| Titel: | Notiz über die Erdbirnen (Topinambours) von Hrn. Payen. | 
| Fundstelle: | Band 20, Jahrgang 1826, Nr. XIX., S. 77 | 
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                        XIX.
                        Notiz über die Erdbirnen (Topinambours) von Hrn. Payen.
                        Aus dem nouveau Bulletin des sciences par la
                                 société philomatique. Decbr. 1825. S.
                              185.
                        [Payen, Notiz über die Erdbirnen.]
                        
                     
                        
                           Bei der Analyse, welche Hr. Payen vor zwei Jahren von den
                              Knollen der Erdbirnnen (Helianthus
                              tuberosus), veranstaltete, hatte er keine Spur von
                              Staͤrkmehl gefunden; die haͤufigsten unmittelbaren Bestandtheile
                              dieser Pflanze, und jene, welche man als die naͤhrenden Stoffe derselben
                              betrachten kann, sind: das Inulin, bei welchem er die Eigenschaft, sich in Zuker und
                              Alkohol zu verwandeln, entdekte; ein nicht krystallisirbarer Zuker, und
                              vegetabilischer Eyweißstoff.
                           Er sagte, daß diese Pflanze, welche viel Alkohol und eine eyweißartige Substanz geben
                              kann, die vielleicht mit Nuzen in den Kuͤnsten verwendet werden
                              koͤnnte, unter einer suͤdlicheren Breite etwa reicher an
                              nuͤzlichen Stoffen seyn moͤchte. Hr. Pelletier, welcher die Fortschritte der Wissenschaft bei jeder Gelegenheit
                              beguͤnstigt, hatte die Guͤte, Hrn. Payen
                              einen Theil eines Musters zu uͤbermachen, welches er, nebst anderen
                              interessanten Producten, mit der Aufschrift: Satzmehl aus
                                 Erdbirnen (fecule de topinambour) aus
                              Martinique erhielt.
                           Hr. Payen fuͤrchtete anfangs, der Correspondent des
                              Hrn. Pelletier moͤchte sich an den Knollen geirrt
                              haben, aus welchen das Staͤrkmehl gewonnen worden war; allein diese Zweifel
                              verschwanden, als er erfuhr, daß Hr. l'Herminier diese
                              Muster zubereitet habe. Hr. Pelletier meinte, das
                              eingesandte Satzmehl sey kein Staͤrkmehl. Bei der Untersuchung unter dem
                              Mikroscope zeigte es durchsichtige, sphaͤrische, eyfoͤrmige und
                              unregelmaͤßig zugerundete Kuͤgelchen; seine aͤußeren
                              Kennzeichen, welche jenen des Staͤrkmehles mehrerer Pflanzen sehr
                              aͤhnlich sind, unterscheiden sich jedoch von jenen des
                              Erdaͤpfel-Staͤrk-Mehles, deren Koͤrnchen einen viel
                              groͤßeren Durchmesser besizen, des Staͤrkmehles aus Getreide, aus
                              Salep oder Orchis (nach Hrn. Raspail), aus Bataten (nach
                              Hrn. Payen), welche alle merklich sphaͤrisch
                              sind.
                           Das untersuchte Satzmehl wird von Jod purpurroth, violett und blau gefaͤrbt,
                              kurz es besizt alle Eigenschaften des Staͤrkmehles; beim Kochen in Wasser entwikelt es
                              keinen besonderen Geruch.
                           Die Resultate der ersten Versuche des Hrn. Payen, aus
                              welchen hervorging, daß sich kein Staͤrkmehl in den Knollen der Erdbirnen, so
                              wie in allen Producten ihrer Analyse, befinde, konnten ihm durchaus nicht
                              zweifelhaft erscheinen; dessen ungeachtet ließ er einige Knollen ausreißen, und
                              suchte ein starkmehlartiges Satzmehl daraus abzuscheiden, oder wenigstens die
                              Gegenwart des Staͤrkmehles auszumitteln; allein es war ihm unmoͤglich,
                              auch nur die geringste Spur davon zu entdeken, sondern er fand, wie das erste Mahl:
                              Inulin, Zuker, Eyweiß etc. Das, durch Abwaschen mit Wasser und Alkohol, gereinigte
                              Inulin zeigt bei der Untersuchung unter dem Mikroscope kein Zeichen von Organisation
                              oder Krystallisation; in einer geringen Menge Wasser aufgeloͤst, stokt es
                              beim Abkuͤhlen zu einer koͤrnigen Masse; diese Koͤrner sind
                              weiß, unfoͤrmlich, durchsichtig: ein Tropfen Wasser zertheilt sie in eine
                              Menge außerordentlich kleiner abgerundeter Koͤrner.
                           Es waͤre sehr interessant auszumitteln, ob dieselbe Pflanze unter
                              verschiedener Breite verschiedene Bestandtheile enthaͤlt, und zu beobachten,
                              ob die Erdbirnen zu Martinique vor ihrer vollkommenen Reife kein Staͤrkmehl
                              enthalten, wohl aber nach derselben, und ferner zu erforschen, ob die Erzeugung des
                              Staͤrkmehles in diesen Knollen durch eine Veraͤnderung des Zukers,
                              oder des Inulins bedingt wird.