| Titel: | Neue Art von Verbindung oder Förderung, wodurch Güter, Personen und Nachrichten schneller von einem Orte nach dem anderen gefördert werden können, als bisher durch Dampf-Wagen oder Schiffe und andere Fuhrwerke möglich ist, und worauf Hr. Joh. Vallance. Esqu. zu Brighton, Sussex, sich am 19. Februar 1824 ein Patent ertheilen ließ. | 
| Fundstelle: | Band 19, Jahrgang 1826, Nr. XCII., S. 362 | 
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                        XCII.
                        Neue Art von Verbindung oder Foͤrderung,
                           wodurch Guͤter, Personen und Nachrichten schneller von einem Orte nach dem
                           anderen gefoͤrdert werden koͤnnen, als bisher durch Dampf-Wagen oder
                           Schiffe und andere Fuhrwerke moͤglich ist, und worauf Hr. Joh. Vallance. Esqu. zu
                           Brighton, Sussex, sich am 19. Februar 1824 ein Patent ertheilen ließ.
                        Aus dem London Journal of Arts, N. 58. S.
                              113.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VII.
                        Vallance's neue Art von schneller Foͤrderung der
                           Guͤter, Personen und Nachrichten.
                        
                     
                        
                           Unter den vielen Projecten, durch welche das Erfindungs-Talent
                              des Hrn. Vallance bereits einen gewissen Grad von
                              Celebritaͤt erhielt, ist gegenwaͤrtiges Patent gewiß das
                              außerordentlichste.Eine vorlaͤufige Nachricht von dieser Erfindung haben wir bereits in
                                    diesem Journale, Bd. XVIII., S. 267
                                    mitgetheilt. D. Er schlaͤgt vor, einen hohlen Cylinder aus Gußeisen zu verfertigen,
                              der weit genug ist, um eine Kutsche mit Reisenden und Guͤtern so zu fassen,
                              daß diese frei durch denselben durch kann. Eine Reihe von solchen Cylindern will er
                              von Stadt zu Stadt gelegt wissen, und die Verbindungen derselben luftdicht
                              schließen, so daß ein leerer Raum innerhalb derselben erzeugt werden kann, und die
                              Kutschen, die nach der Figur und nach den Dimensionen des Cylinders gebaut sind,
                              sollen darin durch den Druk der in den leeren Raum mit Gewalt einstroͤmenden
                              Luft getrieben werden.
                           
                           Jeder einzelne Cylinder soll 6 Fuß im Durchmesser halten, und 12 Fuß lang seyn; die
                              Enden der zwei aneinander stoßenden Cylinder sollen sich etwas verschmaͤlern,
                              damit sie ineinander passen und bei der Ausdehnung und Zusammenziehung des Metalles
                              etwas nachgeben koͤnnen; an den Stellen ihrer Verbindungen sollen sie mit
                              Flanell-Rollen, die mit Talg uͤberzogen sind, umwunden, und mittelst eines
                              außen angebrachten Reifes luftdicht gemacht werden. Die Cylinder werden auf
                              Bloͤken von Mauerwerk aus Ziegelsteinen gestuͤzt, und wo man entweder
                              von der geraden oder von der horizontalen Richtung abweichen muß, muß diese
                              Abweichung so unmerklich, als moͤglich, geschehen. Diese Stollen
                              koͤnnen von Station zu Station angelegt, durch Huͤgel durchgegraben,
                              uͤber Fluͤsse auf Bruͤken angelegt werden, und an dem Ende
                              eines jeden solchen Stollens werden Luftpumpen im groͤßten Maßstabe
                              errichtet, um die Luft aus denselben auszupumpen.
                           Die Wagen, mit welchen Guͤter (und wir vermuthen auch Reisende, obschon sie
                              nicht genannt werden), in diesen Stollen befoͤrdert werden sollen, sind in
                              Fig. 21.
