d, auf- und nieder auf
                              dem Zapfen c, schwingt. Dieses Rad wird durch eine
                              Kurbel an der horizontalen Achse, e, in Bewegung gesezt,
                              an welcher Achse sich ein großes Rad ohne Zaͤhne, f, befindet, welches, durch seine Reibung gegen die auf der Achse des
                              ersten Rades befindliche Scheibe, g, dieses Rad in
                              schnelle Umdrehung versezt. Bei jedem Haspel sind zwei solche Raͤder, die
                              demselben Systeme angehoͤren.
                           Der sich schaukelnde Rahmen, b, ist mittelst zweier um
                              ihren Mittelpunkt beweglicher Stangen hh, an einer
                              Platte, oder an einem Regulator, i, befestigt, der sich
                              auf den Querbalken d'd', des Gestelles schieben
                              laͤßt, so wie der Rahmen vor- oder ruͤkwaͤrts geht. Dieser
                              Regulator ist mit einer Doke, k, versehen, auf welcher
                              sich oben eine doppelte Schneke (queue de cochon double)
                              befindet, durch welche die Seidenfaden durchgezogen werden, ehe man sie an dem
                              Zapfen, l, des Rades befestigt. Das untere Ende dieser
                              Doke, das gabelfoͤrmig zugeschnitten ist, umfaßt einen Schnellbalken, m, der zum Systeme des Laufstokes gehoͤrt, den
                              wir nun beschreiben wollen, und der in Fig. 4 besonders
                              abgebildet ist.
                           Auf der horizontalen Achse, e, ist ein Zahnrad, n, aufgezogen, welches in den Triebstok, o, eingreift. Dieser Triebstok fuͤhrt ein anderes
                              Zahnrad, p, an welchem eine Laufschiene, q, angebracht ist, die ihre Bewegung einem senkrechten
                              Baͤlkchen, r, mittheilt, welches, mittelst eines
                              kleinen Hebelarmes, s, sich um zwei Zapfen dreht. An
                              diesem Baͤlkchen, r, befestigen sich noch zwei
                              andere horizontale Hebelarme, tt, welche sich mit
                              zwei Traͤgern, u, verbinden, die sich gleichfalls
                              auf Zapfen drehen, und die Schnellbalken, m, aufnehmen,
                              die von den Gabeln der Doken, k, eines jeden Regulators
                              umfaßt werden. (Siehe Fig. 16 u. 18.)
                           Man begreift, daß durch das Drehen der Kurbel des Haspels das Rad p, abwechselnd die Laufschiene q, ziehen oder schieben muß, die dann das senkrechte Baͤlkchen, r, sich drehen macht, und dadurch die Schnellbalken, m, mittelst der Hebel tt, und der
                              Traͤger, uu, so wie die punctirten Linien
                              in Fig. 19
                              beweisen, bald rechts bald links treibt. Auf diese Weise wird die Doke, k, sich in senkrechter Richtung auf- und
                              niederschwingen, wodurch, da die Seidenfaden durch die Schneken laufen, diese
                              gleichfoͤrmig auf dem Haspel vertheilt werden.
                           Vorne auf dem Gestelle befinden sich zwei Rahmen, vv, deren jede eine Rolle mit doppelter Kehle, xx, und zwei Dillen oder Trichter yy, fuͤhrt, durch welche die Seidenfaden
                              laufen, so wie die Abwinderinn sie von den Cocons abgeloͤst, und durch die
                              Schneken, zz, gefuͤhrt hat. Die Dillen
                              werden durch eine Schnur ohne Ende in Bewegung gesezt, die ihre Achse umfaßt, und
                              uͤber die Rolle, x, laͤuft; diese wird
                              wieder von einer andern Rolle á, gefuͤhrt,
                              deren Schnur ohne Ende, b', Fig. 18, uͤber die
                              zweite Kehle laͤuft, die einen kleineren Durchmesser, als die erste hat. Die
                              Mittheilung der Bewegung zwischen der Hauptachse, die den Haspel in Bewegung sezt,
                              und dem Rollensysteme geschieht durch die horizontale Achse, c', und durch ein Winkelrad, d', welches in
                              ein anderes Rad é, eingreift, das von dem
                              Hauptrade, n, gefuͤhrt wird. Es treibt also
                              dieselbe Kraft den Haspel, die Rollen, die Dillen, und den Laufstok.
