| Titel: | Auszug aus einem Berichte, welchen Hr. Payen im Namen des Ausschusses der chemischen Künste über eine Abhandlung des Hrn. Gavaudan zu Ancenis, Département de la Loire infèrieure, in Betreff der Reinigung und Benüzung der Harze erstattete. | 
| Fundstelle: | Band 19, Jahrgang 1826, Nr. L., S. 186 | 
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                        L.
                        Auszug aus einem Berichte, welchen Hr. Payen im Namen des
                           Ausschusses der chemischen Kuͤnste uͤber eine
                           Abhandlung des Hrn. Gavaudan zu Ancenis, Département de la
                              Loire infèrieure, in Betreff der Reinigung und Benuͤzung der
                           Harze erstattete.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'Encouragement. Sept. 1825. S. 288.
                        Payen's, Bericht uͤber eine Abhandlung des Hrn. Gavaudan
                           uͤber Benuͤzung der Harze etc.
                        
                     
                        
                           Das, von Hrn. Payen untersuchte,
                              Muster wurde der Gesellschaft von Hrn. Gavaudan, als das
                              Resultat der Reinigung und des Bleichens des gewoͤhnlichen,
                              kaͤuflichen Harzes eingesandt. Der Fabrikant desselben gab sein Verfahren
                              dabei nicht an, und behielt sich selbst das Recht vor, ein Brevet d'invention darauf zu nehmen.
                           Dieses Muster schien auch wirklich weniger gefaͤrbt, als es das
                              gewoͤhnliche, kaͤufliche Harz zu seyn pflegt; allein seine
                              Undurchsichtigkeit und die Spuren von Feuchtigkeit, welche auf seinem Bruche zu
                              bemerken waren, ließen vermuthen, daß die Entfaͤrbung nur scheinbar sey, und
                              eigentlich von dem Dazwischenseyn einer ungefaͤrbten Fluͤßigkeit
                              herruͤhre, welches, indem es die Masse undurchsichtig macht, die Farbe
                              verhindert, durch die Dike der gefaͤrbten Substanz bemerkbar zu werden.
                           Zur Bestaͤtigung dieser Vermuthung wurden 100 Gramme gestossenen Harzes in
                              eine Retorte gebracht, (es befeuchtete die Waͤnde des Moͤrsers und
                              schien feucht); langsam erhizt wurde es weich, und vor seiner vollkommenen
                              Schmelzung schwizte eine ziemlich große Menge einer schillernden Fluͤßigkeit
                              aus, die man durch die Tubulatur der Retorte abfließen ließ. Durch fortgeseztes
                              Erhizen wurden auf aͤhnliche Weise noch einige Tropfen dieser
                              Fluͤßigkeit abgeschieden; das Feuern wurde gradweise fortgesezt, ein Vorstoß
                              und ein, in kaltes Wasser getauchter, Ballon angebracht, der sich in eine
                              langgezogene, duͤnner werdende Roͤhre endigte, welche sich in eine
                              kleine Flasche kruͤmmte. Das, zu einem Teige geschmolzene, Harz
                              blaͤhte sich auf, und entwikelte Daͤmpfe, welche sich im Ballon zu
                              einer klaren Fluͤßigkeit verdichteten. Das Feuer wurde so lange gelinde
                              fortgesezt, als sich noch Daͤmpfe entwikelten, und das Aufblaͤhen
                              dauerte. Der Ruͤkstand in der Retorte war so durchsichtig, wie Colophonium,
                              und war viel dunkler, als vor dem Verlust des Wassers.
                           Die drei, auf diese Weise getrennten, Producte wurden gewogen, und gaben folgende
                              Verhaͤltnisse:
                           
                              
                                 Fluͤßigkeit, welche in der Hize
                                    ausschwizte 14 GrammenDestillirtes Wasser mit Spuren von
                                    fluͤchtigem Terpenthin-Oehl
                                    22 Grammen.
                                 
                              
                                 In der Retorte zuruͤkgebliebenes
                                    Harz
                                   77,1.
                                 
                              
                                 Verlust
                                   –   9.
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100.
                                 