                              im Perspective dargestellt. Sie bestehen aus zwei geraden Balken, einem oberen und
                              einem unteren, aa, und zwei senkrechten Pfeilern,
                              bb. An den zwei Balken ist eine Reihe von
                              Reifen, ccc, befestigt, die das Skelett des Wagens
                              bilden, an dessen Enden kreisfoͤrmige Thuͤren, dd, befestigt sind, welche sich auf den Zapfen der
                              senkrechten Stangen drehen, die von oben bis unten herablaufen, e, ist das Rad, auf welchem der Wagen laͤuft:
                              denn es befindet sich zur Aufnahme desselben ein Kanal oder eine Furche auf dem
                              Boden (der Sohle) des Stollens. Die Achse dieses Rades dreht sich in Bloͤken,
                              f, die sich auf den Pfeilern, b, auf und nieder schieben. Diese Bloͤke sind an Stangen, g, befestigt, und haben Staͤmpel an ihren oberen
                              Enden, die in Cylindern spielen, welche mit verdichteter Luft gefuͤllt sind.
                              Die Absicht dieser Vorrichtung ist, dem Wagen, der von den Staͤmpeln in
                              Cylindern mit verdichteter Luft getragen wird, eine hoͤchst elastische
                              Stuͤze zu geben. An irgend einer schiklichen Stelle des Wagens wird eine
                              Luftpumpe angebracht, von welcher eine Roͤhre zu den Cylindern laͤuft,
                              um uͤber den Staͤmpeln Luft in dieselbe bringen zu koͤnnen,
                              welche, wenn sie bedeutend verdichtet ist, mit großer Elasticitaͤt auf die
                              Staͤmpel druͤkt, und die Stangen, g,
                              veranlassen wird, die Buͤchsen, f, und das Rad,
                              
                              e, abwaͤrts zu treiben. Man steht, daß, auf diese
                              Weise, der Wagen auf der verdichteten Luft in dem Cylinder, h, reitet, welche als Feder auf den Wagen wirkt, und so alle nachtheilige
                              Wirkung irgend einer voruͤbergehenden Sperrung oder Erschuͤtterung,
                              die bei dieser schnellen Bewegung durch den Stollen Statt haben kann, beseitigt.
                           Die Reifen, ccc, welche die Außenseite des Wagens
                              bilden, sind zwei oder drei Zoll kleiner im Durchmesser als der innere Durchmesser
                              des Stollens. Um die Reibung zu vermeiden, die durch ihr Streifen gegen den Stollen
                              Statt haben koͤnnte, sind kleine Walzen an den Kanten der Reifen oben und an
                              den Seiten angebracht, welche so, wie das Rad unten in einem Geleise, den Wagen
                              aufrecht halten.
                           Nachdem die Cylinder auf obige Weise vorgerichtet wurden, wird der Wagen Fig. 21.
                              eingefahren, und nachdem er befrachtet wurde, werden die Thuͤren geschlossen,
                              damit die aͤußere Luft, wenn sie ihren Druk auf das geschlossene Ende der
                              Kutsche ausuͤbt, denselben in dem Stollen vorwaͤrts treibt. Nun wird
                              die Luftpumpe an dem vorderen Ende des Stollens in Thaͤtigkeit gesezt, um die
                              Luft aus dem Inneren desselben auszuziehen; der Wagen wird los gelassen, und die
                              Gewalt der Luft, die bei dem offenen Ende des Stollens eindringt, und auf denselben
                              wirkt, wird ihn mit einer Schnelligkeit, die im Verhaͤltnisse zur
                              Verduͤnnung der Luft steht, vorwaͤrts treiben.
                           Wenn die Verduͤnnung eine Differenz im Druke von zwei Zoll zwischen der Luft
                              im Stollen und in der Atmosphaͤre betraͤgt, so ist die Kraft, mit
                              welcher auf das Ende des Wagens gedruͤkt und derselbe vorwaͤrts
                              getrieben wird, gleich einem Pfunde auf jeden Quadrat-Zoll seiner
                              Oberflaͤche. Wenn nun der Stollen sechs Fuß im Durchmesser hat, so wird die
                              Triebkraft gleich 4000 Pfund, und die Geschwindigkeit, mit welcher der Wagen sich
                              bewegt, wird ungefaͤhr 200 Meilen in einer Stunde. Durch groͤßere oder
                              geringere Verduͤnnung der Luft in dem Stollen kann diese Geschwindigkeit
                              vermehrt oder vermindert werden: uͤber tausend Meilen in einer Stunde (meint
                              Hr. Vallance) kann jedoch die Geschwindigkeit nicht
                              vermehrt werden, indem dieß die Geschwindigkeit ist, mit welcher die Luft in ein
                              vollkommenes Vacuum eindringt. In dem Patente findet sich eine lange Entwiklung der
                              physischen Grundsaͤze, auf welchen diese Vorrichtung beruht; wir glauben aber die
                              Absicht des Patent-Traͤgers hier deutlich genug dargestellt zu haben.