                           Wenn die Abwinderinn einen abgerissenen Faden anknuͤpfen will, ohne die
                              Raͤder still stehen zu lassen, so zieht sie eine Stange oder einen Hebel mit
                              einem Quergriffe vor, f', der, an den Schaukelrahmen k, befestigt, diesen sammt dem Rade und dem Regulator,
                              die dann beide still stehen, herbeifuͤhrt. Zu gleicher Zeit druͤkt sie
                              auch den Schaukelbalken g', nieder, auf welchem die
                              Querbalken des Rahmen, v, ruhen, und macht auf diese
                              Weise die Dillen frei, die in ihrer Bewegung aufgehalten werden. Hierauf zieht sie
                              einen neuen Faden von den Cocons hervor, den sie mittelst einer Nadel oder einer aus
                              Eisendraht gebildeten Gabel durch die Achse der Dillen zieht, dann an dem Zapfen l, befestigt, und hierauf mit einer Hand den Haspel
                              wieder seiner Triebkraft uͤberliefert, waͤhrend sie mit der anderen
                              den Schaukelbalken hebt, und die Dillen wieder in Gang bringt, worauf die Arbeit
                              ununterbrochen fortgeht.
                           Auf eben diese Weise unterbricht die Abwinderinn den Gang der Maschine, wenn neue
                              Cocons zubereitet oder abgeklopft werden muͤssen; nur entfernt sie hier den
                              Haspel nicht so weit von
                              seiner Triebkraft, und haͤlt ihn weit von dem Beken entfernt, damit der Dampf
                              nicht die Seide erreichen und erweichen kann. Der Bau dieser Seidenabwinde-Maschine
                              ist einfach und dauerhaft, und die Arbeiterinn kann mittelst derselben ohne alle
                              fremde Beihuͤlfe arbeiten, wenn die Maschine durch irgend eine Triebkraft in
                              Umtrieb gesezt wird. Der Hauptvortheil derselben besteht darin, daß man jeden Faden
                              einzeln fuͤr sich spinnen kann, wodurch eine Menge anderer Vortheile
                              hervorgehen, welche die Fabrikanten wohl zu schaͤzen wissen werden.
                           Dieser Zwek wird durch die beiden Dillen oder Trichter, yy, vollkommen erreicht, deren Raͤnder mit Filz eingefaßt sind, und
                              deren Achse mit einem Loche versehen ist, durch welches die Faden zu dem Haspel
                              laufen. Die Seide erleidet, durch die schnelle Bewegung der Dillen, eine Reibung,
                              die ihr einen leichten Grad von Drehung gibt; sie wird dadurch troken, und
                              erhaͤlt eine weit vollkommnere Zurichtung, als sie durch die bisherige
                              Vereinigung der Faden nicht erhalten konnte.
                           Die uͤbrigen Vortheile bestehen noch darin: 1) wird das Product der Arbeit der
                              Abwinderinn selbst vermehrt, indem die Faden weit seltener reißen. 2) kann jede
                              Abwinderinn am Ende eines jeden Tages auch noch den lezten Cocon abspinnen, indem
                              nur fuͤr Einen Faden zu sorgen ist; 3) ist die auf diese Weise abgewundene
                              Seide hoͤchst rein; sie hat mehr Staͤrke, mehr Rundung, spaltet sich
                              nicht so leicht, und gibt folglich bei der ersten Bearbeitung nur 2 per Cent.
                              Abfall. 4 faͤrbt sich diese Seide besser und verarbeitet sich auch
                              besser.
                           Endlich kommt diese Maschine so wohlfeil zu stehen, daß sie auch bei kleinen
                              Anstalten gebraucht werden kann. Vier solche Haspel koͤnnen von zwei kleinen
                              Maͤdchen getrieben werden, die sich von Stunde zu Stunde abloͤsen,
                              wovon dann die eine immer Zeit hat, das Abwinden zu lernen, und sich so auszubilden,
                              daß sie als Abwinderinn in großen Spinnereien gebraucht werden kann, die durch eine
                              mechanische Triebkraft in Bewegung gesezt werden.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
