| Titel: | Ueber die Fähigkeit einiger Metall-Pulver sich bei der gewöhnlichen Temperatur freiwillig in der atmosphärischen Luft zu entzünden. Von Gustav Magnus. | 
| Fundstelle: | Band 19, Jahrgang 1826, Nr. LXXIII., S. 278 | 
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                        LXXIII.
                        Ueber die Faͤhigkeit einiger Metall-Pulver
                           sich bei der gewoͤhnlichen Temperatur freiwillig in der atmosphaͤrischen
                           Luft zu entzuͤnden. Von Gustav Magnus.
                        Aus den Annales de Chemie et de Physique 1825.
                              September. S. 103.
                        Magnus, uͤber die Faͤhigkeit einiger Metall-Pulver
                           etc.
                        
                     
                        
                           Ich reducirte bei Zubereitung von Kobalt, der keinen
                              Kohlenstoff enthielt, zu magnetischen Versuchen, Kobaltoxid bei einer ziemlich hohen
                              Temperatur mittelst Wasserstoff. Nach der Reduction ließ ich den Apparat vollkommen
                              abkuͤhlen, ohne den Strom des Wasserstoff-Gases zu unterbrechen. Als ich aber
                              das Metall aus der Glaskugel ausgoß, in welcher es reducirt worden war, erhizte sich
                              dasselbe, und ging wieder in den Zustand eines Oxides uͤber. Ich wußte, daß
                              das angewendete Oxid nicht ganz rein war; ich stellte daher die Frage an mich: ob
                              wohl das reine Kobalt-Oxid dieselben Erscheinungen gaͤbe? Wiederholte
                              Reductionen zeigten mir, daß das reine Metall sich nicht entzuͤndet. Die
                              Entzuͤndung schien mir von einer geringen Menge Pottasche
                              herzuruͤhren, welche sehr stark von dem Kobalt-Oxide zuruͤkgehalten
                              wird, so daß die Pottasche in Beruͤhrung mit dem Metalloxide von dem
                              Wasserstoffe reducirt, und eine Legierung von Potassum und Kobalt gebildet worden
                              waͤre. Dieser Voraussezung widersprach aber sogleich der Umstand, daß der
                              angefuͤhrte Pyrophor das Wasser nicht zersezte; denn die Entzuͤndung
                              wurde durch Anblasen desselben nicht beguͤnstigt, und in Wasser geworfen
                              entzuͤndete er sich nicht ehe, als bis das Wasser bei einer gelinden
                              Waͤrme verdampft war. Da ich auch nicht im Stande war durch eine Verbindung
                              oder ein Gemenge von Kobaltoxid und Pottasche in verschiedenen Verhaͤltnissen
                              und in verschiedenem Zustande einen aͤhnlichen Pyrophor hervorzubringen, so
                              untersuchte ich das Oxid, welches mir diese Entzuͤndungs-Erscheinung gab, und
                              die Analyse gab mir, außer der Pottasche, auch eine geringe Menge Thonerde. Ich
                              loͤste hierauf in einer reinen Kobalt-Auftoͤsung etwas Alaun auf, und
                              sezte kohlensaure Pottasche zu; den erhaltenen Niederschlag reducirte ich, und nun
                              zeigte sich die Erscheinung der Entzuͤndung. Nachdem ich dieses Resultat
                              erhalten hatte, suchte ich auch mit anderen Metalloxiden einen solchen Pyrophor zu
                              bereiten; es gelang mir aber bloß mit dem Eisen- oder Nikel-Oxid. Ich muß jedoch
                              bemerken, daß von diesen Versuchen ausgeschlossen waren:
                           1. alle Metalle, welche nicht durch Wasserstoff reducirt werden koͤnnen.
                           2. die ehemals sogenannten, vollkommenen Metalle, weil dieselben durch die Hize
                              allein schon, und ohne Wasserstoff, ihren Sauerstoff verlieren.
                           3. jene Metalle, welche sich nicht mit Thonerde faͤllen lassen, weil die
                              Thonerde nur unter dieser Bedingung einen Einfluß besizt.
                           Was ich fruͤher der Pottasche zuschrieb, hielt ich jezt von der Thonerde, d.h.
                              ich glaubte jezt, daß diese leztere, in Beruͤhrung mit dem Metalle, zu
                              Aluminium reducirt worden sey, und daß sich das Aluminium freiwillig in der Luft
                              entzuͤnde.