                              
                           Die, ohne Destillation erhaltene, Fluͤßigkeit wurde untersucht; ihr Geschmak
                              und ihre Wirkung auf einige Reagentien beurkundeten eine aufloͤsliche
                              Substanz, welche sich nie in den natuͤrlichen Harzen vorfindet, und welche
                              ohne Zweifel dem Wasser, als einem zur Entfaͤrbung des Harzes taugliches,
                              chemisches Agens beigesezt worden war: da der Fabrikant die Absicht ein Brevet d'invention zu nehmen zeigte, so fanden die
                              Commissaͤre der Gesellschaft fuͤr gut, die in seinen Mustern gefundene
                              Substanz nicht anzugeben.
                           Das hohe Verhaͤltniß von Fluͤßigkeit, (0,22), welches in dem
                              untersuchten Harze enthalten ist, schien die erste Voraussezung uͤber die
                              anscheinende Weise zu bestaͤtigen: um nun zur Gewißheit zu gelangen, wurde
                              das in der Retorte zuruͤkgebliebene Harz geschmolzen, und dann mit einem
                              Ueberschusse von heißem Wasser macerirt. Dadurch sezte sich eine große Menge dieser
                              Fluͤßigkeit zwischen die Theilchen dieser halbgeschmolzenen Substanz, welche
                              auf diese Weise neuerdings weiß und undurchsichtig wurde.
                           Zum Vergleiche endlich des angefuͤhrten Musters mit dem gewoͤhnlichen
                              Harze, wurde dieses auf dieselbe Weise behandelt; es gab auch nicht die geringste
                              Menge ausschwizender Fluͤßigkeit, sondern bei der Destillation bloß etwas
                              Wasser, auf welchem einige Tropfen aͤtherisches Oehl schwammen, und welches,
                              nachdem das Aufblaͤhen aufgehoͤrt hatte, 0,05 betrug.
                           
                           Der Ruͤkstand in der Retorte war durchsichtig, und hatte beinahe dieselbe
                              Farbe, wie der Ruͤkstand bei der ersten Reinigung.
                           Es ist also erwiesen, daß das untersuchte Harz keinen Vorzug vor dem
                              kaͤuflichen Harze hat; daß das große Verhaͤltniß von
                              Fluͤßigkeit, welches in demselben enthalten ist, seinen relativen Werth um
                              0,18 vermindert, und daß endlich diese Menge Wassers dasselbe zu mehreren Zweken
                              untauglich macht, zu welchen das gewoͤhnliche Harz benuͤzt wird.
                           Der Administrations-Rath der Gesellschaft, welcher in seiner Sizung vom 10. October
                              1825 die Schluͤsse des Berichtes, von welchem wir hier einen Auszug geben,
                              annahm, war der Meinung, daß die Leichtigkeit, mit welcher Wasser in das Harz
                              gebracht werden koͤnne, wenn es nicht schon der Fall waͤre, ein Mittel
                              zum Betruge werden koͤnne, das um so gefaͤhrlicher seyn wuͤrde,
                              als es dieser Substanz ein schoͤneres Aussehen gibt. Aus dem Detail der, von
                              den Commissaͤren angestellten Versuche ergibt sich ein leichtes Mittel, die
                              betruͤgerische Einmengung von Wasser in das kaͤufliche Harz zu
                              erkennen: man nehme eine geringe Menge, 50 Grammen z.B. von dem Harze, dessen
                              Beschaffenheit man untersuchen will, und lasse es in irgend einem Gefaͤße, in
                              einem eisernen, kupfernen Loͤffel, in einer Kapsel aus Porcellan etc. langsam
                              schmelzen; uͤbersteigt das Verhaͤltniß des Wassers 0,08, eine Menge,
                              welche zuweilen im Harze enthalten ist, so wird man finden, daß, wenn das Harz noch
                              teigig ist, sich freiwillig eine Fluͤßigkeit abscheidet, welche man bei
                              Neigung des Gefaͤßes ablaufen lassen kann.
                           Wollte man die absolute Menge, des in einem Harze enthaltenen Wassers ausmitteln, so
                              muͤßte man dasselbe einer Temperatur aussezen, welche hinlaͤnglich
                              ist, um alles Wasser zu verfluͤchtigen, und damit, wie oben gesagt wurde,
                              aufhoͤren, wenn gar kein Aufblaͤhen mehr Statt hat.