                           Um allen Aufenthalt zu vermeiden, welchen der Wagen durch die Reibung erleiden
                              koͤnnte, die die Luft zu bestehen hat, indem sie an den Seiten des Stollens
                              Hinfahrt, schlaͤgt er fuͤr jede Meile Luft-Klappen vor, welche durch
                              Queksilber-Verbindungen luftdicht gemacht werden sollen: so wie der Wagen durch die
                              Klappe durchfaͤhrt, oͤffnet dieselben ein kleiner Hebel, und die Luft
                              stuͤrzt durch dieselben ein. Inwendig in dem Stollen ist bei jeder Meile ein
                              Zeichen, und an dem Wagen sind Lampen angebracht, damit der Fuͤhrer wisse, wo
                              er sich auf seiner Reise befindet. An dem Wagen ist ferner ein Hebel angebracht, mit
                              welchem der Fuͤhrer, wenn er auf denselben druͤkt, eine Reibung
                              erzeugt, die den Wagen aufzuhalten vermag.
                           An den Enden der Stollen und an verschiedenen Ruhe-Plaͤzen sind mehrere
                              Luftpumpen angebracht, welche uͤbereinstimmend in Gang gebracht werden. Da
                              man bereits Staͤmpel von sehr großem Durchmesser bei den Geblasen
                              verschiedener Schmelzwerke im Koͤnigreiche besizt, so findet der
                              Patent-Traͤger keine Schwierigkeit in Verfertigung von Luftpumpen von solcher
                              Groͤße, daß die Luft in diesen Stollen dadurch gehoͤrig ausgezogen
                              werden kann, selbst wenn die Ruheplaͤze zehn oder zwanzig Meilen von einander
                              entfernt sind. Diese Pumpen muͤssen so lang im Gange erhalten werden, als der
                              Wagen sich fortbewegt, damit der Zustand von Luftverduͤnnung immer soviel
                              moͤglich derselbe bleibt, und die Luft, welche zwischen dem Wagen und dem
                              Stollen in den lezteren gelangt, ausgezogen wird. Sollte der natuͤrliche Druk
                              der Luft unzulaͤnglich befunden werden, um den Wagen in dem Stollen mit der
                              erforderlichen Geschwindigkeit zu treiben, so kann man die Luftpumpe an dem Hinteren
                              Ende des Stollens hinter dem Wagen dazu verwenden, Luft daselbst einzublasen und ein
                              Plenum zu erzeugen, waͤhrend die vordere Luftpumpe ein Vacuum bildet, so daß
                              die Luftpumpen sich wechselseitig zu Huͤlfe kommen.
                           Um von einem Ende aus mit dem anderen correspondiren zu koͤnnen, und
                              vorzuͤglich um die Befehle zu ertheilen, wann die Luftpumpen in Gang gebracht
                              werden sollen, damit die Wagen fortgetrieben werden koͤnnen, wird eine
                              Vorrichtung vorgeschlagen, die aus einer langen Reihe von Roͤhren besteht,
                              welche von dem Abfahrtsplaze bis zu der naͤchsten Luftpumpe reichen. Die
                              Enden dieser Roͤhren sind gehoͤrig luft- und wasserdicht in einander
                              eingelassen, und
                              sind auch beides in ihrem ganzen Verlaufe. Man schlaͤgt vor, diese
                              Roͤhren in einen Graben einige Fuß tief unter die Erde zu legen, und sie zu
                              bedeken, damit kein Wechsel der Temperatur auf die darin enthaltene
                              Fluͤssigkeit wirken kann. Diese Roͤhre wird von einem Ende zu dem
                              anderen mit Wasser gefuͤllt, oder mit irgend einer nicht elastischen
                              Fluͤssigkeit, und an jedem Ende wird eine Armroͤhre angebracht, wie in
                              Fig.