                           Zur Untersuchung dieser Hypothese faͤllte ich mittelst Ammonium reines
                              Eisenoxid mit reiner Thonerde, deren gegenseitiges Verhaͤltniß ich genau
                              kannte. Ein gewogener Theil dieses Niederschlages wurde reducirt, und nach der
                              Reduction ohne Zutritt der atmosphaͤrischen Luft neuerdings gewogen. Was er
                              weniger wog, ruͤhrte von dem Sauerstoffe her, welchen der Wasserstoff dem
                              Pulver entzogen hatte. Waͤre dieser Verlust groͤßer gewesen, als das
                              Gewicht des Sauerstoffes des, in dieser Verbindung enthaltenen, Eisenoxides; so
                              haͤtte die Thonerde nothwendig ebenfalls ihren Sauerstoff verloren haben
                              muͤssen. Folgende Resultate scheinen jedoch hinlaͤnglich zu beweisen,
                              daß nur das Eisenoxid durch die Reduction seinen Sauerstoff verliert, und daß die
                              Thonerde den ihrigen behaͤlt.
                           
                        
                           Bestandtheile des Pyrophors.
                           
                              
                                 Eisenoxid.
                                 Thonerde
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 88,0590,2095,9695,96
                                 11,95  9,80  4,04  4,04
                                  Gewichts-Verlust. 
                                 25,427,129,3129,47
                                  Sauerstoff des Eisenoxides. 
                                 26,927,629,4129,41
                                 
                              
                           Nachdem ich untersucht hatte, ob auch andere Erden, als die Thonerde, mit den
                              angefuͤhrten Metallen gemengt, dieselbe Wirkung haͤtten, und nachdem
                              ich gefunden hatte, daß sich die Glycinerde genau wie Thonerde verhaͤlt,
                              schien es mir wahrscheinlich, daß die angewendete Temperatur einen Einfluß auf die
                              Faͤhigkeit des Metalles sich zu entzuͤnden haben koͤnnte. Diese
                              Vermuthung bestimmte
                              mich, die Reduction der reinen Oxide bei verschiedenen Temperaturen zu wiederholen.
                              Es zeigte sich, daß nicht bloß das reine Eisenoxid, sondern auch das reine Kobalt-
                              und Nikel-Oxid sich freiwillig entzuͤnden, wenn sie bei einer Temperatur
                              reducirt wurden, die die Rothgluͤhhize nicht uͤbersteigt.Um zu erforschen, ob das Eisenoxid bei der Reduction bei einer so niedrigen
                                    Temperatur allen seinen Sauerstoff verliert, reducirte ich 4,648 Gramme
                                    reines Eisenoxid beilaͤufig bei der Temperatur des siedenden
                                    Queksilbers. Das Oxid verlor 1,427 Gr. seines Gewichtes, was 30,671 per
                                    Gent. betraͤgt. Nach Berzelius
                                    enthaͤlt das Eisenoxid 30,66 per Cent. Sauerstoff, so daß man also
                                    sieht daß das Oxid vollkommen reducirt war. A. d. O. Da bei allen fruͤheren Reduktionen die Rothgluͤhhize
                              angewendet wurde; so scheint es, daß die reinen Oxide nur dann diese Erscheinung
                              hervorbringen, wann bei der Reduction derselben eine niedrigere Temperatur
                              angewendet wurde; daß sie aber, wenn sie mit Thonerde gemengt sind, selbst roch
                              gluͤhen koͤnnen, ohne daß sie die Faͤhigkeit sich zu
                              entzuͤnden verlieren.
                           Dieß bestaͤtigte sich auch wirklich durch direkte Versuche. Denn, wenn z.B.
                              das reine Eisenoxid, welches sich entzuͤndet, wenn es bei einer niedrigeren
                              Temperatur, als die der Rothgluͤhhize, reducirt wurde, nachdem es vollkommen
                              abgekuͤhlt ist, mit Wasserstoff bis zur Rothgluͤhhize erhizt wird, so
                              verliert es die Faͤhigkeit sich zu entzuͤnden. Mengt man aber dasselbe
                              Oxid mit Thonerde, so kann man es roth gluͤhen, und es wird sich doch noch
                              entzuͤnden, nachdem es vollkommen abgekuͤhlt ist. Das Oxid Hort jedoch
                              durch Anwendung einer zu großen Hize oder durch zu haͤufige Wiederholung
                              seiner Reduction auf pyrophorisch zu seyn.
                           Diesen Versuchen zu Folge ist es wahrscheinlich, daß die unschmelzbare Thonerde nur
                              dadurch wirkt, daß sie das Fluͤssigwerden der Metall-Atome verspaͤtet.
                              Da uͤberdieß nur die strengfluͤssigsten MetalleDa das Kupfer eines der strengfluͤssigsten unter den, durch
                                    Wasserstoff reducirbaren Metallen ist, so richtete ich. meine Aufmerksamkeit
                                    vorzuͤglich auf dasselbe. Es gelang mir auch wirklich ein Mal, durch
                                    Reduction bei einer sehr niedrigen Temperatur und bei Anwendung einer sehr
                                    geringen Menge Wasserstoffes, metallisches Kupfer zu erhalten, welches sich
                                    an der atmosphaͤrischen Luft mit einer Schichte Kupferoxid
                                    uͤberzog, ohne jedoch die Entzuͤndung zu zeigen, und ohne daß
                                    sich die Oxidation der ganzen Masse mittheilte.A. d. O. die fragliche Erscheinung geben; so scheint es eine zur Entzuͤndung
                              des Metalles unumgaͤnglich nochwendige Bedingung, die Reduction bei einer
                              Temperatur vorzunehmen, welche nicht im Stande ist, die Theile desselben weder durch
                              Schmelzung, noch durch eine bloße Adhaͤsion zu vereinigen. Nun muß man
                              annehmen, daß sich das Metall in einem sehr hohen Grade von Zertheilung befindet,
                              wenn man es auf diese Weise reducirt, weil jedes Atom des Metalles mit Sauerstoff
                              verbunden ist, und weil dieser dann durch den Wasserstoff entfernt wird, ohne daß
                              sich die zuruͤkbleibenden Atome durch Schmelzen oder durch Zusammenbaken
                              vereinigen. Da uͤberdieß alle poroͤsen KoͤrperBeobachtung uͤber die Absorption der Gase durch verschiedene
                                    Koͤrper von Th. de Saussure. (Bibliothéque britannique.)A. d. O. die Gase verdichten, und da sie eine groͤßere Menge von einem
                              bestimmten Gase, als von einem anderen verdichten; so muß man folglich annehmen, daß
                              die metallischen Pulver auch den Sauerstoff verdichten, und zwar mit einer
                              hinlaͤnglichen Intensitaͤt um die Bedingungen zur Verbrennung oder zu
                              einer Verbindung mit Sauerstoff, vorzuͤglich bei erhoͤhter Temperatur,
                              hervorzubringen.
                           Was. diese Voraussezung vorzuͤglich bestaͤtigt, ist dieses, daß das mit
                              Wasserstoff reducirte Eisen, sowohl rein, als mit Thonerde gemengt, mehrere Mahl
                              sein Volumen Kohlensaͤure verdichtet. Wurde das Metall durch seine Reduction
                              poroͤs, und verdichtet es die Gase, so wird es gewiß nicht ermangeln einen
                              Theil des Wasserstoffes zu verdichten, in welchem es abkuͤhlte. Es ist
                              bekannt, daß ein Koͤrper, welcher Wasserstoff verdichtete, auch noch
                              Sauerstoff verdichten kann; ich glaubte jedoch naͤher untersuchen zu
                              muͤssen, welche Rolle dieser Wasserstoff bei der Entzuͤndung des
                              Metalles spielt.
                           Aus diesem Grunde ließ ich Fohlen saures Gas uͤber Eisen streichen, welches
                              eben reducirt wurde, und von dessen Entzuͤndlichkeit ich mich
                              uͤberzeugt hatte, und ich fand, daß das Metall dadurch auch wirklich seine
                              freiwillige Entzuͤndlichkeit verlor.
                           Diese Entzuͤndbarkeit wird jedoch wieder hergestellt; wenn man das Eisen in
                              Wasserstoff erhizt, woraus offenbar erhellt, daß der Wasserstoff Einfluß auf die
                              Entzuͤndlichkeit des Metalles hat; ich getraue mich jedoch nicht die
                              Wirkungsart des Gases in diesem Falle zu erklaͤren.
                           
                           Es koͤnnte seyn, daß sich Wasser bildet, wenn zur Verdichtung des
                              Wasserstoffes auch noch jene der atmosphaͤrischen Luft kommt, und daß dieses
                              Wasser die Oxidation des Metalles verursacht. Diese Erklaͤrung scheint aber
                              nicht Stich zu halten, weil die Menge des, durch den poroͤsen Koͤrper
                              verdichteten, Wasserstoffes sehr gering ist, und weil die Verwandtschaft zwischen
                              dem Wasserstoffe und dem Sauerstoffe viel schwacher ist, als jene zwischen dem Eisen
                              und dem Sauerstoffe.