                                 22.
                           Ein Ende dieser langen Roͤhre, welche, wie oben bemerkt wurde, mit Wasser
                              vollkommen angelassen wurde, sey in, a, dargestellt, und
                              von dieser laufe der Arm, b aus, dessen Oeffnung mit
                              einer Stange oder mit einem Staͤmpel geschlossen wird, c d, ist ein aͤhnliches Stuͤk Roͤhre, das mit Wasser
                              gefuͤllt ist, und in welches gleichfalls die Stange oder der Staͤmpel,
                              c, eintritt. An dem Ende dieser Roͤhre ist
                              ein Luftgefaͤß, e, welches eine Menge
                              verdichteter Luft enthaͤlt, die auf das Wasser in der Roͤhre, d, druͤkt, und dasselbe und den Staͤmpel,
                              c, zuruͤktreibt, waͤhrend die
                              verdichtete Luft in einem aͤhnlichen Gefaͤße, welches mit einem
                              Staͤmpel in einer Arm-Roͤhre an dem entgegengesezten Ende der
                              obenerwaͤhnten langen Rohre versehen ist, in entgegengesezter Richtung wirkt,
                              d.h., den Staͤmpel vorwaͤrts treibt. Auf diese Vorrichtungen
                              fuͤr den Druk an den entgegengesezten Enden muß nun mit aller Genauigkeit
                              geachtet werden, so wie auf die Wassermenge in der langen Roͤhre; denn die
                              Staͤmpel, c, an beiden Enden muͤssen so
                              gleichfoͤrmig gedruͤkt werden, daß ihre Enden in gleichen Entfernungen
                              oben in den Arm-Roͤhren, b, und, d, stehen, was man an dem Zeiger, f, erkennt, der zwischen beiden in der Mitte steht.
                           Es ist nun offenbar, daß, wenn der Staͤmpel, c,
                              mit seinem Zeiger nach der Laͤnge seiner Arm-Roͤhren, b, und d, geschoben wird,
                              die nicht elastische Fluͤssigkeit in der Hauptroͤhre gleichfalls
                              geschoben werden muß, und daß folglich, so weit immer der Zeiger, f, und der Staͤmpel von seiner Central-Lage
                              geruͤkt wird, der Staͤmpel und der Zeiger an dem entgegengesezten Ende
                              um eben so viel geruͤkt werden muß. Wenn nun eine Reihe von Buchstaben,
                              Woͤrtern, Saͤzen oder anderen Zeichen uͤber dem Zeiger
                              angebracht ist, so muß, wenn man den Zeiger an einer Station auf einen gewissen
                              Buchstaben, auf ein gewisses Wort oder Zeichen ruͤkt, der Zeiger an dem
                              entgegengesezten Ende auf denselben Buchstaben, auf dasselbe Wort oder Zeichen
                              kommen. Auf diese Weise kann ein Signal oder eine Nachricht augenbliklich von einer Station auf
                              die andere gebracht werden: z.B. „der Wagen ist bereit; laͤßt die
                                 Pumpen spielen.“
                              
                           Diese Vorrichtung wird hier auch als telegraphische Verbindung zwischen zwei Oertern
                              vorgeschlagen, zum Haus-Telegraphen aus einem Zimmer in das andere etc. Die
                              Erklaͤrung dieses Patentes fuͤllt 16 Pergament-Felle und ein halbes,
                              klein geschrieben!Dieses Patent ist gewiß eines der bizarrsten, das jemals bezahlt wurde, und
                                    es ist wahrlich unbegreiflich, wie man 1260 fl. dafuͤr bezahlen
                                    konnte. Es muß manchen Deutschen an das beruͤhmte Werk des
                                    unsterblichen Baron von Muͤnchhausen
                                    erinnern, und es laͤßt sich nicht absehen, warum Hr. Vallance nicht lieber seinen Stollen hinter dem
                                    Wagen mit Pulver laden und den Wagen fortschießen laͤßt. Indessen
                                    laͤßt sich doch vielleicht, wie wir bereits fruͤher bemerkten,
                                    eine Modification zur Foͤrderung der Erze in Bergwerken davon
                                    benuzen. A. d. Ueb.
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