                           Wahrscheinlicher ist es, daß die bloße Verdichtung des Sauerstoffes allein
                              hinlaͤnglich ist, um die zur Oxidation des Metalles noͤthigen
                              Bedingungen hervorzubringen. Es laͤßt sich gegen diese Vermuthung nicht
                              einwenden, daß keine Verbrennung Statt hat, wenn Kohlensaͤure statt des
                              Wasserstoffes verdichtet wird, da es bekannt ist, daß diese Saͤure in großer
                              Menge durch die poroͤsen Koͤrper verdichtet wird, und daß folglich,
                              wenn sie durch ein anderes Gas, wie z.B. Sauerstoffgas, ausgetrieben wird,
                              Erscheinungen entstehen, welche von den bei der ersten Verdichtung hervorgebrachten
                              ganz verschieden sind, und daß man sogar Abnahme der Temperatur bemerkt. Zum Beweise
                              obiger Ansicht will ich bemerken, daß es mir gelang ein metallisches Pulver zu
                              finden, welches sich, ohne Gegenwart von Wasserstoff, von selbst entzuͤndet:
                              wenn man sauerkleesaures Eisen in einem Gefaͤße mit engem Halse bis zur
                              Zersezung der Sauerkleesaure erhizt, und man dieses Gefaͤß abkuͤhlen
                              laͤßt: so erhaͤlt man metallisches Eisen in aͤußerst verteilten
                              Zustande, welches sich an der atmosphaͤrischen Luft von selbst
                              entzuͤndet. Dieses Pulver verliert jedoch eben so gut, wie jenes, welches man
                              durch Reduction mit Wasserstoff erhaͤlt, seine Entzuͤndlichkeit, wenn
                              die, zur Zersezung der Sauerkleesaure angewendete, Hize etwas zu stark war. Da das
                              Eisen durch dieses Verfahren vollkommen reducirt wird, so bildet sich wahrscheinlich
                              bloß Kohlensaͤure: wenigstens kann die Menge des entstehenden
                              Kohlenstoff-Oxid-Gases nur sehr gering seyn; und eben deßwegen ist es nicht
                              wahrscheinlich, daß dieses Gas einen Einfluß auf die Entzuͤndlichkeit des
                              Pulvers besizt.
                           Zu diesen Erscheinungen kommt auch noch jene von Homberg's
                              Pyrophor, den man erhaͤlt, wenn man ein Gemenge von Alaun und Mehl
                              rothgluͤht. Die Entzuͤndlichkeit dieses Pyrophor's scheint bloß auf
                              der Porositaͤt des Schwefel-Potassiums zu beruhen, welches nicht geschmolzen seyn darf, wenn es
                              diese Erscheinung geben soll.
                           Die angefuͤhrten Versuche fuͤhren zu dem Resultate, daß brennbare
                              Koͤrper, welche sehr pords sind, die Eigenschaft besizen, sich freiwillig zu
                              entzuͤnden.
                           Ich glaubte, daß diese Versuche nicht ohne Interesse sind, weil ihr Resultat
                              vielleicht zur Entdekung der Salpetersaͤure in den Salpeterhaufen beitragen
                              koͤnnte, und weil sie mit der Eigenschaft des Silicium's und des Zicconiums,
                              sich unter gewissen Bedingungen zu oxidiren, welche Berzelius neuerlich entdekte, so wie mit Doͤbereiners Entdekung uͤber die Platinna, in einiger
                              Verbindung zu stehen scheint. Deßwegen saͤumte ich nicht diese Abhandlung im
                              Auszuge mitzutheilen, um so mehr, da ich durch Hrn. Mitscherlich dazu aufgemuntert wurde, welcher die Guͤte hatte, mich
                              die angefuͤhrten Versuche in seinem Laboratorium machen zu lassen, und dem
                              ich nicht genug danken kann. Da ich mich noch mit diesem Gegenstande
                              beschaͤftige, so hoffe ich Gelegenheit zu finden, in der Folge noch eine
                              ausfuͤhrliche Abhandlung daruͤber zu liefern.Annales de Chimie et de Physique. T. XXVII. A.
                                    d. O.